Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Die Ereignisse vom November 1518 bis zum August 1519

Nachdem der Obrist Juan von Grijalva am 15. November 1518 von seiner Entdeckungsfahrt (nach Yukatan) zurückgekehrt war, gab der Statthalter (von Kuba) Diego von Velasquez sogleich den Befehl, ein neues, weit beträchtlicheres Geschwader auszurüsten. Zehn Schiffe lagen zu seiner Verfügung im Hafen von Santiago, darunter waren die vier, mit denen wir soeben mit Grijalva heimgekommen waren. Sie wurden schleunigst gekielholt und gekalfatert. Die sechs anderen hatte man auf der ganzen Insel zusammengelesen. Diese Fahrzeuge wurden nun mit einem bis Havana ausreichenden Mundvorrat an Zwieback, Schiffsbrot und geräuchertem Schweinefleisch versehen. Dort sollte die vollständige Ausrüstung erfolgen.

Wem der Oberbefehl über die Unternehmung anvertraut werden sollte, blieb lange ungewiß. Man nannte allerlei Namen. Wir Soldaten wollten von keinem anderen wissen als von Grijalva, weil er ein tüchtiger Offizier war und überhaupt ein Mann ohne Tadel, der sich auf Befehl und Führung gar wohl verstand. Insgeheim war die Sache längst abgemacht, und zwar zwischen zwei Vertrauten des Velasquez, dem Andreas von Duero, dem Geheimschreiber des Statthalters, und dem Königlichen Schatzmeister Amador von Lares, mit Ferdinand Cortes.

Das war ein angesehener Ritter, aus Medellin im Kreise Estremadura gebürtig, der Sohn altadeliger Eltern. Er besaß eine Farm auf Kuba und hatte sich unlängst aus Liebschaft mit Dona Katalina Suarez Pacheco verheiratet, einer Tochter des nunmehr verstorbenen Diego Suarez Pacheco aus Avila. Diese Heirat hatte dem Cortes viel zu schaffen gemacht. Er war darüber sogar eine Zeitlang ins Gefängnis gekommen. Velasquez stand nämlich auf der Seite der mit Cortes vorerst unzufriedenen Familie der Frau.

Wie schon gesagt, arbeiteten die beiden genannten Vertrauten des Statthalters darauf hin, daß Ferdinand Cortes zum Befehlshaber des Geschwaders ernannt werde. Cortes hatte sich ihnen gegenüber verpflichtet, allen Gewinn der Unternehmung an Gold, Silber und Edelsteinen mit ihnen zu teilen. Dieser Gewinn konnte recht bedeutend werden, da es dem Velasquez in seinen geheimen Absichten weniger um die Gründung neuer Ansiedelungen als um Handelserträge zu tun war. Duero und Lares gaben sich alle Mühe, ihren Schützling bei Velasquez herauszustreichen, und sie brachten es schließlich in der Tat dahin, daß Diego von Velasquez den Cortes zum Generalkapitän der Unternehmung ernannte. Hierauf stellte Duero in seiner Eigenschaft als Geheimschreiber ohne Verzug die Bestallung aus, wobei er nicht verfehlte, sie ganz nach des Cortes Wünschen abzufassen. Als die Ernennung bekannt ward, gefiel sie manchem und manch anderen verdroß sie.

Generalkapitän geworden, begann Cortes, was er nur konnte, an Waffen, Kriegsgerät und Mundvorrat zusammenzutreiben. Auch vergaß er nicht, Waren für den Tauschhandel anzuschaffen. Was seine eigene Person anbetraf, so putzte er diese mehr heraus. Er trug jetzt einen Federhut mit einer goldenen Schaumünze daran. Das gab ihm ein sehr stattliches Aussehen.

Es fehlte ihm damals nicht nur an Geld für die vielen Ausgaben, die nötig waren, vielmehr stak er bereits tief in Schulden. Guten Ansehens auf Kuba hatte er sich immer erfreut, war er ja auch zweimal Mitglied des Gemeinderates seines Wohnortes Santiago de Baracoa gewesen. Als er nun gar Führer einer großen Unternehmung geworden war, streckten ihm seine Freunde gern 4000 Goldpiaster vor, eine ansehnliche Summe (180 000 Mark), dazu noch beträchtliche Waren.

Jetzt ließ sich Cortes einen Prunkrock aus Samt mit Goldborten machen und eine Standarte mit einem Kreuze darauf und dem lateinischen Spruche: Hoc signo vinces! Unter diesem Zeichen wirst du siegen!

Unter Trommel- und Trompetenschall gab er nun durch Herolde im Namen Seiner Majestät des Kaisers bekannt, daß jeder, der mit ihm zur Eroberung und Besiedelung der jüngst entdeckten Länder auszöge, seinen Teil am gewinnbaren Gold, Silber und Edelgestein und später eine Farm zugesichert bekomme. Diese Bekanntmachung rief auf der ganzen Insel großes Aufsehen hervor. Mancher verkaufte daraufhin alle seine Habe und schaffte sich dafür Waffen, ein Pferd und Mundvorrat an. Jeder, der sich uns anschloß, rüstete sich aus, so gut er nur konnte. So wuchs unser Heer schon in Santiago auf 300 Mann an. Sogar von den Beamten des Statthalters stellten sich mehrere in unsere Reihen, wie Diego von Ordas, der Haushofmeister des Velasquez. Vermutlich geschah dies auf dessen Anstiften, um einen Aufpasser auf dem Geschwader zu haben. Insgeheim nämlich traute der Statthalter dem Generalkapitän nicht so recht. Ferner: Francisco von Morla, Alonso von Escobar, Heredia, Juan Ruano, Pedro Escudero, Martin Ramos, Lares aus Biscaya und viele andere Hausgenossen des Velasquez. Mich selbst nenne ich zuletzt.

Während Cortes alles daransetzte, die Ausrüstung seines Geschwaders zu beschleunigen, blieben Neid und Bosheit seiner Feinde auch nicht untätig. Vor allem waren etliche Verwandte des Statthalters arg gekränkt, daß ihnen der Oberbefehl entgangen war. Man verstand die Wahl nicht, da Velasquez den Cortes bis dahin gehaßt und verfolgt hatte, und suchte ihn nun in jeder Weise vor den Augen des Statthalters herabzusetzen und zu schädigen, damit ihm der Oberbefehl wieder abgenommen werde. Cortes kannte seine Gegner und ihre Absichten. Er wich nicht von der Seite des Velasquez und tat alles, um ihn von seiner Treue und Redlichkeit zu überzeugen. Er sprach von nichts anderem als von dem Ruhme der Unternehmung und dem reichen Gewinn, der seinem Herrn und Gönner binnen kurzem sicher sei. Trotzdem war Velasquez nahe daran, umgestimmt zu werden und die Ernennung des Cortes zu widerrufen. Cortes beeilte sich infolgedessen um so mehr. Er bestimmte die Zeit der Abfahrt und machte der Mannschaft den Tag und die Stunde bekannt, wo jedermann an Bord sein sollte. Nachdem dies geschehen und alles auf den Schiffen zur Abfahrt bereit war, begab sich der Generalkapitän zum Statthalter, um sich bei ihm feierlichst abzumelden. Bei diesem Gange begleiteten ihn seine besten Freunde und Gefährten, auch Andreas von Duero und Amador von Lares, sowie die Vornehmsten der Stadt. Velasquez und Cortes sagten sich allerlei höfliche Dinge und trennten sich erst nach vielen Umarmungen.

Am anderen Morgen hörten wir die Messe und zogen alsdann nach den Schiffen. Der Statthalter fand sich daselbst mit vielen Kavalieren ein, um uns das Ehrengeleit zu geben.

So gingen wir am 18. November 1518 unter Segel und kamen bei gutem Wetter in wenigen Tagen nach dem Hafen der Stadt Trinidad. Auf die erste Kunde von unserer Ankunft zogen die Einwohner aus, um Cortes und seine Mannschaft zu empfangen. Die Vornehmsten der Stadt bemächtigten sich des Generalkapitäns. Jeder wollte ihn bei sich aufnehmen. Cortes ließ seine Standarte über seinem Quartier hissen und warb in einem öffentlichen Aufrufe Teilnehmer für seinen Zug, wie er das in Santiago getan hatte. Was an Feuerwaffen aufzutreiben war, wurde auch hier gekauft und mitgenommen, desgleichen jedweder andere Kriegsbedarf und Lebensmittel.

In Trinidad schlossen sich uns sämtliche Alvarados an, nämlich der Hauptmann Pedro, seine Brüder Gonzalo, Jorge, Gomez und sein Bastardbruder, der ältere Juan von Alvarado. Ferner zogen von hier mit uns Alonso von Avila, der schon unter Grijalva Truppen geführt hatte; Juan von Escalante; Pedro Sanchez Farfan aus Sevilla; Gonzalo Mexia, der nachherige Schatzmeister von Mexiko; Vaena; Juan aus Fuerterrabia und Christoval von Olid. Dieser, ehedem Galeerensträfling, war bei der Einnahme der Stadt Mexiko bereits Obrist und ist in allen Kriegen von Neu-Hispania höherer Befehlshaber gewesen. Weiterhin gesellten sich zu uns: Ortiz, der Musikus, Gaspar Sanchez, ein Neffe des Schatzmeisters von Kuba, Diego von Pineda, Alonso Rodriguez, ein reicher Goldgrubenbesitzer, Bartolome Garcia und eine stattliche Anzahl anderer Kavaliere, deren Namen mir nicht mehr einfallen, lauter gewichtige und angesehene Männer.

Auch aus Santispiritus, einer 18 Stunden von Trinidad entfernten Stadt, ward uns ein beträchtlicher Zuwachs zuteil: Alonso Hernandez Puerto-Carrero, ein Vetter des Grafen Medellin, und Gonzalo von Sandoval, der späterhin acht Monate Statthalter von Mexiko war und vielfach den Oberbefehl geführt hat. Sodann: Juan Velasquez von Leon, ein Verwandter des Diego von Velasquez, Rodrigo Rangre, Gonzalo Lopez von Ximena mit seinem Bruder Juan Lopez und Juan Sedeño. Letzterer, der in Santispiritus wohnhaft war, schloß sich uns an, weil bereits zwei andere Juan Sedeños unter uns waren. Alle diese sehr angesehenen Männer, die sämtlich Farmen in der Nähe der Stadt besaßen, brachten Schiffsbrot, eingesalzenes Schweinefleisch und beträchtlichen anderen Mundvorrat mit. Auch kauften sie Pferde an, die damals selten und nur zu hohen Preisen zu haben warenEin brauchbares Ritterpferd kostete damals in den amerikanischen Kolonien 500 Goldpesos, also 22 000 Mark.. Dem eben genannten Puerto- Carrero fehlten die Mittel, sich ein Pferd anzuschaffen. Cortes kaufte ihm eine Schimmelstute und bezahlte sie mit den Goldborten seines Samtrockes, den er sich in Santiago hatte machen lassen.

Zufällig kam in jenen Tagen ein Schiff aus der Havana in Trinidad an, das einem dortigen Bürger namens Juan Sedeño gehörte. Es war mit Schiffsbrot und eingesalzenem Fleisch befrachtet für die Bergwerke bei Santiago. Cortes verstand diesen Mann zu bereden, daß er ihm das Schiff mit der vollen Ladung verkaufte und sich persönlich unserer Unternehmung anschloß. Solchermaßen hatten wir nun elf Schiffe beisammen.

Ich muß jetzt um einige Tage zurückgehen, um zu berichten, was sich nach unserer Abreise in Santiago zugetragen hatte. Wir waren kaum unter Segel, als man bei Diego von Velasquez mit allen Mitteln gegen Cortes zu wühlen begann, und nicht ohne Erfolg. Denn der Statthalter ward alsbald völlig anderen Sinnes. Durch zwei zuverlässige Leute sandte er an seinen Schwager Francisco Verdugo, der Oberrichter in Trinidad war, den Befehl, er solle dem Cortes unter allen Umständen den Oberbefehl abnehmen, der dem Vasco Porcallo übertragen sei. Zugleich schickte er ein Schreiben an Diego von Ordas, an Francisco von Morla und an alle seine Anhänger und Verwandte mit der Aufforderung, das Geschwader unbedingt zu verlassen.

Auf die Nachricht hiervon besprach sich der Generalkapitän sogleich mit Ordas und mit allen den Rittern und Bürgern von Trinidad, die er sich geneigt wußte, und gab ihnen gute Worte unter ansehnlichen Versprechungen, bis er sie ganz für sich gewonnen hatte. Diego von Ordas übernahm es sogar, den Oberrichter Francisco Verdugo zu bestimmen, die Vollstreckung des Befehles vorerst auf sich beruhen zu lassen und ihn überhaupt geheim zu halten. In dieser Absicht stellte er ihm vor, daß er bisher nicht nur nichts Verdächtiges an Cortes bemerkt, vielmehr bei jeder Gelegenheit nur Beweise seiner Ergebenheit und Treue dem Statthalter gegenüber wahrgenommen habe. Es sei überdies unausführbar, ihm den Oberbefehl einer Flotte abzunehmen, auf der er unter den Offizieren so viele Freunde und Velasquez so viele Feinde habe. Auch unter den Soldaten gäbe es sehr viele, auf die Cortes zählen dürfe. Kurzum, er habe zu viel Macht, als daß man gegen ihn vorgehen könne. Bei einem Kampfe käme die ganze Stadt in Gefahr. Es drohe Plünderung durch die Mannschaft der Schiffe und noch Schlimmeres.

Auf diese Weise wurde jedweder gewaltsame Schritt verhindert. Einer der beiden Boten des Statthalters, Pedro Laso, trat sogar zu uns über. Den anderen sandte Cortes mit einem Briefe zurück, worin er dem Velasquez die liebenswürdigsten Dinge sagte, ihm aber sein Erstaunen über seine neuerliche Entschließung ausdrückte, zumal er nichts anstrebe, als Gott, Seiner Majestät und ihm, dem Statthalter, zu dienen. Er bäte ihn, törichten Einflüsterungen kein Gehör mehr zu geben und ihm das frühere Wohlwollen zu bewahren.

Gleichzeitig schrieb Cortes an seine Freunde in Verakruz, insbesondere an seine beiden Verbündeten, den Geheimschreiber und den Schatzmeister. Ferner gab er der Mannschaft Befehl, alarmbereit zu sein.

In Trinidad blieben wir zwölf Tage. Sodann schifften wir uns nach Havana ein. Pedro von Alvarado bekam den Befehl, mit 50 Mann, die sich freiwillig melden konnten, auf dem Landwege zu marschieren, um unterwegs auf den Farmen noch Mannschaften anzuwerben. Ich schloß mich ihm an.

Ein Schiff unter der Führung des Juan von Escalante bekam den Auftrag, an der Nordküste von Kuba hinzufahren. Nachdem Cortes nun selbst an Bord gegangen, ging das ganze Geschwader in der Richtung auf Havana unter Segel.

Während der Nacht kamen die Begleitschiffe vom Flaggschiff ab, so daß sie ohne Cortes im Hafen von Havana einliefen. Wir unter Alvarado trafen auf dem Landwege mit der gesamten Reiterei zur rechten Zeit ein. Der Generalkapitän jedoch blieb aus, ohne daß jemand den Grund der Verzögerung oder den Ort seines Aufenthalts erfuhr. Wir begannen uns um ihn zu sorgen und nahmen an, er sei in den Jardines (Gärten, das sind kleine Inseln längs der Südküste von Kuba) verunglückt. Infolgedessen ward beschlossen, die drei kleinsten Schiffe abzuschicken, um nach Cortes zu suchen. Mit der Ausrüstung dieser Schiffe und unter Hin- und Herberaten vergingen weitere zwei Tage. Cortes kam immer noch nicht. Schon fing man an, Ränke anzuzetteln, wer den Oberbefehl bekommen sollte.

