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Die Gesellschaft Jesu und der Freimaurerbund.

Die Angriffe gegen den Freimaurerbund haben in letzter Zeit erheblich an Heftigkeit zugenommen. Zudem scheint es, dass dieselben mit Anwendung aller erdenklichen Mittel für die Folge systematisch fortgesetzt werden sollen.

Wenn wir auch über die gegen uns angewendeten unlauteren Kampfmittel, welche an die finsteren Zeiten des Aberglaubens erinnern, uns sehr überlegen fühlen, so ist es aber doch nicht angebracht, über die Thatsache selbst uns ohne Weiteres hinwegzusetzen. Wir müssen uns vielmehr ohne jede Selbstüberschätzung die Frage stellen, ob wir wirklich über jene Anfeindungen erhaben sind.

In Gegenden mit vorwiegend aufgeklärter Bevölkerung werden die gegen uns ausgestreuten Verleumdungen keine Wurzel fassen können; aber da, wo in geistiger Beziehung noch vorwiegend Finsterniss herrscht, kann dadurch ein Freimaurer in eine sehr schwere, sogar unhaltbare Stellung zu seiner Umgebung gerathen. Es sind noch viele Menschen, die das von einer gewissen Seite ihnen Gebotene gläubig aufnehmen, dort wird auch die furchtbare Erfindung von einem Teufelskultus der Freimaurer noch geglaubt. Und eine fanatisirte abergläubische Menge ist unberechenbar. Die fortgesetzten Verdächtigungen, von einer Seite kommend, die in grossen Volkskreisen blinden Anhang hat, können zu sehr bedenklichen Ausbrüchen der Leidenschaft führen.

Der jetzt so bösartig organisirte Vernichtungskampf kommt von derselben Stelle, von welcher wir stets bekämpft wurden, nämlich von dem Jesuitenorden. Und in der That sind Freimaurerbund und Jesuitenorden schroffe, ewig sich widerstrebende Gegensätze. Es sind Gegensätze, wie Licht und Finsterniss, wie Liebe und Hass. Dieser Kampf wird erst dann beendet, wenn einer der beiden Gegner nicht allein besiegt, sondern gänzlich vernichtet ist.

Wir müssen aber wohl unterscheiden zwischen Jesuitenorden und katholischer Religion. Zur katholischen Religion als solcher haben wir keinerlei Veranlassung, uns in einen Gegensatz zu stellen. Ein solcher Gegensatz ist nicht vorhanden. Mögen wir in der katholischen Religion einen Anspruch an Glaubenskraft sehen, welchem wir nicht überall zu folgen vermögen – die katholische Religion hat in ihrem Kern denselben Inhalt wie andere christliche Bekenntnisse; es ist nur eine andere Schale, die sogar in bestimmten Verhältnissen angemessener ist, als die von äusserer Umhüllung mehr abgelöste freiere Richtung. Der Weg, den die katholische Religion wählt, ihre Anhänger zu dem Höheren und Göttlichen zu führen, ist ein durch mancherlei Umwege, alle steilen Aufgänge vermeidender, längerer Weg, aber er führt zu demselben Ziele. Es ist dasselbe Ziel, welches der Freimaurerbund erstrebt.

Vor hundert Jahren zählte der Freimaurerbund zu seinen Mitgliedern viele Angehörige der katholischen Kirche, darunter hohe Würdenträger derselben. Es ist dies ein Beweis, dass denkende Katholiken in dem Freimaurerbunde damals keinen Gegensatz zwischen ihrer Religion und der Freimaurerei gefunden, vielmehr in beiden Gemeinschaften den gleichen Kern, die Einheit des inneren Wesens erkannt haben. Das ist heute anders geworden. Die katholische Religion ist dieselbe, aber die katholische Kirche ist dadurch in eine veränderte Lage gekommen, dass der Jesuitenorden in ihr wieder Einfluss gewonnen hat. Aber ist der Freimaurerbund derselbe geblieben? Wir können das leider auch nicht bejahen. In manchen Gebieten des Bundes hat die Freimaurerei ihren religiösen Charakter verloren, sie ist vielfach eine Gesellschaft geworden für allerlei weltliche Interessen.

