Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Das achte Kapitel

Während ich noch Krieg führte mit den Indianern des Landes Tlaskala, sind vier der Großwürdenträger und vornehmsten Edelleute des Herrn Montezuma zu mir ins Lager gekommen mit zweihundert Leuten seines Hofgesindes. Die Ursache ihres Erscheinens war, daß sie sagen sollten, ihr Herr und Gebieter wäre willens, Eurer Kaiserlichen Majestät Lehensmann und mein Freund zu werden. Er begehre zu wissen, was er jährlich an Zins zu zahlen habe, an Gold, Silber, Sklaven, Baumwollenstoffen und anderen Dingen, von denen sein Land genugsam hätte. Er wolle alles geben, was ihm möglich sei, nur solle ich sein Reich nicht betreten. Dies möchte er allein darum nicht, dieweil sein Land wenig fruchtbar sei und keine Vorräte an Lebensmitteln habe. Es wäre ihm schmerzlich, wenn ich oder mein Kriegsvolk in seinem Gebiete Mangel und Ungemach erlitte. Zugleich schickte er mir tausend Pfund Gold und eine Menge Baumwollenzeug, wie es hierzulande gebräuchlich ist.

Die Gesandten verblieben bei mir im Lager während eines großen Teiles der Kämpfe mit den Tlaskalanern und sahen somit mit eigenen Augen, was für treffliche Kriegsleute wir Hispanier sind. Sie waren auch dabei, als wir Frieden und Freundschaft mit den Fürsten von Tlaskala machten und wie diese Herren samt ihren Untertanen Eure Kaiserliche Majestät als höchsten Herrn haben anerkannt. Aber, wie mich gedeucht, mißfiel ihnen alles das gar sehr, denn sie versuchten allerlei, um von neuem Zwietracht zwischen mir und meinen jetzigen Verbündeten zu säen. So sagten sie zu mir, die Versprechungen jener Herren und ihrer Leute wären nicht von Herzen geschehen. Ihre Freundschaft sei nicht sauber und echt, und ich solle ihnen ja nicht trauen. Man wolle mich damit nur sicher machen, um sodann Verrat an mir zu üben. Die Tlaskalaner hinwiederum baten mich auf das eifrigste, den Edelleuten des Herrn Montezuma nicht Vertrauen zu schenken. Sie wären allezeit Verräter und Betrüger. Habe doch König Montezuma selbst das ganze Land nur durch Lug und Trug sich Untertan und gehorsam gemacht. Sie kennten den Herrn Montezuma längst und genugsam und warnten mich als wahre und gute Freunde der Hispanier.

Die Uneinigkeit und der Haß zwischen den beiden Parteien bereitete mir nicht wenig Ergötzen und Behagen, denn es ward mir klar, daß dies meinen Plänen nicht unübel diente und daß ich hier ein gut Mittel hatte, über alle beide zu obsiegen, nach dem alten Sprichworte: Wenn zwei sich totschlagen, lacht der Dritte! Es kam mir auch jenes berühmte Wort in den Sinn: omne regnum in se ipsum divisum desolabiturDie Eingangsworte der Goldenen Bulle (1356).. Jedwed uneinig Reich muß in sich zerfallen! Und so schenkte ich bald der einen, bald der anderen Partei Gehör, dankte jedem Einzelnen für seine gute Gesinnung und lieben Ratschläge und tat so, als sei mir der jeweilige Warner allein teuer und wert.

Zwanzig Tage weilte ich in der Stadt Tlaskala, da ermunterten mich die Gesandten des Herrn Montezuma, die immer noch bei mir waren, ich solle weiterziehen nach der Stadt Cholula, die sechs Meilen südlicher gelegen ist. Die Bürger dieses Orts seien Freunde ihres Herrschers. Dort wäre ich ihm näher, so daß ich könne bald erfahren, wes Sinnes er sei und ob wir zu ihm ziehen sollten. Ohne Zweifel war es ihnen bekannt, daß daselbst eine zweite Gesandtschaft des Herrn Montezuma meiner harrte.

Ich hab ihnen geantwortet, es gefalle mir, dahin zu ziehen. Darauf bestimmte ich den Tag des Abmarsches. Wie dies aber die Tlaskalaner vernahmen, waren sie voller Trauer und baten mich, nicht hinzugehen, denn dort sei alles bereit, mich samt meinem Kriegsvolk zu überfallen und uns alle umzubringen. In solcher Absicht habe Herr Montezuma an der nahen Grenze seines Reiches, nur zwei Meilen von Cholula entfernt, 50000 Mann versammelt. Die gewöhnliche Straße durch die Stadt sei verlegt und eine andere zu unserm Verderben mit Wolfsgruben vorgerichtet. Auf den Söllern der Häuser lägen Haufen von Steinen, und noch viele andere Vorbereitungen seien getroffen, um uns nach unserem Einzug in die Stadt daselbst zu überwältigen. Um hinter die Wahrheit zu kommen, solle ich nur zu den Herren von Cholula schicken und sie zu mir bitten. Niemand werde meinem Rufe folgen.

