Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Das fünfte Kapitel

Eurer Kaiserlichen Majestät hab ich in meinem vorigen Bericht alleruntertänigst erzählt, daß auf unserem Rückzüge von Temixtitan alle Kinder des Herrn Montezuma, desgleichen der Fürst von Tezkuko namens Kakama, sowie noch viele andere Fürsten und Edelleute, die meine Gefangenen waren, unter den Geschossen der Feinde umgekommen sind, mit Ausnahme von zwei Brüdern des genannten Herrn Kakama, die das Glück hatten, zu entrinnen. Der eine dieser beiden Prinzen, Kuikuitzka geheißen, den ich ehedem im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät und im Einverständnis des Herrn Montezuma zum Fürsten von Tezkuko und der Landschaft Akuluakan gemacht hatte, war um diese Zeit aus Tlaskala, wo ich ihn gefangengehalten hatte, entwischt und nach Tezkuko gekommen. Dieweil nun aber inzwischen sein Bruder Koanako zur Herrschaft gelangt war, von dem ich auch bereits einmal geredet habe, so ward er von diesem ergriffen und umgebracht.

Ein dritter Bruder, der jüngste, war in meiner Hand verblieben. Er hatte von Kindheit auf unsere Sitten angenommen und war auch Christ geworden. Don Fernando war sein Taufname. Als ich Tlaskala verließ, um wider Temixtitan zu ziehen, ließ ich ihn daselbst in der Obhut etlicher Hispanier. Was sich dann weiter mit ihm zugetragen hat, werde ich später berichten.

Am Tage nach meiner Rückkehr von Iztapalapan nach Tezkuko beschloß ich, den Hauptmann Gonzalo von Sandoval mit 20 Reitern und 200 Mann zu Fuß (Armbrustern und Büchsenschützen sowie Spießern) mit zwei wichtigen Aufträgen zu entsenden. Erstlich sollte er etliche Boten geleiten, die ich nach Tlaskala schickte, um dort zu erkunden, wie es um den Bau der 13 Rennschiffe stünde, und um noch allerlei anderes Nötige zu besorgen. Zweitens sollte er den rückwärtigen Weg säubern und sichern, so daß die Hispanier in guter Hut von Verakruz bis Tezkuko kommen und gehen könnten. Bis dahin nämlich war diese Reise nur unter großen Gefahren zu machen. Ich gab dem Hauptmann Sandoval den Befehl, nachdem er die Boten bis in die sichere Gegend geleitet hätte, solle er nach der Landschaft Chalko rücken, dem Nachbargebiet von Akuluakan. Mir war vermeldet worden, daß die dortigen Landesleute, obwohl sie im Bunde mit den Leuten von Mexiko waren, Eurer Kaiserlichen Majestät Untertanen werden wollten. Da aber etliches Kriegsvolk aus Temixtitan bei ihnen als Besatzung lag, so wagten sie nicht recht, zu uns zu halten.

Genannter Hauptmann brach also auf, mit ihm alle Indianer aus Tlaskala, die unser Gepäck hierhergetragen hatten, auch andere, die als Hilfsvolk mit uns gezogen waren und mancherlei Kriegsbeute gewonnen hatten. Anfangs hatte Sandoval Hlspanier in die Nachhut gestellt, um feindliche Angriffe abzuwenden, später aber marschierten die Tlaskalaner als Letzte. Wie die Feinde dies vom See her wahrnahmen, überfielen sie die Tlaskalaner, jagten ihnen ihre Beute ab und brachten etliche von ihnen um. Sandoval eilte mit seinen Rettern und Fußknechten herbei und trieb die Feinde wieder zurück, wobei eine Menge von ihnen verwundet wurden und fielen. Die Überbleibenden flohen nach dem See und in die Ortschaften am Gestade. Danach erreichten die Tlaskalaner mit dem Rest ihrer Habe ihre Heimat, zugleich mit ihnen kamen die Boten an, die ich dahin abgefertigt hatte.

Nunmehr wandte sich der Hauptmann Sandoval gegen die Grafschaft Chalko. Am zweiten Tage frühmorgens sah er vor sich eine große Schar gewappneter Feinde. Als sich dann beide Gegner im Felde in Ordnung gegenüberstanden, machten die Unsrigen einen Angriff und zersprengten mit den Reitern die feindliche Linie, so daß der Sieg alsbald für uns entschieden war. Mit Feuer und Schwert taten wir das übrige. Die Sicherheit der Straße war hergestellt. Alsbald kam eine Gesandtschaft aus der Stadt Chalko, uns ihre Freundschaft zu verheißen. Darauf zogen die Unsrigen wieder ab und kamen am Abend nach Tezkuko zurück.

