Maximilian Schmidt
Hančička das Chodenmädchen
Maximilian Schmidt

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XIII.

Der Waldhofbauer war, nachdem er die Ahnl nach Hause gebracht, eiligst nach Furth gefahren, wo er durch den Gerichtsbeamten erfuhr, daß eine Untersuchung auf freiem Fuße selbst gegen Kaution nicht geführt werden dürfe, und Franz in Haft bleiben müsse, bis die Zeugen vernommen und darüber an höherer Stelle berichtet worden. Doch tröstete der Beamte den Bauern mit der Aussicht, daß der Fall wahrscheinlich als ganz unbeabsichtigte Körperverletzung angesehen werde und die Möglichkeit vorliege, daß die Untersuchung bald eingestellt und der Gefangene in Freiheit gesetzt werde. Er gestattete dem betrübten Manne auch, in Begleitung eines Aufsehers bei dem Sohne einen kurzen Besuch machen zu dürfen, was sofort von dem Waldbauern ausgeführt wurde.

»Franzl! Ja was waar dös?« rief er ihn an, sobald er seiner ansichtig ward.

»Grüß di Gott, Vater,« antwortete der Sohn. »Gel, da schaugst – eing'sperrt als a Räuber! Aber i verhoff, du woaßt, wie's d' mit mir dran bist?«

»No', was denn! I woaß eh alles. Von der Dummheit schwaatz ma gar nöd. D' Hančička hat mir schon alles erzählt.«

»So bist bei ihr gwen?«

»Grad kimm i her davon. Sie lassen di schö' grüaßen 111 allezam, d' Ahnl aa. Du sollst dem' Kuraschi nöd sinka lassen, hat's g'sagt. Sie bet scho' für di, und kurzum, wir alle stehnga hinter dir.«

»Wie geht's 'n Soukup?«

»Es geht eam nöd schlechtinger. Und denk dir nur, der Quistorenhansl hat's außastudiert, daß 'n Bauern sei' Wunden von der kloan Hacken an sein' Stock herkimmt. No', schö' dumm muaß's zuaganga sein! Also, nenn' 'n G'richt deine Zeugen und nacha wird's scho' recht wern. I sorg scho' dafür, daß ins Blattl glei die richtige Wahret kimmt. Abgehn brauchst dir nix z' lassen. Und somit Gott befohlen, mei' liaba Bua. I schau mi scho' recht oft um um di. Und wenn's d' wieder frei bist, fahr'n ma eini nach Chodenschloß. Aha – warum wirst denn so rötli im G'sicht? Kann mir's schon denken. Ja, ja – schnupf ma amal zum Abschied.«

Franz aber dankte; doch drückte er dem Vater die Hand.

»Grüß ma d' Ahnl!« sagte er. »Und daß fein d' Knecht recht auf d' Roß acht hab'n, bsunders auf die braun' Stuatn.«

»Sei unb'sorgt,« sprach der Alte, »und also b'hüt di Gott!«

Beiden, Vater und Sohn, gewährte die kurze Unterredung eine Erleichterung. Während der Gefangene an seine Verteidigung und wohl nebenbei auch an Hančička dachte, sorgte der Bauer dafür, daß im Further Zeitungsblatt die Aufsehen erregende Nachricht gleich in richtiger Fassung gebracht werde.

Selbstverständlich ward ihm von allen Bekannten die aufrichtigste Teilnahme ausgedrückt, denn der Waldhofbauer war eine allgemein beliebte Persönlichkeit. Er hielt es auch für nötig, von einem Wirtshause ins andere zu gehen, um den üblen Gerüchten die Spitze abzubrechen und Stimmung für seinen Sohn zu machen. Bald wäre er seinem Versprechen, das er heute morgen Hančička gegeben, untreu geworden. Rechtzeitig erinnerte ihn der 113 Knecht, der ihn hergefahren, von der Ahnl hierzu ermächtigt, noch daran.

