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Achtunddreißigstes Kapitel.

Nutzlose Bemühungen und Versuche, uns nützlich zu machen. – Wir finden Alles in reichlicher Menge, nur unsere eigenen Hülfsmittel nicht, und ich fange an, zu bemerken, daß meine Erziehung traurig vernachlässigt worden ist.

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Ich fing nun an, über Alles nachzudenken. Tags zuvor hatten wir die Schaalen an den Felsen zerschlagen, um an den Kern zu kommen, heute aber brachte ich mit meinem Federmesser beträchtlich tiefe Kreiseinschnitte an und schlug dann die Nuß kräftig gegen das Gestein, wodurch ich zwei leidliche Schaalen sammt Deckeln erzielte. Ich bildete mir gewaltig viel ein auf diesen ärmlichen Versuch meines Scharfsinns, und Honoria jubelte vor Freude. Nachdem jedes von uns eine Cocosnuß verschlungen hatte – denn der Ausdruck Essen wäre zu mild für die Gier unseres Hungers gewesen – dankten wir dem Geber unseres Mahls in einem kurzen Gebete.

Als ich bemerkte, daß nach unserem frugalen Mahle meine Schwester in einer ihrer heitersten Launen war, machte ich ein ganz gravitätisches Gesicht und händigte ihr die beiden Schaalen mit einer tiefen Verbeugung ein.

»Erlaubt mir, Miß Troughton, Euch diese beiden Küchengeräthschaften zum Beginne Eurer Haushaltung zu überreichen.«

»Ich nehme das Anerbieten dankbar an, da sie, wie Ihr sagt, einen Anfang bilden. Was sollen wir nun zunächst thun? Ich fühle mich eben jetzt so gesund und muthig, daß ich mich auf Alles einlassen könnte.«

»Das freut mich recht sehr, und ich will dir deshalb die Sorge für unser Mittagsmahl übertragen. Meine Arme und meine Schultern schmerzen mich furchtbar von meinem Wurfexercitium, und du triffst vielleicht besser als ich.«

»Aber wenn alle diese Nüsse verzehrt find, was fangen wir dann an? Außerdem glaub' ich nicht, daß ich immer von Cocosnüssen leben möchte, selbst wenn wir sie kriegen könnten.«

»Ich auch nicht; aber wir dürfen nicht allzufrüh ekel werden. Unsere Freude, unsere Dankbarkeit gegen den Himmel für das erhaltene Leben, und unsere wundervolle Gesundheit sollten vorderhand für unser Glück genügen. Aber wie du sagst, Cocosnüsse und schmerzende Arme zum Frühstück, Lunch, Diner und Nachtessen sind eben toujours perdrix ad nauseam, wie unser Padre von seinen Morgenpillen sagte. Laß uns daher ernstlich über unsere Lage nachdenken, theure Honoria. Wir bedürfen der Speise, der Kleider und einer Wohnung.«

»Sind wir nicht ganz prächtig in dieser herrlichen Grotte logirt?«

»Wohl; es ist ein Platz, der ganz für einen Seegott geeignet ist. Befände et sich an einer bewohnten oder zugänglichen Küste, so würde er von Tausenden als ein Wunderschauspiel besucht werden. Tische würden sich mit allen Leckerbissen decken. Tänzer durch diese romantischen Hallen dahingleiten und diese schön gewölbten Bogen die neuesten, schönsten Melodieen wiederhallen; aber dennoch glaube ich, daß sich Niemand verlocken lassen möchte, hier zu schlafen. Dein Lager in dem Felsen ist bei weitem gemächlicher, Honoria, denn die feuchte Luft dieser Grotte, welche jetzt so erfrischend ist, würde Nachts durch ihre erkältende Einwirkung dem Schlummernden Tod bringen. Nein, Honoria, wir müssen uns eine weniger großartige, aber gemächlichere Wohnung aussuchen.«

»Von Herzen gerne, Ardent; aber es bleibt ausgemacht, daß dies unsere Brunkzimmer sein sollen. Du wirst uns eine bescheidenere und bequemere zur Küche, zur Schlafstätte und zum Alltagsgebrauch bauen; aber hier sind wir König und Königin.«

