Arthur Schurig
Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes
Arthur Schurig

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Das siebzehnte Kapitel

In Temixtitan gibt es viele Moscheen, gar prächtig erbaut, in denen die Götzen des Landes verehrt werden. In den größeren wohnen auch die Priester in schönen Wohnungen. Alle Pfaffen hierzulande tragen schwarze Tracht. Solange sie im Amt sind, kämmen und schneiden sie ihr Haar nicht. In den Priesterberuf treten die Söhne der Adligen und der vornehmen Bürger, etwa im siebenten oder achten Lebensjahr. Die Erstgeborenen nimmt man meist wieder heraus, um sie zu verheiraten, selten die anderen. Die Frauen dürfen die Priesterhäuser nicht betreten, ebenso wie es den Priestern verboten ist, in die Wohnung von Frauen zu kommen. Auch gewisse Speisen dürfen sie nicht essen.

Die Hauptmoschee steht auf einem großen Platze, dessen Umkreis von einer acht Fuß hohen Mauer umzogen ist. Ihr gesamter Bereich ist so weit, daß man darin Häuser für 500 Menschen bauen könnte. Die Mauer ist in einem großen Viereck angelegt und hat riesige Tore mit Türmen und Zinnen. Ihr entlang befinden sich die Häuser der Priester und Mönche mit langen Wandelgängen. Der Tempel selbst ist höher als die Kathedrale von Sevilla. Er hat die Gestalt einer viereckigen Pyramide von vier gewaltigen Stufen. Ganz oben auf der weiten Plattform, auf die man durch eine breite Außentreppe gelangt, stehen zwei Turmtempel aus geglättetem Stein und geschnitztem Holzwerk, ln denen die riesigen Götzenbilder thronen. Die Wände um sie herum sind reich geschmückt und mit allerlei Ungeheuern und seltsamen Figuren bemalt. Hier liegen auch die Gräber der Könige. Jeder der beiden Tempel war einem anderen Götzen geweiht, der eine dem Huitzlopochtli, dem Kriegsgotte der Mexikaner, der andere dem Tezkatlipoka, dem Erschaffer der Welt.

Vom Hauptsaale der Tempel gelangt man durch enge Türen in kleine Kapellen, wo kleinere Götzenbilder standen. Diese Räume waren alle voller Menschenblut, das bei den Opfern vergossen worden war. Ich ließ sie reinigen, warf die Götzen allesamt die Treppe hinunter und hing in den Kapellen die Bilder unserer lieben Madonna und andrer Heiligen auf, was Herrn Montezuma und die Edelleute der Temixtitaner arg verdroß. Anfänglich baten sie mich, ich solle dies nicht tun; denn wenn das Volk solches erführe, so könne leicht ein Aufstand entstehen. Die Mexikaner glauben nämlich, wenn man die Standbilder ihrer Götter schlecht behandelt, so rächen sich die Götter, indem sie die Feldfrüchte verderben lassen, so daß alle Menschen des Hungers sterben müssen. Ich stellte ihnen durch den Dolmetsch vor, wie sinnlos es ist, wenn man seine Hoffnung auf Götzenbilder setzt, die man mit eigener Hand aus irdischem Stoff gefertigt hat. Es gäbe nur einen Gott, den Herrn von Himmel und Erde, den Erschaffer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Dieser Gott sei ohn Anfang und ohn Ende. Ihn müsse man anbeten, sonst aber kein ander Geschöpf und kein ander Ding. Dies und anderes ließ ich ihnen sagen, um sie von ihrem Götzendienst abwendig zu machen und sie für die Erkenntnis des alleinigen und allmächtigen Gottes zu gewinnen.

Herr Montezuma gab mir darauf zur Antwort, er hätte mir bereits erzählt, daß er und seine Untertanen ihren Ursprung außer Landes hätten und daß ihre Voreltern vor langer Zeit eingewandert wären. Es sei wohl möglich, daß sich allmählich Irrtümer in ihren Glauben eingeschlichen hätten. Ich aber, der ich erst neulich hergekommen wäre, ich kenne vielleicht besser als sie die Dinge des wahren Glaubens. Also solle ich ihnen diesen verkünden und verständlich machen. Sie wären bereit, alles zu tun, was ich sie Besseres lehre.

Als ich nunmehr alle Götzenbilder hinaustat und unsere Heiligenbilder aufhängen ließ, in Gegenwart des Herrn Montezuma und vieler Edelleute der Hauptstadt, da waren sie alle damit wohlzufrieden. Zudem gebot ich ihnen ernstlich, ihren Götzen keine kleinen Kinder mehr zu opfern, wie dies bisher Brauch gewesen, denn dies mißfiele dem Gott der Christen auf das höchste. Und Eure Kaiserliche Majestät habe solches durch ein strenges Gesetz verboten. Wer einen Menschen töte, der solle auch getötet werden. Von Stund an haben die Mexikaner diesen Brauch gelassen, und solange ich in der Hauptstadt weilte, hat man nicht mehr gesehen, daß Kinder geschlachtet und den Götzen geopfert worden sind.


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