Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das dreiundzwanzigste Kapitel

Eurer Kaiserlichen Majestät hab ich bereits über den Panuko berichtet, der 50 bis 60 Meilen nördlich von Verakruz in das Nordmeer fließt. Zwei- oder dreimal hatte Franz von Garay Schiffe an die Mündung dieses großen Stromes ausgesandt, aber immer wieder große Verluste erlitten, dieweil seine Hauptleute mit den dortigen Indianern nicht verständig umgegangen sind. Ich war des gewiß, daß am ganzen Nordmeer ein großer Mangel an Häfen ist und daß keiner von den vorhandenen dem am Panuko gleicht. Und da nun die Indianer daselbst ehedem sich erboten hatten, Untertanen Eurer Kaiserlichen Majestät zu sein, jetzt aber uns und unseren Freunden feindselig waren, so beschloß ich, einen Hauptmann mit etlichem Kriegsvolk abzusenden, der das Land am Panuko in Frieden setzte und, falls es sich zur Ansiedelung eigne, dort am Fluß eine neue Stadt erbaute, damit ich von da aus noch weitere Gebtete in Ruhe und Ordnung zu bringen vermöchte.

Obgleich wir Hispanier unsrer nur wenige waren und uns schon in vier Teile geteilt hatten, so hab ich trotzdem noch einen Teil abgefertigt, um unser Land zusichern und zu erweitern. Da seit der Eroberung von Temixtitan wiederum etliche Schiffe mit Roß und Reitern waren angekommen, so gab ich den Befehl, 25 Reiter und 150 Fußknechte sollten sich rüsten mitsamt einem Hauptmann (Sandoval), um nach dem Panuko abzurücken.

Zu dieser Zeit bekam ich aus Verakruz ein Schreiben, worin mir gemeldet ward, daß ein Schiff eingelaufen war und mit selbigem Christof von Tapia, der Verwalter der Goldschmelzereien auf der Insel Hispaniola (Haiti)Über Tapias Sendung vgl. Einleitung S. 55.. Anderen Tags traf auch ein Brief von diesem ein, in dem er mich wissen ließ, er sei auf Befehl Eurer Kaiserlichen Majestät gekommen, um mir den Oberbefehl abzunehmen. Er wäre im Besitz einer Allerhöchsten Vollmacht, die er mir vorlegen werde, sobald wir einander in Person begegneten, was ehebaldigst geschehen solle. Zur Zeit hätten seine Pferde die Seefahrt noch nicht überstanden, weshalb er sich nicht könne auf die Reise wagen. Er bäte mich aber, Mittel und Wege zu schaffen, daß wir zusammenkommen könnten, sei es, daß ich zu ihm oder er zu mir käme.

Sofort nach Empfang seines Briefes antwortete ich ihm, ich sei über seine Ankunft überaus erfreut und kein andrer Abgesandter Eurer Kaiserlichen Majestät könnte mir angenehmer sein denn er, da er ein alter Freund von mir märe. Indessen sei der Frieden hierzulande noch nicht fest genug und jedwede Neuerung von Übel, dieweil die Indianer leicht möchten wieder abfallen.

Darauf bat ich den Pater Peter Melcharejo von Urrea, einen Ausspender von Ablaßbriefen, der an allen unsern Mühsalen und Nöten teilgehabt hatte und am besten wußte, wie die Dinge hier stehen, sich die Mühe zu machen, mit Christof von Tapia in meinem Namen zu verhandeln. Ich bat ihn im Beisein von Allerhöchstdero Schatzmeister, der auch der Meinung war, daß besagter Pater wohlgeeignet wäre, die Angelegenheit zum Nutzen Eurer Kaiserlichen Majestät wie des Landes zu ordnen. Seine Entscheidung solle von mir eingehalten werden.

Also ging der Pater mit drei Begleitern nach Verakruz ab, wo Tapia noch immer weilte. Alsdann rüstete auch ich mich zur Abreise und ordnete noch allerlei, um Eurer Kaiserlichen Majestät die Ruhe und den Frieden dieses Landes zu sichern.

Zehn oder zwölf Tage darauf schrieb mir der Befehlshaber

zu Verakruz, besagter Christof von Tapia habe der Behörde die Vollmacht Eurer Kaiserlichen Majestät vorgelegt. Man hätte ihm daraufhin alle gebührende Ehre erwiesen; was indessen die Vollstreckung anbelange, so wäre ihm der Bescheid verabfolgt worden, man halte sich in Verakruz nicht für maßgeblich genug, dieweil der größere Teil der höheren Amtsleute beim Sturm und bei der Eroberung der Stadt zugegen gewesen und in meinem Hauptquartiere verblieben wäre. Sobald sie deren Entscheidung vernommen, solle vollstreckt werden, was zum Nutzen Eurer Kalserlichen Majestät und des Landes gereiche.

Ob solchem Bescheid war Christof von Tapia arg verdrossen. Zudem begann er, mir recht ärgerliche Dinge anzurichten. Gleichwohl schrieb ich nach Verakruz zurück, man möge Eure Kaiserliche Majestät bedenken und sich bemühen, besagten Tapia zufrieden zustellen und vor allem keinen Anlaß geben, daß daraus Uneinigkeit mochte entspringen. Auch rüste ich mich bereits zur Reise und wäre baldigst in Verakruz zu erwarten, um mich mit ihm zu besprechen und dem Kaiserlichen Befehl Genüge zu tun.