Cortes hatte folgendes Schicksal gehabt. Sein Schiff, das großen Tiefgang hatte, war in den seichten Gewässern an der Pinosinsel auf den Grund geraten, so daß es ausgeladen werden mußte, was das nahe Land glücklicherweise gestattete. Nachdem das Schiff wieder flottgemacht war, brachte man es in tieferes Fahrwasser, belud es wieder und setzte die Fahrt nach Havana fort.

Als das Schiff am Horizont sichtbar ward, erhob sich große Freude unter den Offizieren und Mannschaften. Nur etliche, die sich auf den Oberbefehl gespitzt hatten, waren mißlaunig. Wir geleiteten den Generalkapitän in das Haus von Pedro Barba, dem Vertreter des Velasquez in Trinidad, wo Quartier für ihn gemacht worden war. Dort hißte er alsbald seine Standarte und lud wie in Trinidad in einem öffentlichen Aufruf zur Teilnahme an unserer Unternehmung ein.

In der Tat meldeten sich auch hier Kriegslustige, so Francisco von Montejo, von dem in der Folge noch oft die Rede sein wird. Er ward nach der Eroberung von Mexiko Statthalter von Yukatan und Honduras. Ferner traten in Havana unter unsere Fahnen: Diego von Soto aus Toro, der spätere Haushofmeister des Generalkapitäns, Angulo und Garci Caro, sowie Sebastian Rodriguez; ferner ein gewisser Pacheco, Franz Gutierrez, ein Rojas und ein junger Bursche namens Santa Clara; schließlich die Brüder Martinez aus Fregenal und Juan aus Najera, alles Männer von Stand und Ansehen, und noch andere, deren Namen ich vergessen habe.

Ordas erhielt jetzt den Auftrag, in der Bucht von Guaniguaniko, vor einem indianischen Dorfe, wo Velasquez eine Farm hatte, bis zur Ankunft des Schiffes zu warten, das an der Nordküste der Insel hinzufahren hatte. Mit diesem sollte er sodann nach Kozumel unter Segel gehen, wenn ihm durch indianische Boote kein anderer Befehl zukäme. Cortes wählte dazu gerade den Ordas, um ihn in Havana nicht um sich zu haben.

Alle Geschütze – zehn kupferne Kanonen und vier Feldschlangen – wurden an das Land gebracht und dem Stückmeister namens Mesa und seinen Gehilfen, den Kanonieren Arbenga und Juan aus Katalonien, übergeben, um sie genau nachzusehen und instand zu bringen, sowie die Kugeln und das nötige Pulver auf die einzelnen Stücke zu verteilen. Zum Blankputzen erhielten sie Wein und Essig. Der Kanonier Bartolome von Usagre half hierbei. Auf gleiche Weise wurden sämtliche Armbrüste durch die beiden Büchsenmeister Juan Benitez und Pedro von Guzmann gemustert, ausgebessert und durch Schüsse nach der Scheibe auf ihre Schußweite erprobt. Da es hier Baumwolle in Überfluß gab, fertigten wir uns dick gesteppte Jacken an, die gegen die Pfeile, Wurfspieße und Steinwürfe der Indianer einen guten Schutz gewährten.

In Havana begann Cortes einen vornehmen Haushalt einzurichten und sich wie ein großer Herr bedienen zu lassen. Obertafelmeister wurde ein gewisser Guzmann, den die Indianer später umgebracht haben, der aber nicht mit Christoval von Guzmann zu verwechseln ist, dem nachherigen Haushofmeister des Generalkapitäns. Zum Kämmerer machte er einen gewissen Rodrigo Rangre und zum Haushofmeister einen Juan von Caceres, der nach der Einnahme von Mexiko ein reicher Mann geworden ist.

Nach alledem gab Cortes den Befehl, uns zur Einschiffung bereitzuhalten und die Pferde, für die Krippen und genügender Vorrat von Mais und Heu herbeigeschafft worden war, in die Schiffe zu bringen.

Zum Andenken füge ich hier ein Verzeichnis unserer damaligen Hengste und Stuten ein.

Cortes hatte einen schwarzbraunen Hengst, der dann in San Juan de Ulloa umgestanden ist. Pedro von Alvarado und Hernando Lopez aus Avila besaßen gemeinschaftlich eine vortreffliche braune Stute, gleich gut im Ritterspiel wie im ernsten Kampf. Nach unserer Ankunft in Neu-Hispanien gelangte Alvarado in den alleinigen Besitz des Pferdes, ich weiß nicht, ob durch Kauf oder durch Gewalt. Alonso Hernandez Puerto- Carrero hatte eine Grauschimmelstute, ein sehr gutes Streitroß, das ihm – wie bereits erzählt – Cortes geschenkt hatte. Von gleicher Farbe war die Stute des Juan Velasquez von Leon, ein mächtiges Tier voll Feuer und Kampflust. Wir nannten es den Stumpfschwanz. Christoval von Olid besaß ein dunkelbraunes, recht wackeres Roß. Francisco von Montejo und Alonso von Avila hatten zusammen einen Goldfuchs, der allerdings zum Kriegsdienst nicht viel taugte. Das Pferd des Francisco von Morla war wiederum ein Dunkelbrauner, ein hitziges Tier und ein tüchtiger Läufer. Nicht viel wert war der Hellbraune des Juan von Escalante. Der Grauschimmel des Diego von Ordas, eine Stute, war ein fauler Gänger. Hingegen hatte Gonzalo Dominguez ein gar treffliches Tier, einen festen Renner; ein kleiner schwarzbrauner Kerl. Auch der Braune von Pedro Gonzalez aus Truxillo lief recht gut. Peter Moron, gebürtig aus Bayamo, hatte einen munteren gutgerittenen Falben. Der Rappe hinwiederum des Vaena aus Trinidad war wenig wert. Dafür war der Gaul des Lares, ein Hellbrauner, ein ganz vorzügliches und flottes Tier. Der Musikus Ortiz und ein gewisser Bartolome Garcia, ein Goldgrubenbesitzer, hatten gemeinsam einen trefflichen Rappen, eines der besten Pferde in unserem Heere. Juan Sedeño aus Havana hatte eine braune Stute, die an Bord geworfen hat. Dieser Sedeño galt als der reichste Mann unter uns allen. Er besaß ein eignes Schiff, große Vorräte an Brot und eingesalzenem Fleisch und einen Neger, damals noch etwas Seltenes und Kostspieliges.

Wiederum muß ich auf frühere Ereignisse zurückgehen.

Auf die Meldung, daß sein Schwager Verdugo es nicht zuwege gebracht, dem Cortes den Oberbefehl abzunehmen, ja ihm sogar Vorschub geleistet hatte, war Velasquez in solcher Wut, daß er wie ein wildes Tier brüllte. Unverzüglich sandte er einen seiner Getreuen an Pedro Barba ab, den Unterstatthalter von Havana, mit dem Befehle, das Geschwader unter keinen Umständen weitersegeln zu lassen, vielmehr den Generalkapitän sofort zu verhaften und nach Santiago zu bringen. Auch an Diego von Ordas und Juan Velasquez von Leon erging ein Schreiben.

Als Garnica – so hieß der Mann – mit seinem Schriftstücke in Havana ankam, wußte Cortes sofort, was er brachte. Ein Mönch nämlich, der viel im Hause des Velasquez verkehrte, hatte dem Boten einen Brief an den Pater Barthel von Olmedo mitgegeben, einen Ordensbruder, der auf unserem Geschwader war. Dadurch erfuhr Cortes alle Geschehnisse.

Ordas war – wie berichtet – mit einem besonderen Auftrag weggeschickt. Somit war lediglich Velasquez von Leon zu gewinnen, und es gelang dem Generalkapitän auch, ihn auf seine Seite zu bringen. Er war nämlich auf seinen Verwandten, den Statthalter, gar nicht gut zu sprechen, weil die ihm zugeteilte Farm wenig wert war.

So geschah es, daß Diego von Velasquez mit seinen Briefen und Befehlen keinen Erfolg hatte. Im Gegenteil: Pedro Barba, die Alvarados, Alonso Hernandez Puerto-Carrero, Francisco von Montejo, Christoval von Olid, Juan von Escalante, Andreas von Monjaraz sowie dessen Bruder Gregorio hielten um so fester zu Cortes. Mehr noch als in Trinidad blieben die Absichten des Statthalters in Havana geheim, und der Unterstatthalter, der dem Garnica ein Antwortschreiben mitgab, berichtete an Diego von Velasquez, er könne es nicht wagen, den Generalkapitän zu verhaften, well er zu mächtig und bei seinen Leuten zu beliebt sei. Wenn er etwas gegen ihn unternähme, setze er die Stadt der Plünderung aus. Übrigens sei Cortes allem Anscheine nach dem Statthalter völlig ergeben und handele in jedweder Sache nur zu dessen Vorteile. Zugleich schrieb auch Cortes selber an Velasquez. In schonen Worten versicherte er ihm seine Treue und Dankbarkeit, machte ihm die herrlichsten Versprechungen und fügte hinzu, daß er am folgenden Tage unter Segel zu gehen gedächte.

Eine Besichtigung seiner gesamten Streitkräfte verschob Cortes in den Aufenthalt auf der Insel Kozumel. Er gab Befehl, die Pferde und alles andere an Bord zu bringen. Pedro von Alvarado erhielt den Auftrag, mit dem Heiligen Sebastian, einem recht guten Segler, in Richtung auf das Kap San Antonio, den anbefohlenen Sammelort aller Schiffe, vorauszusegeln und von dort weiter nach Kozumel. Ebendahin ward Diego von Ordas beordert. Am 10. Februar 1519 gingen die übrigen neun Schiffe in See. Meine Person befand sich auf dem Heiligen Sebastian, zusammen mit noch 60 Kriegsleuten.

Am dritten Tage unseres Aufenthalts auf der Insel Kozumel hielt Cortes die Besichtigung seiner Streitmacht ab. Es ergab sich, daß wir ohne die Seeleute 508 Mann stark waren. Der Seeleute waren 109. Pferde hatten wir 16, alle zum Ritterspiel wie zum Gefecht brauchbar. Unser Geschwader bestand aus 11 Schiffen von verschiedener Größe, darunter eine Art Brigg, die einem gewissen Bines Nortes gehörte. Die Zahl der Armbrustschützen betrug 32, die der Büchsenschützen 13. Grobe Geschütze waren 10 vorhanden, dazu 4 leichte sogenannte Feldschlangen. An Kugeln und an Pulver besaßen wir einen guten Vorrat. Cortes musterte alles persönlich bis ins kleinste.

In jenen Tagen stellte Cortes, dem nichts entfiel, einmal

die Frage an mich, was wir bei uns gedacht hätten, als wir auf unserer früheren Fahrt an der Küste von Pukatan im Jahre vordem von den Indianern öfters den Zuruf vernahmen: Kastilian! Kastilian! Ich erzählte ihm aufs neue unsere damaligen Erlebnisse, und da sagte er, er habe oft über den Vorfall nachgedacht und er möchte fast meinen, es müßten bereits einmal Kastilianer hier gewesen sein. Es wird daher gut sein, fügte er hinzu, die Häuptlinge von Kozumel hierüber auszufragen.

Also tat er denn auch, und zwar durch Melcharejo, unseren indianischen Dolmetsch, der Kastilisch schon ein wenig, die Sprache von Kozumel aber recht gut verstand. In der Tat sagten die Häuptlinge alle aus, sie hätten schon einmal Hispanier gesehen, und zwei Tagereisen weit im Inneren des Festlandes lebten zwei von ihnen als Sklaven bei einem Häuptling. Erst vor wenigen Tagen hätten durchkommende indianische Händler von ihnen erzählt.

Diese Nachricht erfüllte uns mit der größten Freude, und Cortes erklärte, er wolle jenen Hispaniern einen Brief schicken und sie darin auffordern, zu ihm zu kommen. Den indianischen Handelsleuten aber, die diesen Brief zur Besorgung übernahmen, gab er gute Worte und allerlei Geschenke. Auch versprach er ihnen noch etliches, wenn sie wiederkämen.

Da machte einer der Häuptlinge dem Generalkapitän verständlich, daß dem Herrn, bei dem die beiden Hispanier Sklaven waren, ein Lösegeld gesandt werden müsse. Sonst ließe er sie nicht laufen. Daraufhin wurden Glasperlen eingepackt und den Boten mitgegeben, und Diego von Ordas erhielt den Befehl, mit zwei der kleineren Schiffe nebst 20 Armbrustern und Büchsenschützen nach dem Kap Katoche abzusegeln. Das größere Schiff sollte dort acht Tage lang vor Anker liegen, während das kleinere die Verbindung mit Cortes zu halten hatte, bis die Boten an Bord zurückgekehrt seien. Der Ort, an dem die beiden Hispanier lebten, war nämlich nur vier Wegstunden vom Kap Katoche entfernt.

Nach zwei Tagen war der Brief in den Händen des einen der beiden Gefangenen. Wie wir später erfuhren, hieß er Geronimo von Aguilar. Als er das Schreiben gelesen und die als Lösegeld gesandten Waren ausgepackt hatte, war er hocherfreut, ging sofort zu dem Häuptling, seinem Herrn, und bat ihn um seine Freiheit. Sowie diese ihm zugestanden war, suchte er seinen Schicksalsgenossen auf, der Gonzalo Guerrero hieß, und teilte ihm alles mit. Der aber gab ihm zur Antwort: Bruder Aguilar, ich habe mich hier verheiratet, bin Vater dreier Kinder, und was für lieber Jungen! Auch kann ich mich unter meinen Landsleuten gar nicht mehr sehen lassen. Mein Gesicht ist gebrandmarkt, meine Ohren verstümmelt. Die Hispanier verhöhnen mich nur, wenn sie mich so erblicken. Geht Ihr mit Gott! Gebt mir von den grünen Glasperlen ein paar für meine Jungen. Ich werde ihnen erzählen, daß sie aus meiner Heimat sind.

Insbesondere war es Guerreros indianische Gattin, die nichts von dem Antrag wissen wollte. Was will der Fremdling? rief sie. Er soll seines Weges gehen und sich nicht um unsere Angelegenheiten kümmern!

Guerrero blieb bei seinem Entschlüsse, und Aguilar trat daher allein mit den beiden Boten den Marsch nach der Küste an. Aber wie sie an den Ort kamen, wo das Schiff gelegen hatte, war es nicht mehr da. Ordas hatte, wie ihm befohlen, acht Tage gewartet und auch noch einen Tag zugegeben. Als sich aber niemand zeigte, war er zurück nach Kozumel gefahren.

Aguilar kehrte betrübt zu seinem alten Herrn zurück. Ordas aber fand nicht den besten Empfang. Cortes war sehr ungehalten, als sich der Ritter ohne die beiden Hispanier, ohne die mitgenommenen Waren, ohne jedwede nähere Nachricht und ohne die Boten bei ihm zurück meldete. In ärgerlichem Tone ließ er Ordas an. Er hätte von ihm eine bessere Erfüllung seines Auftrages erwartet. Daß zwei Hispanier in der Gegend Sklaven wären, daran sei nicht zu zweifeln.

Um jene Zeit verfügte Cortes folgendes. Den Befehl auf dem Flaggschiffe führte er selber. Auf dem Heiligen Sebastian: Peter von Alvarado nebst seinen Brüdern. Auf den übrigen Schiffen: Alonso Hernandez Puerto-Carrero, Franz von Montejo, Christoval von Olid, Diego von Ordas, Juan Velasquez von Leon, Juan von Escalante, Franz von Morla und der Edelknabe Escobar. Der Befehl auf dem kleinsten Schiffe, der Brigg, verblieb dem Eigentümer, Gines Nortes.

