Weiß-Ferdl
O mei!
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Stammbaum der Menschheit.

Es gibt keinen Zweifel mehr – die Wissenschaft hat es jetzt endgültig geklärt. »Wir stammen vom Affen ab.«

Erst kürzlich las ich in einer großen Tageszeitung, die vergleichende Anatomie, die Chromosonenlehre und anderes haben immer neue »Hormonalbrücken« hervorgebracht.

Über einige kleine Fragen bestehen noch verschiedene Ansichten bei den Gelehrten. Z. B. ob der Gorilla oder der Schimpanse eine nähere Verwandtschaft zu den Menschen hat. Doch wie gesagt, darüber wollen wir uns nicht mehr streiten. Aff ist Aff und es steht unwiderruflich fest, daß wir daher stammen! – Aus! – Wir haben uns von unten nach oben entwickelt, die Affen, die Ur-Affen, die heute noch auf den Bäumen hausen, werden das Gegenteil behaupten. Die werden nicht ganz mit Unrecht sagen, wir haben uns von oben nach unten entwickelt. Das war immer so, die Alten und die Jungen haben stets verschiedene Ansichten.

Es ist für einen kultivierten Menschen, der täglich sein Bad genommen, sich die Nagel manikürt und sich in jeder Weise gepflegt hat, schon etwas peinlich. Daher ist es verständlich, daß ihm das andere, das wir in der Schule gelernt haben, »Gott 106 formte Adam aus Lehm und hauchte ihm eine unsterbliche Seele ein«, lieber wäre, als diese durch und durch verflohte Verwandtschaft.

Aber die Hormonalbrücken sind da, wir müssen uns damit abfinden. Bitter, aber wahr!

Wir robuste Mannsbilder werden noch leichter darüber hinwegkommen. Als Schulbuben haben wir uns gegenseitig als »Aff saudummer« bezeichnet ohne uns besonders darüber aufzuregen.

Aber das schöne Geschlecht! Die werden in ihrer Eitelkeit schwer getroffen sein. Stellen Sie sich eine schöne elegante Frau vor, vom Friseur auf das sorgfältigste geschnörkelt, gefärbt, so ein süßes, ätherisches Wesen, an das man gar nicht hinkommen darf, das soll von einem Lebewesen abstammen, das sich einst von einem Ast zum andern geschwungen hat? Unvorstellbar!

Da fällt mir eben eine neue »Hormonalbrücke« ein. Wir Männer kennen alle dieses spöttische, verächtliche Herabziehen der Unterlippe bei Frauen, wenn der Mann ihr erzählt, er hätte die letzte Trambahn versäumt oder er hätte ihr so gerne auf Weihnachten einen Nutriamantel geschenkt, aber es war nur mehr der gefärbte Hasenpelz zu haben usw. Dieses verächtliche Kräuseln der an sich schönen Unterlippe bringt uns Männer zur Raserei. Sehr tüchtige und gescheite Naturforscher haben festgestellt, dieses Fallenlassen der Unterlippe stammt noch aus jener Affenzeit und sei nichts anderes als das Überbleibsel des früheren Zähnefletschens der Affenweibchen.

Ob man will oder nicht, man kann diesen scharfsinnigen Forschern die Achtung nicht absprechen. 107

Nachdem die Sache schon einmal so ist, müssen wir uns damit abfinden. Wir sind jetzt aufgeklärt und haben daraus unsere Konsequenzen zu ziehen.

Also Menschen, ehret das Wesen, aus dem wir uns entwickelt haben! Das Wort »Aff« als Schimpfwort soll in Zukunft nicht mehr existieren – auch für Juristen wichtig! Es ist nicht am Platze Affenhaare als Kleider oder Hutschmuck zu tragen. Es wäre doch höchst taktlos, sich den Vollbart vom Großvater auf den Hut zu stecken! Affenpelze sind als Bettvorleger ungeeignet. Auch die Bezeichnungen Affenschande und Affenhitze sollen durch andere ersetzt werden! Fort mit diesen Geschmacklosigkeiten! Ich finde es auch nicht richtig, Menschenaffen in Tiergärten zu zeigen. Es sind immerhin Verwandte von uns, wenn auch entfernte. 108



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