»Ich und bauen, Honoria? Du höhnst mich. Wie wäre dies einem so armen Geschöpf der feinen Bildung und Zivilisation, wie ich bin, möglich? Wenn wir doch Jugurtha hier hätten! Nichts kann angenehmer sein, als Hand in Hand, gesund und nach befriedigten Bedürfnissen hier zu sitzen; aber wir müssen auch auf die Zukunft Bedacht nehmen. Höre daher auf mich, meine theure Honoria. Wir haben in England eine volkstümliche Erzählung, die volkstümlichste, die wir kennen, und die jeder Engländer, welcher überhaupt lesen kann, gelesen hat; sie hat tausend Nachahmer gefunden und wurde schon in jede moderne Sprache übersetzt. Du mußt auch in Spanien schon davon gehört haben – ich meine die Geschichte des Robinson Krusoe.«

»Ja, ich habe davon gehört – aber es wurde mir verboten, sie zu lesen.«

»Nun, da wir hier sitzen, so will ich mein Gedächtniß anspornen, um dir das Ganze mitzutheilen. Gib wohl Acht, und während ich erzähle, versäume nicht, mir jeden Wink mitzutheilen, der dir einfällt, denn ich bin in der That so schwach und hülflos wie ein Kind.«

Nach einer Pause, welche ich dazu benützte, um mein Material zu ordnen, begann ich wie gewöhnlich mit – »Es war einmal,« und fuhr dann fort, wobei Honoria wie eine Verzückte aussah. Da ich die Erzählung wiederholt gelesen hatte, so ging ich von Thatsache zu Thatsache über, ohne, wie ich glaube, auch nur einen einzigen bedeutungsvollen Vorfall zu übergehen. Die blauen Augen meiner Schwester verwandten ihren zärtlichen, angelegentlichen Blick keinen Augenblick von meinem Gesichte; aber sie sprach nicht, sondern schüttelte nur von Zeit zu Zeit den Kopf, da sie in den Umständen keine Aehnlichkeit sehen konnte. Als ich erzählte, wie Robinson mit dem Bauen seiner Zelte begann, unterbrach sie mich zum erstenmal und fragte mich, ob wir nicht vielleicht Aexte und Sägen kriegen könnten, wenn das Wrack unseres Schiffes an's Land gewaschen würde. »Eine solche Erwartung,« entgegnete ich, »sei hoffnungslos, weil aller Wahrscheinlichkeit nach die See außerhalb des Riffs eine unergründliche Tiefe habe; auch sei das Schiff ohne Frage nach dem Anpralle wieder zurückgesprungen und, da es nun gleiche Schwere mit dem Salzwasser gehabt habe, durch die untere Meerströmung viele Meilen weit weggetragen worden.« Ich wiederholte nochmals, da wir die einzigen Körper gewesen, die nicht an dem Schiffe befestigt waren, so müsse die Welle, welche dem Untertauchen des Fahrzeugs folgte, uns über das Riff weggefegt und so auf das Gestade geworfen haben.

Anfangs lag hierin kein Trost, obschon das Nachdenken einiger Minuten zu weit erheblicheren Resultaten führte.

»Ich habe wohl bemerkt,« sagte Honoria, »daß unmittelbar vor dem gewaltigen Krachen, dem unsere beiderseitige Besinnungslosigkeit folgte, die Matrosen sich an die Taue und an große in der Mitte liegende Holzstücke gebunden hatten; aber unser schwarzer Freund Jugurtha war vollkommen frei.«

»Ich habe dies auch bemerkt, Honoria; aber er war vorne, und der Natur des Felsen nach, an dem wir anprallten, muß das Schiff mit dem Schnabel voran untergegangen sein. Wir befanden uns dicht unter dem Hackebord, das heißt auf dem allerhintersten Theile des Schiffes, und standen noch weit oben, während sich der ganze übrige Theil des Fahrzeugs sammt seinem Inhalt bereits unter Wasser befand. Ohne Zweifel haben wir diesem Umstand unsere Rettung zu danken.«

»Aber wo war Bounder, unser lieber Hund?«

»Mit den Uebrigen zu Grunde gegangen – oder wenn er gerettet wurde, so jagt er wohl zu seinem eigenen Vergnügen und Unterhalt in jenen fernen Wäldern.«

»Fahre fort mit deinem Robinson Krusoe,« sagte meine Schwester kleinlaut.

