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Die Katzen

Ich habe eine Zeitlang in Innsbruck gelebt. Es war ja nicht überströmend amüsant – doch ich hatte eine nette Hauswirtin und vor allem meine beiden Katzen. Unwahrscheinlich, unsagbar liebe Tiere.

Eines Tages stirbt mein Onkel (na endlich – Gott sei Dank!) – ich muß im Augenblick meine Zelte abbrechen und nach Darmstadt eilen.

Gut. Wie aber bringe ich meine Katzen dahin?

Ich tat ihnen hübsche Halsbänder um, nahm sie an die Leine und stieg in den Zug.

Und nun soll ich die Katzen neun Stunden lang beaufsichtigen? Man muß dreimal umsteigen.

Mit mir im Abteil fuhr eine Dame mit zwei kleinen Kindern.

»Wohin, Gnädigste, wenn man fragen darf?«

»Nach Darmstadt,« sagte sie.

»Ach, das trifft sich ja herrlich; da will auch ich eben hin … Wollen Sie übrigens die Güte haben, Gnädigste, meine Katzen einen Augenblick zu halten? Nur einen kleinen Augenblick?«

Sie nahm die Katzen, und ich suchte mir einen andern Wagen.

Und schlief prachtvoll.

Viele, viele Stunden. In München stieg ich um.

Und schlief wieder – bis Aschaffenburg.

In Aschaffenburg stieg ich abermals um und schlief. Fast bis Darmstadt.

Eine Station vorher sah ich mich nach der Frau mit den Katzen um.

Sie stand da in ihrem Abteil – die Katzen pfauchten, die Kinder schrien – die Katzen kratzten, die Kinder pißten – und die Frau in vollkommener Hilflosigkeit, umwickelt von den Leinen. Schon seit Stunden, von Innsbruck an. Sie hatte meine Kätzchen nicht aus der Hand gegeben, die Gute.

Ich dankte ihr herzlich. Sie übergab mir meine Tiere und wischte sich ein paar Tränen ab.


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