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Glaube

Diese Geschichte ist keineswegs erfunden; sie hat sich getreulich so abgespielt, auf Neu-Guinea – der Pariser Maler Kelen kann es bestätigen:

Ein malaiischer Händler, seines Namens kann sich Kelen nicht mehr entsinnen – der Malaie also hatte drei Ladungen Kokosnüsse gekauft, von einem Papua. Am Zahltag aber leugnete der Händler kalten Herzens:

»Du – du – willst mir Kokosnüsse geliefert haben? Wo ist die schriftliche Bestätigung? Wo sind die Zeugen?«

»Tumanbanga ist mein Zeuge,« sprach der Papua mit der Gewißheit des ehrlichen Herzens und blickte vertrauend zum Himmel auf.

»Dein Tumanbanga kann mir den Buckel runterrutschen,« antwortete der Händler.

Schmerzlich berührt von so viel Lüge, vor allem: beleidigt über die Verunglimpfung seines obersten Gottes, trug der Papua den Streit vor den englischen Kommandeur. Zur höchlichen Enttäuschung des Papuas ward ihm da kein Recht: auch der Kommandeur fragte nach dem Schein; nach Zeugen; und als sich der arme Papua nur auf Tumanbanga zu berufen wußte und niemand andern, erging das beschämende Urteil: die Forderung abgewiesen – drei Shilling Prozeßkosten hat der Papua zu tragen.

»Siehst du?« raunte draußen der Malaie. »Hab ichs dir nicht gesagt? Dein Tumanbanga kann mir den Buckel runterrutschen.«

Vom Fleck machte der Papua kehrt – zurück zum Kommandeur.

»Herr,« rief er tieferregt, »ich klage den Malaien nochmals an: Eben – aber eben, auf der Schwelle deines Hauses hat er wiederum meinen Gott geschmäht.«

»Ich schwöre,« entgegnete der Malaie, »es ist nicht wahr.«

Da mußte der Papua sechs Shilling zahlen »für Belästigung des Gerichtes«.

Vor dem Tor flüsterte der Malaie:

»Nun? Glaubst du mir endlich? Dein Tumanbanga kann mir den Buckel runterrutschen.«

Der Papua:

»Mir auch.«


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