Peter Rosegger
Peter Mayr der Wirt an der Mahr
Peter Rosegger

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Heilig, heilig, heilig ist der Herr Napoleon Bonaparte!

Im Wirtshause an der Mahr um einen großen Tisch sind mehrere Männer versammelt. Auf dem Tische liegt ein wuchtiger Laib Brot mit dem dazugehörigen Schnittmesser, daneben steht ein großer Zinnkrug. Jedoch die Männer gehaben sich nicht, als wären sie zusammengekommen zum Essen und Trinken. Lauter markige Bauerngestalten sind es in der malerischen Tracht: kurze braune Joppe mit roten oder grauen Aufschlägen, Knielederhosen, weiße Strümpfe, niedrige Bundschuhe. Ueber dem roten Brustfleck der grüne oder braunlederne Hosenträger und um die Mitte ein breiter Ledergurt. Mehrere haben ihre hohen Spitzhüte mit Schnur und Hahnenfeder auf. Die Gesichter sonngebräunt, knochig, bebartet, die Züge derb, die Augen feurig. Die einen sitzen bekümmert gebeugt, die andern trotzig aufrecht. Ein paar haben kurze Tabakspfeifen in der Hand, vergessen aber, sie zum Munde zu heben, denn lebhaft führen sie ein leises Gespräch, und wer mit dem Munde schweigt, der spricht mit den Augen, mit dem Neigen des Hauptes, mit dem Zucken der Hände; ganz und gar ist jeder bei der Sache, die wohl eine sehr wichtige sein muß.

Während die übrigen saßen, stand einer aufrecht und stützte seine Faust an die Ecke des Tisches. Das war ein schlank, stark und schön gebauter Mensch von etwa vierzig Jahren. Sein Gesicht wies starke Wangenknochen und eine breite Stirn. Ueber dieser hingen quer ein paar rötlichblonde Haarlocken herein bis zu den runden, ziemlich tiefliegenden Augen. In diesen braunen Augen glühte ein sanftes, freundliches Feuer, das aber manchmal plötzlich aufzuckte in greller grünlicher Blitzglut. Die Nase sprang aus dem Stirnwinkel kühn hervor und ging dann in gerader Linie nieder bis zur etwas stumpfen Spitze über dem weichen, nach beiden Seiten hinaus gestrichenen Schnurrbart. Wenn er schwieg, war der Mund fest zusammengekniffen, wenn er sprach, so sah man die obere Reihe weißer Zähne. Kinn und Wangen waren glatt rasiert, nur unter den Ohren hatte er zwei Bartflöckchen. Die Züge des sonnengebräunten Gesichtes waren so, daß man immer wieder darauf hinblicken mußte. Sein Anzug unterschied sich jetzt von dem der Andern dadurch, daß er keine Joppe anhatte, sondern in bloßen weiten, aber an den Knöcheln enggebundenen Hemdärmeln war. – Vor uns steht Peter Mayr, genannt der Wirt an der Mahr.

»Verschmäht mir Brot und Wein nicht!« sagte nun dieser Mann mit etwas gedämpfter Stimme zu den andern. »Auf Körperkraft müssen wir auch denken, die werden wir wohl zu brauchen haben.«

Auf solches Wort faßte der älteste unter den Männern den Brotlaib und das Messer, machte mit der Spitze des Werkzeugs das Zeichen des Kreuzes auf das Brot und feierlich, als begehe er eine heilige Handlung, schnitt er ein Stück ab.

In demselben Augenblicke ging die Thür auf, und als sie sahen, wer da eintrat, war ihr Erstaunen groß. – Was soll das bedeuten? Ist jetzt eine Zeit für Fastnachtsscherze? Und von einem solchen Mann?

Der am Tische Aufrechtstehende that langsam ein paar große Schritte gegen den Eintretenden und fragte: »Herr Pfarrer, wie ist das zu verstehen?«

Der Angesprochene war ein Mann mit rundem Gesichte, klugen Augen, glatten Händen und trug am Leibe die Gewandung eines Hirten. An einem Fuße hatte er grobe, durchlöcherte Beschuhung, am andern war er barfuß; auf dem Rücken schleppte er einen Korb mit Kräutern, daraus ragte der rostige Stiel einer Pfanne hervor, wie solche Hirten zur Bereitung ihrer Kräutersuppe mit sich zu tragen pflegen. In der Hand hatte er einen langen Gebirgsstock.

