Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Jachmann als Erfinder und der Kleine Mann als König. Wir sind ja zusammen!

Am nächsten Morgen steht Pinneberg mit etwas dickem Kopf bei Mandel zwischen seinen Hosen. Es ist nicht ganz einfach für einen jungen Ehemann, solchen Logierbesuch bei sich zu wissen in einer Wohnung, die so klein ist, eigentlich doch nur ein Zimmer. Immer wieder muß er daran denken, wie Jachmann damals in der Nacht war, als er das Geld für die Miete brachte, wie er nach Lämmchens Bett trachtete.

Nun gut, damals war er betrunken und gestern abend war er ganz anders, wirklich sehr nett. Aber zuzutrauen ist ihm alles und zu trauen ist ihm gar nicht.

Mit Feuer unter den Sohlen steht Pinneberg hinter dem Ladentisch: wäre er doch erst zu Haus! Aber natürlich ist alles sofort in Ordnung, wie er zu Haus ist. Lämmchen ist in schönster Stimmung, sie besehen den Murkel, und er ruft nur rasch zum Besuch, der am Fenster in einem Koffer kramt: »'n Abend, Herr Jachmann!«

»'n Abend, Jüngling«, antwortet der. »Ich muß doch gleich . . .« Und schon ist er zur Tür hinaus und sie hören ihn auf der Leiter poltern.

»Wie war er denn?« fragt Pinneberg.

»Sehr nett«, sagt Lämmchen. »Eigentlich ist er schrecklich nett. Am Morgen war er sehr nervös, hat immerzu von seinen Koffern geredet, ob du die vielleicht vom Zoo holen würdest.«

»Was hast du gesagt?«

»Er soll dich fragen. Hat er nur gebrummt. Dreimal ist er die Leiter runter, und immer war er gleich wieder da. Dann hat er dem Murkel mit seinem Schlüsselbund was vorgeläutet und dazu hat er Lieder gesungen. Und dann war er plötzlich weg.«

»Hat also seine Angst untergekriegt.«

»Und dann kam er mit den Koffern wieder und seitdem ist er die reine Lerche. Kramt immerzu in seinem Zeugs herum und steckt Papier in den Ofen. Ja, eine Entdeckung hat er auch gemacht.«

»Entdeckung?«

»Er kann den Murkel nicht schreien hören. Da wird er ganz verrückt, das arme Kind, jetzt schon mit der Welt im Krieg, das hält er nicht aus. Ich hab ihm gesagt, er soll es nicht tragisch nehmen, der Murkel hat einfach Hunger. Sollte ich ihn sofort nähren, auf der Stelle. Und wie ich nicht wollte, hat er fürchterlich geschimpft. Elternwahnsinn, meint er. Erziehungsfimmel, es wäre uns zu Kopf gestiegen. Dann hat er ihn spazieren tragen wollen. Und dann ausfahren mit dem Kinderwagen, denke dir bloß: Jachmann mit einem Kinderwagen im Kleinen Tiergarten. Und wie ich nichts von all dem wollte und der Murkel hat immer weiter gebrüllt . . .«

Sie bricht ab, denn als hätte er es gehört, erhebt der Murkel seine Stimme, quäkend und wütend . . .

»Da ist er! Und nun sollst du gleich sehen, was Jachmann entdeckt hat ...«

Sie nimmt einen Stuhl und setzt ihn neben die Krippe. Und auf den Stuhl legt sie ihr Stadtköfferchen. Und dann holt sie den Wecker und stellt ihn auf das Köfferchen.

Pinneberg sieht gespannt zu.

Nun tickt der Wecker, ein richtiger, derber Küchenwecker, ganz nahe an des Murkels Ohr. Er tickt sehr laut, aber natürlich, wenn der Murkel brüllt, ist solch bedeutungsloses Geräusch nicht zu hören.

Zuerst brüllt der Murkel unentwegt weiter, aber auch er muß einmal eine kurze Pause zum Atemholen machen. Dann brüllt er wieder weiter.

»Hat es noch nicht gemerkt«, flüstert Lämmchen.

