Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Fünftes Kapitel

Von Izansanak, der Hauptstadt von Akalan, ging derMarsch nach Mazatla. Der Ort hat noch einen anderen Namen, aber ich weiß nicht recht, wie ich ihn schreiben soll. Um die Eigennamen und die Bezeichnung der Orte dieses Feldzuges habe ich mir zwar viel Mühe gegeben, bin indessen mit dem Erfolg nicht sonderlich zufrieden. Die Sache ist um so schwieriger, da der Weg, den Cortes eingeschlagen hat, meist kein wirklicher Weg war.

Durch die Erfahrung gewitzigt, ließ Cortes jeden Mann Lebensmittel auf sechs Tage mitnehmen, obgleich man nur drei, höchstens vier Tagemärsche vor sich hatte. Vier Hispanier nebst zwei Wegführern gingen voraus. Letztere mußte Apoxpalon stellen.

Zunächst ging es durch sumpfige Gegend, dann über ein Haff, das man auf einer Brücke und mit Kähnen überschritt, die der nämliche Fürst herbeigeschafft hatte. Nach fünf Stunden Marsch kamen die vier Hispanier zurück und meldeten, nunmehr habe man einen vortrefflichen Weg, angebautes Land und gute Weide vor sich. Das war für alle eine freudige Nachricht, denn man hatte die bösen Wege herzlich satt.

Cortes sandte andere leichte Mannschaften voraus, um die Stimmung der Eingeborenen zu erkunden. Sie kamen bald wieder und brachten zwei Handelsleute, Akalaner, die Waren bei sich hatten. Nach ihrer Aussage habe man in Mazatla noch keine Kenntnis vom Anmarsche der Hispanler, und der Ort sei voller Menschen.

Cortes ließ die bisherigen Wegführer aus Izansanak heimkehren und behielt dafür die beiden Händler bei sich. Die Nacht biwakierte man auf einer Anhöhe.

Am andern Tage stieß man auf eine indianische Feldwache von vier Mazatlanern, die mit Bogen und Pfeilen bewaffnet waren. Als diese die Fremdlinge wahrnahmen, schossen sie auf sie, verwundeten einen Mexikaner und flohen darauf in die Berge. Die Hispanier setzten ihnen nach, konnten aber nur einen von ihnen erjagen. Man gab ihn den Mexikanern in Verwahr, um die Suche nach den anderen fortzusetzen. Als die drei, die in die Berge entwichen waren, dies von ferne sahen, fielen sie über die Mexikaner her und befreiten ihren Landsmann mit Gewalt. Die hispanischen Indianer schämten sich über den Verlust und griffen jetzt ihrerseits die Mazatlaner an. Einen verwundeten sie am Arm und nahmen ihn gefangen. Die übrigen ergriffen die Flucht, da sie das ganze Heer herankommen sahen.

Auch der Verwundete sagte aus, daß man in seinem Ort nichts vom Anmarsche der Fremden wisse. Er und seine Kameraden hätten auf Posten gestanden, weil ihr Ort, der in der Nähe liege, viele Feinde in der Umgegend habe und man in Sorge um die Feldfrüchte sei.

Cortes trieb die Mannschaft an, um den Ort noch vor Anbruch der Nacht zu erreichen. Aber es war nicht möglich, und so lagerte man bei einem Sumpf in einer Hütte und mußte sich ohne Trinkwasser behelfen.

Sobald der Tag anbrach, füllte man den Morast mit Ästen und Reisig, so daß die Pferde leidlich hindurch kamen. Nach drei Stunden Wegs gelangte das Heer vor den Ort Mazatla, der auf einer Anhöhe lag. Man machte sich gefechtsbereit, da man hier Widerstand erwartete. Diese Besorgnis war unnötig, denn man traf keinen Menschen im Ort. Alle Einwohner waren davongelaufen. Aber Lebensmittel fand man hinreichend, Truthühner, Mais, Honig, Bohnen und anderes mehr.

Die Ortschaft war durch ihre Lage auf einer felsigen Höhe gesichert. Sie hatte nur einen Zugang. Auf der einen Seite verstärkte ein See diese günstige Lage, auf der anderen ein tiefer Fluß, der sich in den See ergoß. An den Stellen, wo dieser natürliche Schutz fehlte, zog sich ein tiefer Graben hin, der mit einer Brustwehr aus Pfählen versehen war. Dahinter stand ein rundes, zwei Klaftern hohes Bollwerk aus dicken Balken und Brettern mit vielen Schießscharten für Bogenschützen und mit einer Reihe von kleinen, anderthalb Klaftern hohen Türmen auf seiner Zinne. In dieser Burg lag ein großer Vorrat von Wurfsteinen und Pfeilen. Auch die Häuser hinter dem Walle waren fest und hatten nach der Straße Schießscharten. Kurzum, der Ort war nach den Begriffen des Landes stark befestigt, und wir waren alle froh, den Platz, der überdies eine Grenzveste war und eine Besatzung von Truppen gehabt hatte, ohne Mühe in die Hand bekommen zu haben.

Von da zog Cortes nach Tiak, wo die Bewohner gleichfalls aus Furcht in die Berge geflohen waren. Der Ort war größer als Mazatla, aber nicht so stark, denn er lag in der Ebene. Befestigungen hatte er auch: eine Umwallung mit drei runden Bollwerken. Wenngleich Cortes die Einwohner nicht dazu bringen konnte, in ihren Ort zurückzukehren, solange er sich darin aufhielt, so schafften sie doch Lebensmittel heran und verschiedene andere Dinge. Auch stellten sie ihm einen Wegführer. Dieser sagte, er habe schon andere Männer mit Bärten auf Hirschen – so nannte er die Pferde – gesehen. Als Cortes erkannte, daß er ein verständiger Mensch war, entlohnte er die Leute aus Akalan reichlich und entließ sie mit Empfehlungen an ihren Fürsten in ihre Heimat.

