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Neunzehntes Kapitel.

Ich finde unsere Lage an Bord der Santa Anna nicht ganz beneidenswerth – gebe mir Mühe, Freunde zu gewinnen, und enthülle Feinde – habe ein scharfes Auge auf den Maten der Wache.

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Während ich mich also mit bitteren Betrachtungen abgab, schloß sich uns ein sehr verständiger, ernster, aber stummer Begleiter an. Die Kajüte, in welcher ich schlief, war die vorderste auf dem Backbord und lag unmittelbar unter dem Rande der Hütte, dem Steuerruder gegenüber. Ich hatte die Thüre angelehnt gelassen, und mein treuer Bounder, der in der Regel sein Nachtlager unter meiner Hängematte suchte, hielt es für angemessen, sein Ruheplätzchen zu verlassen, um mit mir und Don Julian auf dem Decke hin- und herzugehen. Er that dies mit ächtem Halbdeckschritte; aber statt sich, wie wir, auf der Ferse zu drehen, machte er am Ende eines jeden Ganges einen Halbkreis um uns, so daß er, wenn wir nach hinten gingen, neben mir, in der entgegengesetzten Richtung aber neben meinem Freunde spazierte.

Endlich weckte die Gravität des Hundes meinen Freund aus seiner Träumerei und rief sogar ein Lächeln auf seine Züge.

»Hat Bounder je zuvor in dieser offizierartigen Weise die erste Wache mit Euch gehalten?«

»Nie; und ich bin in der That etwas erstaunt darüber.«

»Was mag dies für ein Omen sein? Sagt mir dies, Ihr, der Ihr Eure Lehrzeit in einem so schwer von Zeichen verfolgten Schiffe dientet.«

Ehe ich noch Zeit zur Antwort hatte, kam der Offizier der Wache, welcher der dritte Mate war, nach unserer Seite des Deckes herüber und versuchte zwar achtungsvoll, aber unter vielem Stocken, mir in schlechtem Spanisch begreiflich zu machen, es sei des Kapitäns entschiedener Befehl, daß der Hund vom Halbdecke ausgeschlossen bleibe. Statt auf diese Erinnerung zu antworten, wandte ich mich an Don Julian und sagte zu ihm:

»Ich habe an diesem Schiffe mehr schlimme Vorzeichen bemerkt, als je meinem armen Freund Gavel, dessen Geschichte ich Euch so oft erzählen mußte, erschreckten. Unser Freund da mit dem Theerleinwandhut hat uns eben ein sehr bedeutungsvolles gegeben.«

Dann redete ich den Maten in englischer Sprache an, und fuhr fort:

»Ihr sprecht das Spanische sehr schlecht, und ich bemerke an Eurem Accent, daß Ihr ein Engländer seid. Wie heißt Ihr?«

Als er sich in der Sprache seiner Heimath angeredet hörte, erglühten seine Züge trotz der schwärzlichen Farbe zu einem Ausdruck von Lächeln und inniger Freude.

»David Drinkwater, Euer Ehren zu dienen,« versetzte er, seinen Hut abnehmend, und ihn über den Knieen mit beiden Händen rund drehend.

»Und welche Stellung behauptet Ihr an Bord dieses Schiffes?«

»In Ermanglung eines Bessern die eines dritten Maten, Sir.«

»Wir könnten keinen Bessern wünschen. Wißt Ihr auch, David, daß ich der Sohn eines Engländers und durch und durch ein Engländer bin – daß dieses Schiff bis aus drei Achtel mir und meinem Vater gehört – und daß es für diese Reise ausschließlich unseren Zwecken zu dienen hat?«

»Ich habe mir das so ungefähr gedacht, Sir; jetzt aber, da ich es aus Eurem Munde weiß, bin ich überzeugt davon.«

»Und ist es unter solchen Umständen nicht hart, David, daß auf meinem eigenen Halbdecke nicht Raum genug vorhanden sein soll, um meinen Hund neben mir gehen zu lassen?«

»Es scheint allerdings verteufelt hart zu sein, Sir; allein Befehlen muß man Folge leisten. Auch ist es im Seedienst der Brauch, daß der Kapitän das Recht hat, beliebige Regulationen zu treffen, obschon er nicht Schiffseigenthümer ist. Gleichwohl habe ich an Bord eines so stattlichen Kriegsschiffes, als nur je eines ein Gitter auftakeln ließ, auf dem Halbdeck Hunde herumlaufen sehen, die aber freilich dem Schiffer selbst gehörten.«

