Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Das zweiundzwanzigste Kapitel

Vier Tage verblieben wir noch in unseren Standorten, bis allerlei nötige Dinge bestens geordnet waren. Darnach zogen wir nach der Stadt Kojohuakan, wo ich bis heute verweile, immerdar beschäftigt, das eroberte Land in Frieden zu erhalten.

Nachdem wir das Gold zusammengebracht hatten, ließ ich es einschmelzen. Wir hatten davon insgesamt 130 000 Pfund, von denen ich den fünften Teil Allerhöchstdero Schatzmeister übergeben habe. Überdies ist Eurer Kaiserlichen Majestät ein Fünftel der Sklaven und aller anderen Beutestücke überwiesen worden, worüber ein besonderer Rechnungsbericht beiliegt. Das übrige Gold ist auf mich und alle Hispanier verteilt worden, je nach Verdienst und Rang.

Unter der Kriegsbeute waren eine Menge goldene Schilde, kostbare Helmbüsche, wunderbare Federarbeiten und viele andere Merkwürdigkeiten, die unmöglich zu beschreiben sind und die man sich ohne Beschreibung nicht vorstellen kann. Dieweil diese Dinge unübertrefflich sind, hielt ich es für gut, sie nicht zu teilen, sondern sie Eurer Kaiserlichen Majestät im ganzen zu überreichen. Ich berief alle Obristen, Hauptleute und Soldaten, stellte ihnen meinen Wunsch vor und bat sie, daß alles dies Eurer Kaiserlichen Majestät als freiwillige Ehrengabe von uns übersenden zu dürfen. Einmütig und mit großer Freude willigten alle darein. Also haben wir diese Schätze an Eure Kaiserliche Majestät aus Neu-Hispanien abgefertigt.

Dieweil ich nun seit etlicher Zeit Kunde hatte vom Südmeere, so hielt ich fleißig Nachfrage, ob man auf dem Landwege dahin kommen könne. Gesandte aus der Grafschaft Michoakan, die mir die Freundschaft ihres Fürsten anboten, bejahten mir dies. Um aber aus ihrem Gebiete bis an das Meer zu gelangen, müsse man durch das Land eines benachbarten Fürsten ziehen, eines ihrer Feinde. Auf ihr Angebot, ihnen etliche meiner Leute mitzugeben, die den Weg zum Meere erkunden sollten, bestimmte ich dazu zwei Hispanier. Nachdem ich den Gesandten eine Feldübung meiner Reiter vorgeführt hatte, damit sie zu Hause davon erzählen sollten, entließ ich sie mit Gastgeschenken und gab ihnen die zwei Hispanier mit.

Alles in allem erfuhr ich, daß man das Südmeer in zwölf bis vierzehn Tagesreisen erreichen könne. Es ward mir klar, daß die Entdeckung des besagten Meeres Eurer Kaiserlichen Majestät zu hohem Nutzen gereichen müsse, dieweil es gewiß viele Inseln innehat, reich an Gold, Perlen, Edelsteinen und köstlichen Gewürzen, auch an anderen wunderbaren und seltsamen Dingen. Dies sagen alle Erdkundigen.

In dieser Absicht und in sehnlichem Eifer hab ich noch vier Hispanier abgefertigt, zwei auf einem und zwei auf einem anderen Wege. Nachdem ich sie über alles Nötige unterrichtet und ihnen etliche uns befreundete Indianer als Geleit mitgegeben hatte, machten sie sich auf den Weg dahin, mit dem Befehl von mir, sie sollten nicht eher umkehren, als bis sie an das Meer gekommen wären. Meer aber wie Land daselbst sollten sie für Eurer Kaiserlichen Majestät Besitz erklären.

Zwei dieser Hispanier sind 130 Meilen ohne alles Hindernis durch herrliches Land bis an das Meer gezogen und haben dort am Gestade etliche Kreuze als Zeichen aufgestellt. Die anderen beiden sind etwas länger ausgeblieben, dieweil sie 150 Meilen gezogen sind, bis sie an das Meer kamen. Auch sie haben von der Küste daselbst Besitz ergriffen.

