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Meereswahnsinn

Ein Krämer von platter Ehrbarkeit
Hantierte drömig, hantierte breit
Mit Maßen und Gewichten
Im Dorf am Meere. Fischgeruch
Und Wogengestöhne gab's genug
Samt flüsternden Geschichten.

Die wußten was vom Krämersmann
Und sagten's, wie Flutschaum den Kies überrann
Über die Schultern mit Daumendrehen:
Mit dem Krämer wär's manchmal im Kopfe nicht grad,
Und was er zu Zeiten am Meere tat,
Hätten lugende Fischer gesehen.

Alle Jahre faßt ihn verrückte Not,
Und er läßt seinen Laden mit Speck und mit Brot
Und treibt in den Dünen sein Wesen.
Und er kniet vor den Wogen und schluchzt und schreit
Und bindet sich Tang zu Besen breit
Und fegt die Flut mit den Besen.

Und er küßt die langanrollende See
Und spuckt, und sein Mund verstellt sich vor Weh,
Wenn die salzigen Schäume fressen.
Und dann schlägt er die Woge in blinder Wut
Und faßt und umarmt sie mit irrer Glut
Und hält sie mit knirschendem Pressen.

Die Spritzflut umwühlt seinen nackten Leib –
Der Tolle liebt das Meer wie ein Weib!
Ist wochenlang bei ihm geblieben. –
Dann wieder zu platter Ehrbarkeit
Wird er nach solcher Teufelszeit,
Und weiß nicht, was er getrieben.


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