Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Das zwanzigste Kapitel

Indem ich die große Gefahr erkannte, die uns drohte, erachtete ich es für das beste, mich in Person dahin zu begeben, wo Narvaez war. In meiner Anwesenheit, dünkte mich, würden die Indianer nicht wagen, von mir abzufallen und die Waffen wider mich zu gebrauchen. Auch gedacht ich einen Weg zu finden, um das Unhell, das sich erhoben, noch in Frieden abzuwenden.

Noch am selbigen Tage bin ich von der Hauptstadt abgerückt. Unser Quartier hab ich wohlversehen mit Mais und Wasser und darinnen 140 Mann und alles Geschütz (unter dem Befehle von Peter von Alvarado) hinter mir gelassen. Mit 70 Mann hab ich mich auf den Weg gemacht. Etliche Edelleute des Herrn Montezuma gaben mir das Geleit. Ihm selbst hab ich vor meinem Wegreiten in einer langen Rede fürgehalten, er solle nicht vergessen, daß er Eurer Kaiserlichen Majestät Lehensmann sei und daß Eure Kaiserliche Majestät ihm für alle Dienste, die er tue, in Gnaden geneigt sein werde. Hiermit vertraute ich ihm die Hispanier an, die dablieben, samt allem Gold und allen Kostbarkeiten, die er Eurer Kaiserlichen Majestät teils selbst habe geschenkt, teils uns habe zustellen lassen. Ich machte mich auf den Weg, um zu erkunden, wer die Leute seien, die im Hafen wären angekommen. Dies hätte ich bisher nicht mit Gewißheit erfahren können. Ich sei aber der Meinung, es wären keine Untertanen Eurer Kaiserlichen Majestät, sondern Feinde von uns. Er aber sagte mir zu, er werde in allem sorgen, was den Zurückbleibenden vonnöten wäre, und er wolle alles behüten, was ich daließ. Und die, die von ihm mit mir zögen, würden mich des Weges führen, so daß ich sein Gebiet nicht zu verlassen brauche. Sie würden mich in allen Dingen versorgen. Zudem bat er mich, so ich fände, die Ankömmlinge wären uns feindselig, solle ich ihm dies eilends zu wissen tun. Dann wolle er gar bald Kriegsvolk schicken, mit mir wider jene zu kämpfen und sie aus dem Lande zu vertreiben. Für dies Angebot hab ich ihm eifrig Dank gesagt und ihm die Allerhöchste Gnade Eurer Kaiserlichen Majestät verheißen. Dazu schenkte ich ihm und seinen Söhnen und etlichen Herren seines Hofstaates Kostbarkeiten und Kleider.

In der Stadt Cholula ist der Hauptmann Juan Velasquez mit allem seinem Volk zu mir gestoßen. Etliche, die krank waren, sonderte ich aus und schickte sie zurück nach der Hauptstadt. Mit den anderen und den Meinen marschierte ich meinen Weg weiter. 15 Meilen weiter kam uns der Pater (Olmedo) entgegen, den ich gesandt hatte, auszukundschaften, wer die wären, die im Hafen angekommen waren. Er überbrachte mir einen Brief von Narvaez. Darin stand, er hätt einen Befehl an mich, dieses Land sei dem Diego Velasquez zu unterstellen. Ich solle von Stund an zu ihm ziehen und ihm Gehorsam leisten. Er habe schon eine neue Stadt gegründet und in ihr Richter und Amtsleute ernannt. Ferner erfuhr ich von besagtem Pater, daß Narvaez den Kaiserlichen Rat Ayllon samt seinen Schreibern und Leuten hatte gefangengenommen, in zwei Schiffe gesetzt und von hinnen geschickt. Ihn aber, den Pater, habe er mit Geschenken wollen bestechen, damit er und etliche der Meinen zu Narvaez übergingen. Auch habe dieser vor ihm eine Truppenschau abgehalten über all sein Kriegsvolk zu Fuß und zu Roß samt den Indianern, die zu ihm waren übergegangen. Dabei hatte er alles Geschütz Salut schießen lassen, so er auf den Schiffen und am Land hatte, um Furcht und Schrecken zu bereiten. Seht! – hatte er dazu ausgerufen – Wie wollt ihr mir Widerstand leisten? Ihr müßt tun, was ich will!