Die elf Schiffe hatten elf Steuerleute, die alle dem Obersteuermann Anton von Alaminos unterstanden, der seine eigenen Laternenzeichen hatte.

Nach dieser Neuordnung nahm Cortes Abschied von den Häuptlingen; worauf das Geschwader wieder unter Segel ging. Es war Anfang März des Jahrs 1519. Aber gleich am ersten Tage ward das Schiff des Juan von Escalante leck, so daß wir allesamt zurück nach Kozumel fuhren. Dort verbrachten wir nun noch vier Tage wegen der Ausbesserung des Schiffes.

Inzwischen hatte Geronimo von Aguilar, der eine der beiden gefangenen Hispanier, nach uns geforscht und unsere abermalige Ankunft erfahren. Er mietete sich ein Boot mit sechs tüchtigen Ruderern, die er mit unseren Glasperlen – Kostbarkeiten für die Indianer – bezahlte, und so gelangte er in kürzester Zelt über die etwa vier Meilen breite Wasserstraße zwischen dem Festland und der Insel.

Als das Boot landete, ward es von etlichen unserer Soldaten bemerkt, die auf der Jagd nach Bisamschweinen waren. Man meldete es dem Cortes, der sofort den Andreas von Tapia mit einigen Leuten aussandte, um festzustellen, was das für ein Boot sei. Als sich dieser Trupp dem Strande näherte, wollten die Ruderer aus Angst wieder wegfahren, aber Aguilar beruhigte sie. Andreas von Tapia hielt zunächst auch ihn für einen Indianer, denn er sah ganz so aus. Erst als er näher kam und in gebrochenem Kastilisch die Worte: Gott, heilige Jungfrau und Sevilla hervorstotterte und auf Tapia zuging, um ihn zu begrüßen, da erkannte er den seltsamen Landsmann. Einer von Tapias Leuten lief flugs fort, um Cortes die Meldung zu überbringen, daß ein fremder Hispanier mit sechs Indianern gelandet wäre. Er verdiente sich damit ein gutes Trinkgeld.

Wir waren alle voller Freude, und es dauerte nicht lange, so erschien Tapia selber mit dem befreiten Landsmanne. Er hatte, wie gesagt, das Aussehen eines Indianers und ging sehr zerlumpt. Cortes ließ ihm zunächst anständige Kleider geben und fragte ihn dann nach seiner Herkunft, seinem Namen, seinen Lebensschicksalen und wie er in dies Land gekommen sei. Der Ankömmling antwortete in gebrochenem Kastilisch, er heiße Geronimo von Aguilar, gebürtig aus Ecija. Er habe vor acht Jahren auf einer Reise von Darien nach Sankt Domingo (auf Haiti) Schiffbruch erlitten. Alle, die an Bord gewesen, hätten sich in ein Boot gesetzt, in der Hoffnung, Kuba oder Jamaika zu erreichen, wären aber durch die starke Meeresströmung an dieses Land getrieben worden, wo die Indianer sie ergriffen und unter sich verteilt hätten. Die meisten seiner Unglücksgefährten seien den Götzen geopfert worden. Etliche seien vor Gram und Kummer gestorben, darunter die beiden Frauen, die der Arbeit des Mahlens, zu der man sie zwang, bald erlagen. Er selbst sei auch zum Opfertod bestimmt gewesen, aber er sei nachts geflüchtet und von dem Häuptling aufgenommen worden, bei dem er bis jetzt verblieben sei.Herrera erzählt die Schicksale des Aguilar weit ausführlicher und ergötzlicher. Nach seinem Berichte wollte der Häuptling, dem der Flüchtling in die Hände gefallen war, ihn bewegen, eine Indianerin zum Weibe zu nehmen, aber Aguilar, ein Mönch, sei seinem Gelübde treu geblieben. Um ihn auf die Probe zu stellen, habe der Häuptling, dem es am nötigen Verständnis für die Enthaltsamkeit in derlei Dingen mangelte, ihm allerlei Versuchungen bereitet, ganz so wie ehedem der Teufel dem heiligen Antonius. Gleich seinem berühmten Vorgänger ging auch Aguilar unversehrt an Leib und Seele aus allen Anfechtungen hervor. Nachdem sich die Verwunderung des Häuptlings einigermaßen gelegt hatte, machte er den keuschen Aguilar zum Wächter seines Harems. Im Volke der Indianer aber genoß der Fremde den wohlverdienten Ruf eines Heiligen.

Washington Irving hat den Stoff zu einer hübschen Erzählung ausgestaltet (Voyages and Discoveries of the Companions of Colombus, London 1833, S. 296 ff.).

Von den anderen wäre nur ein einziger am Leben, ein gewisser Gonzalo Guerrero. Er habe ihn mitnehmen wollen, ihn aber nicht bewegen können, ihm zu folgen.

Cortes versicherte ihm, daß er keine Ursache haben solle, je zu bereuen, zu ihm gekommen zu sein. Darauf fragte er ihn nach Land und Leuten aus. Aguilar konnte wenig berichten, denn er war als Sklave verwendet worden. Er hatte Wasser und Holz herbeischleppen müssen und in den Maisfeldern gearbeitet. Er habe aber gehört, das Land sei stark bevölkert. Etwa vor einem Jahre sei ein Geschwader von drei Schiffen am Kap Katoche angekommen. Da habe Guerrero, von Beruf Seemann, dem Häuptling geraten, sich feindselig zu verhalten, und habe gemeinsam mit dem Häuptling den Oberbefehl über eine Schar von Indianern geführt.

Tags darauf, am 4. März 1519, lichteten wir die Anker und gingen nach dem Tabasko-Strom unter Segel. Der Hauptmann Escobar erhielt den Auftrag, mit seinem Schiffe, das ein guter Segler war und nicht viel Tiefgang hatte, zur Mündung des Terminos vorauszufahren und zu erkunden, wie das Land dort sei, ob die Jagd gut wäre, und ob sich ein sicherer Hafen zur Anlage einer Siedelung vorfände. Zum Zeichen für uns, daß er daselbst angelaufen sei, solle er ein paar Bäume fällen und einen Zettel mit dem Ergebnis seiner Erkundung zurücklassen.

Escobar verrichtete alles, wie ihm befohlen. Als er dann aber vor der Bucht von Terminos das Geschwader erwarten wollte, trieb ihn der Südwind auf die hohe See hinaus. Als wir am anderen Tage an die Terminosmündung gelangten, da fanden wir das Schiff nicht. Cortes ließ ein Boot mit zehn Armbrustern aussetzen. Selbige fanden die gefällten Bäume und auch den Zettel. Obgleich Cortes nicht ohne Sorge war, daß dem Escobar ein Unfall zugestoßen sein könne, ließ er doch die Segel beisetzen. Bald hernach stieß Escobar wieder zu uns.

Also kamen wir in die Gewässer von Puntonchan. Cortes gab dem Obersteuermann Befehl, in die Bucht einzulaufen, in der ehedem Francisco Hernandez von Cordova (1517) und ebenso Juan von Grijalva (1518) so üble Aufnahme gefunden hatten. Alaminos erklärte aber, die Küste sei hier wegen der geringen Wassertiefe ungünstig zum Verweilen. Die Schiffe müßten zwei Stunden davon vor Anker gehen.

Cortes hatte die Absicht, ein Strafgericht über die Eingeborenen zu halten, und viele von uns, die wir in den Gefechten von damals mitgefochten hatten, hegten den gleichen Wunsch. Aber Alaminos wandte ein, eine Landung zu solchem Zweck koste mehr denn drei Tage, und wenn das Wetter umschlage, könnten wir eine ganze Woche hier festsitzen. Für das eigentliche Ziel unserer Fahrt hätten wir gerade den besten Wind. Wir wären in zwei Tagen am Tabasko.

Infolgedessen gingen wir wieder in See und erreichten den ebengenannten Strom am dritten Tage, das war am 12. März 1519. Da wir von der Fahrt unter Grijalva her wußten, daß Schiffe von größerem Tonnengehalt in die Mündung des Flußes nicht einfahren konnten, so gingen die großen Schiffe auf der See vor Anker, und nur die kleineren liefen ein. Die Truppen sollten in Booten an das Land gebracht werden, am Palmenkap, wo ehedem auch Grijalva gelandet war, eine Wegstunde vor der Stadt Tabasko.

Auf dem Lande, unter Mangebäumen, stand eine Menge bewaffneter Indianer. Im Orte selbst hatten sich noch an die 12000 Mann geschart, alle nach ihrer Art in Wehr und Waffen, bereit, uns anzugreifen, wenn wir an das Land kämen. Die Stadt Tabasko war damals sehr mächtig, und eine Anzahl anderer Orte war ihr Untertan.

Als Cortes diese Bereitschaft sah, befahl er dem Dolmetsch Aguilar, der die Sprache der Tabasker verstand, etliche Indianer anzurufen, die in einem Nachen nicht weit von uns vorbeiruderten. Er solle sie fragen, was die Unruhe und der Lärm bedeute. Wir seien durchaus nicht in feindseliger Absicht hergekommen, vielmehr nur um Wasser einzunehmen und mit ihnen Waren zu tauschen. Sie sollten sich aber ja hüten, Krieg mit uns anzufangen, denn dann ginge es ihnen schlimm.

Aguilar tat den Indianern solches kund und noch manch anderes, um sie friedlich zu stimmen. Aber je mehr er ihnen zuredete, um so trotziger sind sie geworden. Sie drohten am Ende sogar, uns allesamt umbringen zu wollen, falls wir uns ihrer Stadt näherten. Selbige war mit einem Erdwall und einem Verhau aus dicken Bäumen verschanzt.

Da alles vergebens war, gab Cortes den Befehl, die kleineren Schiffe und die Boote zur Einfahrt in den Strom bereitzumachen. Die Geschütze, die Armbruster und die Büchsenschützen wurden auf die Fahrzeuge verteilt. Von Grijalvas Zug her erinnerten wir uns, daß vom Palmenkap ein Pfad zwischen Lagunen und Wasserläufen bis an die Ortschaft führt. Cortes stellte eine Wache von drei Mann aus mit der Weisung, das Verhalten der Indianer während der Nacht zu beobachten und sofort Meldung zu machen, wenn sie abrückten. Sehr bald traf diese Meldung auch ein. Den Rest des Tages verwandten wir zur Ausrüstung der Fahrzeuge und zur Erkundung des Geländes.

Am anderen Tag in der Frühe, nachdem wir die Messe gehört und eine Waffendurchsicht abgehalten hatten, entsandte Cortes den Hauptmann Alonso von Avila nebst 100 Mann, darunter zehn Armbruster, mit dem Auftrag, sich an den besagten kleinen Weg zu legen. Sobald er Geschütz- und Büchsenfeuer aus der Ferne höre, solle er von dort aus gegen die Stadt rücken, während der Hauptangriff von der Stromseite aus erfolge.

Cortes fuhr nun in den kleineren Schiffen und in den Booten mit allen anderen Offizieren und Mannschaften stromauf. Als die Indianer, die wiederum an den Mangebäumen standen, dies bemerkten, eilten sie in zahlreichen Nachen an die Stelle am Ufer, wo wir landen mußten, um uns am Ausbooten zu hindern. Das ganze Ufer war voller Kriegsleute, die ihre Muscheltrompeten bliesen und wild auf ihre Trommeln und Pauken schlugen.

Der Generalkapitän gab den Befehl, alle Fahrzeuge sollten haltmachen, aber es solle noch kein Schuß mit Büchse noch Armbrust fallen. Als Freund der Form ließ er zuvörderst durch den Königlichen Notarius, der bei der Truppe war, – er hieß Diego von Godoy, – eine Aufforderung an die Indianer ergehen, uns die Landung zu gestatten, um Wasser einzunehmen, anderenfalls wir sie als Feinde behandeln müßten. Aguilar machte dabei den Dolmetsch.

Die Indianer verharrten bei ihrem Trotz und wiederholten ihre Drohung, uns umbringen zu wollen, falls wir an das Land kämen. Alsbald begannen sie, uns mit ihren Pfeilen zu überschütten. Durch Trommelschlag gaben sie den übrigen Scharen ein Zeichen zum allgemeinen Angriff. Eine Unmenge Nachen umkreisten unsere Fahrzeuge, und der Pfeilregen ward noch stärker. Viele von den Unserigen erhielten Wunden. Geraume Zeit mußten wir, bis an den Gürtel im Wasser, fechten, und da das Ufer sumpfig war, kamen wir nur langsam vorwärts. Cortes focht selber mit im Wasser und verlor im Morast einen seiner Bastschuhe.

So hatten wir einen harten Stand, bis wir den festen Boden gewannen. Dann aber ging es unter lautem Feldgeschrei auf die Masse der Feinde los. Sie wichen vor unserem Ansturm und zogen sich hinter den Busch und hinter ihre Befestigungen zurück. Abermals griffen wir an, und es gelang uns, etliche Eingänge des Ortes mit Gewalt zu nehmen. Das Gefecht ging nunmehr in den Gassen weiter, bis wir durch einen Verhau aufgehalten wurden, der stark besetzt war. Zum dritten Male griffen wir mit Wucht an. Ohne Unterlaß aber brüllten die Indianer: All Alalala al Kalachoni, al Kalachoni! Das heißt: Nieder mit dem Obristen! Nieder mit dem Obristen!

Gerade als unser neuer Ansturm ansetzte, traf Alonso von Avila mit seinem Trupp ein. Er war vom Palmenkap auf dem Landwege vorgedrungen, aber durch die Lagunen und Sümpfe beträchtlich aufgehalten worden. Diese Verzögerung war uns von Nutzen, weil auch wir etliche Zeit verloren hatten. Mit vereinten Kräften schlugen wir nun die Indianer aus ihrem Gehege hinaus, wobei sie uns wacker zusetzten, mit ihren Piken und Pfeilen.

Schließlich trieben wir sie in die volle Flucht bis in einen weiten Tempelhof mit mehreren größeren Gebäuden. Hier ließ Cortes haltmachen und die Verfolgung einstellen. Im Namen Seiner Majestät des Kaisers nahm er jetzt feierlichst Besitz vom Lande. Das versammelte Heer gab unter lautem Zuruf seine Zustimmung, und der Kaiserliche Notarius setzte eine Urkunde darüber auf. Die Anhänger des Diego Velasquez freilich waren nicht recht zufrieden, dieweil auf dem Papier keine Erwähnung ihres Gönners getan ward.

Wir hatten 14 Verwundete. Auch ich hatte einen Pfeilschuß im Schenkel; indessen war die Wunde unbedeutend. Von den Indianern waren 18 Mann geblieben. Die Nacht brachten wir im Dorfe zu, wobei Außenwachen und Streifgänger für die Sicherheit sorgten.

Am anderen Morgen erteilte Cortes dem Peter von Alvarado den Auftrag, mit 100 Mann, darunter 15 Armbruster und Büchsenschützen, eine Erkundung zwei Wegstunden weit in das Land zu vollführen. Er sollte den Melcharejo als Dolmetsch mitnehmen. Als man selbigen suchte, fand man ihn nicht. Offenbar war er während der Nacht zu den Tabaskern übergelaufen. Cortes war über seine Flucht verdrießlich, dieweil er den Indianern so manches verraten konnte, was uns Nachteil bringen mußte. Den nämlichen Auftrag nach anderer Richtung erhielt der Hauptmann Franz von Lujo mit 100 Mann, darunter 12 Armbruster und Büchsenschützen. Er sollte bis zum Abend wieder im Hauptquartier sein.

