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Feucht hing die Sonne. Des Novembers Schauer ging
      
 Mit leisem Frösteln durch das Land Hetruria.
      
 Ein mildes Kopfweh, erst der jüngsten Nacht entstammt,
      
 Durchsäuselte die Luft mit mattem Flügelschlag
      
 Und ein Gefühl von Armut lag auf Berg und Tal.
      
 Der heilige Oelbaum, dem das letzte gelbe Blatt
      
 Der Wind verweht, reckt' traurig seine Aeste aus,
      
 So kahl und öd', als fehl' ihm das Notwendigste.
      
 Verdächtig selbst das Straßenpflaster. Blödem Aug'
      
 Schien des Basaltes urgebirgig fester Stoff
      
 Verwandelt heut in sehr poröses Tropfgestein,
      
 Und alles – alles – alles sah durchlöchert aus.
      
 So war der Tag, da in der ersten Frühestund'
      
 Ein müder Held aus Populunias Toren zog.
      
 Vergeblich warf von dem cyklopischen Mauerwall
      
 Der Wächter einen trinkgeldhoffnungsvollen Blick,
      
 Er hielt ihn aus – und schaute starr – und gab ihm nichts.
Dort, wo der Weg sich einbiegt gegen Suessulae
      
 Und eines Priesters kegelturmgeziertes Grab
      
 Trübtraurig seinen Schatten wirft ins Blachgefild,
      
 Dort hielt er still – und stieß den Speer ins Riedgras ein
      
 Und suchte lang in seiner Chlamys Faltenwurf,
      
 Und suchte wieder – suchte auch zum drittenmal
      
 Und fand nicht, was er suchte ...
                             O wer kennt den Schmerz,
      
 Der auf sich bäumt im biederen Etruskerherz,
      
 Wenn alles – alles – alles auf die Neige ging
      
 Und nur der Graus des Leeren in der Tasche wohnt,
      
 Wo der Sesterz sonst fröhlich beim Denar erklang!...
Den Helm abnehmend von dem schwerbedrückten Haupt,
      
 Fuhr mit der Rechten langsam er zur Stirn empor,
      
 Gen Populonia rückwärts flog sein feuchter Blick
      
 Und blaue Blitze leuchteten im Heldenaug'.
      
 »O Wirtshaus zur Chimära!« sprach er wehmutvoll,
      
 »Ist 
      das das Ende? Winkte 
      das der Vögelflug,
      
 Der vor drei Tagen krächzend mir zur Linken strich?
      
 Sprach 
      das des Stieres rätselvolles Eingeweid'?
      
 O Wirtshaus zur Chimära! was ist lieblicher
      
 Als einzuziehn, ein Gastfreund, in dein Gastgemach?
      
 Verständig waltet dort ein vielgeübter Wirt,
      
 Und edle Helden sitzen um den kühlen Trank,
      
 Den von dem Berg herabgesendet Dimeros.
»Weisheit entströmt bedachtsam zechender Männer Mund,
      
 Zumal an jenem obern, linnenweißen Tisch,
      
 Wo Tegulinums Augur, später Mitternacht
      
 Trotz bietend, ausharrt, einer ehernen Säule gleich,
      
 Und sternenkundig vorsingt in dem Rundgesang.
      
 O Wirtshaus zur Chimära! doch sag' an, wohin,
      
 Wohin verschwindet ... ha! was spricht mein Mund es aus,
      
 Das dreimal gottverfluchte Wort, von dem allein
      
 Des Tuskers Schicksal abhängt, ha – das bare Geld?!
      
 O Fufluns, Fufluns! unheilvoller Bacchus du!
      
 's ist alles fort und hin und hin und fort .... hahumm!
».... Doch eine Tat, ich schwör's, sei itzt von mir getan.
      
 Wie sie die blöde Welt sich nicht im Traume träumt.
      
 Gräßlich und kalt ... mein Name soll zur Nachwelt noch
      
 Durch diese Tat sich überpflanzen, schreckenvoll;
      
 So wahr ich hier an diesem Priestergrabe steh',
      
 Ich – Pumpus von Perusia, der Etruskerfürst! ...«
Er sprach's und ging. Unheimlich fiel ein Sonnenstrahl
      
 Auf Speer und Helm, Fahl leuchtet's im Cypressenwald,
      
 Dumpf braust ein Windstoß, grabtief, fernem Seufzen gleich.
      
 Die Welt war damals harmlos noch. Man kannte nicht
      
 Des bürgerlichen Rechtes vielverschlungnen Pfad,
      
 Und selbst der Greis im Silberbart, er wußte nicht
      
 Die Antwort auf die Frage, was ein Darleh'n sei.
      
 Doch jenen Tages ward im Wald bei Suessulae
      
 Zum erstenmal, seit daß die Welt geschaffen stand,
      
 Ein Held von einem andern Helden – 
      angepumpt!
 Das ist der Sang vom Pumpus von Perusia.