Aber vielleicht hat er es doch schon gemerkt. Die nächste Atempause kommt viel schneller, dauert viel länger. Es ist, als lauschte er: Tick-Tack, Tick-Tack. Immerzu.

Dann brüllt er wieder. Aber er brüllt ohne die rechte Überzeugungskraft.

Da liegt er, ziemlich rot noch von der Anstrengung, mit einem Wisch weißblonder Haare auf dem Schädel, und einem kleinen komisch verknautschten Mund. Er sieht gerade vor sich hin, wahrscheinlich sieht er gar nichts, die kleinen Finger liegen auf der Decke. Sicher möchte er schrecklich gern brüllen, er hat Hunger, irgend etwas rummelt in seinem Bauch, und wenn irgend etwas geschieht, muß er brüllen. Aber nun geht es neben seinem Ohr Tick-Tack, Tick-Tack. Immerzu.

Nein, nicht immerzu. Wenn er brüllt, ist es weg. Und wenn er aufhört, ist es sofort wieder da. Das versucht er nun. Er brüllt ein kurzes Stückchen, ja, Tick-Tack ist fort. Und er schweigt, ja, Tick-Tack ist wieder da. Und dann schweigt er ganz, er hört darauf hin, wahrscheinlich ist in seinem Hirn für nichts anderes mehr Platz: Tick-Tack, Tick-Tack. Das Rummeln ganz unten, weit weg, es kommt nicht mehr oben an.

»Es scheint wirklich zu wirken«, flüstert Pinneberg. »Was für ein Kerl, dieser Jachmann, wie er nur darauf gekommen ist.«

»Probieren Sie meine Erfindung aus?« fragt von der Tür her Jachmann. »Wirkt sie?«

»Scheint so«, sagt Pinneberg. »Fragt sich nur wie lange.«

»Also, junge Frau, wie ist es? Kennt der Herr Gemahl schon unser Programm? Hat er es genehmigt?«

»Keine Ahnung hat er. Also höre zu, Junge. Herr Jachmann lädt uns ein. Wir gehen ganz groß aus. Kabarett und Bar, denke dir. Und zuerst ins Kino.«

»Na also«, sagt Pinneberg. »Da hättest du es ja geschafft. Einmal groß ausgehen, Herr Jachmann, das war immer Lämmchens Wunsch. Herrlich!«

Eine Stunde später sitzen sie im Kino, in einer Loge.

Es wird dunkel, dann:

Ein Schlafzimmer, zwei Köpfe auf den Kissen, ein rosig atmendes junges Gesicht, ein Mann, etwas älter, er sieht sorgenvoll aus, selbst jetzt im Schlaf.

Dann erscheint das Zifferblatt des Weckers, er ist auf halb sieben gestellt. Der Mann wird unruhig, er dreht sich um, faßt im Halbschlaf nach dem Wecker: fünf Minuten vor halb sieben. Der Mann seufzt auf, er stellt den Wecker zurück auf seinen Platz, schließt wieder die Augen.

»Der schläft auch bis zur letzten Minute«, sagt Pinneberg mißbilligend.

Nun sieht man am Fußende des großen Bettes etwas Weißes, ein Kinderbett. Ein Kind liegt darin, sein Kopf liegt auf einem Arm, der Mund ist halb geöffnet.

Der Wecker klingelt, man sieht, wie ein Teufel hämmert der Klöppel gegen die Glocke, wild, rücksichtslos, ein wahrer Teufel. Mit einem Ruck ist der Mann auf, wirft die Beine über die Bettkante. Es sind magere, wadenlose Beine, kümmerlich schwärzlich behaart.

Die Leute im Kino lachen. »Richtige Kinohelden«, erklärt Jachmann, »dürfen überhaupt keine Haare an den Beinen haben. Dieser Film ist todsicher eine Pleite.«

Vielleicht rettet ihn aber die Frau. Sie ist todsicher fabelhaft hübsch, eben, als der Wecker klingelte, hatte sie sich aufgesetzt, die Decke glitt zurück, das Hemd stand ein wenig offen – es war mit Überschneidungen, gleitender Decke, sich bewegendem Hemd einen Augenblick das Gefühl da, als sähen alle die Brust der Frau. Eine angenehme Atmosphäre, und schon hat sie sich die Bettdecke ganz fest über die Schultern gezogen und sich wieder eingekuschelt.