Lujo war mit seiner Kompagnie etwa eine Stunde marschiert, als er auf einen Trupp Indianer stieß, die in der landesüblichen Art gewappnet waren. Alsogleich griffen sie die Hispanier an, die an Zahl beträchtlich geringer waren, beschossen sie erst mit Pfeilen und Schleudersteinen und suchten sie zu umfassen. Sodann nahmen sie ihre scharfen Schwerter, die mit beiden Händen geführt wurden. Obgleich Lujo und seine Leute wacker dreinschlugen, so vermochten sie doch gegen solche Übermacht nichts auszurichten. Sie zogen sich daher in bester Ordnung in Richtung auf das Hauptquartier zurück. Vordem hatte Lujo einen kubanischen Schnelläufer an Cortes abgefertigt und um Verstärkung gebeten. Das Gefecht fand in der Art statt, daß ein Teil der Armbruster und Büchsenschützen immerfort schoß, während der andere Teil bloß laden mußte. Also hielt Lujo auch weiterhin stand.

Inzwischen war Alvarado eine Stunde Wegs in das Land gerückt bis an eine Bucht, die man nicht überschreiten konnte. Da gab ihm der liebe Herrgott den glücklichen Gedanken, sich just nach der Richtung zu wenden, wo Franz von Lufo im Gefechte stand. Bald vernahm er das Gewehrfeuer und das Kampfgetöse, marschierte nun genau dem Schalle nach und traf gerade ein, als die Indianer von neuem anstürmten. Fünf von den Eingeborenen waren bereits gefallen.

Die beiden Kompagnien griffen jetzt vereint den Feind an und sprengten ihn auseinander, ohne ihn aber völlig zurückzuwerfen. Wahrscheinlich wären die Hispanier bis in das Hauptquartier verfolgt worden, das noch eine halbe Stunde entfernt war, und selbiges wäre angegriffen worden, wenn Cortes jetzt nicht mit den übrigen Kompagnien erschienen wäre und in das Gefecht eingegriffen hätte. Es gelang ihm sehr bald, die Indianer zum Rückzug zu zwingen. Indes war die Sache nicht ohne Verlust abgegangen. Die Kompagnie des Lufo hatte zwei Tote und acht Verwundete, die des Alvarado drei Tote. Die Indianer hingegen hatten 15 Tote. Wieder im Hauptquartier, verbanden wir die Verwundeten, begruben unsere Toten und stellten Vorposten aus, um uns gegen einen Überfall zu sichern.

Wir hatten drei Gefangene gemacht, darunter offenbar einen Edelmann. Durch den Dolmetsch Aguilar verhört, sagten sie aus, Melcharejo sei in der vergangenen Nacht zu ihnen gekommen und habe ihnen den Rat gegeben, uns anzugreifen und das Tag und Nacht zu wiederholen, bis ihre Übermacht über unsere kleine Schar siege.

Nun schickten wir einen der Gefangenen mit grünen Glasperlen an die Häuptlinge ab und boten ihnen den Frieden an. Der Mann kam aber nicht wieder. Durch die beiden anderen, die Aguilar nochmals genau ausforschte, erfuhren wir, daß die Feinde Verstärkung aus den benachbarten Gebieten erwarteten und einem Rate Melcharejos zufolge unser Hauptquartier anzugreifen gedächten.

Wir trafen daraufhin auch unsere Maßnahmen. Cortes hieß nunmehr alle Pferde an das Land bringen und gab den Befehl, jedermann, auch die Verwundeten, habe gefechtsbereit zu sein. Die Ritter, die vom Sattel fechten sollten, erhielten die Weisung, ihren Pferden Schellen um den Hals zu hängen, auch schärfte Cortes ihnen ein, daß sie ihre Lanzen nur nach den Gesichtern der Gegner richten sollten.Den nämlichen Befehl gab bekanntlich Caesar vor der Schlacht bei Pharsalos, wie uns Plutarch (Vita des Cäsar), auch Lukan (Pharsalia VII, 575), berichtet. Er hatte 13 Ritter bestimmt: Christoval von Olid, Peter von Alvarado, Alonso Hernandez Puerto-Carrero, Juan von Escalante, Franz von Montejo (mit dem Pferde des Musikus Ortiz), Alonso von Avila (mit dem Pferde von Barthel Garcia), Juan Velasquez von Leon, Franz von Morla, Lares I (es war noch ein anderer, ein guter Armbruster, gleichen Namens bei uns), Gonzalo Dominguez, Peter Moron aus Bayamo und Peter aus Truxillo. Der Dreizehnte war Cortes selbst, der die Führung der Ritterschar übernahm. Die Geschütze befehligte der Stückmeister Mesa. Die übrige Mannschaft trat unter den Befehl des Diego von Ordas, der vom Rittergefecht nichts verstand, desto besser aber den Dienst der Armbruster und Büchsenschützen.

Am anderen Tage (am 25. März 1519) hörten wir in aller Frühe erst die Messe und traten sodann bei unserem Fähnrich Anton von Villarrol in Reih und Glied an. Hierauf rückten wir ab und marschierten in der Richtung auf etliche große Maisfelder, wo Franz von Lujo und Peter von Alvarado bereits im Gefecht standen. In der Nähe lag ein Dorf namens Zeutla, das den Tabaskern Untertan und eine Wegstunde von Tabasko entfernt war.

Cortes mußte mit seinen Rittern einen kurzen Umweg machen, wegen der Sümpfe, die für die Pferde ungangbar waren. Wir anderen aber, unter Diego von Ordas, stießen bei Zeutla auf die Indianer, die sich in Massen in der Ebene versammelt hatten. Es kam zur Schlacht, und zwar zu einer, die diesen Namen ehrlich verdient.

Die Scharen der Feinde waren schon in Marsch wider uns gesetzt, als wir auf sie trafen. Mann für Mann trugen sie große Federbüsche auf den Köpfen und Schutzröcke aus Baumwolle. Ihre Gesichter waren schwarz-weiß-rot bemalt. Gewappnet waren sie mit großen Bogen, Piken, Schilden, mächtigen Zweihändern, Schleudern und Wurfspießen, die im Feuer gehärtet waren. Außerdem hatten sie Trommeln und Trompeten. Ihre Zahl war so groß, daß die langen Maisfelder ganz bedeckt waren und sie uns weit überflügelten.

Wie tolle Hunde gingen sie auf uns los. Ihr erster Ansturm war so heftig und die Menge der Pfeile, Wurfspieße und Steine, mit der sie uns begrüßten, so groß, daß wir sogleich über 70 Verwundete hatten. Und einer von uns, namens Saldana, war auf der Stelle tot, von einem Pfeile in das Ohr getroffen. Den Nahkampf führten sie mit den Piken aus, während es weiterhin Pfeile regnete und noch mancher von uns davon verwundet ward.

Wir blieben ihnen mit unseren Geschützen, Armbrüsten und Hakenbüchsen nichts schuldig und teilten auch mit unseren Schwertern wackere Hiebe aus. Dadurch warfen wir sie etwas zurück. Aber in einiger Entfernung, wo sie sich wieder sicher glaubten, begannen sie uns wieder mit Pfeilen zu beschießen. Da sie gerade noch im Feuerbereich unserer Geschütze und in dichten Haufen standen, pulverte unser Stückmeister Mesa nach Herzenslust in sie hinein und brachte manchen von ihnen zur Strecke. Indes wichen und wankten sie nicht.

Da machte ich den Hauptmann Diego von Ordas darauf aufmerksam, daß wir sie nur im Nahkampf kirre kriegen könnten. Diesen Rat gab ich, dieweil sie aus Ehrfurcht vor unseren Klingen zurückgegangen waren und es vorzogen, uns aus der Weite mit Pfeilen, Wurfspießen und großen Steinen zuzusetzen. Ordas aber meinte, dies sei nicht ratsam, da wir es mit so großer Überzahl zu tun hätten. Es kämen auf jeden von uns an die 300 Indianer. Schließlich aber begann demungeachtet der Nahkampf von neuem. Wir rückten ihnen so hart an den Leib, daß sie gegen die Lagunen zurückwichen. Cortes mit seinen Rittern blieb noch immer aus. Wir erwarteten ihn sehnlich und fingen schon an zu fürchten, es könne ihm ein Unfall zugestoßen sein.

Mein Lebtag vergeß ich nicht das Brüllen und Pfeifen der Indianer, das bei jedem Schuß aus unserem Geschütz anhub, und wie sie jedesmal Erde in die Höhe warfen, wie ihre Trommeln und Trompeten lärmten und immer wieder ihr Feldgeschrei Alalalala! wild erscholl, alles, um uns ihre Verluste zu verhüllen.

In solch einem Augenblick kam Cortes mit seiner Schar an. Da er im Rücken der Feinde erschien, und da die Indianer all ihr Augenmerk auf uns hatten, so bemerkten sie die Ankunft nicht sogleich. Das Gelände war überhaupt zur Reiterschlacht recht geeignet, so daß der kleine Trupp unserer tüchtigsten Reiter auf den besten und mutigsten Pferden jeden Vorteil des Bodens und der Waffen auszunutzen vermochte.

Als das fechtende Fußvolk die Ritter gewahr ward, erfolgte ein neuer allgemeiner Angriff mit frischem Mute. Von hinten und von vorn bedrängt, wich endlich der Feind. Die Indianer hatten noch nie ein Pferd gesehen, und so glaubten sie nicht anders, als Roß und Retter seien eines. Voll Entsetzen über die Ungeheuer räumten sie die Ebene und zogen sich auf einen nahen Hügel zurück.

Jetzt erzählte uns Cortes, warum er nicht früher eingetroffen war. Erst hatte ihn der Sumpf aufgehalten; dann war er auf einen Trupp Indianer gestoßen und mit ihm in ein Scharmützel geraten, wobei ihm fünf Reiter und acht Pferde waren verwundet worden.

Nachdem wir in dem Palmenwäldchen, das im Gefechtsfeld stand, ein wenig gerastet hatten, hielten wir Gottesdienst ab und dankten der heiligen Jungfrau mit emporgehobenen Händen für den errungenen großen Sieg. Und da gerade der Tag von Maria Verkündigung war, so gaben wir der Stadt, deren Grundstein wir hier zum Gedächtnis unseres Sieges legten, den Namen Santa Maria de la Vittoria. Es war dies die erste Schlacht unter Ferdinand Cortes auf dem Boden von Neu-Hispanien.

Nach der frommen Feier verbanden wir den Verwundeten die Wunden mit Tüchern, da wir sonst nichts hatten. Die verwundeten Pferde wurden mit warmem Fett behandelt, das wir aus dem Fleisch gefallener Indianer schmolzen.

Bei dieser Gelegenheit zählten wir die Toten, die der Feind auf dem Schlachtfelde gelassen hatte. Es waren ihrer über 800. Viele davon waren noch halb am Leben. Die meisten waren durch unsere Stiche und Hiebe gefallen, etliche im Geschützfeuer. Wo die Ritter gefochten hatten, lag die meiste blutige Ernte. Die Indianer hatten wacker standgehalten, bis eben die Ritter in ihre Haufen einbrachen. Erst dann hatten sie das Feld geräumt. Unter den fünf Gefangenen, die wir gemacht, waren zwei Häuptlinge.

Da wir hungerig und müde waren, rückten wir alsbald nach unserem Standorte. Dort bestatteten wir die beiden Toten, die wir hatten, stellten Vorposten und Wachen aus, aßen und legten uns schlafen.

Gomara berichtet von der Schlacht bei Tabasko, daß vor Cortes, auf dem Apfelschimmel des Franz von Morla, der heilige Jakob in eigener Person vorangesprengt sei. Ich kann nur sagen, daß wir all unsere Waffentaten und all unsere Siege unserem Herrn Christo verdanken. Und in dieser Schlacht hat jeder einzelne von uns mit so vielen Feinden gefochten, daß sie uns allesamt begraben hätten, wenn jeder unserer Gegner nur eine Handvoll Erde auf uns hätte geworfen.

Gottes Gnade hat uns hier also ganz gewiß beigestanden, und es mag wohl auch der glorreiche Heilige gewesen sein, der uns die Hilfe gebracht hat. Offenbar war es mir aber ob meiner Sünden nicht vergönnt, den Himmelsboten bei dieser schönen Gelegenheit von Angesicht zu schauen; denn ich hab lediglich den Franz von Morla auf seinem Braunen reiten sehen. Und noch zur Stunde, da ich dies niederschreibe, steht die ganze Schlacht, so wie ich sie hier erzähle, mit all ihren Gestalten leibhaft vor meinen Augen. Indes, gleichwie ich selber als armer Sünder den heiligen Jakob nicht würdig war zu erblicken, so haben auch über 400 Kriegsleute, Cortes selbst und seine Ritter, nichts davon gesehen und können das Wunder nicht bezeugen. Wir hätten sicherlich eine Kirche gebaut und die Stadt nicht Santa Maria de la Vittoria genannt, sondern Sant Jago de la Vittoria. Wenn es also mit dem, was Gomara berichtet, seine Richtigkeit hat, so sind wir allesamt schlechte Christen gewesen, daß wir dem lieben Gott bis auf den heutigen Tag dafür noch nicht ganz besonders gedankt haben.

Wie bereits erzählt, hatten wir in der Schlacht fünf Gefangene gemacht. Aguilar verhörte sie ordentlich und meinte, nach ihren Reden wären die beiden Häuptlinge als Gesandte an ihre Landsleute zu gebrauchen. Cortes war damit einverstanden. Er ließ ihnen grüne und blaue Glasperlen geben und schenkte ihnen die Freiheit. Ehe sie abgingen, sagte ihnen der Dolmetsch noch mancherlei, was ihnen angenehm war und uns nützlich sein mochte. An der Schlacht seien die Indianer ganz allein schuld. Sie hätten aber trotzdem nichts mehr von den Hispaniern zu fürchten. Es sollten alle Häuptlinge an einem Ort zusammenkommen. Der Generalkapitän wolle mit ihnen in Güte und Gnade reden.

Alles das geschah in der Absicht, die Indianer zu friedlicher Gesinnung zu bringen. Die beiden Freigelassenen waren willig und taten das Ihre. Sie sprachen mit den anderen Häuptlingen und den Fürsten ihrer Völker und hinterbrachten ihnen, daß wir zum Frieden bereit seien. Der erste Erfolg war der, daß sie 15 Sklaven sandten, mit geschwärzten Gesichtern und in zerrissenen Röcken, die uns Hühner, geräucherte Fische und Maisbrot überbrachten.

Cortes nahm diese Leute freundlich an, Aguilar hingegen stellte hochnotpeinlich die Frage, warum sie mit so bemalten Gesichtern kämen. Das sähe eher nach Krieg als nach Frieden aus. Wenn man Frieden haben wolle, müsse man Edelleute senden, nicht aber niedrige Knechte. Das sollten sie denen kundtun, die sie geschickt hätten.

Demungeachtet sind die Schwarzgesichter von uns gut behandelt worden, und zum Zeichen unserer Friedfertigkeit gaben wir ihnen blaue Glasperlen mit, um die Indianer zu gewinnen. Und wirklich fanden sich tags darauf 30 Vornehme in guten Kleidern ein, die uns Hühner, Fische, Früchte und Maisbrot mitbrachten. Sie baten den Generalkapitän um die Erlaubnis, ihre Toten verbrennen und begraben zu dürfen, damit sie nicht die Luft verpesteten und den Löwen und Tigern zum Fraß dienten. Nachdem ihnen dies zugestanden, holten sie eine Menge Leute, um die Leichen der Gefallenen zu verbrennen und ihrer Sitte gemäß in der Erde zu bestatten. Cortes wohnte der Feierlichkeit bei. Man sagte ihm, es wären über 800 Indianer gefallen und noch weit mehr seien verwundet. In Verhandlung mit ihm könnten sie sich zuvörderst noch nicht einlassen, dieweil erst am kommenden Tage eine große Versammlung aller Edelleute und Obristen statthabe, um über den Frieden zu beraten.