»Saxendi!« rief der Bauer, »d' Ahnl hat recht! I bin scho' an der Schneid – koan Tropfen will i mehr awilassen. Knecht, trink aus und spann ein; Zeit is's zum Hoamkömma.« –

Die folgenden Tage gingen nun freilich zwischen Hangen und Bangen dahin, sowohl am Waldbauernhofe, wie im Chodenschlosse. Hančička wurde nicht müde, dem Vater immer aufs neue wieder von der gastfreundlichen Aufnahme in Bayerisch-Prennet und von dem männlichen Schutze, den ihr Franz damals angedeihen ließ, zu erzählen, so daß Soukups bisherige Erbitterung auf seinen Gegner nach und nach ganz verschwand und er nun selbst anfing, das unglückliche Mißverständnis seinem voreiligen Dreinschlagen zuzuschreiben.

Der alte Jirka fand sich täglich mehrere Male bei dem Kranken ein und verordnete seine Kräutersäfte, von welchen es besonders der von dem Quacksalber »Adalbertslikör« genannte Trank war, der Soukup außerordentlich zusagte und auf welchen Jirka seine größte Hoffnung setzte. Letzterer bereitete dieses Heilmittel mit dem wunderthätigen Wasser aus dem etwa zwei Stunden entfernten St. Adalbertsbrunn in Milawetsch, welches demselben auch seinen Namen gab.

Infolge zu reichlichen Gebrauches war dem Quacksalber dieses kostbare Wasser ausgegangen, und Hančička erbot sich, solches wieder von dem heiligen Orte zu holen. Der Quistorenhansl, der noch immer das Regiment auf dem Hofe führte, beorderte den jüngst eingestandenen Knecht Aloys, von dem er wußte, daß er mit Pferden gut 114 umzugehen verstand, das Mädchen nach dem vielbesuchten Wallfahrtsorte zu fahren.

Aloys hatte sich in seinen neuen Dienst rasch hineingefunden. Die Stockböhmen, welche kein deutsches Wort verstehen, waren zwar anfangs mißtrauisch gegen den jungen Burschen, indessen wußte sich dieser durch sein freundliches und gefälliges Wesen allenthalben einzuschmeicheln. Er richtete auch jetzt Wagen und Pferd aufs beste zusammen, um Hančička nach dem gewünschten Orte zu fahren.

Als er aber nach echt gemütlicher, bayerischer Wäldlersitte auf dem Sitze neben der Tochter seines Herrn Platz nehmen wollte, bedeutete ihm Frau Soukup, die nebenan stand, kurz:

»Bitte, Kutscher gehört vorn.«

So mußte er sich bequemen, seinen Sitz auf dem sogenannten Spritzleder einzunehmen.

Es mißstimmte den vormaligen Bauernsohn einen Augenblick, so kurzweg als Knecht behandelt zu werden, indessen suchte er es bald nach der Abfahrt zu vergessen, indem er sich bemühte, Hančička nach Kräften zu unterhalten. Das Gesprächsthema war nicht schwer zu finden; was lag näher, als über jene Angelegenheit zu sprechen, die ja die ganze Gegend in Aufregung gebracht.

»Wie moanst du, daß die G'schicht mit dem Waldbauern Kunten ausgeht? No', schaden thuat's eam grad nöd, wenn sei' Haumuat (Hochmut) an' kloan Deuter kriegt.«

»Hochmut?« fragte Hančička; »den kennt Franz nicht. Aber – bei Gelegenheit – ich bin die Tochter des Chodenbauern und werde mit »Sie« angesprochen.«

115 Aloys war verblüfft über diese neue Zurechtweisung, dann entschuldigte er sich in etwas ungeschickter Weise.

Im weiteren Verlaufe der Fahrt ward die Unterhaltung eine sehr spärliche. Erst als Aloys das Mädchen fragte, was die Wallfahrt von Milawetsch Wunderbares enthalte, wurde dieses wieder gesprächig und teilte ihm mit, was sie wußte.

Als das Merkwürdigste führte Hančička an, daß in Milawetsch kein Gemeindehirt beim Austreiben und Weiden des Viehes, wie es sonst in der Gegend üblich, auf dem Horn bläst, aus Furcht, taub zu werden. Er begnügt sich, mit der Peitsche zu »schnalzen« und so den Hauswirten das Zeichen zum Loslassen und Austreiben des Viehes zu geben. Und das kam so.