Jetzt beschloß ich, was mir bis dahin nicht war möglich gewesen, Kriegszüge zu unternehmen gegen etliche in Richtung auf das Nordmeer gelegene Städte, die ehedem bald nach dem Ausstände in Temixtitan von Eurer Kaiserlichen Majestät abgefallen waren. So entsandte ich Gonzalo von Sandoval als Obristen nach Tataktetelko, Tuxtepek, Guatuxko und Aulikaba mit 35 Reitern, 200 hispanischen Fußknechten und etlichen tausend verbündeten Indianern, sowie etlichen Edelleuten aus Temixtitan.

Zur selben Zeit kam zu mir nach Kojohuakan der Hauptmann Peter von Alvarado, den ich als Obristen in der Stadt Segura de la Frontera zurückgelassen hatte, und meldete mir, daß die Indianer von Oaxaka und anderen Nachbargebieten einzufallen drohten. Abgesehen davon, daß man den Angegriffenen, die unsere Freunde waren, helfen müsse, erscheine die Einnahme von Oaxaka auch aus anderen Gründen nützlich. Er kenne die Gegend daselbst gut und getraue sich, sie mit wenig Kriegsvolk zu erobern. Ich gab ihm 12 Reiter und 80 hispanische Fußknechte.

Beide sind am 30. Oktober des Jahres 1521 aus Kojohuakan aufgebrochen. In Segura de la Frontera hielten sie eine Heerschau über ihre Streitkräfte ab, worauf ein jeder nach dem Orte seines Feldzugs abgerückt ist. Fünfundzwanzig Tage später schrieb mir der Obrist Gonzalo von Sandoval, daß er in Guatufko angekommen wäre und wider Erwarten mit den dortigen Indianern in Frieden ein Bündnis abgeschlossen habe. Obgleich er in die anderen Gebiete noch nicht gekommen sei, so verhoffe er doch, auch diese Eurer Kaiserlichen Majestät ohne Kampf Untertan zu machen. Wieder vierzehn Tage später bekam ich abermals einen Brief von ihm, worin er mir meldete, er sei weiter vorgerückt, und alles Land wäre in Frieden. Er halte es für gut, eine Niederlassung daselbst zu gründen, um Nutzen aus diesem Umstände zu ziehen, wie wir dies schon zuvor hätten beratschlagt. Ich möge ihm Befehl darüber geben.

Darauf dankte ich ihm in einem Schreiben für die viele Mühe und Arbelt, die er zu Eurer Kaiserlichen Majestät Nutz auf sich genommen. Zum anderen ließ ich ihn wissen, daß sein Vorschlag wegen einer Siedelung mein Wohlgefallen fände. Er solle also eine Niederlassung in Tuxtepek gründen. Zugleich sandte ich ihm eine Liste der von mir ernannten Amtsleute und Richter der neuen Stadt und gab ihm etliche noch nötige Weisungen, insonderheit daß er die indianischen Einwohner gut behandle.

Unterdessen war mein Befehlshaber von Segura de la Frontera mit seinem hispanischen Kriegsvolk sowie einer stattlichen Streitmacht von uns ergebenen Indianern nach der Landschaft Oaxaka marschiert. Und wiewohl die Leute daselbst zunächst Widerstand leisteten und sich in drei oder vier Gefechten tapfer mit den Unsrigen schlugen, so ergaben sie sich zu guter Letzt doch friedlich, ohne daß mein Hauptmann irgendwelchen Verlust hatte. Er sandte mir einen umständlichen Bericht hierüber und vermeldete mir darin, das Land daselbst sei köstlich und voller Gold. Von selbigem schickte er mir gute Proben, die ich samt anderen Dingen Eurer Kaiserlichen Majestät überreiche. Er verblieb im Lande Oaxaka und erbat sich von mir Befehl, wie er es fürderhin halten solle.