Cortes, der seinen Vorteil auf jedwede Welse zu fördern verstand, wandte sich an seine Offiziere und sagte lächelnd: Meine Herren, ihr wißt, daß die Indianer eine Heidenangst vor unseren Gäulen haben. Sie glauben steif und fest, diese Tiere und unsere Kanonen machten den Krieg von ganz alleine. Um sie in ihrem Glauben noch zu stärken, hab ich folgenden Einfall. Die Stute des Sedeño, die kürzlich an Bord geworfen hat, ist rossig – und der Hengst des Musikus Ortiz hat es gewaltig scharf. Wir wollen nun die Stute hierherbringen lassen und anbinden und dann auch den Hengst. Sobald er die rossige Stute gewittert hat, wird er wieder weggebracht. Wenn dann die Häuptlinge kommen, stellt ihr die Stute hier in mein Zelt, und während wir unterhandeln, wird der Hengst gebracht. Fernerhin soll dann unser größtes Geschütz schußbereit sein.

Also geschah es. Gegen Mittag erschienen 40 Häuptlinge, in reicher Kleidung und unter allerlei feierlichen Umständen. Cortes begrüßte sie. Nachdem sie uns mit Weihrauch beräuchert hatten, baten sie den Generalkapitän, er möge das Geschehene gnädiglich verzeihen. Sie wollten hinfüro gute Freundschaft mit uns halten.

Cortes antwortete ihnen durch den Dolmetsch. Dieser hielt ihnen mit finsterer Miene vor, daß wir sie vielfach zum Frieden aufgefordert hätten, und daß es lediglich ihre Schuld sei, wenn so viele von den Ihren im Kampfe gefallen wären. Wir seien im Dienst eines großen Kaisers und Herrn. Der habe uns hierhergesandt, mit dem Befehl, mit jedem Volke Freundschaft zu halten, das sich seiner Hoheit unterwürfe. Sobald sie ihre friedliche Gesinnung bewiesen hätten, wäre ihnen unsere Gunst und Gnade sicher. Anderenfalls aber müßten unsere Kanonen das Nötige tun, die sowieso sehr schlecht auf sie zu sprechen wären.

Zugleich gab Cortes heimlich den Befehl, das geladene große Geschütz abzufeuern. Es geschah. Donnernd sauste die Kugel in die Weite.

Die Häuptlinge waren starr vor Schreck und glaubten alle, das Geschütz sei lebendig. Aguilar beruhigte sie ein wenig, indem er erklärte, es habe Befehl, ihnen nichts anzutun. In diesem Augenblick ward der Hengst herbeigeführt und nahe bei dem Zelte angebunden, vor dem Cortes mit den Häuptlingen redete. Da die Stute heimlich in der Nähe war, so begann der Hengst laut zu wiehern, unruhig mit den Hufen zu scharren und sich zu bäumen. Mit wilden Augen starrte er zu den Häuptlingen, die am Zelte, also nahe bei der rossigen Stute, standen. Die Indianer vermeinten nicht anders, als daß der Hengst alle seine Bewegungen ihretwegen mache, und gerieten in große Angst. Da stand Cortes auf, ging zu dem Pferde hin, klopfte es auf den Hals und befahl dem Stallknecht, es wegzuführen. Aguilar aber sagte zu den Häuptlingen, Cortes habe dem Roß den Befehl gegeben, den Indianern kein Leid anzutun.

Während dieses Zwischenspieles erschienen 30 indianische Träger, sogenannte Tamenes. Die brachten Hühner, geröstete Fische und allerhand Früchte. Wahrscheinlich waren sie nicht so schnell vorwärts gekommen wie ihre Herren.

Die Unterredung zwischen Cortes und den Edelleuten nahm lebhaften Fortgang. Schließlich verließen sie uns sichtlich zufrieden, mit der Zusage, am folgenden Tage mit einem Gastgeschenk wiederkommen zu wollen.

Am anderen Morgen – es war an einem der letzten Märztage 1519 – kam eine Anzahl von Häuptlingen und Vornehmen aus der Stadt Tabasko und den umliegenden Ortschaften. Sie erwiesen uns große Ehrerbietung und brachten uns als Friedensgabe allerlei goldene Schmucksachen und etliche Mäntel, wie sie in jener Gegend getragen werden. Viel war an allem dem nicht daran. Wie bekannt, birgt die dortige Gegend keine Reichtümer. Schätzenswerter war die Schenkung von zwanzig Weibern. Darunter war ein vortreffliches Frauenzimmer, das bald darauf Christin geworden ist und den Namen Doña Marina erhalten hat.

Sie war ein vornehmes Weib, die Tochter eines verstorbenen mächtigen Häuptlings, Fürstin eines eigenen Gebietes, und man sah ihr sehr wohl ihre edle Herkunft an. Über ihre Schicksale bei uns werde ich bei Gelegenheit weiter berichten.Doña Marina, auch Malinche genannt, eine Indianerin aus Painella am Koazakualko. Cortes verheiratete sie 1525 an den Hauptmann Juan Xamarillo (Vgl. S. 60 u. 447). Die Legende hat sie zu einer venusinischen Heldln erhoben. Cortes verteilte die Indianerinnen an seine Ritter. Doña Marina, die hübschste und klügste, wurde die Gefährtin des Cortes, dem sie einen Sohn geboren hat, Don Martin Cortes, den späteren Großritter des Sankt-Jakobs-Ordens. Cortes empfing diese Geschenke voll Freude und unterhielt sich mit Hilfe von Aguilar lange mit den Häuptlingen, wobei er unter anderem erklärte, so sehr ihn die Geschenke erfreuten, so müsse er doch noch eine andere Bedingung stellen: die sofortige Rückkehr aller Einwohner samt Frauen und Kindern in ihre Häuser. Geschehe dies binnen zweier Tage, so sei der Frieden geschlossen.

Hierauf gaben die Häuptlinge die nötigen Anordnungen, und in zwei Tagen war die Stadt wieder bevölkert. Ebenso bereitwillig waren sie, als Cortes sie aufforderte, ihre Götzen aufzugeben und die Menschenopfer zu unterlassen. Er ließ ihnen, so gut das ging, durch den Dolmetsch den Grundbegriff unseres Glaubens darlegen: daß es nur einen einzigen wahren Gott gäbe. Auch zeigte er ihnen ein Muttergottesbild. Die Häuptlinge meinten, die edle Frau gefiele ihnen und sie möchten sie behalten. Cortes versprach ihnen die Madonna und befahl, in einem der Tempel einen schönen Altar zu errichten und das Bild darüber aufzuhängen. Solches ist dann auch geschehen.

Im Laufe der Unterredung fragte der Generalkapitän die Häuptlinge, aus welchem Grunde sie den Krieg mit ihm begonnen hätten, obgleich er doch immer den Frieden mit ihnen verlangt habe. Ihre Antwort lautete: Wir bereuen es und Ihr habt uns verziehen!

Auf die Frage, woher sie das Gold hätten, sagten sie: Dorther, wo die Sonne untergeht! Aus Mexiko! – Da uns dieser Name damals noch nichts sagte, achteten wir nicht weiter darauf.

Fünf Tage verwellten wir in Tabasko, teils um unsere Verwundeten zu heilen, teils um den Nierenkranken, die wir unter uns hatten, Zeit zur Erholung zu geben. Cortes benutzte diese Rastzeit zu nützlichen Gesprächen mit den Häuptlingen. Er erzählte ihnen vom Kaiser, unseren Herrn, und seinen vielen fürstlichen Lehnsleuten. Es sei nur ihr Vorteil, wenn sie fortan unter seiner Oberherrschaft stünden, da er ihnen in jedweder Verlegenheit und Not seine Hilfe gewähren werde. Die Hauptleute sprachen ihren Dank für dies Angebot aus, erklärten sich für Lehnsleute unseres großen Kaisers und wurden so die ersten Untertanen Seiner Majestät in Neu-Hispanien.

Am Abende des Palmsonntags begaben wir uns an Bord und gingen am Montag (den 18. April 1519) in der Frühe bei gutem Wind unter Segel. Wir hielten uns immer nah am Land. Während der Fahrt zeigten wir, die wir bereits mit Juan von Grijalva hier (1518) gewesen waren und diese Gewässer noch gar wohl kannten, dem Cortes die Rambla, von den Indianern Aguayaluko genannt, weiterhin die Mündung des Sankt-Anton-Flusses, den großen Koazakualko- Strom, die hohen Schneeberge (die Sierra Nevada) und die Berge von Sankt Martin. Dann wiesen wir ihm den Alvarado-Strom, wo Pedro von Alvarado ohne Grijalvas Genehmigung eingelaufen war, ferner den Vanderas-Fluß, wo wir für 14000 Piaster Gold eingeheimst hatten, schließlich die Weiße Insel (Isla blanca), die Grüne Insel (Isla verde) und die Opfer-Insel (Isla de los Sacrificios), so genannt, weil wir auf ihr Götzenaltare mit kurz zuvor geopferten Menschen vorgefunden hatten.

Also kamen wir recht rasch vor die Insel San Juan de Ulloa, und zwar am Grünen Donnerstag, den 21. April im Jahre des Herrn 1519, gegen Mittag. Nie werde ich vergessen, wie angesichts des Landes Alonso Hernandez Puerto-Carrero zum Generalkapitän sagte: Das ist ohn Zweifel das Land, von dem die Herren, die schon zweimal hier gewesen sind, gesungen haben:

Das ist Frankreich, lieber Junge,
Dorten liegt die Stadt ParisVerse aus einem alten Volkslied. Man findet es bei Duran, Romances Cabellerescos é Historicos I, S. 82.!

Ich sag Euch aber, ein reiches Land braucht einen starken Herrscher!

Cortes verstand gar wohl den Sinn dieser Rede und gab zur Antwort: Keine Furcht! Hab ich nur Rolands Glück und Ritter wie Euch, so wird es uns gelingen!

Da der Obersteuermann Alaminos die Gewässer daselbst noch sehr wohl kannte, so ließ er die Schiffe an einer Stelle vor Anker gehen, die vor dem Nordwinde geschützt war. Wir mochten keine halbe Stunde fest gelegen haben, da kamen zwei Barken – sogenannte Pirogen – mit etlichen Indianern geradeswegs auf das Flaggschiff des Cortes zugerudert, das sie als solches an der Standarte erkannt hatten. Ohne alle Umstände kletterten sie an Bord und fragten nach dem Tlatoan So heißt in ihrer Sprache der Obrist.

Doña Marina verstand, was sie wollten, und führte sie vor den Generalkapitän. Dem erwiesen sie nach ihrer Art ihre Ehrenbezeigung und hießen ihn im Lande willkommen. Ihr Gebieter, sagte sie, sei ein Lehnsherr des Königs MontezumaKönig Montezuma II., (1484 –1521), vgl. Anm. 20.. Sie seien hergeschickt, um zu erfragen, wer wir wären und was wir hier wollten. Wenn wir für unsere Schiffe irgend etwas nötig hatten, so seien sie gern bereit, selbiges herbeizuschaffen.

Cortes dankte ihnen durch Aguilar und Doña Marina für ihren guten Willen und befahl, ihnen Speise und Trank vorzusetzen sowie ihnen blaue Glasperlen zu schenken. Zudem ließ er ihnen kundtun, wir wären hierhergekommen, um Land und Leute kennenzulernen und Tauschhandel zu treiben. Da wir ihnen nicht den geringsten Schaden zufügen wollten, brauchten sie keinerlei Besorgnis zu hegen.

Die Kundschafter schieden sehr zufrieden von uns. Wir aber brachten am anderen Morgen, am Karfreitage, unsere Pferde und Geschütze an das Land, in die Dünen, die dort überall die Küste bedeckten. Der Stückmeister Mesa brachte die Kanonen in eine geeignete Stellung, während wir einen Altar errichteten, vor welchem alsbald die Messe gelesen ward. Für Cortes und für die Hauptleute hatten wir Hütten aus Baumzweigen gebaut. Die Mannschaft tat sich je zu dritt zusammen, schlug Holz und errichtete sich einen gemeinschaftlichen Schuppen. Und die Pferde erhielten einen guten Unterstand.

Darüber war der Karfreitag hingegangen. Am Sonnabend erschienen eine Menge Indianer, Abgesandte des Teutlile, einem Herzoge des Königs Montezuma. Die halfen uns beim Hüttenbau und hängten große Stücke Zeug an Pfählen auf, um uns vor der Hitze zu schützen, die bereits sehr groß war. Auch brachten sie uns Hühner, Maisbrot und Früchte sowie, wenn ich mich recht entsinne, etliche Schmucksachen aus Gold. Alles das überreichten sie dem Cortes mit der Ansage, ihr Häuptling werde am kommenden Tage selber eintreffen. Cortes nahm die Gaben mit Vergnügen an und ließ den Leuten allerlei Dinge geben, die ihnen viel Freude machten.

Am Ostertage stellte sich Herr Teutlile in Person bei uns ein. Er war Statthalter des Vorlandes am Meere. Etliche Edelleute und eine Menge Träger begleiteten ihn, die uns Hühner und Feldfrüchte brachten. Der Häuptling ließ seine Begleiter etwas hinter sich, näherte sich dem Generalkapitän und machte ihm dreimal auf indianische Weise seinen Bückling; alsdann auch uns, die wir um Cortes standen. Cortes hieß ihn willkommen, umarmte ihn und lud ihn zu dem Gottesdienst ein, der just beginnen sollte. Pater Barthel von Olmedo sang die Messe, und Bruder Juan Diaz war ihm zur Hand. Nachher nahmen der Statthalter und die Vornehmsten seines Gefolges mit Cortes und den Hauptleuten am Mahle teil.

Nach der Tafel unterredete sich Cortes unter Beihilfe der Doña Marina und des Aguilar mit Teutlile und seinen Edelleuten, wobei er ihnen kundtat, daß wir Christen seien und Diener des größten Herrschers auf Erden. Selbiger heiße Kaiser Karl, und er habe zu Lehnsleuten und Dienern viele große Herren seines Reiches. Auf seinen Befehl wären wir in dies Land gekommen, von dem sowie von dessen Gebieter, dem Könige Montezuma, er seit schon immer Kenntnis gehabt habe. Im Namen Seiner Majestät sei Cortes also erschienen, mit dem Wunsche, ihm ein Freund zu werden. Im Sinne alles dessen bäte er den Statthalter, ihm den Weg zu seinem Herrn und Gebieter zu weisen, damit er ihm seine Aufwartung machen und ihm die Botschaft des Kaisers eröffnen könne.

Teutlile antwortete in hochfahrender Weise: Ehe du bei meinem Könige um Gehör bittest, tust du gut, dir meine dir gebrachten Geschenke anzusehen und mir zu sagen, welcher Dinge du etwa bedarfst!

Hierauf öffnete er einen Koffer aus Weidengeflecht, der eine Menge goldener Gegenstände von feiner und guter Arbeit enthielt. Weiterhin überreichte er Cortes zwanzig Ballen weißer Baumwolle sowie gar zierliche Stickereien aus Federwerk und anderlei kostbare Dinge, deren ich mich im einzelnen heute nach so vielen Jahren nicht mehr genau erinnere, auch reichlich Lebensmittel, insbesondere Hühner, gedörrte Fische und Früchte.

Cortes nahm alle diese Geschenke in heiterer Würde entgegen und gab dem Statthalter als Gegengeschenk geschliffene Glasperlen und andere hispanische Sachen. Sodann ersuchte er ihn, in seinem Machtbereiche bekannt zu geben, die Einwohner möchten sich zum Tauschhandel bei uns einfinden, da wir so mancherlei schöne und nützliche Dinge mitbrächten, für die wir Gold nähmen.

