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Die Gegner des Einheitsbundes.

Wenn eine Hand die Feder ergreift, die seit längerer Zeit Verhältnisse wegen sich nicht auf das maurerische Gebiet begeben hat, so ist es natürlich, dass ihr Product nicht dem der redegewandten, geübten Mitarbeiter von maurerischen Zeitschriften ebenbürtig sein kann. Es mögen daher die nachfolgenden kurzen Ausführungen mit Nachsicht beurtheilt werden.

Von der ersten Anregung zur Begründung des Einheitsbundes an habe ich die Entwickelung desselben genau verfolgt, Stimmen dafür und dawider gehört und gelesen, und bin zu der Ueberzeugung gekommen, dass der Boden dafür noch längst nicht überall reif ist. Es giebt eben noch zu viel Brr., die es nicht verwinden können, das der Name »Jesus« überhaupt in der Loge genannt wird, weil sie meinen, der Loge werde dadurch ein kirchlicher Charakter gegeben, den sie ja allerdings nicht haben soll. Aber haben wir denn nicht bisher schon mit und nach Jesu Lehre gearbeitet? Waren seine Worte: »Liebe deinen Nächsten als dich selbst«, die er durch sein Leben bethätigte, nicht auch schon vor dem Bestehen des Einheitsbundes unser Wahlspruch? Ist nicht die Nächsten- und Bruderliebe, die er lehrte, die Aufgabe, die wir erst zu bethätigen im Stande sind, nachdem wir uns bemüht haben, seinem Vorbilde nachzuleben? Ja, ohne dass bisher sein Name in der Loge genannt wurde, war sein Leben unser Vorbild, seine Lehre unsere Lehre. Ist es denn nun so schrecklich, den Namen dieses grössten Reformators aller Zeiten zu nennen? Fällt es uns doch nicht ein, den Namen des Componisten oder Dichters eines schönen Liedes absichtlich zu verschweigen; im Gegentheil, wir suchen ihn zu erforschen. Weshalb soll nun absolut der Name dessen nicht genannt werden, der der Welt die Religion der Liebe brachte?

Es ist eine Voreingenommenheit der Gegner des Einheitsbundes, wenn sie behaupten, dass die Loge bei solcher Anschauung der Kirche gleichkomme. Wenn der Einheitsbund auf der bekannten Grundlage den Zweck verfolgt, die verschiedenen Systeme und Anschauungen durch Beseitigung der confessionellen und principiellen Gegegensätze zu einen, so liegt darin durchaus nicht, dass die Loge dieselbe Arbeit betreiben muss, wie die Kirche. In sittlicher Beziehung thut sie dies ja heute schon. Neben Johannes, unserem Schutzpatron, kann es doch wohl keinen Anstoss erregen, wenn der Name seines ihn weit überragenden Nachfolgers einmal genannt wird. Dogmen kennen wir nicht, und damit ist der kirchliche Charakter ausgeschlossen. Männer jeder Confession, welche überhaupt der Bruderliebe fähig sind, werden sich an dem Namen dessen, der die Liebe selber war, der sie gepredigt, nicht stossen; andernfalls würden sie uns nur hinderlich sein.

Wie die Loge mit Zugrundelegung der christlichen Lehre geleitet wird, ist eine andere Sache. Unter den Predigern der christlichen Kirche unterscheiden wir drei Richtungen: die strenggläubige, die am todten Buchstaben haftet und das eigene Denken ausschliesst, die gemässigte und die freisinnige. Selbstverständlich in anderer Form giebt es fast dieselben Unterschiede in den einzelnen Logen, wie wohl die meisten Brüder schon zu beobachten Gelegenheit hatten. Jede Richtung hat ihre Freunde, jede ihre Gegner; fast ausschliesslich hängt sie von den Leitern der Loge ab.

Dass aber der Einheitsbund eine besondere Richtung herbeiführen will – wie Viele glauben, gar in extrem kirchlichem Sinne – ist ganz und gar ausgeschlosssen, wenigstens wird die Verantwortung hierfür der Leitung der einzelnen Logen zufallen, wie bisher.

Mit Hinwegräumung dieser Befürchtung wünsche ich die Bahn für den Einheitsbund freigelegt zu haben, der keine confessionellen Unterschiede kennt, sobald sich freie Männer von gutem Rufe auf den Standpunkt der christlichen Lehre der Nächsten- und Bruderliebe stellen. Möge der junge Baum, der vor Jahresfrist in Braunschweig gepflanzt wurde und bereits stattlich zu grünen beginnt, sich ausdehnen über die ganze Maurerwelt, damit unter seinem Schatten Uneinigkeit und Gegensätze verschwinden.

Es soll die Loge der Sammelplatz sein, auf den wir uns flüchten aus dem vielseitigen geschäftlichen Treiben des Alltagslebens, um das in demselben gefährdete Ideal der Menschen- und Bruderliebe aufs Neue zu pflegen in gemeimsamer Arbeit an dem Bau des Menschheitstempels. Möge diese Arbeit künftig auch auf der von dem Einheitsbunde angestrebten gemeinsamen Grundlage beruhen, zum Segen der Brüder, zum Heile der Welt.

Br. F. W. Strube.


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