Weiß-Ferdl
O mei!
Weiß-Ferdl

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Klagelied eines kleinen P.G.

frei nach Schillers »Glocke«.

Festgemauert durch Erfüllen
Dieser Fragebogen-Idee,
Die es schamlos tat enthüllen,
Daß ich einstmals war P.G.
Alle Freuden, alle Wonnen,
Die das Leben bieten kann,
Sind für immer nun zerronnen,
Bin ein ausgestoßner Mann.

Darf nichts führen, darf nichts pachten,
Bin entrechtet, degradiert.
Den schlechten Mann muß man verachten,
Der nie bedacht wie's kommen wird.
Das ist's ja, was den Menschen zieret,
Und dazu ward ihm der Verstand,
Daß er es rechtzeitig doch spüret,
Daß »braun« niemals ist ein Garant.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich was Besseres nicht findet.
Tausend Jahr sind kurz, die Reu ist lang.

Obwohl wir schon dem Sieg so nahe,
»Sieg heil, Sieg heil« braust's mächtig schon, 63

Bin ich jetzt – was nützt das beinahe? –
Ach, bei der NS. Holzaktion!
Nehmet Holz vom Fichtenstamme,
Doch recht trocken laßt es sein.
Daß die Arbeit lang und stramme,
Dank dem Führer ich allein!

Von der Stirne heiß, rinnen muß der Schweiß.
Niemand wird mich Meister loben
Und kein Segen kommt von oben.

O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen!
Die Arbeit ist getan im Wald,
Das Auge sieht den Himmel offen,
Nun bin ich unbelastet bald!

Doch mit den Besatzungsmächten
Ist kein ew'ger Bund zu flechten
Und das Unglück schreitet schnell.

Das Arbeitsamt hat mir geschrieben,
Es zählt die Häupter seiner Lieben,
Ihm fehle noch mein teures Haupt.

Wie ein Gebild aus Himmelshöhn
Und herrlich in der Jugend Prangen,
Mit roten Lippen, zücht'gen Wangen,
Seh ich 'ne Jungfrau vor mir stehn:

»Sie waren, wie ich seh,
Pg.
Das ist belastend schwer,
Da kommens einmal her!«

Errötend folgt ich ihren Spuren,
Heimlich ich hofft: »Du wirst befreit.«
Denn wo das Strenge mit dem Zarten, 64
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Wird walten auch Gerechtigkeit.

Sie reicht mir einen Zettel dar,
Worauf zu lesen war:
»Sie melden sich um 6 Uhr früh morgen zum Schuttaufräumen.«

Der Mann muß hinaus ins feindliche Leben,
Muß Balken wegheben,
Einreißen, wegschaffen,
Den Schutt erraffen,
Muß ziehen und wagen,
Die Schuld schwer abtragen.

Und wie aus offnen Höllenrachen
Speit es die Lästermäuler aus.
Wehe, wenn sie losgelassen,
Geifernd ziehen durch die Gassen.
»Seht's sie's da, die alten Nazi,
Dö san schuld, dö schlechten Bazi.«

Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken
Ist der Denunzierungswahn.
Da werden Weiber zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz.
»Dös is aa oana da von denen«,
Hörst du's zetern allerwärts.

Tief verachtet, haßumbuhlet,
Kalt gequält mit Ironie,
Man dich langsam nun umschulet
Zu der wahrn Demokratie. 65
Rundfunk, Presse, Publikum,
Salbungsvoll manch frommer Christ,
Sagn's dir grad und hintenrum,
Daß du ein Verbrecher bist.
Ein Beelzebub in Menscheng'stalt:
Und dies alles, weil ich Rindvieh,
Meinen Beitrag hab bezahlt!!



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