Einer Sage nach ruhte der heilige Adalbert, Bischof von Böhmen, bei seiner Rückkehr aus Rom im Jahre 996 bei Milawetsch (böhmisch Milaveč) auf einem Rasen aus und schlief ein. Da kam ein mutwilliger Hirte und blies dem schlafenden Bischof recht derb ins Ohr. Zur Strafe dafür wurde der Hirte sofort taub. Zum Andenken hieran haben hierauf die Bewohner des Dorfes Milawetsch jedem ihrer Hirten das Blasen auf dem Horn streng verboten, was bis zum heutigen Tage befolgt wird. Einige Hirten, die absichtlich gegen dieses Gebot handelten, sollen ebenfalls der Strafe, taub zu werden, verfallen sein.

Auf derselben Stelle aber, wo der heilige Adalbert geruht, ist eine klare, frische Quelle entsprungen. Die Quelle wurde zu einem ordentlichen Brunnen hergerichtet und mit einer Kapelle überwölbt und ihm der Name des heiligen Adalbert (böhmisch »Vojtěška«) gegeben. Diesem frischen, guten Wasser wird von den Wallfahrern, welche 116 aus der ganzen Umgegend in starken Prozessionen zu dem Gnadenorte zu kommen pflegen, eine besondere Heilkraft zugemutet, in welche auch der alte Jirka sein Vertrauen hatte. –

In Milawetsch angekommen, begab sich Hančička sofort mit ihrem Kruge zur Kapelle des Adalbertbrunnens und von da zu der in Mitte des Dorfes sich befindenden Pfarrkirche, in der sie nach verrichtetem, kurzem Gebete die Freskomalereien an der Wand betrachtete, wo jene Szene, wie der boshafte Hirte dem heiligen Bischof ins Ohr bläst, bildlich dargestellt ist.Vor Zeiten bestand bei diesem St. Adalbertsbrunnen auch eine förmliche Heilanstalt. In historischer Beziehung ist von Interesse, daß hier im Jahre 1467 die deutschen Kreuzfahrer durch den böhmischen König Georg von Podebrad eine blutige Niederlage erlitten.

Als Hančička nach dem Einkehrhause zurückkehrte, in welchem das Fuhrwerk eingestellt worden, war Aloys nicht zugegen. Dafür wartete ihrer der Quistorenhansl.

Als nämlich der Schloßbauer erfahren, daß Hans dem jungen Burschen sein Kind anvertraut, den man nicht genauer kenne, machte er ihm darüber Vorwürfe, so daß Hans, dem das Mißtrauen seines Herrn einleuchtete, sich sofort entschloß, eiligst nach Milawetsch zu folgen.

Aloys hatte bei der Ankunft dortselbst das Pferd dem Hausknecht übergeben und sich nicht weiter um dasselbe gekümmert. Schon bei der Einfahrt ins Dorf hatte er einen der Schmuggler erblickt, denen er damals geholfen, als er nach dem böhmischen Brunnen versprengt wurde. Er sah denselben in eine Weinkneipe nahe des Einkehrhauses eintreten und zog es vor, bis Hančička 117 aus der Kirche zurückkäme, dortselbst ebenfalls zuzusprechen.

Es war eine niedere, düstere Stube, in welche er eintrat. Ein dichter Tabaksqualm erfüllte den kleinen Raum, in welchem sich nur wenige Tische befanden, von denen nur einer besetzt war, und zwar von den ihm wohlbekannten beiden Paschern. Der Wirt, in Hemdärmeln, roter Weste und brauner Zunderkappe, saß bei ihnen.

Der Eintretende ward freudig begrüßt, aber, nachdem er Platz genommen und ein Seidel Wein bestellt, auch sofort zur ausschließlichen Zielscheibe ihrer zumeist derben Witze gemacht. Sie spöttelten darüber, daß er sich, ein ehemaliger Bauernsohn, zur Stellung eines Knechtes herabwürdige gegen schlechten Lohn, nachdem er als ihr Helfershelfer bei einem einzigen guten und gelungenen Zuge mehr verdienen könne, als so in einem ganzen Jahre. Dabei tranken sie ihm fortwährend zu, und Aloys trank sich in eine gewisse Aufregung hinein.