Teutlile versprach, dies zu tun. Hierauf ließ Cortes folgendes herbeibringen: einen geschnitzten und bemalten Armsessel, eine Mütze aus feuerrotem Tuch, eine goldene Schaumünze daran mit dem Bilde des heiligen Georg, wie er mit der Lanze den Drachen tötet, eine Schnur glitzernder Glasperlen, einen großen Glaskristall, eingewickelt in ein Tuch, das nach Bisam duftete. Alle diese Sachen, sagte er, sende er dem Könige mit der Bitte, ihn auf diesem Sessel zu empfangen und die Glasperlenschnur bei selbiger Gelegenheit zu tragen. Es seien Geschenke des großen Kaisers zum Zeichen seiner Huld und Gnade und zum Beweise seiner Hochschätzung. Er aber hoffe, ihm bald seine Aufwartung machen zu können.

Teutlile nahm die Geschenke an, indem er erklärte, sein Herr und König, der ein mächtiger Herrscher sei, werde sich freuen, Kunde und Geschenke von dem großen Kaiser zu erhalten. Er wolle ihm die Geschenke schleunigst übersenden und um Bescheid bitten.

Der indianische Statthalter hatte etliche überaus geschickte Zeichner bei sich, deren es in Mexiko viele gibt. Durch diese ließ er das Gesicht, die Haltung und die Kleidung des Generalkapitäns abbilden und aller Hauptleute und etlicher Soldaten, die Gestalten der Doña Marina und des Aguilar, das Aussehen der Schiffe und Pferde, der Kanonen und Kugeln, sogar unserer beiden Hunde, kurzum aller Menschen und Dinge, die sie bei uns sahen. Diese Bildnisse sind dem Könige Montezuma überbracht worden.

Um ihnen einen Begriff von unserer Macht zu geben, ließ Cortes die Geschütze mit der größten Pulverladung laden und gab dem Alvarado den Befehl, samt den anderen Rittern aufzusitzen, vorher aber allen Pferden Schellen an das Vorderzeug zu hängen, und dann angesichts des Gesandten Montezumas vorbeizugaloppieren.

Nach der Vorführung der Reiter sind die Geschütze abgefeuert

worden. Es war völlige Windstille. Die Steinkugeln gingen mit gewaltigem Krach und langem Nachhall über die Dünen hin. Die Indianer erschracken arg, und die Zeichner bekamen die Weisung, auch dies seltsame Geschehnis im Bilde zu verewigen.

Einer der Hispanier hatte eine Sturmhaube auf, die an einigen Teilen vergoldet war. Teutlile, dem sie auffiel, bemerkte, ähnliche Helme hätten ihre Vorfahren getragen. Einer werde im Tempel ihres Kriegsgottes zum Andenken aufbewahrt. Cortes erwiderte, er möchte diesen Helm einmal sehen. Die Sturmhaube des Hispaniers aber gab er ihm zum Geschenk und sprach dabei den Wunsch aus, wenn er eine Sturmhaube voll Goldkörner hätte, würde er sie unserem Herrn und Kaiser senden.

Hierauf nahm Teutlile Abschied von Cortes. In Eile reiste er zurück zu Montezuma, um ihm Bericht zu erstatten und ihm die Geschenke des Hispaniers und die angefertigten Bilder zu überreichen. Der König war über alles, was er hörte und sah, höchlichst verwundert. Als er die Sturmhaube erblickte, erkannte auch er die Ähnlichkeit mit der im Tempel des Kriegsgottes und er zweifelte nicht länger, daß wir zu jenem Volke gehörten, von dem eine uralte Sage verkündete, daß es einst ins Land käme und sich der Herrschaft bemächtige.

Sechs oder sieben Tage vergingen. Da traf Teutlile eines Tages abermals ein; mit ihm ein anderer Häuptling namens Kuitlelpitok und mehr als 100 wohlbeladene Lastträger. Cortes empfing die beiden Edelleute auf das freundlichste und hieß sie neben sich Platz zu nehmen. Nach den beiderseitigen Begrüßungsreden breiteten die Ankömmlinge auf einer Matte die mitgebrachten Geschenke aus:

[ergänzt nach dem Berichte des Torquemada]

eine runde Scheibe aus Gold, darauf die Sonne und der Tierkreis war abgebildet, über 100 Mark Gewicht schwer;

eine ebensolche aus Silber, darauf der Mond war dargestellt, von über 50 Mark Gewicht und von der Größe eines Wagenrades;

ein Halsband aus sieben Stücken Gold mit 183 kleinen Smaragden und 232 kleinen rubinähnllchen Edelsteinen, daran hängend 27 kleine Glocken von Gold und etliche Perlen;

ein ebensolches aus vier Stücken Gold mit 172 Smaragden und 102 roten rubinähnlichen Edelsteinen, daran hängend 26 kleine Glocken von Gold mit zehn schönen Perlen, und acht andere goldene Halsketten;

ein Spiegel aus Marchasit, in Kugelform, von der Größe einer Faust, in Goldfassung von feinster Arbeit, ein wahrhaft fürstliches Geschenk;

eine Menge goldener und silberner Schmucksachen;

eine Menge Figuren aus Gold, darstellend Frösche, Hunde, Löwen, Affen, Enten und andere Tiere;

eine Anzahl goldener Schaumünzen;

eine Anzahl von Edelsteinen in köstlichen Fassungen, die allein schon mehr Wert hatten als die Edelsteine;

eine Sturmhaube aus Goldblech mit Behängen, besetzt mit Smaragden;

ein Helm, kunstvoll aus Holz geschnitzt, gefüllt mit Goldkörnern;

eine Menge großer Federbüsche in den buntesten Farben, in goldenen und silbernen Fassungen;

ein Fliegenwedel von wundersamer Arbeit aus seltenen Federn, 1000 Glöckchen aus Gold und Silber daran;

Armspangen aus Gold mit grüner und goldgelber Federstickerei;

eine Menge Wildleder, auf das beste gegerbt und gefärbt;

Schuhe und Sandalen aus Wildleder, mit Goldfäden genäht und mit kostbaren blauen und weißen Sternen an den ganz dünnen Sohlen;

eine Menge anderer Schuhe aus feinster Baumwolle;

Decken und Vorhänge aus Baumwolle, in den verschiedensten Farben, feiner und glänzender als Seide;

eine große Menge von Mänteln aus Baumwollenstoff, zierlich gearbeitet und mit Federn durchwirkt, in den herrlichsten Farben;

Fächer mit Stickerei aus feinen Federn und Gold, von verschiedener Form und Größe;

Schilde aus blendend weißen Stäben, mit kleinen Gold- und Silberplatten und Federstickerei;

ebensolche mit Perlenstickerei mit einer Kunst gefertigt, die nicht ihresgleichen hat;

ein Bogen und zwölf Pfeile, alles aus Gold;

lange Heroldstäbe, aus feinstem Golde.

Nachdem die beiden Häuptlinge diese Schätze dem Cortes überreicht hatten, erklärte der eine von ihnen: König Montezuma sei hocherfreut über die Ankunft so tapferer Helden in seinen Landen. Er wünsche, den großen Kaiser, von dem er schon vorher Kunde gehabt, kennen zu lernen, müsse sich aber bei der großen Entfernung damit begnügen, ihm demnächst ein kostbares Geschenk zu machen. Mit Vergnügen stellte er uns alles zur Verfügung, was wir während unserer Gegenwart hier im Lande etwa bedürften. Was aber die Zusammenkunft mit Cortes anbeträfe, so möchte er den Gedanken daran doch lieber fahren lassen, da sie nicht vonnöten sei und mit allzu großer Schwierigkeit verbunden.

Cortes dankte den beiden Gesandten auf das verbindlichste und schenkte jedem zwei Hemden aus holländischer Leinwand, blaue Glasperlen und anderen hispanischen Kram. Zugleich ersuchte er sie, ihrem großen Könige zu vermelden, daß Kaiser Karl sehr ungnädig gestimmt sein würde, falls er vernähme, sein General sei an der Grenze des Landes umgekehrt, obgleich er die weite Reise aus seinem fernen Reiche hierher lediglich mit dem Auftrage unternommen habe, dem König Montezuma einen feierlichen Besuch abzustatten. Es bleibe ihm also nichts anderes übrig, als den kaiserlichen Befehl zu vollführen und nach der Hauptstadt zu kommen.

Die Gesandten erwiderten, selbiges werde ihrem Herrn und Gebieter vermeldet werden, worauf Cortes ihnen etliche Geschenke für ihn aus unserem armseligen Vorrate einhändigte, darunter einen vergoldeten Pokal von Florenzer Arbeit und drei Hemden aus holländischer Leinwand. Damit zogen die beiden Häuptlinge ab.

Nachdem die Gesandten abgefertigt waren, gab Cortes dem Franz von Montejo Befehl, mit zwei Schiffen an der Küste entlang den Weg des Juan von Grijalva – dessen Unternehmung er mitgemacht hatte – zu verfolgen und binnen zehn Tagen einen sicheren Hafen und einen zur Anlage einer Siedelung geeigneten Ort zu erkunden. Die Führung der beiden Schiffe hatten der Obersteuermann Alaminos und der Steuermann Juan Alvarez el Manquillo. Beide kannten die dortigen Gewässer.

Das kleine Geschwader lief aus und gelangte bis an die Mündung des Panuko-Stromes. Dort kehrte es wieder um. Das karge Ergebnis der Fahrt, zu der man zehn oder zwölf Tage gebraucht hatte, war die Meldung, zwölf Wegstunden weit von San Juan de Ulloa läge eine Ortschaft, augenscheinlich eine Veste. Dort sei auch ein Hafen, der nach dem Urteil des Alaminos Schutz vor den Nordwinden gewähre. Die besagte Veste hieß Chiahuizlan.

Unser Vorrat an Lebensmitteln begann zusammenzuschrumpfen. Das mitgebrachte Schiffsbrot war schimmlig geworden und wimmelte schon von Würmern. Wer sich nicht Schaltiere suchte, hatte nichts zu beißen. Im Anfang hatten die Indianer Gold und Hühner zum Tauschhandel gebracht; aber sie kamen immer seltener und ihrer immer weniger, und die paar, die sich noch einstellten, waren scheu und verschlossen.

Da erschien abermals der Häuptling Teutlile, wiederum mit einer Anzahl von Indianern, aber diesmal ohne den anderen Edelmann. Er brachte als Geschenk des Königs Montezuma für unseren Kaiser vier große Smaragde. Diese Steine werden bei den Mexikanern höher geschätzt als im Abendlande. Dazu allerhand goldenes Geschmeide, alles in allem im Werte von 3000 Piastern. Was den angesagten Besuch des Cortes in der Hauptstadt anbelange, so lautete der Bescheid des Königs Montezuma, er möge unterbleiben.

Cortes war wenig erbaut von der Ablehnung seines Besuches in so kahlen Worten. Gleichwohl dankte er verbindlichst. Denen aber, die um ihn standen, rief er zu: Dieser Montezuma scheint ein unnahbarer Herr zu sein. Trotz alledem werden wir unsere Gäule satteln und ihn in seinem Bau aufstöbern! – Wären wir nur schon dort! meinten die Angeredeten.

Von diesem Tage ab blieben die Indianer, die mit uns Tauschhandel getrieben hatten, ganz aus. Der Mangel an Lebensmitteln ward immer schlimmer. Auch war es in den Dünen vor Schnaken kaum auszuhalten. So war es nicht zu verwundern, daß sich viele von uns nach ihrer Heimat sehnten. Insbesondere war dies unter den Anhängern des Diego von Velasquez der Fall. Als Cortes diese Stimmung wahrnahm, gab er den Befehl, das Nötige vorzubereiten. Er wolle nach Chiahuizlan marschieren, der durch Montejo und Alaminos entdeckten Ortschaft.

Etliche Parteigänger aber des Velasquez stellten dem Cortes folgendes vor. Es sei wahrhaft unmöglich, einen Vormarsch anzutreten, ohne Lebensmittel. Bereits wären 35 Mann an den Wunden der Gefechte bei Tabasko, sowie an Krankheit und infolge ungenügender Nahrung gestorben. Das Land hier sei groß, das Volk darin zahlreich und ein Angriff der Indianer sei wohl sehr bald zu erwarten. Es sei deshalb ratsam, nach Kuba zurückzukehren. Gold wäre auch bereits in recht ansehnlicher Menge vorhanden; dazu die kostbaren Geschenke des Montezuma, vor allem die beiden Schilde, das aus Gold mit der Sonne wie das aus Silber mit dem Monde, die Sturmhaube voll Goldkörner und alle die übrigen Schätze.

Cortes erwiderte, er fände es durchaus nicht ratsam, Umkehr zu machen, ehe wir im Lande drin gewesen seien. Er sähe überhaupt keinen Anlaß zur Unzufriedenheit. Bis jetzt sei ihnen ja das Glück hold gewesen. Der liebe Gott habe ihnen gnädiglich beigestanden. Daß sie Verluste gehabt, das sei einmal im Kriege nicht anders. Was die Lebensmittel anbelange, so sei weiter drinnen im Lande Mais genug da. Erst müsse man aber eindringen.

Damit brachte Cortes die Unzufriedenen vorderhand zum Schweigen. Doch half es nicht lange. Bald kamen sie wiederum heimlich zusammen und zettelten allerlei Umtriebe an, in der Absicht, die Rückkehr nach Kuba durchzusetzen.

Demgegenüber war auch Cortes nicht untätig. Er beredete seine Freunde, es zu erwirken, daß das Heer ihn zum selbständigen Feldherrn ausrufe. Hierbei waren besonders eifrig Alonso Hernandez Puerto-Carrero, Peter von Alvarado und dessen vier Brüder, ferner Christoval von Olid, Alonso von Avila, Juan von Escalante, Franz von Lujo und etliche andere Offiziere und Kavaliere, auch ich.

Cortes weigerte sich anfänglich, die angebotene Würde anzunehmen, und ergab sich erst auf vieles Bitten. So wurde er unser Generalkapitän und Gerichtsherr, jedoch mit der Bedingung, daß ihm – vom eroberten Golde – nach Abzug des kaiserlichen Fünftels der fünfte Teil gehöre. Über dies und alles andere ist vom Kaiserlichen Notarius eine Urkunde aufgesetzt worden.

Hierauf faßten wir den Beschluß, daß eine Stadt mit dem Namen Villa rica de la Vera Cruz gegründet werden solle. Wir nannten sie so, weil wir am Karfreitag an das Land gegangen waren, und in Erinnerung an jene Worte das Puerto-Carrero vom reichen Lande.

Nach der Feierlichkeit wählten wir zu Räten der Stadt Puerto-Carrero und Montejo, letzteren weil er sich mit Cortes nicht gut stand. Ortskommandant wurde Peter von Alvarado, Großprofos Juan von Escalante, Schatzmeister Gonzalo Mexia, Rechnungsführer Alonso von Avila, Fähnrich ein gewisser Corrar. (Der bisherige Fähnrich Villarol hatte die Stelle niedergelegt, dieweil er wegen einer Indianerin aus Kuba Verdruß gehabt hatte.) Zu Lager-Profosen wurden Achoa aus Biscaya und Alonso Romero bestellt.

Die Anhänger des Diego von Velasquez waren voller Wut und Ärger. Sie erklärten, sie seien mit der Ernennung

des Cortes nicht einverstanden, und behaupteten, sie brauchten ihm nicht zu gehorchen, und verlangten nach Kuba zurückzukehren. Cortes erwiderte ihnen, er halte niemanden mit Gewalt zurück und gäbe jedem den Abschied, der ihn verlange, und wenn er ganz allein hier verbleiben sollte. Etliche seiner Widersacher beruhigten sich hierauf. Nur Juan Velasquez von Leon, Diego von Ordas, Alonso von Escobar, Peter Escudero und noch einige andere blieben widerspenstig, und es kam schließlich so weit, daß sie dem Cortes förmlich den Gehorsam verweigerten. Da nunmehr eine scharfe Maßnahme geboten schien, ließ Cortes die Genannten mit unserer Zustimmung in Ketten legen und bewachen.