Bald nach ihrem Einrücken erschien die Gesandtschaft vor mir und brachte mir Gold im Werte von 300 Kastilianern. Unter den Edelleuten waren zwei Söhne des Herrn von Chalko. Sie sagten mir, ihr Vater wäre unlängst verstorben und seine letzten Worte hätten mir gegolten. Der größte Schmerz seines Lebens wäre es gewesen, daß er hätte sterben müssen, ehe er mich gesehen. Er hätte immer auf mich gewartet. Da dies ihm nun nicht beschieden wäre, so habe er seinen Söhnen befohlen, mich freundlich zu empfangen, sobald ich in das Land käme, und mich als ihren Vater und Herrn anzusprechen. Auf die Kunde von meiner Ankunft wären sie gern sogleich zu mir gekommen, aber aus Furcht vor den Mexikanern hätten sie es nicht gewagt, bis mein Hauptmann in ihr Land gekommen wäre. Dies und anderes mehr brachten sie unter Tränen vor. Ich dankte ihnen für ihren guten Willen und versprach, ihnen alle Wünsche zu erfüllen. Seitdem haben sie sich treu und gehorsam in allem gezeigt, was ich ihnen im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät anbefohlen habe.

Die beiden Söhne des Grafen von Chalko und ihr Gefolge blieben einen Tag bei mir. Beim Abschied baten sie mich, ihnen Kriegsvolk zum Geleite zu geben. Also zog der Hauptmann Gonzalo von Sandoval nebst etlichen Reitern und Fußknechten mit ihnen. Ich befahl ihm, sich nach verrichtetem Dienst gen Tlaskala zu begeben, um die dortigen Hispanier sowie den Fürsten Ferdinand, den Bruder des Herrn Kakama, dort abzuholen und mir herzubringen.

Nach vier oder fünf Tagen kam der Hauptmann zurück und brachte mir die genannten Hispanier und den Fürsten. Da diesem die Herrschaft von Tezkuko gebührte, nachdem sein Bruder Koanako die Stadt verlassen und nach Temixtitan gegangen war, hab ich ihn im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät in seine Herrschaft eingesetzt. Die Bürger von Tezkuko, obgleich ihrer nur wenige da waren, haben ihn als Herrn anerkannt. Fortan zogen auch viele, die ehedem geflohen waren, in die Stadt und in das Land zurück. Also ist die Stadt wieder zu Volk und Ordnung gekommen.

Zwei Tage darnach kamen zu mir die Edlen von Koatlinchan und Huexotla und meldeten mir, sie hätten als sicher erfahren, daß die ganze Streitmacht des Landes Mexiko wider mich und die Hispanier im Anzug wäre. Ich möge befehlen, ob sie ihre Frauen und Kinder nach Tezkuko oder lieber ins Gebirge bringen sollten. Sie wären voller Furcht und Schrecken. Als ich solches vernahm, tröstete ich sie und ermahnte sie, sich nicht zu fürchten und daheim zu bleiben. Mein sehnlichster Wunsch wäre, mich mit den Mexikanern im Felde zu schlagen. Sie aber möchten sich rüsten, durch das ganze Land Aufklärer schicken und, was sie vom Feinde hörten oder sähen, mir eilends melden. Mit diesem Befehl von mir und dem Versprechen ihrerseits, dem nachzukommen, zogen sie davon.

Noch am selbigen Tage stellte ich allerorts, wo es vonnöten war, Posten aus. Die ganze Nacht schliefen wir nicht und betrieben nichts anderes. Also warteten wir die Nacht und den folgenden Tag immerdar auf den Feind.

Da ward mir gemeldet, daß am Ufer des Sees Trupps feindlicher Indianer umherstreiften, in der Absicht, die Tlaskalaner abzufangen, die zu mir und von mir unterwegs waren, um in den Besitz ihrer Lasten zu gelangen. Auch erfuhr ich, daß sie ein Bündnis mit zwei zu Tezkuko gehörigen Dörfern wider uns gemacht hatten, und daß sie Gräben und Schanzen zu ihrer Verteidigung aufwarfen. Ich nahm 12 Reiter, 200 Mann zu Fuß und 2 kleine Feldgeschütze und zog am Tag darauf mit ihnen gegen die Feinde, die anderthalb Meile vor der Stadt ihr Unwesen trieben. Im Anmarsche traf ich auf etliche feindliche Aufklärer, die in einem Versteck lauerten, überraschte sie und erlegte die meisten davon, während die übrigen in den See flohen. Alsdann erstürmten wir die beiden Dörfer, setzten sie in Brand und kehrten fröhlich in unsere Stadt zurück.


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