Des weiteren vermeldete mir der Pater, er hätte bei Narvaez einen hohen Würdenträger des Herrn Montezuma gesehen, und zwar den Befehlshaber über die Landschaft zwischen dem Gebirg und der Küste. Er wisse auch, daß selbiger im Namen des Herrn Montezuma mit Narvaez Verhandlungen gepflogen und ihm als Gastgeschenk goldene Kleinode überbracht habe. Hiergegen habe auch Narvaez dem Gesandten mancherlei Stücke geschenkt. Es sei unzweifelhaft, daß eine Botschaft von Narvaez an Herrn Montezuma wäre abgefertigt worden mit der Verheißung, ihm die Freiheit wieder zu verschaffen. Er, Narvaez, wäre gekommen, mich und mein Kriegsvolk gefangenzusetzen. Darum werde er baldigst vorrücken. Gold begehre er nicht. Vielmehr, so er seine vermeldete einzige Absicht habe vollführt, wolle er samt seiner Streitmacht wieder heimkehren und Land und Leute allhier frei zurücklassen.

Aus allem dem ward mir klar, daß es des Narvaez Wille und Plan war, sich mit Gewalt in den Besitz dieses Landes zu bringen, ohne daß ihn jemand gerufen und berufen hatte. Mich aber und mein Volk wollte er bekämpfen und vernichten, falls ich ihn nicht als Herrn und Gebieter mochte anerkennen. In solcher Absicht hatte er ein Bündnis mit den Indianern gemacht, insonderheit aber eine Botschaft an Herrn Montezuma abgelassen. Zugleich bedacht ich den künftigen Schaden und Nachteil, der Eurer Kaiserlichen Majestät aus dieser Sache möcht entstehen. Ungeachtet, daß mir gemeldet worden war, Narvaez rücke mit großer Streitmacht an und er habe Befehl von Diego Velasquez, mich und meine Gefährten, so wir in seine Gewalt kämen, als Geächtete sofort an den Galgen zu hängen, ungeachtet dieses hab ich nicht gezögert, ihm weiter entgegen zu rücken, immer noch im Glauben, ihn von seinem bösen Willen abwendig zu machen, indem ich ihm den großen Schaden und Nachteil Eurer Kaiserlichen Majestät vor die Augen stellte.

Ich bin also in meinem Marsche fortgefahren, und 15 Meilen vor Cempoalla stellte sich der Priester wieder bei mir ein, der mir aus Verakruz, wie gemeldet, gefangen überliefert worden war und den ich mit Briefen an Narvaez und Ayllon hatte abgeschickt. Mit ihm war ein anderer Geistlicher sowie Andreas von Duero, Bürger der Insel Ferdinandina, die beide mit Narvaez in unserem Lande waren angekommen. Anstatt eines Antwortschreibens geboten sie mir im Namen des Narvaez, ich solle ohne Weigerung zu ihm marschieren, mich in seinen Gehorsam begeben, ihn als den Oberfeldherrn anerkennen und ihm das Land übergeben. Falls ich anders handle, werde mir dies zu argem Unheil gereichen, denn Narvaez habe eine gar große Gewalt und Macht, wir aber eine nur kleine, ja schier gar keine. Außer den Hispaniern, die er mit sich gebracht, wären ihm auch die Eingeborenen des Landes anhängig. Wolle ich ihm nun das Land einräumen, so ständen mir Schiffe und Lebensmittel nach meinem Belieben zu Gebote. Ich könne mit allen den Meinen, die mit mir zu ziehen Lust hätten, samt allem, was wir mitnehmen wollten, ohne jedes Hindernis absegeln.