Endlich kamen wir zu jenem Theile der Erzählung, wo Robinson die Fußspuren in dem Sande entdeckte. Bei der Erwähnung dieses Umstands sprangen wir Beide plötzlich auf.

»Laß uns nach dem Sande gehen! Pinsel, der ich war! Wir wollen ihn sorgfältig untersuchen, Honoria; vielleicht enthüllen wir das Geheimniß des Bisses in deinem Nacken.«

Aber unsere Weisheit kam zu spät. Da wir uns den ganzen vorigen Tag auf einem so kleinen Flecke umgetrieben hatten, so war er in allen Richtungen zertreten, und es ließ sich nichts blicken, als die Abdrücke unserer eigenen Füße.

»Wir können wohl wieder in unserer Geschichte fortfahren,« sagte Honoria. »Die Sonne ist hier überwältigend heiß; laß uns nach unserem Seesalon zurückkehren.«

»Ach, Honoria, wir gleichen eher zwei Kindern, die sich in einem Walde verirrt haben, als vernünftigen Wesen, die auf ihre eigenen Hülfsquellen angewiesen sind. Warum, warum wurde ich auch geboren?«

»Um mich glücklich zu machen, Ardent.«

Wir nahmen unsere Sitze in der Grotte wieder ein, und ich brachte Robinsons Geschichte zum Schluß.

Als ich geendigt hatte, sagte Honoria:

»Ardent, ich finde hierin nur wenig Aehnlichkeit mit unserer Lage, er hatte von dem Wrack Alles – wir nichts. Du kannst nichts thun, als daß du anfängst schnell laufen zu lernen, um dann wie Robinson Krusoe Ziegen zu jagen.«

»Du machst dich lustig über mich, Honoria. Ich bin noch nie barfuß gegangen, und du stehst, daß deine und meine Schuhe zerrissen sind. Wir wollen jetzt sehen was jedes von uns hat, um uns als unsere eigenen Schlächter, Bäcker, Architekten, Landbauer und Schuhmacher aufzuthun. Untersuche den Inhalt deiner Taschen, Honoria. Alles kann uns werthvoll werden.«

Wir begannen unsere Visitation, kamen aber zu einem höchst entmutigenden Resultat.

»Ich habe nichts als ein Taschentuch, einen kleinen Kamm und Murray's englische Grammatik – ersteres ziemlich gut erhalten, letztere aber vom Wasser ganz befleckt und verdorben.«

Ich hatte ihr täglich Unterricht in der englischen Sprache ertheilt, weshalb sie stets die Grammatik bei sich zu tragen pflegte. Das Ergebniß meiner eigenen Untersuchung war nicht genügender. Ich hatte ein Federmesser mit einer einzigen schwachen Klinge, ein Taschentuch, ein silbernes Bleirohr, einen Taschenkamm und einen silbernen Zahnstocher, den ich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch häufigen Gebrauch abzunützen hoffen durfte.

Nachdem diese ärmliche Musterung vorüber war, mahnte uns ein gewisses Gefühl des Magens, daß es Mittagessenszeit sei; es war aber unnütz, uns gegenseitig diese Thatsache mitzutheilen. Ich fühlte meinen Arm von der gewaltigen Anstrengung des Morgens so steif, daß ich ihn kaum zu lüpfen vermochte. Ueberhaupt war es eine traurige Aussicht, unter einer sengenden, fast scheitelrecht stehenden Sonne alte Cocosnüsse nach frischen zu schleudern, um so eine Mahlzeit zu erzielen. Ich machte Honoria auf alle diese Schwierigkeiten aufmerksam.

»Ich würde mir nichts daraus machen, es selbst zu versuchen,« sagte sie, »wenn ich nur eine Kopfbedeckung hätte; aber vermittelst des Federmessers sollten wir doch, wie klein es auch ist, im Stande sein, uns mit Hüten zu versehen. Ich will dir zeigen, wie ich dies meine. Komm mit nach dem Unterholz hinauf, Ardent.«