Der hastig Eingetretene fragte den Wirt leise: »Ist es bei euch sicher, Peter? Gut, dann schließt die Thür ab.«

»Das darf ich ja nicht thun,« antwortete der Wirt. »Die Kirche kannst du freilich verschließen, Pfarrer, aber das Wirtshaus muß offen bleiben. Ist was auszumachen, so wollen wir in die obere Stube hinaufgehen. Kommt nur mit, Männer.«

Da schritten sie hinaus und stiegen die Holzstufen hinan in das obere Gelaß, wo sich einer um den andern hinsetzte auf die Bank.

»Wie sollen wir das deuten?« fragten sie den Pfarrer.

»So weit ist es gekommen,« sagte der Ankömmling und legte geräuschlos seine Sachen ab, »so weit unter dieser welisch-bayrischen Herrschaft, daß euer von Papst und Kaiser aufgestellter Pfarrer vermummt wie ein Schelm muß umherschleichen in seiner Gemeinde. Schaut nur einmal, seit heute morgen bin ich vom Freimaurerpapst zu München meines Amtes entkleidet und soll gehen, um mich vor dem Kreisrichter, diesem saubern Herrn, zu verantworten.«

»Gehst du?« fragte einer.

»Fällt mir nicht ein. Der Bayer ist nicht mein Herr.«

»Verantworten sagst du? Wofür, Pfarrer?«

»Fürs erste, daß wir in unsrer Kirche am fünfundzwanzigsten Juli das Fest des Apostels Jakobus gefeiert haben.«

»Wir sollen unsern Pfarrpatron nicht mehr verehren?« brausten mehrere auf.

»Die Feiertage sind gesetzlich abgeschafft,« fuhr der Pfarrer fort, »auch der Kirchenbesuch an den Werktagen ist abgeschafft. Höret mich nur an. Gerade vor einer Stunde ist der Klausen-Oswald nach Brixen getrieben worden, weil ihm die fremden Büttel begegnet sind, wie er im Sonntagsgewand auf dem Kirchweg ist. Heute ist, ihr wisset es, der Tag des heiligen Oswald, da hat er zu Ehren seines Namensheiligen in der Kirche ein paar Vaterunser beten wollen. Dafür sitzt er jetzt im Kotter.«

»Steht es so?« sagte einer der Männer; er flüsterte es fast und erhob sich von seiner Bank.

»Es ist wohl noch mehr,« fuhr der Priester fort. »Männer von der Mahr und von Sankt Jakob und von Schalders, ich sage es euch: Wenn wieder Winter kommt und die Weihnachtszeit, wird uns Tirolern kein Christ mehr geboren werden.«

»Wie ist das zu verstehen, Pfarrer?« fragte der Wirt an der Mahr.

Da antwortete der Pfarrer: »Es darf keine Rorate mehr abgehalten werden im Advente, kein Mitternachtsgottesdienst mehr in der Christnacht. Wegen der nächtlichen Ruhe und Ordnung, heißt es. Aber ich denke, es ist was andres, die Heiden fürchten sich vor christlichen Versammlungen. Aller Glockenklang ist verboten, aller Orgelton und aller Freudensang. Totenstill muß es werden, nur der bayrische Adler will kreischen auf den Türmen und die Freimaurer werden den Antichrist predigen und der Bonaparte wird das Jesukind aus der Krippe reißen und töten lassen, das ist der neue Herodes. Denn der Napoleon will alleiniger König sein im Himmel und auf Erden. Nur der fünfzehnte August soll der einzige große Festtag sein, an welchem alle Völker des Erdkreises auf ihren Knieen und auf ihren Bäuchen liegen müssen.«

»Am fünfzehnten August,« sagte einer der Bauern nach. »So hält er wenigstens noch etwas auf Unsre Liebe Frau.«

»O mein Rampesbauer!« rief der erregte Pfarrer dem Manne zu, »du glaubst, weil am selben Tage das Fest Maria-Himmelfahrt ist! Das ist vorbei, mein Lieber!«

»Der Herr Bonaparte wird doch nicht mir zu Ehren den fünfzehnten August feiern lassen,« versetzte jetzt der Mahrwirt mit einiger Schalkheit. »Ich meine halt, weil das gerade mein Geburtstag ist.«

»Am Ende seid ihr Zwillingsbrüder, du und der Napoleon!« lachte der Pfarrer überlaut.