Der andere Geistliche erklärte mir, Diego Velasquez habe befohlen, sich also mit mir zu vertragen. Deshalb hab er dem Narvaez und ihnen, den beiden Priestern, Vollmacht hierzu gegeben. Und das sei der Anlaß ihres Kommens.

Darauf hab ich ihnen geantwortet, ich müsse zuvörderst mit eigenen Augen Eurer Kaiserlichen Majestät Schreiben und Befehl sehen, daß ich ihnen dies Land solle übergeben. Habe Narvaez eine solche Urkunde, so möge er sie mir und dem Befehlshaber in der Stadt Verakruz vorzeigen, wie dies hispanischer Brauch sei. Alsdann wolle ich ihm gehorsamen und tun, was er befehle. Solange ich aber eine solche Urkunde nicht sähe, sei ich nicht gesonnen, ihm irgendwie zu Willen zu sein. Vielmehr wäre ich samt meinem Kriegsvolk bereit, dieses Land unter Gefahr unseres Leibes und Lebens zu verteidigen, dieweil wir die seien, die es in Eurem Kaiserlichen Namen erobert und friedlich gemacht hätten. Es aus der Sicherheit unserer Hände zu geben, wäre Untreue und Verrat an Eurer Kaiserlichen Majestät.

Sie machten uns weiter vielerlei Anträge, um mich zu überreden, aber ich beharrte dabei, auf keinen eingehen zu können, ehe ich nicht Eurer Kaiserlichen Majestät Befehl hätte. Den aber zeigten sie mir nicht. Schließlich jedoch haben die beiden Geistlichen, Andreas von Duero und ich vereinbart, Narvaez solle mit zehn Mann und ich mit ebenso vielen, auf beiden Seiten unter sicherem Geleit, zu einer Aussprache kommen. Hierbei solle er mir Allerhöchstdero Befehl, so er ihn hätte, vorzeigen, worauf ich mich zu erklären habe. Demgemäß hab ich ihm einen von mir besiegelten Geleitsbrief zugeschickt. Einen ebensolchen, mit seiner eigenen Hand unterschrieben, hat er mir übersandt. Wie es sich hernach aber hat herausgestellt, war er nicht bedacht, sein Wort zu halten. Vielmehr hat er mir einen hinterlistigen Anschlag bereitet. Ich sollte bei der Begegnung meuchlings umgebracht werden. Dazu wählte er zwei aus den zehn Mann, die ihn geleiten sollten, während die anderen acht Mann mit den Leuten, meines Geleites fechten sollten. Seine Meinung dabei war: wenn ich gefallen sei, wäre sogleich der ganze Handel zu Ende.

Der Anschlag wäre wahrhaftig geglückt, wenn Gott der Allmächtige, der in solchen Sachen pflegt Hilfe zu bringen, mir nicht beigestanden wäre. Just zur selben Zeit bin ich verständigt worden, da mir der Geleitsbrief ward überbracht, und durch welche von denen, die sich wider mich hatten verschworen. Als ich solches erfahren, schrieb ich dem Narvaez, ich hätte Kunde von seiner bösen Absicht und wolle nun nicht, wie verabredet, an den bestimmten Ort kommen. Wenn er einen Befehl von Eurer Kaiserlichen Majestät in den Händen habe, so solle er ihn mir vorlegen. Bis dahin aber dürf er sich den Titel eines Generalkapitäns nicht weiter anmaßen und sich bei Strafe nicht in Amtsdinge mengen. Zugleich gebot ich allen, die mit Narvaez gelandet waren, daß sie ihn fürderhin nicht Generalkapitän nennen und ihm nicht gehorsam sein, sondern im Gegenteil innerhalb einer bestimmten Frist vor mir erscheinen sollten, um von mir im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät zu vernehmen, was für Dienste sie zu tun hätten. So sie anders handelten, wolle ich wider sie als wider Meuterer und Verräter nach strengem Recht vorgehen.

Die Antwort des Narvaez war die, daß er die Boten und Gesandten, die ihm meinen Befehl überbrachten, gefangennahm.


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