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Landwirtschaft

Mein Oheim, der selige Herr Anton Riedel, war eine allgemein geachtete, harmlose Persönlichkeit von angenehmem Äußern und etwas Vermögen. Er hatte eine Pachtung in Oberösterreich. Ein Landwirt ohne Fleck und Fehle. Die Wissenschaft, jene milchende Kuh, die uns mit Butter versorgt, gehörte zu seinem Viehbestand, und die Praxis hatte er durch emsiges Volontieren auf dampfpflügenden Domänen weg.

Onkel Riedel hatte also eine Pachtung. Da war Sandboden und Lehmboden. Auf dem Sandboden standen Ginster und Waldmeister, Maiglöckchen und Huflattich, auf dem Lehmboden Raden, Klatschmohn und Königskerzen. Kleeseide und Quecken hatte Onkel Riedel überall, Butterblumen aber nur in den Niederungen und in der Sonne.

»Onkel Riedel,« fragte ich ihn bescheiden, denn ich hatte Ehrfurcht vor ihm, »Onkel Riedel, wo wächst eigentlich dein Reinertrag?«

Onkelchen, die Güte selbst, antwortete:

»Kind, das verstehst du nicht. Einen unmittelbaren Reinertrag wirft der Ackerbau in Europa überhaupt nicht ab. Den erziele ich erst auf Umwegen, durch Mastung. Alles, was du siehst – den ganzen Segen, wie er dasteht, fressen meine Ochsen.«

»Und auf diese Art verwertest du deine Ernte – wie?«

»Nein, Kind. Die Mastung an sich bringt auch nichts ein. Keinen roten Heller. Die Ochsen werden fett davon – ich nicht. Ich bestimmt nicht.«

»Und der Reingewinn, Onkelchen?«

»Ja, siehst du, Junge, das ist einem Laien schwer klarzumachen: Der Gewinn besteht nämlich aus dem Dünger, den mein großer Viehstand erzeugt.«

»Ah –!«

»Ja. Und dieser Dünger« – um Onkelchens Lippen zuckte es schmerzlich – »dieser Dünger kommt dann wieder auf die Felder und erzeugt den Segen, den du ringsum siehst.«

Mit einem tränenschweren Blick zum lieben Gott schloß Onkel Riedel die Darlegung seiner Wirtschaftsweise.


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