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Das Totental

Ein talausfüllend unermessener Hauf,
Der langsam ziehend ungezählter wird.
Wie eine Herde, die vom Weg verirrt,
Wie eine große Herde ohne Hirt,
Mit angstgelähmtem, hingestoßenem Lauf.

Es faltet eine schwere Finsternis
Die Hände ob der erdenfremden Schar.
Fällt hier wie Asche in ergreistes Haar
Und dort in Locken, einst wie Gold so klar.
Die Angesichter scheinen ungewiß.

Als raubten diese Wanderer alles Licht,
Das durch des Himmels Fugen furchtsam rinnt;
Aus allen Himmelsecken kommt ein Wind,
Der Wolken bricht und sie zusammenspinnt,
Daß fast die Luft vor Finsternis zerbricht.

Am Strome ziehn die Lichtverlöscher her.
Die nackten Sohlen schneidet Muschelkies.
Die Wellen rinnen wie durch Wollenflies. –
Jetzt klemmt den Strom ein klüftig Steinverließ,
Läßt keinen Weg zum Weiterwandern mehr.

Ein Schreiter drängt den anderen in den Schwall,
Der die Erschaudernden ergrimmt umschleicht.
Die Sterbelinnen, die wie Luft so leicht,
Sind bald vom Wasser ganz und gar durchweicht.
Die Strömung staut sich wie durch einen Wall. –

Wohin sie's treibt, kein Auge mehr ermißt.
Die Finsternis verwölbt das Felsentor.
Nur matte Seufzer schlagen noch empor. –
So zieht im Totental der Toten Chor
Des Wegs dahin, der ohne Ende ist.


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