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Die Albanierin

Das Albanierdorf ist wie ausgefegt.
Die serbische Otter die Nester belegt.

Sechzig berittene Schlächter ritten herein
Und schlugen die Türen und Fenster ein.

Keine Katz' ist zu Hause. – Das Streichholz blitzt,
Bis der rote Hahn auf dem Dache sitzt.

Und wo das Dorf in die Felder schwimmt,
Eines Herdes Rauch in die Lüfte klimmt.

Eine sieche Alte, ein Weib und ihr Kind
Im Hüttlein zurückgeblieben sind.

Da drängen die suchenden Reiter herein:
»Heraus, du Hündin! mit Speise und Wein!«

Und die sechzig sind nun alle herbei,
Die Hütte donnert von ihrem Geschrei.

Gestoßen holt sie Schüssel und Krug,
Sie reißen vom Fleische, wie sie's noch trug.

Und zanken sich gröhlend um den Wein.
Da fällt einer hin. »Besoffenes Schwein!«

Ein zweiter – ein dritter – jetzt vier und mehr
Zucken und schlagen am Boden umher.

Was ist das? Schon wälzt sich Leib auf Leib.
»Was hast du getan, verfluchtes Weib?«

Da schreit sie heraus mit zitternder Wut:
»Gift habt ihr im Leibe, verfluchte Brut!

Ich hatte für euch den Tod im Haus,
Ihr schlucktet ihn, und ich rotte euch aus!« –

Einen Augenblick Schweigen. Dann stürzt es heran,
Daß das Weib kaum ›Amen‹ sagen kann.


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