Nachdem ich also drei neue Niederlassungen mit Hispaniern besetzt hatte, hielten wir Rat, an welchem Ort am See wir noch eine Hauptstadt gründen sollten, um das ganze Land in Sicherheit und Frieden zu halten. Daß ein solcher Ort vonnöten war, dünkte uns ohne Zweifel. Zugleich aber erkannten wir von neuem, wie trefflich und herrlich die Lage der alten Hauptstadt Temixtitan und wie berühmt sie war durch ihre ehemalige Macht und durch ihre Geschichte. Darum beschloß ich, auf ihren Trümmern ein neue Stadt zu erbauen.

Ich verteilte die Bauplätze an solche, die sich daselbst niederlassen wollten, und ernannte im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät die Amtsleute und Richter, wie es in Allerhöchstdero Ländern zu geschehen pflegt. Bis zur Vollendung der Häuser aber nahmen wir uns vor, in Kojohuakan zu verbleiben.

Seit vier oder fünf Monaten baut man in Temixtitan, und Eure Kaiserliche Majestät möge mir glauben, daß die neue Stadt täglich stattlicher und schöner wird, und daß sie bald wieder das ist, was sie war, die Königin aller Städte dieses Reiches. Ich verhoffe auch, sie wird ein fester und wohlverwahrter Sitz der Hispanier, der jeglichem Angriffe von Feinden trotzt.

Währenddem kam aus dem Lande TehuantepekIn Tehuantepek legte Cortes auf eigene Kosten einen Hafen an. (Vgl. Einleitung S. 75.), das am Südmeere liegt, wohin zwei Hispanier gezogen waren, um das Gestade zu erkunden, eine vornehme Gesandtschaft des Fürsten daselbst. Er ließ mich bitten, ihn zum Lehensherrn Eurer Kaiserlichen Majestät in Gnaden anzunehmen. Zugleich schickte er mir etliche Stücke Gold und kostbare Federarbeiten, die ich Allerhöchstdero Schatzmeister übergeben habe. Ich dankte den Gesandten im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät und händigte ihnen Geschenke für ihren Herrn ein, worauf sie voller Freude wieder von dannen zogen.

Zur nämlichen Zeit trafen auch die beiden Hispanier wieder ein, die ich nach Michoakan entsandt hatte. Sie brachten mir die Meldung, daß man von dort an das Südmeer gelangen könne, nur müsse man dabei durch ein Gebiet reisen, das den Michoakanern feindlich wäre. Mit den beiden Hispaniern kam ein Bruder des Fürsten von Michoakan zu mir nebst einer Anzahl von Edelleuten und Würdenträgern, insgesamt an 1000 Personen, die ich alle freundlich empfing und gütig behandelte. Im Namen des Fürsten von Michoakan, Kalkucin geheißen, überbrachten sie mir etliche silberne Schilde, die gar schwer an Gewicht waren, und anderes mehr. Damit sie ihrem Herrn von unserem Kriegsvolk und unserer Gefechtsweise berichten könnten, machte ich eine Paradeaufstellung aller meiner Reiter auf einem großen Platze, ließ sie sodann um die Wette rennen, miteinander fechten und turnieren. Darnach standen auch die Fußknechte in Parade, worauf die Büchsenschützen schossen. Zuletzt ließ ich die Feldgeschütze gegen einen Turm feuern, was alles die größte Verwunderung bei den Michoakanern verursachte, insbesondere das Pferderennen. Hinterher ließ ich sie die Trümmer von Temixtitan besichtigen. Als sie das sahen, waren sie völlig verdutzt, denn sie hatten die ehedem so gefurchtete Stadt durch ihre Lage mitten im See und ihre starke Befestigung für uneinnehmbar gehalten. Nachdem ich ihnen etliche Kostbarkeiten für ihren Fürsten und für sie selber geschenkt, sind sie nach fünf Tagen frohgemut wieder heimgezogen.


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