Nachdem sie ihr Schnupftuch über den Kopf gebreitet, und es mit zwei Zipfeln unter dem Kinn geknüpft hatte, ergriff sie meine Hand und führte mich über den brennenden Sand. Wir befanden uns bald unter dem Gebüsch, worauf sie mich einige breite und lange Platanenblätter abschneiden hieß. Wir formten sie mit dem Messer und schnitten dann einige Fasern einer parasitischen Pflanze ab, die sich als sehr stark erwiesen. Statt der Kronen brachten wir zwei Oeffnungen an, desgleichen zwei weitere an den Seiten der Blätter, wo die Krämpen sich an die Wangen anschmiegen sollten, und banden sie dann unter dem Kinn zusammen. In dieser Weise sahen wir uns mit zwei großen, grünen, sehr leichten Hüten versehen, die wie Kohlenwannen aussahen und uns eine köstliche Kühle gewährten. Als wir so dahin gingen, nahmen wir uns wie zwei gigantische Heuschrecken aus.

»Wir müssen jeden Tag einen neuen Hut haben,« sagte Honoria lachend.

»Eine gewaltige Verschwendung! Aber du siehst, daß wir von Früchten umgeben sind – lasse uns pflücken und essen.«

»Die Verlockung ist groß, aber kennst du sie?«

»Keine einzige Beere, denn du weißt, daß ich ebenso wenig, wie du, je in tropischen Himmelsstrichen gewesen bin. Nur die Kokosnuß erkannte ich aus der Beschreibung. Früchte, wie diese hier, können recht wohl giftig sein; wenn es aber auch nicht der Fall ist, so könnte doch ihr erster Genuß sehr ungesund werden, und Krankheit an einem solchen Orte ist Tod.«

»Aber ich habe in Büchern gelesen, daß Früchte, von welchen die Vögel gepickt haben, mit Sicherheit genossen werden können.«

»Glaube das nicht. Viele Thiere nähren sich von den Beeren unseres Nachtschattens – aber wenn du so sehr verlangst, von diesen Früchten zu essen, so will ich sie zuerst versuchen. Diese hier steht recht nektarartig aus – soll ich sie dir vorkosten?«

»Ardent, warum bist du so grausam?«

Wir verließen sodann die verlockenden Früchte und begaben uns nach unserer Speisekammer, den Kokosnußbäumen. Ich versuchte einige herunterzuwerfen, aber Arm und Schulter waren mir so steif, daß mein Geschoß sein Ziel stets verfehlte. Honoria's Versuche fielen noch lächerlicher aus, als die meinigen. Die Nüsse waren uns so unnahbar, wie die goldenen Aepfel der Hesperiden; wir mußten uns daher mit einigen alten, welken und milchlosen Nüssen begnügen, mit welchen wir uns nach unserem prachtvollen Seesalon zurückzogen. Unser Appetit setzte uns in den Stand, mit unserem Mahle hübsch fertig zu werden; aber jetzt verspürten wir einen Durst, den zu stillen es uns vorderhand an Mitteln gebrach.

»Wir werden wahrscheinlich ein etwas braminartiges Leben führen müssen, Honoria. Laß uns aufbrechen und eine Quelle suchen. Unsere Schaalen werden uns dann sehr zu Statten kommen.«

Wir waren nicht weit gewandert, als wir ein klares Bächlein fanden, das in einem Felsenbette fortrieselte und am Rande, wo der Sand den grünen Rasen gürtete, sich zu einem kleinen Teiche ausbreitete. Ich konnte seinen Ausgang bemerken; aber ohne Zweifel saugte der lose feine Sand das Wasser auf und ließ es nach dem Meere durchsickern. Das Wasser war vollkommen geschmacklos und köstlich kühl. Dies war für uns ein wahrer Schatz. Wir tranken wiederholt und freuten uns der Labung um so mehr, wenn wir sie mit dem bitteren Wasser verglichen, das wir früher aus den Höhlungen der großen Blätter hatten träufeln müssen.

»Nach dieser Erfrischung müssen wir daran denken, für die Nacht dein Bette herzurichten, Honoria. Wir wollen im Einsammeln sorgfältig sein und die kleinsten, trockensten dürren Blätter aussuchen. Aber was ist dies?« rief ich, indem ich sehr vorsichtig in dem Unterholz ein wenig weiter ging. »Wahrhaftig, dieß muß die Baumwollenstaude oder etwas der Art sein. Wie weich, seidenartig und fest sie ist – und noch dazu die große Menge. Honoria, heute Nacht sollst du auf einem Daunenbette schlafen – untersuche unsern Fund nur sorgfältig, du siehst, daß er vollkommen frei von Insekten ist. Wahrhaftig, welch' ein neuer Schatz!«

Wir hatten bald mehrere dieser Stauden kahl gemacht und trugen die wollige Substanz in unseren Armen fort, um damit in der Felsenhöhle ein weiches Bette zu bereiten, welches meiner Schwester eine genußreichere Ruhe, als die der vorigen Nacht in Aussicht stellte.