Wir dürfen uns nicht beklagen, wenn wir, die wir an der religiösen Grundlage festhalten, nach jenen von dem alten Fundamente abgewichenen Bundesgliedern nun auch beurtheilt werden. Der Fernstehende kann das so genau nicht wissen, dass die ihm vor die Augen tretenden Erscheinungen kein Spiegelbild der Gesammtheit sind.

Da, wo die Freimaurerei ihre religiöse Grundlage verlassen hat, richtet sich die Thätigkeit der Bundesmitglieder vielfach gegen alles Kirchenthum, gegen alle Dogmatik, gegen allen Glauben, namentlich aber gegen die Glaubenssätze der katholischen Kirche. Dadurch werden viele Menschen in ihren heiligsten Gefühlen verletzt und es ist nicht schwer, sie heranzubilden zu einer heftigen Gegnerschaft gegen Diejenigen, welche ihnen ihr Bestes, den Himmel in ihrem Herzen, antasten.

Nur eine von ihrem eigentlichen Wesen entartete Freimaurerei kann sich dahin verirren, die Berechtigung religiösen Empfindens bestreiten zu wollen und eine sogenannte Aufklärung anzustreben, welche alles Höhere für Unsinn erachtet. Das ist nach maur. Grundsätzen und nach unserer inneren Ueberzeugung kein Aufstieg auf die Höhe, sondern ein Abstieg in die Tiefe. In dieser Tiefe herrschen nur thierische, selbstsüchtige Interessen. Dort ist nicht Licht, sondern Finsterniss. Dort ist nicht Glückseligkeit, sondern grenzenloses Elend. In dieser Tiefe ist keine Liebe, sondern Hass; kein Frieden, sondern der Kampf Aller gegen Einen und jedes Einzelnen gegen Alle.

Wir wollen keinen Kampf führen gegen die katholische Religion, aber gegen den Jesuitenorden wollen wir kämpfen. Dieser Orden steht der katholischen Religion fern, er hat selbstsüchtige, herrschsüchtige Interessen. In Verfolgung dieser Interessen missbraucht er die Religion zur Verhüllung seiner wahren Absichten. Der Freimaurerbund kann sich in hohem Maasse geehrt fühlen durch den ihm vom Jesuitenorden entgegen gebrachten Hass. Derselbe ist für edle Menschen ein rühmliches Zeugniss.

Der Kampf gegen den Jesuitenorden kann nur in einer bestimmten Richtung geführt werden und von Erfolg sein. Wir werden doch nicht daran denken, einen Jesuiten bekehren zu wollen. Wir haben aber auch keinerlei Macht, die Jesuiten gewaltsam aus der von ihnen eroberten Machtstellung zu verdrängen. Wir haben auch keine Veranlassung, die katholische Religion zu befehden, denn sie lebt in Millionen von Menschen, welchen wir keine Autorität sind. Es würde auch gegen unsere Grundsätze verstossen, wenn wir, die wir allen Religionsgemeinschaften die gleiche Berechtigung zugestehen und allgemeine gegenseitige Duldung herbeiführen wollen, der katholischen Religion uns feindlich gegenüber stellen wollten.

Das Einzige, was wir thun können, um den Jesuitenorden zu überwinden, was aber auch sicherlich zum Sieg über ihn führen wird, ist, dass wir dem alten Bundesgeiste getreu uns immer einwandsfreier als die Träger wahrer Religiosität darstellen, dass der Bund sich immer mehr vor der Welt offenbare als das Allerheiligste aller Gotteshäuser der Erde, als die Stätte, wo Gott im Geiste und in der Wahrheit verehrt wird und wo Alle, die an ihn glauben, über alle Trennungen äusseren Bekenntnisses hinüber sich wiederfinden als Kinder eines einzigen himmlischen Vaters; dass wir leuchten vor der Menschheit in dem Lichte, welches alle Erdenschatten und auch die Nacht des Todes verklärt und den Menschen hinüber leuchtet durch ihre letzte Nacht in die ewige Heimath des Menschengeistes.

Von Denjenigen aber, welche nur äusserlich uns angeschlossen, aber im Geiste des Bundes nicht mit uns sind, welche uns in falsches Licht dadurch bringen vor der Welt und unseren Siegeszug durchkreuzen, müssen wir uns lossagen. Wir müssen einwandsfrei werden überall. Mögen sie, welche alle Gotteshäuser als veraltete Zeugen überwundenen Aberglaubens niederreissen und alle Altäre umstürzen wollen, diesem Zerstörungssinn für sich weiter folgen. Wir gehen dann auch unseren Weg allein. Wir wollen nicht zerstören, sondern weiter bauen an unserem heiligen Tempel.