»Die ist das Aas«, sagt Jachmann. »Eine, von der man in den ersten fünf Minuten die Brust beinahe zu sehen kriegt. Oh Gott, wie herrlich einfach das alles ist!«

»Aber eine hübsche Frau!« sagt Pinneberg.

Der Mann ist längst in den Hosen, das Kind sitzt im Bett und ruft: »Pappa, Teddy!« Der Mann gibt dem Kind den Teddy, nun will es Püpping, der Mann ist schon in der Küche, er hat Wasser aufgesetzt, er ist ein ziemlich magerer, spärlicher Mann. Wie er rennt! Püpping für das Kind, Frühstückstisch decken, Butterbrote schmieren, das Wasser ist heiß, Tee aufgießen, rasieren, die Frau liegt im Bett und atmet rosig.

Ja, nun ist die Frau aufgestanden, sie ist sehr nett, sie ist gar nicht so, sie holt sich selbst ihr warmes Wasser in das Badezimmer. Der Mann sieht auf die Uhr, spielt mit dem Kind, gießt den Tee in die Tassen, schaut nach, ob die Milch nicht schon da ist vor der Tür. Nein, aber die Zeitung.

Nun ist die Frau fertig, schnurstracks geht sie zu ihrem Platz am Frühstückstisch. Jedes nimmt ein Blatt von der Zeitung, die Teetasse, Brot ...

Das Kind ruft aus dem Schlafzimmer, Püpping ist aus dem Bett gefallen, der Mann läuft und hebt es auf ...

»Eigentlich blöde«, sagt Lämmchen unzufrieden.

»Ja, aber ich möchte doch gerne wissen, wie es weiter geht. So kann es doch nicht weiter gehen.«

Jachmann sagt nur ein Wort: »Geld.«

Und siehe da, recht hat er, der alte Kinotiger, wie der Mann zurückkommt, hat die Frau ein Inserat in der Zeitung gefunden; sie möchte gerne was kaufen. Die Auseinandersetzung geht los: wo ist ihr Wirtschaftsgeld? Wo ist sein Taschengeld? Er zeigt sein Portemonnaie, sie zeigt ihr Portemonnaie. Und der Wandkalender weist den Siebzehnten. Draußen klopft die Milchfrau, sie will Geld haben, der Kalender blättert sich um: Achtzehnter, Neunzehnter, Zwanzigster ... bis zum Einunddreißigsten! Der Mann stützt den Kopf in die Hände, die paar Groschen liegen neben den geleerten Geldtaschen, der Wandkalender rauscht ...

Oh, wie wird die Frau hübsch, sie wird immer schöner, sie spricht sanft auf ihn ein, nun streicht sie über sein Haar, sie zieht seinen Kopf hoch, sie bietet ihm ihren Mund, wie ihre Augen glänzen!

»So ein Aas!« sagt Pinneberg. »Was soll er bloß tun?«

Ach, der Mann fängt auch an warm zu werden, er nimmt sie in seinen Arm, das Inserat taucht auf und verschwindet, der Wandkalender rauscht seine vierzehn Tage herunter, nebenan spielt das Kind mit dem Teddy, der Püpping im Arm hält, das arme bißchen Geld liegt auf dem Tisch ... die Frau sitzt auf dem Schoß des Mannes ...

Alles ist fort und aus einem nachtschwarzen Dunkel hebt langsam immer heller werdend sich der strahlende Kassenraum einer Bank. Da steht der Tisch mit dem Drahtgitter, da liegen die Geldpakete, das Gitter ist halboffen, aber kein Mensch ist zu sehen ... Ach, diese Pakete mit den vielen Scheinen, die Rollen mit Silber und Messing, ein angebrochener Packen Hundertmarkscheine, fächerförmig auseinandergeglitten ...

»Das Geld«, sagt gemütsruhig Jachmann. »Und das sehen die Leute so gerne.«

Hat es Pinneberg gehört? Hat es Lämmchen gehört?

