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Das Täschchen

Ich saß mit Claire im Café Barnils zu Nizza. – Am andern Tisch ein paar Herren.

»Warum die Trottel Französisch reden, wenn sie's nicht können?«

Claire wußte Bescheid. – »Es sind Fremde,« sagte sie, »jeder ist aus einem andern Land. Irgendwie müssen sie sich verständigen – da reden sie eben Französisch.«

In der Ecke hatte eine Dame gesessen. Zahlte und ging und vergaß, ihr Täschchen mitzunehmen.

Zuerst bemerkte es der Engländer; kümmerte sich nicht darum und schwieg.

Der Franzose sprang wie ein Hase auf. – »Quelle bonheur,« rief er, »ick werde macken mit ihr Beganntssaft.« Und eilte der Dame nach.

»A so a Schuß!« sagte der Österreicher. »Rennt der Person nach un laßt 's Tascherl erscht recht liegen! Geben mirs halt in Kellner – sö wird sichs scho holen.«

»Nee,« entschied der Preuße, »ick tchage et zur Polizei un valange den jesetzlichen Findalohn.«

Der Russe blickte das Täschchen scheu und begehrlich an.

Der Rumäne log, die Dame wäre seine Schwester. Man sollte ihm das Täschchen nur ruhig anvertrauen, er wolle es ihr übergeben.

»No, wann s' sei Schwester is?« sagte der Österreicher. »Alsdann, meine Herren, is doch ganz einfach: natürlich, mir geben eahms.«

Man suchte das Täschchen – es war nicht da.

Ich hatte es ganz deutlich gesehen und kann schwören: der Grieche hatte das Täschchen gestohlen.

Man durchsuchte ihn von den Locken bis zum Socken. Er ließ es, bleich und feig, geschehen. – Nichts.

Und behaglich schlenderte unterdessen der Japaner zur Tür hinaus und pfiff sich eins.


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