»Dann haltet Ihr also den Kapitän kraft seines Amtes zu dem Verbote berechtigt, daß dieses schöne Thier von meiner Seite gehe?«

»Ich weiß nicht viel von dem Kapitän, bin aber der Meinung, daß er ein Recht hat, den Hund von dem Halbdecke auszuschließen, obgleich es in Anbetracht aller Dinge ein verdammt gemeines und schäbiges Verbot ist – und das will ich sagen, so lange ich David heiße.«

Nachdem ich den Inhalt dieses Ausspruchs Don Julian in Kürze mitgeteilt hatte, da dessen Englisch noch in der Knospe stak, führte ich ohne weitere Bemerkung Bounder nach meiner Kajüte, befahl ihm, sich zu legen, und schloß die Thüre. Als ich mich meinem Freunde wieder anschloß, sagte ich zu ihm:

»Dieser Mantez wird bald in offene Feindseligkeiten gegen uns ausbrechen. Ihr wißt so gut, als ich, wie vollständig er sich der Gesellschaft seiner Passagiere entfremdet hat – in einem Grade sogar, daß nicht einmal Honoria länger die Kraft besitzt, ihn nach unserer Kajüte zu ziehen. Und dennoch will er seine Ansprüche auf ihre Hand nicht aufgeben. Daß er mich haßt, ist nur natürlich, denn es sind zu viele Kränkungen zwischen uns vorgefallen, als daß sogar der Schein der Herzlichkeit aufrecht erhalten werden könnte. Indeß weiß ich mir nicht zu erklären, warum er meinen Vater, Euch und Isidoria in seine fast augenfällige Feindschaft einschließt. Habt Ihr Vermuthungen über seine weiteren Absichten oder wißt Ihr, wer er ist?«

»Er ist der Verlobte Eurer Schwester, wofür ich ihm mit Freuden den Hals abschneiden könnte.«

»Ah! sprecht Ihr so? Gebt Eure Hand darauf. Wir wollen ihm zwar nicht den Hals abschneiden – – aber – aber man soll mir den meinigen bis an die Wirbelknochen vom Rumpf trennen, ehe er mir Honoria heirathen soll. Und doch« – fuhr ich fort, das Auge düster auf meinen Freund heftend – »möchte ich nicht, daß Ihr ihr Liebhaber wäret.«

»Das sagte auch Isidora. Ihr gönnt sie weder Mantez – noch mir – noch irgend einer andern lebenden Person.«

Ich wandte mich plötzlich gegen meinen Begleiter um, und meine Stirne glühete von Scham und Verdruß; aber ehe die Aufwallung des Zornes über meine Lippen glitt, brachten mich seine ruhigen, arglosen Züge alsbald wieder zum Bewußtsein von der Würde meiner eigenen Unschuld. Dennoch hatte er an der noch zu neu geknüpften Schnur unangenehm gezerrt; ich ergriff daher mit Wärme seine Hand, empfahl ihn dem Schutze seiner Heiligen, wünschte ihm gute Nacht und zog mich nach meiner Kajüte zurück.

Mein Schlaf war durch bittere Gewissensbisse gefoltert, und ich stand am andern Tage mit dem Entschlusse auf, Isidora mehr und meiner Schwester weniger von meiner Zeit zu widmen. Auch nahm ich mir vor, diesen Tag einer aufmerksamen Beobachtung zu weihen, und die Handlungen wie auch das Benehmen meiner Umgebung auf's Sorgfältigste zu prüfen, um in dieser Weise ihre Beweggründe und ihre schließlichen Plane zu erforschen. Als ein pflichtlicher Sohn machte ich den Anfang mit meinem Vater, der mir übrigens mit seinem edlen, ruhigen, offenen Charakter wenig zu schaffen machte. Er verbrachte den Morgen in der Regel mit Bereinigung seiner Bücher, mit Entwürfen für seine künftigen Operationen und mit Besuchen des fest verwahrten Raumes in der Branntweinstube, wo seine schweren, in Eisen gebundenen Truhen mit Dublonen und Dollars hinter einer doppelten Thüre verwahrt waren. Seine Reise betrachtete er als ein Alltagsereigniß, das bald abgethan sein werde, und was den Bruch der gegen Mantez eingegangenen Verbindlichkeiten betraf, so war er vollkommen bereit, auf Verlangen den bedungenen Reukauf zu bezahlen, wenn er dadurch einer Tochter, die er so sehr liebte, nur den mindesten Schatten einer Unruhe ersparen konnte. Er betrachtete nämlich das Verlöbniß als einen bloßen kaufmännischen Kontrakt, den er gegen stipulirte Entschädigungen zu lösen im Stande und bereit war. Die einzige Unruhe machte ihm das langsame Fortschreiten des Schiffes; denn von dem veränderten Benehmen des Kapitäns nahm er an, daß getäuschte Liebhaber ein Recht hätten, sich ein Bischen in die Brust zu werfen.

