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Auf dem Friedhof zu Graz hinter eisernem Gitter,
      
 da ruhen die alten Theresienritter,
      
 Major, Oberstleutnant, General,
      
 bunt durcheinander mit Subaltern –
      
 wie sie der Tod zu sich befahl,
      
 die grauen pensionierten Herrn:
      
 Haudegen, Radetzkys Schlachtkumpane,
      
 armeeberühmte Grobiane,
      
 gelehrte Köpfe, Gamaschenknöpfe,
      
 Strategen, Raufhänse, Kriegssoldaten;
      
 in einer Reihe die tapfern Kroaten
      
 Maroicic, Lukic, Grivisic.
Über den Grüften vergoldete Schriften,
      
 Gewaffen und Kronen,
      
 gekräuselte Löwen und Marmorkanonen.
      
 Der Epheu wächst aus den steinernen Nischen.
      
 Geranien, Rosen, Anemonen
      
 und Unkraut dazwischen.
Wenn eines Tags bei den Kapuzinern
      
 Franz Joseph zu erwachen geruhte
      
 und käme hierher zu seinen Dienern
      
 auf der braunseidigen irischen Stute
      
 und ruft in gellem Kommandogrimme
      
 zum Frontappell seine morschen Scharen:
      
 Herrgott, wie wird die gefürchtete Stimme
      
 den Schläfern in die Knochen fahren!
      
 So gemessen er war in Ton und Gebärden:
      
 im Dienst – im Dienste könnt er ungemütlich werden. 
      
Wird das ein Schnaufen, Durcheinanderlaufen,
      
 Ellbogenstoßen und Richtungnehmen,
      
 eh sich die wirrgewürfelten Haufen
      
 zur vorgeschriebenen Reihe bequemen!
      
 Denn sterben darf der Soldat, wann er will;
      
 doch zum Empfang
      
 des Allerhöchsten Herrn gebietet der Drill:
      
 Genau nach dem Rang.
Am rechten Flügel die Feldmarschälle
      
 in Ordnung nach dem Datum der Listen.
      
 Alsdann die Generalobristen.
      
 Die Feldzeugmeister an dritter Stelle.
      
 Der Kaiser wird sie gehörig zwacken:
      
 »Herr Feldmarschall!! Sie schlafen da, statt Dienst zu placken??«
Der Marschall aber schlottert und stottert:
      
 »Majestät! Geruhen nicht zu grollen!
      
 Ich weiß nicht, wem wir dienen sollen.
      
 Altösterreich mit allem Ruhm und Glanz
      
 ist verweht und verschollen.«
Das wird der alte Kaiser Franz
      
 garnicht glauben wollen.
Auch meine Mutter ruht in Graz,
      
 zur Rechten ein Hauptmann Bonifaz
      
 v. Lüben;
      
 zur Linken Schreiner, der Husar,
      
 Major, der immer so lustig war;
      
 genüber ein Oberst der Infanterie.
      
 Da hat nun Mutter drüben
      
 ihre gemütliche Whistpartie.