»Dafür bin ich fürs erste um ganze zwei Jahre zu alt,« sagte der Mahrwirt.

»Und fürs zweite?«

»Hätte der schon im Mutterleib seinen Bruder umgebracht,« setzte der Rampesbauer ein.

Der Pfarrer fuhr fort: »Man kann sich's überhaupt nicht vorstellen, wie dieser Tyrann vom Weibe stammen soll. So gar nichts Mildes und nichts Menschliches ist an ihm. Aber geboren wurde er doch. Leider wurde er geboren, und zwar gerade am Himmelfahrtstage. O freuet euch nur auf den nächsten Himmelfahrtstag, da werden die Glocken läuten im ganzen Land. Die fremden Söldner werden uns in die Kirchen geleiten mit aufgesteckten Bajonetten, auf dem Opfertische wird man katholische Christen ausplündern und die fromme Gemeinde wird vor seinem Bildnisse singen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Napoleon Bonaparte!«

Während der Pfarrer im glühenden Zorne also gesprochen hatte, waren nach und nach alle aufgestanden und unruhig geworden. Nur Peter, der Mahrwirt, hatte seinen Gleichmut bewahrt.

»Das ist übertrieben,« sagte er, »geredet wird gar viel. Bis so etwas geschieht in Tirol, rinnt noch gar viel Wasser hinab den Eisack. Das neumodische Evangeli wird auch noch seinen Herrn finden. Wollen erst einmal hören, was die Bischöfe sagen.«

»Die Bischöfe?« fragte ihn der Pfarrer, »welche Bischöfe? – Glaubt ihr denn wirklich, ich treibe mich aus Uebermut umher wie ein Schalksnarr? Oder es wäre mir Hirn und Herz in die Stiefel gefallen, daß ich gar nicht mehr wüßte, was zu thun ist, wo ich Beschwerde führen und Zuflucht finden könnte? Wisset doch: die Bischöfe sind abgesetzt, verfolgt. Auch der unsere zu Brixen hat sich gestern ins Gebirge geflüchtet. Werden sie erwischt, so geht's ihnen wie dem heiligen Vater, den man in den Kerker geworfen hat.«

»Den Papst?«

»'s ist ihnen keiner zu hoch und keiner zu gering. Was Priester ist, wird vogelfrei.«

»Was thun sie denn, daß man sie verfolgt?« rief der Rampesbauer.

»Nicht weil sie thun, was sie thun, sondern weil sie sind, was sie sind. Darum werden sie gefangen, wenn nicht gar hingerichtet. Der Bonaparte thut Märtyrer machen, ich sage es euch!«

»Was ist das für eine Zeit!« rief der Rampesbauer und schlug die Hände ineinander, »was haben wir angestellt, daß uns Gott so verlassen kann?«

»'s ist nicht Gott allein, der uns verlassen hat!« rief einer.

»Gott und der Kaiser ist ja doch unser Erstes und Letztes!«

»Haus Oesterreich allein ist unser Schutz und Schirm,« sagte der Pfarrer, »so wie Tirol Oesterreichs Herz und Schild ist. Das gehört zusammen, solange die Berge stehen . . .« Hier zuckte er mit der Stimme ab; erwartungsvoll schauten die Männer auf ihn. Der Pfarrer sagte ganz leise, aber mit einer heftigen Handbewegung: »Auf! Auf müssen wir!«

Der Wirt, der ihm stramm gegenüberstand, entgegnete gelassen: »Das meine ich auch.«

Nun schwiegen sie und standen finster da. Der Stauker aus Sarns kauerte auf der Bank, stützte seine Ellbogen auf den Tisch und über der Stirn faltete er die Hände. »Haben wir ein solches Unglück verdient?« murmelte er dann. »In Fried' und Arbeitsamkeit haben wir gelebt zwischen unseren Bergen, den Reisenden Gastrecht gewährt, den Fremden geachtet, verträgliche Nachbarschaft gehalten mit den Bayern, mit den Welschen. Und jetzt so schreckbar niedergeworfen!«