Ich dankte ihnen auf das beste und ersuchte sie um etliche Leute, die solche Botschaft nach Cholula brächten. Man stellte sie mir, und ich sandte sie ab. Ich ließ den Herren in Cholula also sagen, sie sollten zu mir kommen; ich hätte mit ihnen zu reden, um ihnen die Ursache meiner Ankunft anzuzeigen und ihnen wichtige Dinge im Auftrage Eurer Kaiserlichen Majestät zu verkünden.

Die Boten vollführten dies und kamen zurück mit drei Personen ohne Ansehnlichkeit, die mir vermeldeten, die Herren der Stadt Cholula könnten vor mir nicht selber erscheinen, dieweil sie krank wären. Ich möge ihnen mein Vorhaben durch die drei Edelleute kundtun, die mir dies ausrichteten.

Die Tlaskalaner aber sagten mir, die drei Gekommenen wären keine Edelleute. Solches sei ein Zeichen, daß man Hohn mit mir triebe. Ich solle auf meiner Hut sein und mich auf nichts einlassen, es sei denn, die Herren jener Stadt kämen vordem persönlich zu mir. Darauf gab ich den drei Boten die Antwort, einem so großmächtigen Fürsten wie Eurer Kaiserlichen Majestät gebührten nicht Gesandte von so geringem Ansehen. Die Herren selber wären dazu kaum würdig genug. Nunmehro hätten sie innerhalb dreier Tage in Person vor mir zu erscheinen, um Eurer Kaiserlichen Majestät Oberhoheit anzuerkennen und Allerhöchstdero Befehle entgegenzunehmen. Falls sie aber zur bestimmten Zelt nicht erschienen, sei ich willens, mit meiner gesamten Kriegsmacht wider sie zu rücken und sie als Aufrührer wider Kaiser und Reich zu behandeln. Diesen Brief hab ich eigenhändig unterschrieben, auch amtlich beglaubigen lassen. Hab auch darinnen erwähnt, daß ihnen Gnaden und Ehren sicher seien, wenn sie sich Eurer Kaiserlichen Majestät freiwillig zu Gehorsam unterwürfen.

Am folgenden Tage kamen beinahe alle Herren der Stadt Cholula und entschuldigten sich bei mir. Die Ursache, daß sie bisher nicht erschienen wären, läge darin, daß die Tlaskalaner ihre Feinde seien, weshalb sie hier in Gefahr stünden. Auch wüßten sie, daß ich von den Leuten hier vor ihnen sei gewarnt worden. Ich solle jenen aber keinen Glauben schenken. Was selbige gesagt, hätten sie als ihre Feinde gesagt, und es sei nicht die reine Wahrheit. Davon solle ich mich persönlich überzeugen, indem ich mit ihnen nach ihrer Stadt zöge. Sie seien Eurer Kaiserlichen Majestät ergeben und meine Freunde und als solche gewillt, uns treu und gehorsam zu dienen. Alles das hat ein Notarius durch einen Dolmetsch zu Urkund gebracht.

Nunmehr entschloß ich mich, mit ihnen zu gehen, teils, weil ich nicht feig und kleinmütig wollt erscheinen, teils auch, weil ich verhoffte, daß von dort aus meine Pläne besser würden gedeihen. Denn, wie berichtet, liegt die Stadt Cholula dicht an der Grenze des Gebietes der Mexikaner, und es besteht viel Verkehr hinüber und herüber zwischen den Leuten beider Länder.

Die Herren von Tlaskala waren ob meines Entschlusses sehr bekümmert und erklärten mir von neuem, ich irre, wenn ich jenen traue. Da sie mir aber ergeben wären und Freundschaft mit mir gemacht hätten, so wollten sie mich und die Meinen geleiten und uns behilflich sein in allem, was uns möchte begegnen. Und obgleich ich ihre Dienste nicht wollte annehmen, dieweil keine Not dies erforderte, so haben mir nichtsdestoweniger doch 30000 gewappnete Mann zwei Meilen weit das Geleit gegeben. Erst als ich abermals Vorstellungen dagegen erhob, sind sie umgekehrt bis auf 6000 Mann, die auch fortan bei mir verblieben.

Für die Nacht schlug ich mein Lager an einem Fluß auf, der zwei Meilen vor der Stadt fließt. Ich wollte an diesem Tage nicht in Cholula einziehen, dieweil es bereits dunkel geworden war und ich auch die Tlaskalaner, die in meinem Heere waren, ein wenig nach unsrer Art wollte ordnen und zurechtstutzen, damit sie nicht zum Spott mit mir zögen.


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