Cortes beschloß nun, daß Peter von Alvarado elnen Zug in das Innere des Landes antreten solle, um es zu erkunden und insbesondere etliche Ortschaften, von denen wir gehört hatten, näher kennen zu lernen, sowie um Mais und andere Lebensmittel beizutreiben, deren wir, wie schon gesagt, höchlichst bedurften. Dazu sind ihm mitgegeben worden 100 Mann, darunter l5 Armbruster und sechs Büchsenschützen. Die Hälfte dieser Mannschaft bestand aus Leuten, die zum Anhange des Velasquez gehörten. Wir, auf die sich Cortes völlig konnte verlassen, wir blieben alle bei ihm zurück, damit keine neuen Umtriebe und etwa gar Meuterei wider ihn angezettelt werden konnten.

Alvarado kam auf seinem Zuge durch mehrere kleine Ortschaften, die insgesamt einer größeren untertan waren, namens Kostatlan. Man redete daselbst bereits die Sprache von Mexiko. Diese Dörfer waren alle verlassen, aber reich an Nahrungsmitteln. Da sich keine Träger fanden, mußte sich jeder Soldat einen Pack Gemüse und Hühner aufladen, und so kehrte der Trupp in das Lager zurück. Irgendwelcher Schaden wurde nicht angerichtet. Cortes hatte dies auf das Strengste verboten. Das Eingeholte erweckte große Freude unter uns, denn wenn sich der Mensch satt essen kann, vergißt er die Hälfte seiner Leiden.

Cortes gab sich die größte Mühe, die Parteigänger des Diego von Velasquez für sich zugewinnen. Dem einen schenkte er Gold, ein Ding, mit dem man bekanntlich kann Berge versetzen. Anderen machte er ansehnliche Versprechungen. Im Übrigen setzte er alle Verhafteten wieder in Freiheit außer Juan Velasquez von Leon und Diego von Ordaz, die beide an Bord in Ketten lagen und bewacht wurden. Aber auch diese ließ er bald nachher los und machte sie sich zu wahren Freunden, was sie in der Folge oft genug bewiesen haben. An Gold freilich sparte Cortes dabei nicht, denn nur dadurch waren sie zahm zu kriegen.

Nachdem auf solche Weise eine bessere Einheit geschaffen war, ging es an den Weitermarsch. Als Ziel ward zuvörderst die Bergveste Chiahuizlan bestimmt. Auch die Schiffe sollten in der Richtung dahin abgehen und in eine Bucht einlaufen, die eine halbe Stunde von besagtem Orte entfernt ist.

Wir zogen an der Küste hin, wobei wir unterwegs einen großen Fisch umbrachten, den die Flut an das Land geworfen hatte. Dann kamen wir an einen ziemlich tiefen Fluß (den Antigua), an dem später die Stadt (Alt-)Verakruz erbaut worden ist. Wir überschritten ihn auf Fähren und in ein paar morschen Kähnen, die sich am Wasser fanden. Ich selbst schwamm hinüber. Am anderen Ufer lagen mehrere Dörfer, aber in keinem trafen wir Leute an. Da die dortigen Indianer Menschen unserer Art und zumal Pferde noch nie gesehen hatten, liefen sie bei unserem Herannahen allesamt davon. Infolgedessen mußten wir uns am Abend hungrig schlafen legen.

Am anderen Morgen setzten wir unseren Marsch landeinwärts fort. Da wir weder Weg noch Steg kannten und fanden, zogen wir auf gut Glück durch einen Wiesengrund, wo etliches Rotwild graste, Peter von Alvarado machte sogleich auf seiner Fuchsstute Jagd nach einem Hirsch, brachte ihm auch einen Lanzenstich bei; trotzdem aber entkam das Tier hinter eine Höhe.

Inzwischen fanden sich ein Dutzend Indianer ein, die uns etliche Hühner und Maisbrot überreichten und durch den Dolmetsch die Nachricht, der Häuptling ihres Gebietes schicke uns dies und bäte uns, ihn zu besuchen. Sein Dorf sei etwa eine Sonne – das heißt: eine Tagesreise – weit. Cortes dankte ihnen freundlichst.

Wir marschierten weiter und erreichten eine Ortschaft, wo wir Spuren von unlängst geschehenen Menschenopfern sahen. Wir verblieben daselbst und bekamen ein Abendessen. Dort erfuhren wir, daß der Weg nach Chiahutzlan über die Stadt Cempoalla gehe.

In aller Frühe brachen wir dahin auf. Sechs von den zwölf Indianern, die nachts bei uns geblieben waren, sandte Cortes voraus, um die Häuptlinge der Cempoallaner von unserem Nahen zu benachrichtigen und sie um die Ehre zu bitten, sie besuchen zu dürfen. Die sechs übrigen mußten als Wegeführer mit dem Heere gehen. Wir hielten unter uns trefflich Marschordnung und blieben allezeit gefechtsbereit. Überdies hatten wir Aufklärer und einen Vortrupp von Reitern vor uns.

Eine knappe Stunde vor Cempoalla kamen uns 20 vornehme Indianer entgegen, um uns im Namen ihres Häuptlings zu bewillkommen. Sie brachten feuerrote Ananasse, die gar herrlich dufteten, und überreichten sie unter freundlichen Gebärden dem Cortes und den anderen, die zu Pferde waren. Ihr Herr und Gebieter – vermeldeten sie – erwarte uns in seinem Hause. Wegen seiner großen Beleibtheit sei es ihm leider nicht möglich, uns persönlich entgegenzukommen. Cortes dankte den Leuten, und wir zogen weiter. Als wir dann die Stadt betraten, waren wir ob ihrer Größe verwundert, und als wir überall Pracht und Üppigkeit wahrnahmen und das viele Volk beiderlei Geschlechts in den Gassen, da dankten wir Gott für seine Güte und Gnade, uns ein solch Land entdecken zu lassen.

Unsere Vorhut zu Pferde war bereits auf dem großen Platz vor dem Hause angelangt, wo unser Quartier sein sollte. Die Mauern dieses Gebäudes hatte man wenige Tage zuvor mit weißer Kalkfarbe frisch getüncht, was die Indianer trefflich verstehen, und da die Sonne just darauf schien, so glaubte einer der Reiter, sie wären aus Silber. Schleunigst setzte er sich in Trab und meldete Cortes, in dieser Stadt gäbe es Paläste mit silbernen Mauern. Der Mann ist hinterher bei jeder Gelegenheit gehänselt worden.

Als wir im Quartier eintrafen, trat uns im Hofe der dicke Kazike entgegen – so und nicht anders haben wir ihn stets genannt, – Kazike heißt Häuptling – und bewillkommte uns. Der Mann war wirklich über die Maßen beleibt. Er bezeigte dem Cortes die größte Ehrerbietung, wobei er ihn nach der Landessitte mit Weihrauch beräucherte. Der Generalkapitän umarmte ihn. Darnach führte man uns in die Quartiere, die sehr geräumig und bequem waren. Auch das Mahl war gut. Unter anderem wurden Maisbrot und Körbe voll Pflaumen aufgetischt. Wir waren ausgehungert und hatten lange nicht so viel auf einmal zu essen bekommen. Deshalb nannten wir Cempoalla Villa viciosa, die Schlemmerstadt. Cortes hatte den Befehl gegeben, keinen der Einwohner im geringsten zu belästigen, und es streng verboten, daß die Mannschaft nicht weiter als über den Platz vor unserem Quartier in die Stadt hineingehe.

Nachdem man dem dicken Kaziken gemeldet hatte, daß wir gegessen hätten, sagte er dem Cortes seinen Besuch an und erschien bald darauf mit einem Gefolge von Vornehmen, die alle Schmuck aus schwerem Gold und kostbare Mäntel trugen. Cortes schritt ihnen bis vor sein Quartler entgegen und hieß sie herzlich willkommen. Nach der gegenseitigen Begrüßung überreichte der dicke Kazike das mitgebrachte Gastgeschenk, das aus goldenem Geschmeide und baumwollenen Stoffen bestand. Von besonderem Wert waren die Sachen nicht. Der Häuptling sagte dabei: Herr, nehmt dies freundlich an! Hätten wir mehr, so brächten wir mehr!

Cortes ließ ihm durch Dona Marina und durch Aguilar erwidern, er wolle sich nicht durch Worte sondern durch Werke erkenntlich zeigen. Eines aber möchte er sagen: Wir seien Kriegsleute des großen Kaisers Karl, der über die halbe Welt herrsche. Er habe uns ausgesandt, um überall Gutes zu tun, Unrecht wettzumachen und das Böse zu bestrafen. Deshalb müßten also hier im Lande vor allem die Menschenopfer aufhören. Schließlich sprach er vom christlichen Glauben.

Am anderen Morgen brachen wir von Cempoalla auf. Man gab uns 400 Lastträger mit, von denen jeder mit 50 (mexikanischen) Pfund bepackt fünf Wegstunden zurückzulegen imstande ist. Wir waren sehr froh darüber, denn bis dahin hatte jeder von uns seinen Rucksack selber schleppen müssen. Von jetzt ab ließen wir uns allerorts solche Träger stellen.

In einem Dorfe unweit vor Chiahuizlan blieben wir über Nacht. Da der Ort gänzlich verlassen war, versorgten uns die Cempoallaner mit der nötigen Nahrung.

Am anderen Vormittag gegen zehn Uhr erreichten wir die ersten Häuser von Chiahuizlan. Die Stadt liegt zwischen hohen Felsen an steilen Abhängen, so daß sie gut zu verteidigen und schwer zu nehmen ist. Wir trauten deshalb dem Landfrleden nicht und marschierten in voller Ordnung und Gefechtsbereitschaft. Am Anfang unseres Haupttrupps befanden sich unsere gesamten Geschütze, damit sie im Notfalle sofort zur Stelle waren. Der ganze Ort war wie ausgestorben. Erst auf der Höhe der Veste, auf einem freien Platz vor dem Haupttempel, trafen wir auf fünfzehn wohlgekleidete Indianer, die mit Weihrauchgefäßen herumliefen. Als sie uns sahen, gingen sie auf Cortes zu und bewillkommten ihn. Der dankte und schenkte den Leuten grüne Glasperlen und anderen hispanischen Krimskrams. Zum Danke brachten sie uns alsbald Hühner und Maisbrot.

Währenddessen ward dem Cortes gemeldet, der dicke Kazike von Cempoalla sei in einer Sänfte mit einem Gefolge von Vornehmen im Anzuge. Als er angelangt war, klagte er über die harte Herrschaft des Königs Montezuma und erzählte, was für Leiden und Lasten die Cempoallaner zu ertragen hätten. Dabei weinten und jammerten er und alle um ihn, so daß uns windelweich zumute ward. Montezuma forderte unter anderem jedes Jahr eine große Anzahl von ihren Söhnen und Töchtern, teils um sie den Göttern zu opfern, teils um sie zu niedrigem Dienst in Haus und Feld zu verwenden. Beim Eintreiben der Steuern verübten seine Amtsleute auch noch allerlei Übergriffe. Kein hübsches Weib wäre vor ihnen sicher.

Cortes tröstete sie durch unsere Dolmetscher und versprach ihnen, gründlich Abhilfe zu schaffen. Das sei sein Beruf hier im Lande. Sie sollten also guten Mutes sein.

Zufällig kamen am selbigen Tage fünf königliche Steuereinnehmer, die sich höchst anmaßend gegen die Einwohnerschaft benahmen. Sie verlangten 20 junge Männer und 20 Jungfrauen. Als Cortes davon vernahm, setzte er dem dicken Kaziken und den anderen Häuptlingen so lange zu, bis sie sich ermannten und die fünf Mexikaner festnahmen und einsperrten. Hierauf ließ Cortes eine Verfügung bekanntgeben, daß dem Könige Montezuma fortan nicht mehr Gehorsam, auch kein Zins mehr zu leisten sei. Dies solle im ganzen Gebiete von Cempoalla kundgetan werden.

Die Häuptlinge waren der Meinung, man müsse die fünf Gefangenen den Göttern zu Ehren abschlachten. Cortes aber verbot dies und ließ sie durch seine Leute bewachen. Um Mitternacht befahl er der Wache, zwei von den Mexikanern vorzuführen, ohne daß es sonst irgendwer gewahr werde. Es geschah, und als die beiden vor ihm standen, tat der Generalkapitän, als wisse er von nichts, und stellte durch die Dolmetscher die Frage: Wer seid Ihr? Woher kommt Ihr? Warum hat man Euch eingesperrt?

Die Mexikaner gaben die geforderte Auskunft, worauf Cortes ihnen erklärte, die Sache sei ihm leid, er habe aber bisher nichts davon gewußt. Sodann ließ er ihnen zu essen geben, behandelte sie auf das freundlichste und beauftragte sie, dem König Montezuma zu vermelden, er und die Hispanier wären alle seine Freunde und Diener. Ferner sagte er zu den Gefangenen, sie seien frei und er werde die Häuptlinge von Cempoalla ernstlich verweisen. Ihre drei Gefährten wolle er auch noch befreien.

Als die beiden sogleich abgehen sollten, baten sie um Geleit. Da gab Cortes sechs Seeleuten den Befehl, sie in einem Boote so weit wegzuführen, bis sie außerhalb des Gebietes von Cempoalla seien. Dies geschah auch.

Am Morgen war der dicke Kazike arg verwundert und nicht weniger die anderen Häuptlinge, daß von den fünf Gefangenen nur noch drei da waren. Selbige nun wollten sie auf der Stelle umbringen. Cortes aber stellte sich ergrimmt über das Fehlen von zwei Gefangenen und erklärte, die drei noch vorhandenen wolle er selber in Gewahrsam nehmen. Er ließ Ketten aus den Schiffen holen. Die drei Indianer wurden gefesselt und an Bord gebracht. Daselbst aber sind ihnen die Fesseln sofort wieder abgenommen worden. Sie wurden auf das beste behandelt. Auch wurde ihnen gesagt, daß sie binnen kurzem frei wären.

Nach diesen Vorgängen hielten die Häuptlinge von Cempoalla eine Versammlung ab und teilten dem Cortes mit, sie seien überzeugt, daß König Montezuma, sobald er von der Sache erfahre, ohne Verzug Truppen wider Cempoalla marschieren lasse. Das wäre ihr Untergang. Allein Cortes beruhigte sie, indem er ihnen lachend erwiderte, solange er und die Seinen bei ihnen wären, geschähe ihnen nichts. Wer es auch wage, sie anzugreifen, der wäre dem Tode verfallen.

Darauf gelobten ihm die Häuptlinge von Cempoalla von neuem ihre Treue und versprachen, ihre gesamte Streitmacht unter den Befehl des Cortes stellen zu wollen. Da die Steuereinnehmer Montezumas nicht wieder zum Vorschein kamen, war die Freude im ganzen Lande groß. Mehr als 30 Ortschaften fielen von den Mexikanern ab und schlossen sich unserem Bunde mit Cempoalla an.

Nunmehr säumten wir nicht, an die Anlage einer Siedelung zu gehen. Den Ort dazu wählten wir eine halbe Wegstunde weit von der Veste Chiahuizlan, in der Ebene. Alsogleich steckten wir die Plätze für die Kirche, den Markt, die Vorratsschuppen und die öffentlichen Gebäude aus. Auch zu einer Veste ward der Anfang gemacht. Cortes legte als erster Hand an das Werk. Seinem Beispiele folgten wir alle, ebenso die Häuptlinge und viel indianisches Volk. In kurzer Zeit waren die Kirche und etliche Häuser fertig. Auch der Bau der Veste kam vorwärts.