Jäh brauste nun der Wirt auf: »Dieser gottverdammte Preßburger Frieden! Es ist nicht wahr! Es gilt nicht! Denn die Bayern halten's nicht, was sie versprochen, sie halten's nicht! Männer, sie halten's nicht. – Ihr kennt die Schrift. Was steht geschrieben? Tirol soll alle Titel und Rechte haben wie bisher, und nicht anders. Den Tirolern wird Glauben und Sitte gewahrt wie bisher, ihre alten Freiheiten bleiben ihnen zu eigen wie bisher, und nicht anders. Die Tiroler marschieren nicht in fremdes Land, sie sollen sein zum Schutze ihres eigenen Landes, und nicht anders. Das, ihr Männer, steht drin, das steht in der Schrift! Erlogen ist es, und erlogen, und dreimal erlogen, was sie haben zugesagt . . .«

Plötzlich brach er ab, sein Auge sprühte fast grünliche Funken, aber sein Antlitz war blaß geworden wie Lehm.

»Wir wissen es wohl,« sagte nun ein alter Bauer, »sie wollen uns hündisch machen. Schweifwedeln sollen wir vor ihnen und den österreichischen Bruder in die Waden beißen. Ja, wenn wir dumm genug wären!«

»Und schlecht genug!« setzte der Rampesbauer bei. »Das feige Luder möcht' ich kennen!«

»Unsre Freiheiten und Rechte!« lachte der alte Bauer, »nicht einmal unseren Namen haben sie uns gelassen. Wir heißen Südbayern. Es gibt kein Tirol mehr!«

Hierauf sagte der Mahrwirt auf einmal wieder ganz ruhig, fast lässig: »Das wollen wir erst sehen, ob's kein Tirol mehr gibt.«

»Und für eine so schandvolle Falschheit verlangen sie von uns Treue!« versetzte der Rampesbauer. »Dieser Frieden gilt nicht. Wir sind kaiserlich.«

»Und das bleiben wir!« stimmten die andern bei. Nur der Mahrwirt schwieg, schaute finster auf die Diele nieder, und nach einer Weile murmelte er's noch einmal: »Das wollen wir sehen, ob's kein Tirol mehr gibt.«

Da war es gerade in demselben Augenblicke, daß draußen auf der Straße eine dünne schreiende Stimme daherkam.

»Wer kauft, wer kauft?« rief sie. »Schöne Kruzifixelein und Kelche! Neu und sakermentiert! Der Gnadenchristus aus der Josephikapelle um sechsunddreißig Kreuzer! Um dreißig Kreuzer schlechtes Geld! Christen, wer kauft? Und eine Monstranze, drei güldene Pfunde wiegt sie. Für fünfzig Gulden das Santissimum! Für fünfundvierzig Gulden schlechtes Geld! So viel als geschenkt! Mehr als geschenkt. Um diesen Preis – Gott wie bin ich leichtsinnig! – nur die braven Südbayern, vormals Tiroler, sollen es haben um diesen Preis. Die Bayern nicht! Frankreich und Kompanie auch nicht! Kaufet, Christen, kaufet! Was heute nicht weggeht, kommt morgen in den Schmelztiegel! Sünd' und Schade drum! Und sakermentiert! Wer kauft?«

Ein Jüdlein war's, das des Weges herangehuscht kam, im Arm das dunkelgrüne Bündel, aus welchem zwischen Tuchrändern die Hand eines Kruzifixes, die Zackenspitze einer gothischen Monstranze hervorstanden.

Die Bauern in der Stube schauten zu den Fenstern hinaus und einer von ihnen, der Stauker aus Sarns, ein hagerer, gebückter Mann, dem Haupt und Arme vor Aufregung zitterten, packte den Wirt am Gurte und sprach: »Peter, leih mir einen Stutzen! Diesen Wichtling muß ich niederlegen.«

»Den Juden?« fragte der Wirt. »Der thut ja nur, was seines Amtes ist. Was haben ihm Kruzifix und Monstranz für Bedeutung? Aber die Bayern mußt niederlegen, Stauker von Sarns. Die Bayern haben Tauf' und Chrisam in der Haut und rauben doch die Kirchen aus; nennen sich katholische Christen und verkaufen das Kreuz an den Juden. Die Bayern mußt du niederlegen, Stauker von Sarns!«

Sie gingen hinaus und schickten sich an, dem Jüdlein die Sachen abzunehmen. Dieses erhob ein klägliches Geschrei und lief die Straße zurück gegen Sankt Jakob, von woher eine Truppe Soldaten kam.