Meine gute Mutter kümmerte sich nur um drei Dinge – wie sie den langweiligen Tag verbringen sollte, wie sie namentlich auf dem Decke bei den Bewegungen des Schiffes alle Attitüden oder Zufälle vermeiden könnte, welche der Würde einer spanischen Matrone Eintrag thaten – und wie meine Bekehrung von den Pfaden der Ketzerei einzuleiten sei. Die neckische, schöne Honoria war keinen Augenblick beschäftigungslos oder unglücklich, denn sie sah sich den ganzen Tag durch ihre Musik, ihren Gesang, ihre englischen Lektionen und den Unterricht, den sie Jugurtha in der Zeichensprache ertheilte, in Anspruch genommen; dabei versäumte sie nicht, mich und ihren früheren Verehrer zu necken, welcher noch immer dergleichen that, als sei er sterblich in sie verliebt. Sie versicherte mir wiederholt, daß sie sich jetzt, nun sie meiner Liebe versichert sei, vollkommen glücklich fühle. Sie sah keine Wolke an dem Horizonte ihres Geschicks und verdiente auch, von allen solchen düsteren Schatten verschont zu bleiben. Wenn sie sich auf dem Decke erging, schien sie Segen unter die Matrosen zu bringen; denn sie kamen alle herzu, um einen Blick nach ihr wegzustehlen, obschon keiner wagte, sie anzureden. Sie schienen in ihr die Bürgschaft ihrer Sicherheit zu suchen und prophezeiten, daß kein Sturm oder Unfall ihnen etwas anhaben könne, so lange sie an Bord bleibe. Konnte dann Einer unter irgend einem Vorwand so nahe an sie herankommen, um durch ihr himmlisches Lächeln ausgezeichnet zu werden (denn sie hatte ein Lächeln für Alle) so fühlte er sein Herz erleichtert, und er trug den ganzen Rest des Tages seinen Kopf höher als sonst. Einige von den enthusiastischsten Matrosen des Südens hatten ihren Namen mit Schießpulver in ihre Arme eingebrannt und pflegten ihre Behauptungen dadurch zu bekräftigen, daß sie bei Honorias Schönheit schwuren. Hätte sie ihre Gewalt gekannt, so wäre sie allmächtig gewesen und würde das Schiff in jeden Hafen der Welt, der genug Wasser besaß, geführt haben.

Und Jugurtha – die Leutseligkeit in schwarzer Farbe – genoß all das Glück, für das ihn sein Wesen befähigte. Er war unser Diener und Honorias besonderer Liebling. Sein Mund war stets sehr ausgedehnt gewesen, aber sein unaufhörliches vergnügtes Grinsen hatte diese merkwürdige Oeffnung noch mehr erweitert, so daß zwischen den Winkeln desselben und den Ohren nur noch für eine gekrümmte Runzel Raum blieb, welche die Heiterkeit in der denkbar einfachsten Weise ausdrückte. Zu gleicher Zeit wurden seine Zähne weißer und schienen sich zu vergrößern – seine Augen verkleinerten sich zu einem bloßen Blinzeln und das Pech seiner Farbe wurde glänzender. Er war so ganz anders geworden, daß selbst Mantez bisweilen an ihm vorbeigehen konnte, ohne sein dämonisches Zürnen zu wecken. Sein beständiger Dienst in der Kajüte ließ ihm nur wenig Zeit, unter den Matrosen Bekanntschaften anzuknüpfen; aber auch unter diesen war er allgemein beliebt, soweit dies durch die seltene Berührung bewirkt werden konnte.