Als ich nun wahrhaftig reisefertig war und den Zug nach dem Panuko einzustellen befahl, dieweil es, wenn ich von dannen ging, sehr vonnöten war, daß ich eine starke Besatzung in Kojohuakan zurückließ, da kamen die Hauptleute und Räte von Neu-Hispanien zu mir und erhoben Einspruch, dieweil das kaum wiedereroberte und zu Frieden gebrachte Land Mexiko samt seiner Hauptstadt Temixtitan von neuem aufrührerisch werden möchte, sobald ich wegginge, und der abermalige Abfall des Landes Eurer Kaiserlichen Majestät zu großem Schaden wäre. Auch aus anderen Ursachen sei mein Weggang der Stadt gefährlich. Zuletzt erboten sich die Räte, sie wollten mit meiner Genehmigung und Vollmacht gen Verakruz ziehen und sich von Christof von Tapta den Befehl Eurer Kaiserlichen Majestät vorweisen lassen, sodann aber das tun, was sie als Allerhöchstdero Nutzen und Vorteil erachteten.

Da mich dünkte, der Handel sei also zu ordnen, ließ ich die Räte ziehen und gab ihnen ein Schreiben an Christof von Tapia mit, darin ich ihm kundtat, was in der Sache bisher geschehen war, und daß Gonzalo von Sandoval, Diego von Soto und Diego von Valdenebro, die sämtlich in Verakruz waren, zugleich mit den Räten des neuen Reiches die Angelegenheit in meinem Namen zu Ende bringen sollten, worauf vollzogen werden möge, was Eurer Kaiserlichen Majestät zu Nutzen und dem Lande förderlich sei.

Sie begegneten dem besagten Tapia, der sich seinerseits auch auf den Weg begeben hatte, bei ihm der Pater Peter, und baten ihn, umzukehren. Hierauf begaben sie sich allesamt nach Cempoalla, woselbst Christof von Tapia den Räten Allerhöchstdero Vollmacht und Befehl vorlegte. Sie erwiesen ihm die gebührenden Ehren; was aber die Vollstreckung anbelangte, so wollten sie zuvor eine Bittschrift an Eure Kaiserliche Majestät richten, in der Meinung, damit zu Allerhöchstdero Nutzen zu wirken. Selbige geht zugleich mit meinem Bericht hier ab.

Nach etlichen anderen zu Urkund genommenen Verhandlungen zwischen besagtem Tapla und den Amtsleuten hat er sich auf sein Schiff gesetzt und ist von hinnen gesegelt, was zu tun man ihm allhler geraten hat, dieweil seine Ankunft und seine Bekanntmachung, er wolle an meiner Statt in diesem Lande regieren, Unruhe erregte. Schon begannen die Temixtitaner und Mexikaner sich zusammenzutun, um Verräterei anzurichten. Wäre solcher Plan, uns abfällig zu werden, zur Erfüllung gekommen, so wäre der Aufruhr noch schlimmer und uns noch gefährlicher geworden denn das erstemal.

Wie gesagt, hat die Ankunft des Christof von Tapia samt seiner Unkenntnis von diesem Lande und von den Sitten der Völker hier Unruhe und Aufsässigkeit verursacht, und sein längeres Verweilen wäre nur von Unheil gewesen, was Gott der Allmächtige zu unserem Glücke gnädiglich hat abgewendet. Es wäre Eurer Kaiserlichen Majestät ersprießlicher gewesen, wenn Tapia auf der Insel Hispaniola wäre verblieben und seine Fahrt hierher unterlassen hätte. Er hätte sollen zuvor Allerhöchstdero Rat einholen und Eurer Kaiserlichen Majestät von den gefährlichen Umständen der Wahrheit gemäß berichten. Selbige hatte er auf Hispaniola gar wohl durch meinen Schiffshauptmann erfahren, den ich um nötige Hilfe und Nachschub von Kriegsvolk dahin abgeschickt hatte. Auch sonst hatte man ihn daselbstvielfach gewarnt, nicht nach Neu-Hispanien abzufahren, ehe man Eure Kaiserliche Majestät über den Aufstand in Mexiko und die Wiedereroberung der Hauptstadt umständlich berichtet hätte. Ja, man hatte ihm die Abfahrt bei Strafe verboten. Trotzdem hat er aus Eigennutz und nicht zu Allerhöchstdero und dieses Landes Vorteil sein Vorhaben ausgeführt, nachdem er es hinterrücks zuwege gebracht, daß man in Hispaniola von dem Verbot abstand.

Alles dies hab ich Eurer Kaiserlichen Majestät nicht früher berichtet, dieweil es mich untunlich dünkte, besagtem Christof von Tapia ein Schreiben hierüber an Eure Kaiserliche Majestät mitzugeben, als er sich wieder einschiffte. Ich hab ihn nicht können als einen treuen Briefboten erachten. Eure Kaiserliche Majestät möge mir aber glauben, daß es zu Allerhöchstdero Nutzen gewesen ist, daß wir Tapia nicht aufgenommen haben, was ich umständlich nachzuweisen imstand bin, sobald es vonnöten sein wird.


 << zurück weiter >>