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Dreiunddreißigstes Kapitel

Die Römer ließen ihren Heerführern freie Hand.

Wenn man die Geschichte des Livius mit Vorteil lesen will, muß man das Verfahren des römischen Volkes und Senats in allen Stücken in Betracht ziehen. Beachtenswert ist unter anderem auch, mit welcher Gewalt die Römer ihre Konsuln, Diktatoren und andern Befehlshaber ausstatteten. Diese Gewalt war sehr groß, und der Senat behielt sich nichts weiter vor als das Recht, neue Kriege zu erklären und die Friedensschlüsse zu bestätigen. Alles übrige war dem Gutdünken und der Macht der Konsuln anheimgestellt. Hatten Volk und Senat einen Krieg beschlossen, z. B. gegen die Latiner, so überließen sie alles übrige dem Konsul. Er konnte eine Schlacht liefern oder nicht, diese oder jene Stadt belagern, wie es ihm gut schien. Das wird durch viele Beispiele bestätigt, besonders durch einen Vorfall im Kriege gegen die Etrusker.

Als der Konsul Quintus Fabius die Etrusker bei Sutri geschlagen hatte und durch den ciminischen Wald nach Etrurien eindringen wollte, 310 v. Chr. Vgl. Livius IX, 36. befragte er nicht etwa den Senat, sondern er gab ihm nicht mal Nachricht davon, obwohl der Krieg nun in einem neuen Lande unsicher und gefährlich war. Das wird auch durch einen entgegengesetzten Senatsbeschluß bestätigt. Als nämlich der Senat von dem Sieg des Fabius erfuhr, besorgte er, dieser möchte durch den ciminischen Wald nach Etrurien eindringen. Da er aber diesen gefährlichen Zug nicht für ratsam hielt, schickte er zwei Gesandte an Fabius, um ihm den Einfall nach Etrurien zu verbieten. Die Gesandten langten erst an, als Fabius schon eingedrungen war und eine zweite Schlacht geschlagen hatte, und so kamen sie zu spät, um den Krieg zu verhindern, und kehrten als Siegesboten nach Rom zurück.

Wer dies Verfahren wohl erwägt, wird es sehr klug finden. Denn hätte der Senat den Konsul genötigt, Schritt für Schritt nach seinen Aufträgen zu verfahren, so hätte er den Krieg weniger umsichtig und träger geführt, denn er hätte geglaubt, daß er den Ruhm des Sieges mit dem Senat, nach dessen Rat er handelte, zu teilen hätte. Außerdem hätte sich der Senat bemüßigt gefühlt, in einer Sache raten zu wollen, die er nicht verstehen konnte. Saßen im Senat auch lauter kriegserfahrene Männer, so waren sie doch nicht an Ort und Stelle, kannten also zahllose Einzelheiten nicht, die zu einem guten Rat nötig sind, und hätten durch ihre Ratschläge eine Menge Fehler gemacht. Darum gab man dem Konsul freie Hand und ließ ihm allein allen Ruhm. Die Liebe zum Ruhm aber sollte Zaum und Richtschnur für sein Handeln sein. Ich hebe diesen Punkt um so lieber hervor, als ich sehe, daß die heutigen Republiken, wie Venedig und Florenz, anders darüber denken. Wenn ihre Heerführer, Provveditoren und Kommissare eine Batterie anzulegen haben, so wollen sie es wissen und Rat erteilen. Dies Verfahren verdient das gleiche Lob wie das übrige. Alles zusammen hat sie dahin gebracht, wo sie sich jetzt befinden.


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