Der Rampesbauer nickte mit dem Kopf: »Sie sind schon wieder da. Hätte mich wohl gewundert, daß der Jud' in solchem Handelsgeschäft sich so weit vorwagen wollt', aber es ist halt endlich sein Messias gekommen, der Bonaparte, und der schickt ihm zu rechter Zeit die braunhoseten Schutzengel!«

»Saubere Schutzengel, die anstatt Flügeln lange Messer haben hinter den Schultern!«

»Schockel-Franz, solche Red' über heilige Sach' ziemt sich nicht!« verwies ein alter Bauer den, der das obige Wort gesagt.

»Die Bayern sind mir keine heilige Sach' und der Jud' auch nicht,« entgegnete der Schockel.

»Aber der Schutzengel soll dir's sein, wenn du nicht etwa auch schon ein Neugläubischer bist.«

Das Jüdlein hatte sich mittlerweile hinter die Soldaten verschanzt, welche mit ihm allerlei Gespötte trieben.

Die Bauern zogen sich wieder in das Haus zurück, denn es sollten an diesem Tage noch wichtige Sachen beraten und ein Beschluß gefaßt werden. Jetzt aber kam bei der hinteren Thür der Meßner von Sankt Jakob hereingeschlichen. Er hatte gehört, es sei der Herr Pfarrer im Hause. Nach dem Herrn Pfarrer sei Nachfrage.

»Ich glaub's, daß die Bayern ihm nachfragen,« sagte der Schockel-Franz.

»Nicht die Bayern!« begehrte der Meßner auf, »da möchte ich wohl nicht so dumm sein und ihn suchen helfen. Daß ich's sage: Wallfahrer sind gekommen. Ihrer etliche Frauenzimmer, vom Pusterthal her, glaube ich. Bessere Leute müssen es sein nach dem Aussehen. Heute zu Mittag sind sie angekommen. Habe sie in die Kirche gelassen, beten fleißig; haben auch schon was geopfert, glaube ich. Jetzt wollen sie halt ihre Sünden ausleeren und morgen, ehe sie wieder fortmachen, die heilige Messe hören und darauf nachher abgespeist werden. Und ist kein Pfarrer da, wo sie so weit herkommen. Davor müßt ihr euch bei den Bayern bedanken, habe ich gesagt, daß kein Pfarrer da ist, habe ich gesagt. Diese gottverfluchten Bayern! haben sie zurückgegeben und die Bayern verfluchen, das wäre keine Sünde nicht.«

»Das Fluchen hilft nichts,« sprach der Wirt.

»Aber das Beten hilft halt auch nichts, sonst müßt's schon anders sein,« versetzte der Rampesbauer. »Was hilft denn nachher?«

»Das Zuschlagen,« sagte der Wirt.

»Wenn ich ihnen den Herrn Pfarrer könnt' verschaffen,« fuhr der Meßner fort, »so wollten sie schon erkenntlich sein, haben sie gesagt. Ist recht, sage ich, will ihn suchen gehen, vielleicht finde ich ihn. Die Gegend um unsre Kirche herum ist heute frei von Unfrut, glaub' ich.«

»Ich wollt' nicht trauen!« gab der Stauker zu bedenken, »just vorhin ist ein Schwarm Bayern vorübergezogen.«

Der Pfarrer ging hervor und erklärte sich bereit, hinaufzusteigen zur Kirche. »Wo christgläubige Seelen die heiligen Gnadenmitteln verlangen, da wird der Priester nicht erst fragen, ob's den Fremden recht ist,« sagte er, »allsogleich gehe ich hinauf.«

»Und sind sie drinnen, er und die Beichtkinder, dann sperre ich ab,« beruhigte der Meßner. »Solange ich vorhanden bin, wird unserm geweihten Herrn nichts geschehen.«

»Für alle Fälle,« sagte der Wirt, »ist oben auf der Mahralm in der hintern Heuhütte Brot und Speck zu finden; auch zwei Stutzen und ein Horn Pulver.«

»Vergelt's Gott!« antwortete der Pfarrer. »Ein wenig Gottvertraun und viel Pulver, nachher wird alles recht werden.« Hierauf ging er in seiner abenteuerlichen Tracht mit dem Meßner davon.

Die übrigen Männer blieben noch beisammen im oberen Gelasse des Mahrwirtshauses und durch ihre Berathungen ging der Grundzug: Gottvertrauen und Pulver.



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