Wenn wir unseren lebendigen Glauben allen glaubenslosen Spöttern gegenüber immer frei bekennen wollten, wenn wir unsere Grundsätze der Duldung und Liebe auch in unserem ganzen Wesen und Thun stets bewahrheiten wollten, dann würden wir auch dort das verlorene Ansehen wieder gewinnen, wo wir es durch die Schuld abirrender Genossen eingebüsst haben. Und das wird dann der Anfang sein zum endlichen Siege.

Jene Geister der Finsterniss, welche sich frevelnd Gesellschaft Jesu nennen, sind gegen alle Angriffe gefeit und unverletzbar. Nur einer kann sie überwinden, das ist der, in dessen Gewand sie sich hüllen. Wenn dieser Lichtträger Gottes in seiner wahren Gestalt vor sie hintreten und sie herausfordern sollte, dann werden jene Nachtgestalten verschwinden wie die Gespenster vor der aufgehenden Sonne. Denn Jesus ist nicht die Finsterniss, der Hass und die geistige Knechtschaft, sondern das Licht, die Liebe und die Freiheit. Die Scheiterhaufen, welche im Namen Jesu errichtet wurden, die Folterkammern, welche »zu seiner Ehre« gearbeitet haben, sind eine Schändung seines Namens, eine schmachvolle Sünde gegen seinen heiligen Geist, die niemals vergeben werden kann. Und ebenso schmachvoll ist es, dass Diejenigen, welche seine Feinde, welche die leibhaftigen Antichristen sind, sich Gesellschaft Jesu nennen, auch heute nur allein durch die staatliche Ordnung davon zurückgehalten, die Schandmale vergangener Jahrhunderte aufs Neue in seinem Namen aufzurichten.

Er wird wiederkommen, jener gekreuzigte Erlöser der Menschheit. Sein Erlösungswerk ist noch nicht vollendet. Aus aller Verhüllung und Entstellung wird er sich frei machen. Er wird wiederkommen in seiner wahren Gestalt, in seinem alle leuchtenden Ideale der Menschheit umfassenden Geiste. Er wird Denen, welche seinen Namen missbrauchen, die Maske abreissen von ihrem Gesichte und alles Pharisäerthum zertrümmern. Er wird Diejenigen als seine Nachfolger und seine Getreuen hinstellen, welche jetzt in seinem Namen verflucht sind. Er wird aus seinem Tempel hinaustreiben die Geldwechsler und Heuchler und aus den Kirchenstühlen alle Gottesleugner, die ihm nur dienen mit dem Munde, aber im Herzen ihm fern sind. Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich – das wird die Loosung sein. Neutral und gleichgültig darf Niemand mehr bleiben. Für die Menschheit giebt es nur ein Heil. Es ist kein anderer Gedanke des Heils und kann kein anderer Gedanke des Heils gedacht werden.

Möge der Freimaurerbund sich um Jesum sammeln. Möge er der falschen Gesellschaft Jesu eine Gesellschaft Jesu gegenüber stellen, die in Jesu Geiste verklärt und an seinem Werke zu schaffen gewillt ist.

Dann wird unser Licht immer höher aufleuchten. Dann werden die Truglichter des Pharisäerthums immer mehr verblassen. Dann wird vor dem in immer höherem Lichte auferstehenden Meister von Nazareth die falsche Gesellschaft Jesu in die Finsterniss zurücksinken, aus welcher sie gekommen ist. Dann wird auch in der katholischen Religion bei denkenden, religiös angelegten Naturen unser Bund wieder Vertrauen erwerben, dann werden Führer der katholischen Kirche wieder Zeugniss für uns geben und so wird, wie in allen Religionsgemeinschaften, die wahre Gesellschaft Jesu gegen den Jesuitenorden auch in der katholischen Religion zum Siege gelangen und den Jesuitenorden aus seinem letzten Hinterhalte verdrängen. Dann können auch seine letzten vergifteten Pfeile uns nicht mehr schaden.

Br. Friedrich Holtschmidt.


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