Daß er hier nur der armselige Knecht sei und bleibe, das hatte er schon recht lebhaft empfinden müssen und den Schlemmern gelang es nicht unschwer, ihn zu sich auf eine abschüssige Bahn zu locken.

Der eine der Pascher hielt ihm die Plage und den schlechten Verdienst eines Ehehalten vor und sang mit klangloser Stimme, nachdem er soeben sein Goulasch mit Appetit verzehrt, von der schlechten Kost der Dienstboten im Böhmerwalde, mit dem Endreim:

»Koa' Bröckl Schmalz drauf,
Koa' Bröckl Schmalz drein,
So tunkt ma halt d' Rogganudl
In d' Kraut Suri ein.«

118 Und den Lohn derselben bespöttelte er mit den Versen:

»Die Kost, die habt's g'hört.
Wie steht's mit'n Lohn?
's kriegt oana drei Gulden
Und zwoa Gulden dron. (Darangeld, Dinggeld.)
Zwoa Strümpf und zwoa Fäustling,
Zwoa Pfoaden, zwoa Schuah,
Is dös nöt als Lohn
Für an' Bauernkned gnua?
Kimmt nacha der Sunnta,
So bringt ma 's Geldl ein,
So hoaßt's drauf auf Liachtmeß
Soll i schuldi no' sein.
Dö Viere san schuld dran,
I selba dakenn's,
Da Spielmann und d' Kellnerin,
Da Maßkrug und 's Mensch.«Gleichwie in den österreichischen Alpen wird auch im Böhmerwalde dieser Ausdruck ohne allen verächtlichen Nebenbegriff gebraucht für Mädchen, Liebchen.

In Aloys erwachte die Erinnerung an die guten Tage in seinem Vaterhause, wo er Aussicht hatte, einst den Herrn spielen zu können, während er jetzt in der That, wie ihm die anderen vorschwatzten, nur ein Sklave war. Daß er seine Lage durch leichten Gewinn verbessern könne und müsse, leuchtete ihm bei jedem neuen Glase, das er leerte, mehr ein, um so mehr aber, als er seinen ledernen Geldbeutel hervorzog und kaum im stande war, die Zeche zu bezahlen.

Aber von dieser Sorge befreiten ihn die andern, indem sie unter Aufmunterung zum Trinken erklärten, daß er ihr Gast sei. Es lag ihnen viel daran, den Burschen, der alle Wege und Stege an der Grenze kannte, besonders 119 aber im Bayerischen drüben, wo sie weniger ortskundig waren, für ihre Unternehmungen zu gewinnen und ihn zu bewegen, so rasch als möglich seinen Dienst beim Schloßbauern wieder aufzugeben.

Aloys war schon daran, sein Einverständnis zu erklären, als der Quistorenhansl in die Stube trat und ihn ein paar Mal über den Rücken schlagend, rief:

»Verfluchter Bursch, ist das Manier, Herrschaft warten zu lassen, Pferd vernachlässigen und hier mit solchen Lumpenkerl beisammensitzen?«

Aloys war aufs höchste beschämt. Im ersten Augenblicke sprang er auf und machte Miene, den Quistorenhansl anzupacken, aber der Wirt, ein stämmiger Mann, riß ihn zurück mit den Worten: »Er hat recht. Einem nachlässigen Knecht gehören Schläg, viel Schläg. Schlag nur zu, Hansl, schad't nix dem Bürschl.«

Aloys wollte sich in Schimpfereien über die czechische Flegelei ergehen, da kam er aber schlimm weg. Der Wirt packte ihn an der Schulter und warf ihn zur Thüre hinaus. Schallendes Gelächter der vorigen Zechgenossen begleitete diese Prozedur.

Mit etwas unsicheren Schritten eilte nun Aloys zum Einkehrhause, vor welchem Hančička und der Hausknecht mit dem angespannten Wagen seiner harrten. Aber ihm nach kam der Quistorenhansl, der ihm bedeutete, daß er selbst den Wagen lenken werde, da man die Tochter des Herrn Soukup keinem Betrunkenen anvertraue. Aloys solle ihnen nur zu Fuße folgen.