Es ist wieder dunkel ... lange dunkel ... sehr dunkel ... Man hört die Menschen atmen, lange atmen, tief atmen. Lämmchen hört des Jungen, der Junge Lämmchens Atem.

Es ist wieder hell. Ja Gott, die guten Dinge dieses Lebens bekommt man nun einmal im Kino nicht zu sehen, die Frau ist ganz geordnet, ihr Schlafrock umgibt sie. Der Mann hat seinen Melonenhut auf und küßt das Kind zum Abschied. Da geht der kleine Mann durch die große Stadt, nun springt er auf einen Autobus, wie die Menschen laufen, wie die Fuhrwerke sich stauen und jagen und wieder weiter fluten. Und die Verkehrsampeln sind rot und grün und gelb und zehntausend Häuser mit einer Million Fenster und Menschen und Menschen – und er, der kleine Mann, hat nichts wie hinten die Zweieinhalb -Zimmer-Wohnung, mit einer Frau und einem Kind. Nichts sonst.

Eine törichte Frau vielleicht, die das Geld nicht einteilen kann, aber nur das bißchen hat er ... er findet sie ja nicht töricht. Und vor ihm, unentrinnbar, steht der Tisch mit den vier lächerlich hohen Beinen, zu dem muß er, so ist es ihm verordnet in diesem rätselhaften Dasein. Ihm kann er nicht entgehen.

Nein, er tut es natürlich nicht. Ein Augenblick ist da, in dem hängt die Hand des kleinen Kassierers über dem Geld wie ein Sperber in der Luft über dem Kückenhof, alle Krallen sind weit offen. Nein, die Hand schließt sich, es sind keine Krallen, es sind Finger. Er ist ein kleiner Bankkassierer, kein Raubvogel.

Aber seht, dieser kleine Kassierer ist ja befreundet mit dem Volontär auf der Bank, und der Volontär ist natürlich der Sohn eines richtigen Bankdirektors. Und das hat keiner gemerkt, daß dieser Volontär die sperberhaft gespreizte Hand gesehen hat. Aber nun in der Frühstückspause nimmt der Volontär seinen Freund, den kleinen Bankkassierer, beiseite und sagt ihm geradezu: »Du brauchst Geld.« Und wenn der andere sich auch wehrt, alles bestreitet, er kommt heim und hat die Tasche voll Geld. Aber nun, da er es auspackt und auf den Tisch legt und meint, die Frau wird strahlen, seht, da ist der Frau das Geld ganz gleichgültig, es interessiert sie nicht. Was sie interessiert, ist der Mann. Sie zieht ihn zum Sofa, sie zieht ihn in ihre Arme: »Wie hast du es gemacht? Das hast du für mich getan? O du, ich habe das nie von dir geglaubt!«

Und er kommt gar nicht dazu, die wahre Geschichte zu erzählen, ach, er kann es nicht mehr, wie liebt sie ihn plötzlich! Er nickt und schweigt und lächelt vielsagend ... sie ist so wild, sie ist so stolz auf ihn ...

Welch Menschengesicht, dieser kleine Schauspieler! Dieser große Schauspieler. Pinneberg hat das Gesicht heute morgen liegen sehen, auf dem Kissen des Ehebettes, als der Wecker fünf Minuten vor halb war, ein müdes, faltiges Gesicht, der Mann hatte Sorgen. Und nun hier, vor der Frau, die er liebt, von der er zum ersten Mal in seinem Leben bewundert wird ... Wie es aufblüht, das Gesicht, wie die Verschlagenheit verschwindet, wie das Glück wächst und groß wird und aufblüht wie eine ungeheure Blume, ganz aus Sonne ... Oh du armes, kleines, demütiges Gesicht, hier ist deine Chance gekommen, nie wirst du sagen können, nie, daß du immer nur klein warst, auch du bist König gewesen!

Ja, nun ist er König geworden, ihr König. Er hat Hunger? Die Füße schmerzen ihm vom langen Stehen? Wie sie läuft, wie sie ihn bedient, er ist so viel mehr als sie, er hat das für sie getan! Nie braucht er wieder das Wasser aufzusetzen, als erster aufzustehen ... Er ist der König.