Obgleich die Betrachtung der Verhältnisse meiner eigenen Familie so befriedigend war, so machte mir das Benehmen des Kapitäns und seine sich steigernde Vertraulichkeit mit dem ersten und zweiten Maten viel Unruhe. Diese beiden unwürdigen Personen waren ein gewisser Gomez Alvaruche, ein rauhaariger, banditenartig aussehender Spanier, der den Hauptoffizier spielte, und ein hagerer, hungriger, donquixotischer Normanne, der sich gewaltig viel aus den zugleich gut und erzwungen tönenden Namen Auguste Epaminondas Montmorency einbildete. Diese Männer hatten eine eigenthümliche Art, die Gesetze, welche das Privateigenthum regeln, zu deuten, und waren der Ansicht, daß Alle, welche gegen ihre Meinung anstießen, den Tod verdienten. Natürlich unterhielt weder ich, noch meine Familie den geringsten Verkehr mit ihnen, obgleich ich ihnen die Gerechtigkeit widerfahren lassen muß, daß es von ihrer Seite nicht an Anerbietungen zu einem besseren Einvernehmen fehlte.

Der dritte Mate oder Offizier, dessen ich bereits Erwähnung gethan habe, war ein rauher und, wie ich hoffte, ehrlicher Engländer, der sich David Drinkwater Trinkwasser. zu nennen beliebt hatte – ein Name, der wohl eben so ächt als passend sein mochte. Ich war übrigens erfreut, daß er nicht in das Vertrauen des Kapitäns und der zwei ersten Maten eingeweiht war, und begann daher augenblicklich nachzudenken, wie ich ihn gewinnen könne. Diese Aufgabe war, wie ich bald fand, nicht schwierig, denn ich hatte nur den Beweis zu führen, wie schlimm er durch seinen Namen verläumdet werde.

So oft er die Nachtwache auf dem Decke hatte, ließ ich mir's stets angelegen sein, mich mit ihm zu unterhalten und ihm jene derben freimüthigen Aufmerksamkeiten zu erweisen, welche einen so gewinnenden Eindruck aus das Herz eines Matrosen üben. Ich ermuthigte ihn, über seine persönlichen Verhältnisse und Aussichten zu sprechen, was er rückhaltslos genug that; aber es befand sich augenscheinlich ein falscher Schlag in dem Ringe seiner Geschichte, mit dem er mich nicht bekannt zu machen wünschte, und ich war zu rücksichtsvoll, um durch ein Kreuzverhör die Wahrheit aus ihm herauszuholen. Um sein Vertrauen zu gewinnen, zeigte ich ihm unverhohlen, daß ich ihm das meinige schenkte, und es gelang mir, Alles zu erfahren bis auf jene kleine geheimnißvolle Angelegenheit.

Einige Nächte nach der seltsamen Unterredung, die ich mit Julian gehabt hatte, kam David, sobald er den Kommandeur zur Nachtruhe in seine Kajüte hatte gehen sehen, auf die Seite des Deckes herüber, auf welcher ich mich erging, und sagte dann plötzlich nach einigen linkischen Einleitungen:

»Wißt Ihr auch, Mr. Troughton, welchen Kurs wir steuern?«

»Nach Neu Orleans.«

»Möglich; aber wie steht der Schiffsschnabel jetzt?«

»Wie? das weiß ich wahrhaftig nicht. Ich will gehen und nachsehen.«

»Thut es.«

Ich begab mich deshalb nach dem Kompaßhäuschen, wo ich fand, daß wir Süd und bei West halb West steuerten. Ich kehrte zu dem Maten zurück und theilte ihm das Resultat meiner Beobachtung mit.

»Ganz gut. Und wißt Ihr auch, daß wir auf diese Weise bei Weitem zuviel südwärts kommen? Auch hat mir in der letzten Woche Kapitän Mantez ausdrücklich gesagt, ich brauche mich nicht zu bemühen, weitere Sonnenbeobachtungen vorzunehmen.«

»Wirklich? Und Ihr habt sie fortgesetzt?«

»Ja; jeden Tag von der Back aus. Wir sind jetzt bereits zehn und einen halben Grad der Linie näher, als wir sollten.«

»Danach muß man sehen, David. Wer leitet das Schiff?«

»In der Regel der Kapitän; doch auch das lange Gespenst von einem Franzosen hat so viel damit zu schaffen, wie der Andere.«

»Aber der Kapitän versteht vielleicht die Sache nicht, und der Franzose ebenso wenig.«

»Kein Zweifel, kein Zweifel; aber sie wissen gut genug, wohin sie wollen.«

»Wißt Ihr's auch?«

»Bei meiner Seele, nein,« sagte er, zur Bekräftigung die rechte Hand nachdrücklich in die linke schlagend.

