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VI.
Die Galeerensklavin

Nicht nur der Mann der modernen Gesellschaft macht sich zum Lebel der weiblichen Sodomie; wie diese Dämonen, die in der Hölle der Fresken die Verdammten wieder in die Fluten von brennendem Pech zurückstoßen, erhebt sich zwischen der Rückkehr zur normalen Liebe und der Gynandre auch der einst abgewiesene Mann, der unerbittlich seinen Stolz rächt.

Wenn eine Frau der Gesellschaft gefallen ist, in einem Taumel der Intimität, aus krankhafter Neugier, macht ihr ein Mann der Gesellschaft einen unsauberen Antrag.

– Gehöre mir, da du nicht mehr der Tugend gehörst.

Andere folgen ihm.

Da diese Frau zwar in der Pflicht schwach geworden ist, aber wenigstens nicht der Laune nachgeben will, empört sie sich gegen diese Aufforderung zur Wollust.

– Gut! ruft da der ehrenwerte Mann, gut, ich nicht, aber andere auch nicht, sonst räche ich mich.

Er rächt sich in der Tat, durch das Gerede im Klub und den Klatsch in den Zeitungen.

Eine schreckliche Galeerensklavin ist die von Lesbos, für die Schufte den Mephisto spielen: »Nein, du wirst keinen Mann lieben!«

Ueber diese Mitschuld des Mannes bestürzt, entrüstet Tammuz sich über dessen Erpressung.

Diese Rolle des Druckes, welche die Sittenpolizei auf die traurigen Freudenmädchen ausübt, diese Rolle wird von dem, was es an höchstem Stolz und Stand in Paris gibt, erweitert und verschärft.

Widerwärtiger als Lesbos selbst, soll diese Mitschuld des Mannes bekannt werden!

Sie ist nicht das Werk von Leuten, deren Sitten verdorben sind: die ehrenwertesten, die ausgezeichnetsten tauchen ihre Hände hinein.

Sie ist feige, denn ein Prinz Balthazar des Baux läuft keine Gefahr in der öffentlichen Meinung, ein Oberst Torpin verliert nicht die Achtung der Menschen, wenn sie ihre Kupplerrolle im weiblichen Sodom ausüben.

Wie die Pikeniere die Besiegten, die fliehen wollen, ins Feuer und in den Tod zurückstoßen, so werfen diese Kuppler die Frau in ihre Sünde zurück, aus der sie heraus möchte, oder verlangen infam den Beischlaf, damit eine Lesbierin sich bekehrt: das sind die großen Schuldigen von Lesbos, und doch grüßt sie jeder.


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