Vergessen auf dem Tisch liegt das Geld.

»Siehst du, wie er liegt und lächelt«, flüstert Pinneberg atemlos zu Lämmchen.

»Der arme Mensch«, sagt Lämmchen. »Es kann doch nicht gut ausgehen. Ob er jetzt ganz glücklich ist? Ob er gar keine Angst hat?«

»Dieser Franz Schlüter ist ein sehr begabter Schauspieler«, meint Jachmann.

Nein, es kann wirklich nicht gut ausgehen. Auf die Dauer bleibt das Geld nicht unvergessen. Aber es ist nicht beim ersten großen Einkauf, auch nicht beim zweiten, daß es anders wird. Welcher Rausch für die Frau, kaufen zu können, alles, alles! Welche Angst für den Mann, der weiß, woher das Geld kommt.

Und dann beim dritten Mal und das Geld geht zur Neige und sie sieht einen Ring ... Ach, das Geld reicht nicht mehr. Eine Menge von Ringen breitet sich glitzernd vor ihr aus, der Verkäufer ist so achtlos, er bedient zwei Parteien – oh ihr Gesicht, wie sie ihren Mann anstößt: nimm!

Sie glaubt ja von ihm, daß er alles für sie tut. Aber er ist nur ein kleiner Bankkassierer; er kann es nicht, er tut es nicht.

Wie sie das begreift, wie sie zum Verkäufer sagt: wir kommen wieder. Und der Mann geht klein und grau neben ihr und sieht sein Leben vor sich, ein langes, endloses Leben, neben dieser Frau, die er liebt, und die dies von ihm erwartet ...

Und sie schweigt, sie muckscht, sie tückscht – und plötzlich schlägt sie um und sie sitzen von ihrem letzten Geld in einem Lokal und der Wein ist da und sie flammt und glüht: »Morgen wirst du es wieder tun.«

Das kleine, graue, arme Gesicht. Und die strahlende Frau.

Eben noch wollte er die Wahrheit sagen und nun bewegt er den Kopf, gemessen, ernst, von oben nach unten: bejahend.

Wie soll es weitergehen? Der Volontär kann nicht in alle Ewigkeit weiter pumpen, schenken heißt das, er sagt Nein. Und der kleine Kassierer erzählt dem Freund, warum er Geld haben muß, was seine Frau von ihm glaubt. Der Volontär lacht und gibt ihm Geld und sagt: »Deine Frau muß ich aber kennen lernen!«

Und dann lernt der Volontär die Frau kennen, und dann kommt es, wie es kommen muß, er verliebt sich in sie und sie hat nur Augen für ihren Mann, diesen mutigen, rücksichtslosen Mann, der alles für sie tut. Und die Eifersucht kommt und am Tisch des Kabaretts, in dem sie sitzen, erzählt der Volontär ihr die Wahrheit.

Ach, wie der kleine Mann aus der Toilette zurückkommt, und die beiden sitzen an ihrem Tisch, und sie lacht ihm entgegen, lacht ihm frech und verächtlich entgegen.

Und in diesem Lachen versteht er alles: den verräterischen Freund und die treulose Frau. Und sein Gesicht verändert sich, seine Augen werden groß, zwei Tränen stehen darin, seine Lippen zittern.

Sie lachen.

So steht er und sieht sie an.

Er sieht sie an.

Ja, vielleicht wäre dies der Moment, wo er wirklich alles tun könnte, da ihm alles zerschlagen ist. Aber dann dreht er sich um, auf dünnen Beinchen mit krummem Rücken stelzt er zur Tür.

»Oh, Lämmchen«, sagt Pinneberg und hält sie fest. »Oh, Lämmchen«, flüstert er. »Man kann Angst haben. Und wir sind so allein.«

Und Lämmchen nickt ihm langsam zu und sagt leise: »Wir sind ja zusammen, wir beide.«

Und dann ganz rasch und tröstend: »Und er hat ja seinen Jungen. Den nimmt die Frau sicher nicht mit!«


 << zurück weiter >>