Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Siebentes Kapitel

Überzeugt, daß er nicht mehr fern von Nito war, sandte Cortes 15 Mann mit einem der vier Indianer ab, um zu versuchen, einen Hispanier oder sonstwen in die Hände zu bekommen. Er wollte Näheres über die Niederlassung, ihre Bewohner und die Anzahl der Hispanier daselbst in Erfahrung bringen.

Dieser Trupp kam an einen großen Strom und bemächtigte sich dort einer indianischen Handelszille. In dieser blieben sie zwei Tage auf der Lauer. Schließlich bemerkte man vier Hispanier, die vom Fischfang zurückkehrten. Festgenommen, sagten selbige aus, in Nito befänden sich 60 Hispanier nebst 20 Frauen. Die meisten kränkelten. Sie ständen unter Gil Gonzalez. Den Befehl führe Diego Nieto. Christoval von Olid wäre nicht mehr am Leben. Franz von La Casas aber und Gil Gonzalez von Avila, die ihm den Garaus gemacht hätten, seien auf der Reise nach Mexiko, und zwar über Guatemala, den Standort des Pedro von Alvarado.

Cortes war hocherfreut über diese Nachrichten. Sogleich schrieb er dem Nieto und sagte ihm seine Ankunft an. Zugleich teilte er ihm mit, daß er ihn zu sprechen wünsche und daß er die nötigen Barken zum Übergang am Strom bereit halten solle. Darauf setzte er sich in Marsch.

Drei volle Tage brauchte er für seine Person, bis er in Nito ankam. Das Heer legte den Weg in fünf Tagen zurück, weil der Stromübergang viel Zelt wegnahm, denn man hatte nur zwei oder drei Fahrzeuge dazu.

Die Ankunft des Generalkapitäns war ein Freudenfest. Fast alle Bewohner waren krank. Auch hatten sie Mangel an Nahrungsmitteln. Es war daher die erste Sorge des Cortes, solche herbeizuschaffen. Er sandte nach allen Richtungen Mannschaften aus, aber ohne Erfolg. Es gab nur ein paar Schweine, sonst nichts als Wurzeln und Kräuter. Ohne Zweifel wäre die ganze Mannschaft am Hunger zugrunde gegangen, wenn nicht zufällig ein Schiff an diese Küste gekommen wäre, das – ungerechnet die Seeleute – 30 Hispanier, 13 Pferde, 65 Schweine, 12 Fässer Pökelfleisch und eine Menge Mais an Bord hatte. Cortes kaufte das Schiff samt der Ladung.

Sodann ließ er eine Karavelle, die im Hafen lag, wieder instand setzen und baute aus den Trümmern eines anderen Schiffes eine Brigantine, so daß er, wenn er wollte, unter Segel gehen konnte. Man kann nicht genug staunen, wie tätig Cortes jederzeit war, und mit welchem Eifer er alles, was er einmal angriff, auch zuwege brachte.

Erst seitdem sich Cortes in Nito befand, wagten sich die Ansiedler in das Innere des Landes. Cortes gewann nun sehr bald die Überzeugung, daß die Lage der Siedelung schlecht war. Er befahl daher, die drei Schiffe segelfertig zu machen, um nach der Andreas-Bai zu fahren. Zugleich erhielt Gonzalo von Sandoval den Auftrag, mit seiner Mannschaft und seinen Pferden mit Ausnahme von zweien nach Nako zu marschieren, um die Hispanier daselbst, die seit Olids Tod in einer Art herrenlosem Zustande waren, von neuem in Zucht und Ordnung zu bringen.

Indes wollte Cortes nicht eher in See gehen, als bis er einen größeren Vorrat an Lebensmitteln besaß, um nicht Mangel zu leiden, wenn er länger auf dem Wasser bleiben mußte, als er vorhatte. Deshalb schiffte er sich mit 40 Hispaniern und 50 Indianern auf der Brigantine, zwei Barken und vier Zillen ein und fuhr stromaufwärts. Dabei kam er an einen Binnensee, der mit dem Flusse zusammenhing und einen Umfang von 12 Wegstunden hatte, dessen Ufer aber wegen der Gefahr der Überschwemmung unbewohnt und unangebaut waren. Weiterhin fand er einen zweiten Landsee, der 30 Meilen Umkreis hatte und ganz von rauhen Bergen umschlossen war.

Am andern Tage lief er in die Mündung eines Flusses ein, ließ die Schiffe unter genügender Bedeckung zurück und ging mit der übrigen Mannschaft an das Land. Nach 5½ Stunden Marsch kam man in den Bergen nach einem Ort von etwa 40 Häusern, die dem Verfalle nahe waren. Infolge der hispanischen Nachbarschaft verließen nämlich die Indianer die Orte dieser Gegend. Hier fand man eine Menge Truthühner, Tauben, Fasanen, Feldhühner, letztere in Käfigen, sowie viel getrockneten Mais. Nur an Salz fehlte es. Um solches zu holen, waren die Bewohner weggegangen. Nur ein paar Weiber waren da.

In den nächsten Tagen besuchte Cortes noch mehrere Ortschaften, alle reich an Vorräten. In einem Orte, der 20 Meilen (112 km) von den Schiffen entfernt war, fand man Tempel genau wie die in Mexiko. Nur sprach man dort eine ganz andere Sprache. Der Ort lag am Strome, der sich in den Landsee ergoß. Cortes sandte zwei Hispaner mit acht aufgegriffenen Indianern als Wegführer zu den Schiffen zurück, mit dem Befehl, selbige sollten den Fluß herauffahren, um die belgetriebenen Lebensmittel aufzuladen. Inzwischen ließ er vier große Flöße bauen, die zehn Mann und 50 Lasten Mais tragen konnten. Als die beiden ausgesandten Hispanier wiederkehrten, vermeldeten sie, die Fahrzeuge könnten wegen der starken Strömung nicht ganz so weit herankommen. Daher wurden die Flöße beladen. Cortes setzte sich mit darauf und ließ die übrigen zu Lande marschieren. Die Flußfahrt war nicht ungefährlich, denn die Flöße wurden mehrfach vom Ufer aus unter Kriegsgeheul mit Pfeilen beschossen. Alle, auch Cortes, erhielten Wunden, aber alle kamen mit dem Leben davon.

Von der Mannschaft, die zu Lande marschiert war, starb einer, der irgendein Kraut gegessen hatte, eines plötzlichen Todes. Man brachte einen Indianer mit, von dem man erfuhr, daß es von Nako bis zur Stadt Guatemala nur sechzig Wegstunden (335 km) weit sei. Diese Nachricht erweckte viel Freude. Beide Ufer des Stromes waren voller Kakao- und anderer Fruchtbäume, hinter denen sich anmutige Gärten und Pflanzungen ausdehnten. Kurzum, es war eine der besten Gegenden der Neuen Welt. Der Zug, der den Hispaniern große Vorräte verschaffte, hatte fünfunddreißig Tage gedauert.


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