»Da geh i lieber ganz fort,« sagte er trotzig.

»Wär' nicht schad,« meinte der Quistorenhansl. »Aber der Schloßbauernhof ist kein Taubenschlag; kannst 120 aufkünden Michaeli, ausstehen Lichtmeß. Werden dir's schon zeigen, nachlässiger Bursch!«

Diese Zurechtweisung vor Hančička machte Aloys schnell wieder nüchtern. Er sah sein Unrecht ein und bat, Hans möchte ihm heute sein Vergehen nachsehen; so etwas käme nicht wieder vor. Auch Hančička legte nun ein gutes Wort für ihn ein, aber der Böhme sagte:

»Lern erst treu sein; so lang das nicht bewiesen, verdienst du kein Vertrauen mehr.«

Er bat dann das Mädchen, aufzusitzen, und fuhr in rascher Gangart mit ihr von dannen.

Der Hausknecht lachte Aloys, der sprachlos dem Wagen nachstarrte, weidlich aus und meinte in gebrochenem Deutsch: »Das sein Böhmerart! Schläg oder Ehr – Mittelding giebt's nicht.«

Aloys hatte nicht lange die Wahl. Es wäre für ihn zu demütigend gewesen, zu den Paschern zurückzukehren, die ihn so rücksichtslos ausgelacht, als er hinausgeworfen wurde. Dagegen klang ihm Hančičkas teilnehmende Fürbitte besänftigend in den Ohren. Er hoffte, sie würde ihn auch bei den Eltern in Schutz nehmen, und da ihm keine andere Wahl blieb, als seinen Dienst weiter zu versehen, so schritt er eiligst die Landstraße dahin, dem Chodenschlosse zu.

Es drängte ihn ein unbestimmtes Etwas, der bösen Versuchung der Pascher zu widerstehen, zu seiner Dienstherrschaft zurückzukehren, selbst auf die Gewißheit hin, daß er dort wieder Schmach und Schande ausgesetzt sein würde. Durch seine feige Flucht hätte er ja im ganzen Grenzgebiete als ein nachlässiger und schlechter Mensch gegolten, dem künftig jeder weitere Eintritt in einen Dienst erschwert 121 gewesen, es wäre ihm damit auch eine, freilich bislang nur schwache Hoffnung versiegt, die in den Feierstunden sein liebstes Denken bildete.

Die Hauptstrafe für seinen Leichtsinn war wohl die Angst, mit der er sich dem Chodenschlosse näherte, doch dort wurde von seiten des Quistorenhansls auf dringendes Bitten Hančičkas ein Gnadenakt ausgeübt und der Chodenbauer von dem Vorfalle gar nicht in Kenntnis gesetzt. Nur Frau Soukup erfuhr davon. Sie konnte aber dem Burschen nicht ernstlich böse sein, weil sie sich noch zu lebhaft der Ungerechtigkeit erinnerte, welche er in ihrem Hause erduldet.

Außerdem sah sie in ihm einen armen, vom Unglück Verfolgten, der vom Schicksal ohnedem genug geschlagen sei. Zu ihm selbst aber sagte sie, als er sich ihr sichtlich verlegen nahte: »Aloys, in Milawetsch muß man Wasser trinken, das ist heilsam und – man bleibt dabei nüchtern. Nüchtern sein, das ist die erste Regel für den Kutscher. Merk dir's, Aloys!«

Und als ihr dieser für die gnädige Strafe danken wollte, unterbrach sie ihn mit den Worten:

»Die Sache ist begraben; es liegt an dir, daß wir die Alten bleiben.«

»Und bei der Hančička kannst di bedanken, daß der Herr nix erfahren,« setzte der Quistorenhansl hinzu.

Hančička! Das Wort klang ihm wie Musik in den Ohren. Rasch entgegnete der Bursche daher:

»I müaßt a Schuft sein, wenn i Enk nöd dankbarli wär. Oes sollt's Enk nöd in mir täuschen, g'wiß nöd. Auf Ehr und Seligkeit!« 122


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