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IX.
Abschied von der »Sappho«

Um drei Uhr nachmittags warf die Yacht »Sappho« auf der Reede von Brest Anker.

– Leben Sie wohl, Tammuz, denken Sie zuweilen an die Fliegende Gräfin, die jetzt von Erinnerungen und Bedauern leben wird. Sollte Ihr Gedanke eines Tages zärtlich werden, oder das Leben Sie schlecht behandeln, immer werden Sie auf diesem Schiffe eine Schwester finden, die sich mit Freuden in eine Geliebte verwandeln wird.

– Leben Sie wohl, Limerick, denken Sie an den Tod, den wir zusammen so nahe gesehen haben, und suchen Sie einen Weg, der zum Heile führt. Wenn Ihr Gedanke sich zu mir wenden will, erheben Sie ihn zu Gott; ich bin nur ein blasser Kondottiere der Liebe, der das Unmögliche sucht; ich werde die Sappho nicht wiedersehen, aber ich werde sie niemals vergessen.

Mit düsterer Miene sah die Gräfin Limerick, wie sich das Boot von der Yacht löste und den einzigen Mann davontrug, den sie lieben konnte, den einzigen wenigstens, den sie glaubte lieben zu können.

Kaum war Tammuz am Quai angelangt, als er vier junge Leute erblickte, die sich ihm mit großen Gebärden bemerkbar machten; er erstaunte, aber noch mehr, als er Rose, Lilith, Stella und Lucia erkannte.

– In welchen Zustand sie ihn gebracht hat, die Schamlose, rief Rose.

– Wie blaß Sie sind!

– Was machen Sie in Brest? fragte Tammuz, ganz bestürzt.

– Undankbarer, sagte Stella.

– Sie haben mich gesucht, rief er, und Tränen füllten seine Augen.

– Ah, ich bin schuldig, meine Schwestern.

– Ja, das sind Sie, rief Lilith.

Sie zogen ihn auf die Seite und erzählten ihm:

Müde von Angst, waren Rose und ihre drei Freundinnen nach dem Schlosse von Leukadia gefahren; dort hätte man sie erst herausgefordert, dann geküßt; als Simzerla versicherte, Tammuz sei an Bord der Sappho gestiegen, waren sie der Küste gefolgt, von Postyacht zu Postyacht; nachdem sie einen Monat nach allen Richtungen gefahren waren, hörten sie, daß man die seltsame Flagge bei der Insel Quessant gesehen habe; da hatten sie sich nach Brest begeben, um Jagd auf den Korsaren zu machen, der ihnen Tammuz entführt hatte.

Sicher gehorchten in diesem Plane die Gynandres einem Romane Dumas, Drei Musketiere.: Faventine nannte sich Artagnan, Stella hieß Athos, Lilith war Aramis, Lucia endlich Porthos.

Trotzdem war der junge Mann so gerührt, daß er nicht sprechen konnte, während die Gynandria strahlten, stolz auf sich selbst, trunken von ihrer männlichen Verfolgung, so zufrieden mit sich, daß sie nicht ruhig bleiben konnten.

Auf dem Bahnhof nahmen sie das Aussehen von Gendarmen an, die einen Gefangenen bewachten: dabei amüsierten sie sich köstlich.

Rose de Faventine neigte sich zu Tammuz und flüsterte ihm ernst ins Ohr:

– Ich habe gelitten, sehr gelitten.


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