Josef Haltrich
Sächsische Volksmärchen aus Siebenbürgen
Josef Haltrich

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84. Der Fuchs und der Bär

Der Fuchs und der Bär hatten einmal großen Durst. Da sprach der Fuchs: »Ich weiß in einem Keller guten Wein, willst du, so gehen wir in der Abenddämmerung hin und holen ihn.« Dem Bären war das ganz recht, und als es Abend wurde, gingen sie hin. Damals aber hatte dieser auch einen so langen, ja noch einen längeren Schwanz als der Fuchs – und warum sollte er ihn auch nicht gehabt haben, er ist ja größer und stärker? – »Gevatter, Ihr seid stark!« sprach der Fuchs, »lasset Euren Zagel zum Kellerfenster hinein, dann keule ich die Spitze fest ins Faßloch ein und Ihr zieht das Faß hinaus!« So geschah es; als aber der Fuchs fertig war, rief er: »Nun wartet, bis ich hinauskomme, daß ich auch ziehen helfe«, und sprang hinaus. »Nun drauflos jetzt, Gevatter!« Der Bär zog, daß er kein Leben hatte, doch das Kellerfenster war zu klein, und das Faß ging nicht hinaus, aber bei seiner gewaltigen Kraft brach der Bär die Mauer mit dem Fasse durch. Das gab ein fürchterliches Gerumpel. Der Wirt im Hause erwachte, sah hinaus und rief seine Leute gleich zusammen; sie eilten mit Stangen und Stöcken hinaus dem Bären und Fuchs nach, diese waren schon im Feld, der Fuchs voran, der Bär mit dem Faß Wein am Zagel hinterher. Als er aber über einen Graben sprang, fiel das schwere Faß hinunter und nahm ihm ein Stück vom Zagel mit, doch war er froh, daß er vor den Nacheilenden in den nahen Wald entkommen konnte. Seit der Zeit hat der Bär einen Stumpfschwanz.


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