Das nächste Nachtquartier nach Tiak war Xunkahuitl, wiederum ein Ort mit einer kreisförmigen Umwallung. Auch hier waren alle Einwohner geflohen, hatten aber Lebensmittel in Menge zurückgelassen. Da nach der Versicherung des Wegführers ein fünftägiger Marsch durch völlig unbewohntes Gebiet bevorstand, so versah man sich für diese Zeit mit Unterhalt.

Vier Nächte biwakierte das Heer im Gebirge. Man kam über einen gefährlichen Paß, den die Hispanier den Alabasterpaß getauft haben, weil dort alle Felsen und Steine aus Alabaster sind. Am fünften Tage erreichte man einen großen See, auf dem eine kleine Insel mit einer ansehnlichen Stadt lag. Nach Aussage des Führers war dies die Hauptstadt des Landes Taika. Man konnte nur auf Kähnen dahin gelangen.

Die Aufklärer brachten einen Mann aus diesem Ort samt seinem Kahn auf. Er sagte aus, wenn die Fremdlinge Lust hätten, die Stadt zu besuchen, so brauchten sie nur nach einer Bucht des Sees zu gehen, wo eine Anzahl Arbeiter auf den Feldern arbeiteten, deren Kähne in der Nähe lägen. Cortes bestimmte 12 Armbruster, die sich nach der bezeichneten Stelle führen ließen. Aber die Feldarbeiter wurden die Herankommenden von ferne gewahr, als diese einen Sumpf durchwaten mußten, und entkamen mit ihren Kähnen in den See.

Cortes schlug sein Lager in den Saatfeldern auf und verschanzte sich, so gut dies ging, denn es war ihm gesagt worden, die Bewohner der Seestadt wären kriegerische Leute, weit und breit gefürchtet. Der aufgegriffene Indianer erbot sich, auf seinem Kahn nach der Stadt zu rudern und mit dem Fürsten daselbst, namens Kanek, im Namen der Fremdlinge zu sprechen. Cortes ging darauf ein und ließ den Mann abgehen. Um Mitternacht kam er zurück und brachte zwei offenbar angesehene Leute mit. Diese erklärten, sie kämen im Namen ihres Fürsten, um zu hören, was der Obrist des Heeres wünsche. Cortes unterhielt sich mit ihnen auf das angenehmste und gab ihnen einen Hispanier mit, den sie als Geisel zurückbehalten sollten, falls ihr Fürst in das Lager der Hispanier kommen wolle. Der Anblick der Pferde, der fremden Kleidung und der bärtigen Männer machte den beiden Abgesandten viel Freude.

Am andern Morgen erschien der Fürst Kanek in eigener Person, mit ihm etwa dreißig Vornehme in sechs Kähnen. Den Hispanier brachten sie wieder mit, wie sie überhaupt nicht die geringste Furcht oder feindliche Absicht zeigten. Cortes empfing sie auf das freundlichste und ließ ihnen zu Ehren eine feierliche Messe mit Musik von Posaunen, Klarinetten und Hoboen abhalten. Kanek gab auf alles genau acht, besonders auf die Musik und die feierliche Handlung am Altar und sprach am Ende seine Bewunderung der Musik aus. Dergleichen habe er noch nie gehört.

Nach der Predigt des Geistlichen hielt Cortes eine Rede über die Macht und den Ruhm des Kaisers und forderte den Fürsten auf, dessen Lehnsherr zu werden, wie dies bereits die Fürsten von Mexiko wären. Kanek erwiderte, er sähe sich von Stund an als Untertan des Kaisers an. Auch erzählte er, durchreisende Handelsleute aus Tabasko hätten ihm schon vor etlichen Jahren von den Hispaniern berichtet.

Auf die Frage des Cortes, ob er auch von den Hispaniern etwas wisse, die am Golf von Honduras säßen, erwiderte er, er habe schon viel von ihnen vernommen, da ihr Gebiet an einer Stelle an das seine stoße. Wenn Cortes es wünsche, wolle er ihm einen Wegführer stellen, weil der Weg dorthin durch ein schlimmes Gebirge gehe. Überhaupt sei der Seeweg dahin vorzuziehen.

Cortes dankte dem Fürsten für seine Auskunft und sein Angebot. Sodann legte er ihm dar, warum er auch weiterhin zu Lande marschieren wollte. Die Schiffe hierzulande seien zu klein, um so viele Pferde, Mannschaft und Gepäck zu befördern.

Ferner erkundigte er sich, wie sein Heer am bequemsten über den See gelange. Kanek sagte, drei Stunden vom Lagerort gäbe es eine seichte Stelle. Zugleich bat er den Cortes, er möge mit ihm in die Stadt kommen, während das Heer nach dieser Stelle marschiere.

Obgleich man ihm allgemein davon abriet, nahm Cortes die Einladung an und folgte dem Fürsten in dessen Stadt, nur begleitet von zwanzig Schützen. Es war in der Tat eine Verwegenheit sondergleichen, indes hatte sie keine schlimmen Folgen. Cortes ward von der Bevölkerung mit großem Jubel aufgenommen und blieb den ganzen Tag in der Stadt. Während seiner Anwesenheit sind eine Menge Götzenbilder verbrannt worden. Am Abend machte er sich, vom Wegführer geleitet, wieder auf und gelangte in das Lager, das inzwischen an die seichte Stelle des Sees verlegt worden war.


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