Inzwischen hatte König Montezuma die Nachricht erhalten, daß seine Steuereinnehmer in Chiahuizlan waren festgenommen worden, daß man ihm im Gebiete von Cempoalla den Gehorsam aufgekündigt hatte und ihm keinerlei Zins mehr leiste. Wir Hispanier seien die Urheber dieses Abfalls. Voll Zorn gab er einem Teile seines großen Heeres den Befehl, wider die Cempoallaner zu ziehen und sie bis auf den letzten Mann zu vernichten. Gegen Cortes wollte er den Krieg selber führen. Schon waren die Vorbereitungen im Gange, da trafen die beiden wieder freigelassenen Amtsleute in der Hauptstadt ein und rühmten die gütige Behandlung, die Cortes ihnen hatte zuteil werden lassen. Dadurch schwankenden Sinnes geworden, beschloß Montezuma, vorerst genau zu erkunden, was wir Fremdlinge für Absichten hätten. Zu diesem Zweck schickte er zwei seiner Neffen in Begleitung von vier alten Würdenträgern mit Geschenken an Cortes. Diese Gesandtschaft hatte den Auftrag, für die Freigabe der beiden Mexikaner zu danken, zugleich aber Beschwerde zu erheben, daß Cortes den Abfall der Cempoallaner ohne Zweifel begünstige, denn nur unter seinem Schutze könnten sie solches wagen. Von seinem Entschlusse, die Abtrünnigen durch gänzliche Ausrottung zu züchtigen, stehe er zwar vorläufig ab, aber nur um sich zuvor mit uns zu verständigen.

Cortes empfing dle Gesandten freundlich und nahm die Geschenke dankend an. Sie hatten einen Wert von etwa 2000 Piastern. Zugleich ließ er dem Könige sagen, er wäre ihm nach wie vor durchaus freundschaftlich gesinnt. Dies bezeuge seine Behandlung der Steuereinnehmer, die er nunmehr alle freilasse. Was aber die verweigerte Folgschaft und den nicht mehr gezahlten Zins der Cempoallaner anbelange, so könnten sie doch nicht zween Herren dienen. Sie wären jetzo Untertanen Seiner Majestät unseres Kaisers. Alle anderen Fragen wolle er in Person mit dem Könige regeln. In solcher Absicht werde er alsbald den Marsch nach der Hauptstadt antreten.

Nach diesem schenkte Cortes den beiden jungen Edelleuten und ihren vier älteren Begleitern, die Männer von hohem Stande waren, blaue und grüne Glasperlen und bezeigte ihnen überhaupt viel Ehre. Da eine große Wiese in der Nähe war, ließ er ihnen durch Alvarado auf dessen trefflicher Fuchsstute allerlei Relterkunststücke vorführen. Voller Bewunderung und Zufriedenheit sind die Gesandten nach Mexiko zurückgekehrt.

In jener Zeit stand das Pferd des Cortes um. Ortiz, der Musikus, und Barthel Garcia, der Bergmann, traten ihm ihren Rappen ab, das eins unserer besten Rosse war.

Unsere Verbündeten in der Stadt Cempoalla wie im Gebirge hatten bis dahin in nicht geringer Furcht und Angst vor Montezuma geschwebt. Es war ihnen unzweifelhaft gewesen, daß der König ein großes Heer wider sie werde anmarschieren lassen, um sie mit Stumpf und Stiel zu vertilgen. Wie sie aber nun sogar Verwandte Montezumas ankommen sahen, die dem Cortes Geschenke überbrachten und sich ihm gegenüber auf das ehrerbietigste benahmen, da stieg ihre Achtung vor uns ins Maßlose. Wir mußten Götter oder Teufel sein, da offenbar sogar dem König Montezuma vor uns bange war.

Am anderen Tag, in der Frühe, setzten wir uns wieder in Bewegung. Wir waren 400 Mann stark mit genügend vielen Armbrustern und Büchsenschützen sowie 14 Reitern. Die Geschütze wurden von 100 Lastträgern fortgebracht, die uns von den Indianern gestellt worden waren.

Wir marschierten fünf Wegstunden weit wieder nach Cempoalla, wo wir die Nacht verblieben. Daselbst standen 2000 Indianer, eingeteilt in vier Kompagnien, bereit, sich unserem Zuge anzuschließen. Tags darauf zogen wir vor die Veste Tzinpanzinko, die auf einer steilen Felsenhöhe lag. Die Häuptlinge aus dieser Stadt machten mit den Hispaniern nach etlichen Zwischenfällen ein Bündnis. Bisher waren sie in Feindschaft mit Cempoalla gewesen. Cortes brachte die Versöhnung und ein gutes Einverständnis zuwege, das in der Folge angedauert hat.

Auf dem Weitermarsche am übernächsten Tage fanden wir den dicken Kaziken nebst etlichen Vornehmen von Cempoalla, die allesamt in einem Hüttenlager, das sie für uns gebaut hatten, mit Lebensmitteln auf uns warteten. Daselbst verblieben wir die Nacht und kehrten am anderen Morgen in Begleitung unserer Freunde aus Cempoalla dorthin zurück.

Es lag den Cempoallanern ungemein daran, daß wir in ihrem Gebiete verweilten, dieweil sie sich immer mehr vor der Rache des Königs Montezuma fürchteten. Um ihr Bündnis mit uns zu festigen, trachteten sie darnach, Cortes und seine Offiziere in Verwandtschaft mit ihren Häuptlingen zu bringen, und so führten sie uns acht vornehme Indianerinnen zu. Eine davon, eine Nichte des dicken Kaziken, bekam der Generalkapitän; eine andere, die Tochter eines Häuptlings, namens Kuesko, erhielt Puerto-Carrero. Alle diese jungen Damen gingen nach der Sitte ihres Landes angeputzt. Sie trugen kostbare Hemden über den Kleidern, goldene Ketten um den Hals und goldene Ringe an den Ohren. Auch brachten sie ihre Kammerzofen mit.

Als der dicke Kazike sie dem Cortes vorführte, hielt er eine kleine Rede und sagte: Herr, diese sieben Jungfrauen sind für deine Hauptleute. Und diese hier, meine Nichte, die selber über Land und Leute Gebieterin ist, bringe ich Euch dar!

Cortes nahm die Braut in heiterer Laune an und dankte dem Häuptling, indem erbemerkte: Nun sind wir Euch brüderlich verbunden!

Anderen Tags in der Morgenfrühe, nach der Messe, sind die acht Indianerinnen im Beisein ihrer Eltern und Verwandten nach einer erbaulichen Rede des Paters Olmedo getauft worden. Die Nichte des dicken Kaziken, die übrigens häßlich war, erhielt (zu Ehren der abwesenden Frau Gemahlin des Cortes) den Namen Dona Katalina. Die Tochter des Kuesko, ein selbst nach unserem Begriffe bildschönes Weib, hieß fortan Dona Franziska.

Nach der Feierlichkeit erfolgte der Abmarsch nach Verakruz, wo wir, begleitet von mehreren vornehmen Cempoallanern, ankamen, gerade als ein Schiff aus Kuba im Hafen einlief. Hauptmann Franz von Salcedo war Befehlshaber darauf. Wir nannten ihn später nur den Galantuomo, weil er sich in übertriebener Weise zierte und putzte. Er war gebürtig aus Medina de Rioseco und soll ehedem Kammerherr beim Admiral von Kastilien gewesen sein. Mit ihm kamen Luis Marin, ein ausgezeichneter Offizier, der dann als Hauptmann die Feldzüge in Mexiko mitgemacht hat, sowie zehn Soldaten. Die beiden Hauptleute brachten Pferde mit, jener einen Hengst, dieser eine Stute. Als Neuigkeit erzählten sie, daß Diego von Velasquez die kaiserliche Befugnis erlangt hatte, allerorts Handel zu treiben und Siedelungen anzulegen.

Als der Bau der Veste seiner Vollendung nahe war, fing die immer gleiche Tätigkeit an, uns lästig zu werden. Die Offiziere wie die Mannschaft wurden daher bei Cortes vorstellig. Man verweile nun schon drei Monate im Lande und es sei wohl an der Zeit, die Macht des Herrn Montezuma, von der so viel Gerede wäre, näher kennen zu lernen. Bereit, ihr Leben dabei einzusetzen, bäten sie, den Vormarsch nunmehr beginnen zu lassen.

Zugleich machten wir den Vorschlag, Seiner Majestät dem Kaiser unseren untertänigsten Gehorsam zu bezeigen, einen Bericht über die bisherigen Geschehnisse aufzusetzen und ihm selbigen nebst den Geschenken Montezumas und dem kaiserlichen Fünftel des bisher gewonnenen Goldes zu übersenden.

Cortes erwiderte, er sei zu allem bereit. Nur, was die Absendung des Seiner Majestät gebührenden Goldes anbeträfe, hege er Bedenken. Wenn nämlich jedermann im Heere jetzt schon den ihm zukommenden Teil haben wolle, so bliebe ein Rest übrig, der des Kaisers zu wenig würdig sei. Folglich müsse man zuvörderst auf die allgemeine Verteilung verzichten. Er bäte, sich durch Namensunterschrift dazu bereit zu erklären, wobei jeder es halten könne, ganz wie es ihm beliebe.

Alle ohne Ausnahme unterschrieben, worauf die Wahl der Überbringer erfolgte, die nach Hispanien abgehen sollten. Sie fiel auf Alonso Hernandez Puerto-Carrero und auf Francisco von Montejo. Zu ihrer Fahrt ward das beste Schiff unseres Geschwaders bestimmt, mit den nötigen Lebensmitteln versehen und mit fünfzehn Matrosen bemannt. Die Führung wurde zwei Steuermännern anvertraut. Einer davon war Anton von Alaminos, der den Weg durch die Bahama-Straße kannte und ihn ehedem zuerst gewagt hatte.

Hierauf wurde ein gemeinschaftlicher Bericht an Seine Majestät aufgesetzt über alle unsere ErlebnisseNach Prescott, I S. 289, Anm. 13 ist die Urschrift davon in der Kaiserlichen Bibliothek zu Wien.. Cortes fügte eine Geleitschrift hinzu, die, wie er uns versicherte, einen ziemlichen Umfang hatte, die wir indessen nicht zu lesen bekamen. Den Bericht unterzeichneten alle höheren Beamten der neuen Stadt und zehn von den Soldaten, darunter auch ich.

Den Bericht eröffneten gebührendermaßen die Ehrenbekundungen, die wir unserem großen Kaiser und Herrn schuldig waren. Sodann begann die Erzählung unserer Unternehmung vom Tage der Ausfahrt von der Insel Kuba bis zu unserer Landung an der Küste von Mexiko und bis zu dem Tage der Abfassung des Berichts. Wir unterließen nicht zu bemerken, daß wir uns alle der Unternehmung nur angeschlossen hätten, weil eine neue Kolonie gegründet werden solle, daß aber Diego von Velasquez den Cortes insgeheim angewiesen habe, sich auf den Tauschhandel zu beschränken. Demgemäß sei Cortes gewillt gewesen, mit dem gewonnenen Golde nach Kuba zurückzukehren; wir hätten ihn aber gezwungen, hier zu bleiben und eine Siedelung anzulegen. Zu diesem Zwecke hätten wir ihn für so lange Zeit zum Generalkapitän und Oberrichter gewählt, bis hierüber Seiner Majestät Allerhöchster Befehl erfolgen werde. Auch hätten wir ihm von allem Gold, das nach Abzug des Kaiserlichen Fünftels übrigbleibe, ein Fünftel zugesagt.

Des weiteren berichteten wir von Francisco Hernandez von Cordoba, dem Entdecker dieses Landes, von der Fahrt des Juan von Grijalva hierher, von unserer Landung auf Kozumel, von unserer glücklichen Befreiung des Geronimo von Aquilar und von anderem mehr. Wir erzählten von unseren bisherigen Verhandlungen mit König Montezuma, von seiner Macht und seinem Reichtum. Ferner war von der Größe des Landes, seiner Bevölkerung, seinen Künsten und Sitten und dem Götzendienst der Eingeborenen die Rede, von denen wir vier zur Probe mitschickten, die wir in Cempoalla in einem Holzkäfig aufgefunden hatten, wo sie zum Opferschmaus gemästet werden sollten. Schließlich kamen wir auf uns selber zu sprechen, auf uns 450 Kriegsleute inmitten so vielem kriegerischen und feindseligen Volk, und daß unser Feldzug, der einzig und allein Gott und Seiner Majestät zu Ehr und Ruhm geschähe, einen Feldherrn an seiner Spitze erheische, der das Land kenne und zu dem das Heer Vertrauen habe. Deshalb bäten wir Seine Majestät alleruntertänigst, unserem Generalkapitän Ferdinand Cortes den Oberbefehl bis auf weiteres in Gnaden zu belassen und keinem anderen uns fremden Obristen zu geben. Diese Bitte stützten wir mit großen Lobesworten für Cortes, dessen Treue und Ergebenheit zu Seiner Majestät wir in die Wolken hoben. Dieser Brief, der mit viel Überlegung abgefaßt und in Kapitel eingeteilt war, ist von allen dem Cortes getreuen Offizieren und Mannschaften eigenhändig unterschrieben worden.

Wie dies fertig war, begehrte Cortes das Schriftstück zu lesen, und als er alles so wahrhaftig aufgesetzt und sich selbst so hochgepriesen fand, da war er vergnügt, dankte uns herzlich und versprach uns goldene Berge.

Die Briefschaften wurden den genannten Boten eingehändigt. Dabei ward es ihnen zur Pflicht gemacht, in keinem Falle vor Havana zu landen und ebensowenig an der Marien-Bucht, wo Franz von Montejo eine Besitzung hatte. Velasquez sollte keine Kunde von ihnen bekommen. Sie versprachen es zwar, aber, wie man sehen wird, hielten sie nicht ihr Wort.

Nachdem alles zur Abreise fertig war, las der Pater Barthel von Olmedo die Messe. Wir alle empfahlen die Abgehenden der Obhut des Heiligen Geistes. So gingen sie am 26. Juli 1519 in San Juan de Ulloa unter Segel und gelangten ziemlich schnell vor Havana. Hier nun ließ Montejo dem Obersteuermann Alaminos keine Nuhe, bis er die Richtung gegen die Küste nahm, wo Montejo seine Farm hatte. Unter dem Vorwande, frische Lebensmittel, Brot und Schweinefleisch einzunehmen, fand die Landung statt, obwohl Puerto-Carrero dagegen war. In der Nacht schwamm einer der Matrosen heimlich an das Land und lief zu Velasquez, dem er Briefe seiner Anhänger brachte. Dadurch erfuhr der Statthalter alle Vorgänge.

Als Velasquez von dem großen Geschenk vernahm, das wir Seiner Majestät sandten, ward ihm gar übel zumute. Er stieß die schwersten Flüche gegen Cortes, Duero und Lares aus. Sodann ließ er schleunigst zwei kleine tüchtige Segler fertig machen und sie mit so viel Geschütz und Mannschaft versehen, als in der Eile auszutreiben waren. Diese Schiffe wurden unter den Befehl von zwei Offizieren gestellt, Gabriel von Rosas und Guzmann, mit der Anweisung, das Schiff mit unseren Boten samt allem Gold abzufangen.

Die beiden Schiffe erreichten in ein paar Tagen die Bahama-Straße und erkundigten sich emsig bei Fischern und Küstenfahrern, ob sie nicht ein größeres Schiff gesehen hätten. Alle Nachrichten, die sie erhielten, deuteten einstimmig darauf hin, daß das Schiff die Straße bereits durchfahren haben mußte. Sie kreuzten noch einige Zeit zwischen der Straße und Havana, ohne irgendwelche andere Spuren zu entdecken, und kehrten dann nach Santiago zurück. Wenn Diego von Velasquez schon bei der ersten Nachricht niedergeschlagen war, so ward er es erst recht, als er einsah, daß ihm der gute Fang mißglückt warHieran schließt sich unmittelbar der I. Bericht des Cortes..


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