»Nicht nach Neu-Orleans?«

»Schätz wohl, nein.«

»David, Ihr erschreckt mich. Ihr wißt, daß Alles, was ich werthschätze, sich an Bord dieses unglücklichen Fahrzeugs befindet. Sagt mir, ob Ihr weitere Zeichen eines schnöden Spieles bemerkt habt.«

»Ich habe allerdings einige sonderliche Vorgänge bemerkt. So fand vorgestern Nacht in der Hochbootsmannskajüte eine Versammlung von fast allen Offizieren Statt – ja von allen, mich ausgenommen; der Kapitän war auch darunter.«

»Wirklich? – Und der gewaltige Don hat sich gleichfalls dabei betheiligt? Nun David, um des englischen Blutes willen, das in unsern Adern fließt, müßt Ihr uns Beistand leisten. Ihr werdet's doch nicht mit ansehen wollen, daß man mit uns in unserem eigenen Schiffe Reißaus nimmt und uns bei der ersten Gelegenheit wie einen Haufen junger Hunde ersäuft?«

»Nein, wenn ich's anders machen kann; aber vielleicht ist's am Ende nicht so unrecht gemeint. Nur ein Bischen Umweg, um die Fahrt zu verlängern und sowohl den Offizieren als den Matrosen zwanzig oder dreißig weitere Taglöhne zu verschaffen. Mag übrigens kommen, was da will, um des Wohlwollens willen, das Ihr mir gezeigt habt, und wegen jenes gesegneten Wesens, Eurer Schwester, steht ein Leben Euch zu Dienste – nämlich das Leben des Thunichtgut David Drinkwater; da habt Ihr meine Hand darauf.«

»Ich nehme sie zum Pfande der Freundschaft; und auch Honoria soll Euch danken. Ja, mein lieber Mann, sie wird nur um so ruhiger und süßer schlafen, wenn sie weiß, daß sie nicht unter dem Schutze eines Thunichtgut, sondern eines tapferen David schlummert. Wir wollen diesen prahlerischen Goliath dennoch zu Paaren treiben, David.«

»Ja, mit der Schlinge – an der Nocke – wie der Hund es verdient.«

In diesem Augenblicke zog der Kapitän seine Klingel an, und David ging hinein, um seine Befehle entgegen zu nehmen; kurz nachher kam er aber wieder heraus – seinem eigenen Ausdruck zufolge mit einem Donnerblicke. Dann nahm er eine amtliche Miene an, zog seinen Hut ab und redete mich also an:

»Don Mantez de Flusterbello oder einem sonstigen ausländischen Namen läßt dem Sennor Trottoni sein unterthäniges Kompliment vermelden, und erbittet sich's als eine besondere Gunst, wenn er seine Abende in anderer Weise verbringt, als daß er die Aufmerksamkeit des wachhabenden Offiziers zerstreut und dem gesetzlichen Ansehen des Kapitäns dadurch Abbruch thut, daß Ihr mit seinen Leuten unter der Decke spielt.«

Diese Botschaft, welche der ehrliche Bursche Wort für Wort wiederzugeben versuchte, wurde in sehr schlechtem, aber nachdrücklichem Spanisch ausgerichtet.

»Bravo, David,« lautete meine Antwort; »Ihr macht rasche Fortschritte in der Sprache. Aber dies ist nur ein weiterer Beitrag zu dem übrigen Kerbholze.«

»Ja,« sagte David mit einem sehr orthodoxen Fluche. »Zu glauben, man könne mit mir unter der Decke spielen oder mich bestechen, die Hand gegen meinen Offizier zu erheben. Ich will ihm dafür in seiner Hängmatte den Hals abschneiden.«

Und dann stampfte er unwillig nach der Steuerbordseite des Halbdecks hinüber, und wanderte während der Zeit seiner übrigen Wache stumm auf und ab.

Mein Inneres wurde nun von einer Unzahl der schlimmsten Besorgnisse gequält, und obgleich ich mich für den Rest der Nacht in meine Kajüte zurückzog, so konnte ich doch keinen Schlaf finden. Ich bot allen meinen Kräften auf, um den Gefahren, die uns zu drohen schienen, zu begegnen, konnte mich aber gleichwohl bis auf den letzten Augenblick nicht entschließen, die Damen oder meinen guten Vater zu beunruhigen.

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