Da ich mir vorgenommen hatte, mich wieder wie das letztemal unter ihr zu betten, so traf ich gleichfalls einige Vorbereitungen ähnlicher Art, um mir ein weicheres Lager zu sichern.

»Das geht ja ganz vortrefflich, Honoria. Wir haben unsere See- und Land-Villas – unsere Obstgärten, unser gutes Wasser und keine üblen Betten. Zunächst müssen wir nun für Feuer besorgt sein – denn dies ist die Scheidemarke zwischen dem Thier und dem Menschen, da auch der unwissendste Wilde im Stande ist, sich eine Flamme anzufachen. Es gibt allerdings einige apokryphische Berichte über menschliche Wesen an den Küsten von Magelhaen, welche zum erstenmal Feuer gesehen haben sollen, als sie von den Europäern besucht wurden, aber ich glaube es nicht. Wahrhaftig, Honoria, wenn solche Menschen überhaupt existiren, so haben wir es lange nicht so schlimm, wie sie – wir wollen Feuer anmachen. Laß uns das dürrste Laub und trockene Zweige wie diese hier, welche von den Schulknaben Zunderholz genannt werden, zusammentragen. Dann müssen wir uns nach einem Feuerstein umsehen – es wird uns noch gut gehen, meine Liebe. Sind wir nicht vernünftige Wesen, die eine Erziehung genossen haben? Ja, ja, wir werden am Ende dennoch ohne den armen Jugurtha zurecht kommen.«

Der Gedanke an ein behagliches Abendteuer und an geröstete Kokosnüsse zum Nachtessen hatte mich sehr heiter gemacht. In der Absicht, für unsere Küche und unser Abendmahl die Grotte zu benützen, schafften wir Alles, was wir für leicht brennbar hielten, nach diesem Orte, obschon uns alle Bemühungen, eine Art Feuerstein aufzufinden, fehlschlugen. Dieß machte mir übrigens wenig Sorge, da ich glaubte, ein Stück des Felsen werde meinem Zwecke ebenso gut entsprechen.

Voll freudiger Zuversicht und fest entschlossen, bei unserem angemachten Feuer auch einige Muscheln zu rösten, die in unserem Bereiche an den untergetauchten Felsen klebten, häuften wir beide unseren Holz- und Laubvorrath auf. Ich nahm dann etwas von dem dürren, staubigen Zunderholz und begann mit einem Stücke Granit und dem Rücken meines Federmessers ganz wüthend Feuer zu schlagen. Ich zerklopfte meine Finger, bis sie mit Schnitten und Beulen bedeckt waren, und dann löste mich meine Schwester ab – aber ohne besseren Erfolg. Ein- oder zweimal meinten wir, ein paar Funken herausgelockt zu haben, aber sie fielen wirkungslos auf das mürbe Holz. Wir waren erstaunt über das unglückliche Resultat unserer Bemühungen. Robinson Krusoe und alle übrigen schiffbrüchigen Matrosen waren doch mit dem Feuer so leicht zu Stande gekommen; was blieb uns anders übrig, als daraus den Schluß zu ziehen, daß wir bedauernswürdig dumm seien.

Dieses Fehlschlagen verdroß mich über die Maßen. Ich konnte meinen Aerger nicht verbergen und wurde um so unmuthiger, je mehr ich sehen mußte, daß Honoria geneigt war, über mich zu lachen. Dann erinnerte ich mich, daß ein starkes Reiben zweier Holzstücke gleichfalls Feuer hervorbringe. Ich rieb aus Leibeskräften, ohne jedoch etwas Anderes als neuen Anlaß zum Unmuth zu gewinnen. Die ärmlichen Zweige wurden zwar warm, aber damit war's aus. Ach, ich hatte noch nicht einmal genug Kenntnisse für einen Wilden!

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