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Sechstes Kapitel

Wie die Römer Krieg führten.

Wir haben erörtert, wie die Römer ihre Macht erweiterten; nun wollen wir zeigen, wie sie Krieg führten. Hier, wie bei all ihrem Tun, wird man sehen, mit welcher Klugheit sie vom allgemeinen Brauch abwichen, um sich den Weg zum höchsten Gipfel der Größe zu bahnen.

Wer aus freien Stücken oder aus Ehrgeiz Krieg führt, will erobern und das Eroberte behaupten und dabei so verfahren, daß sein Gebiet und Vaterland dadurch reicher wird, nicht aber verarmt. Er muß also beim Erobern wie beim Behaupten darauf bedacht sein, keine großen Kosten zu verursachen, vielmehr alles zum Vorteil des Staates zu tun. Um das alles zu erreichen, muß man die Methode der Römer befolgen, die vor allem darin bestand, ihre Kriege nach dem Wort der Franzosen kurz und derb zu führen. Da sie mit großen Heeren ins Feld rückten, waren alle Kriege mit den Latinern, Samnitern und Etruskern in kürzester Zeit beendigt. Geht man alle Kriege von der Gründung Roms bis zur Belagerung von Veji 406-396 v. Chr. durch, so sieht man, daß sie in sechs, zehn bis zwanzig Tagen beendigt waren. Sofort nach der Kriegserklärung rückten sie mit ihren Heeren aus und lieferten sofort eine Schlacht. Wurde sie gewonnen, so machten die Feinde Friedensvorschläge, um ihr Land nicht ganz verwüsten zu lassen, und die Römer verurteilten sie zur Abtretung von Land, das dann in Privateigentum verwandelt oder einer Kolonie überwiesen wurde. An den feindlichen Grenzen angelegt, wurden diese Kolonien zu Grenzwachen für das römische Gebiet, und so hatten nicht nur die Kolonisten, die dies Land bekamen, Vorteil davon, sondern auch der Staat, der ohne Kosten eine Grenzwache erhielt. Diese Schutzwehr konnte nicht sicherer, stärker und vorteilhafter sein. Denn solange die Feinde nicht im Felde standen, war sie hinreichend, und sobald sie mit starker Macht anrückten, um die Kolonie zu überwältigen, rückten auch die Römer mit starker Macht aus, lieferten eine Schlacht, legten dem Feinde nach dem Siege noch härtere Bedingungen auf und kehrten wieder heim. So erlangten sie allmählich Ansehen über ihre Feinde und eigne Macht.

Auf diese Weise verfuhren sie bis zur Belagerung von Veji, dann änderten sie die Art ihrer Kriegführung. Denn um längere Kriege führen zu können, richteten sie die Soldzahlung ein, die früher wegen der Kürze der Feldzüge unnötig war. Aber obgleich sie nun Sold zahlten und deshalb längere Kriege führen konnten, auch bei der größeren Entfernung ihrer Feinde länger im Feld bleiben mußten, wichen sie doch nie von ihrem früheren Grundsatze ab, die Kriege je nach Ort und Zeit rasch zu beenden; auch schickten sie nach wie vor Kolonien aus. An die erste Regel, die Kriege kurz zu machen, band sie außer ihrer natürlichen Gewohnheit auch der Ehrgeiz der Konsuln, die nur ein Jahr im Amt und davon nur sechs Monate im Lager waren, mithin den Krieg gern beendigten, um triumphieren zu können. Das Aussenden von Kolonien behielten sie wegen des Vorteils und der großen Bequemlichkeit bei, die daraus entsprang. Betreffs der Beute änderten sie ihr Verfahren freilich ein wenig. Sie waren damit nicht mehr so freigebig wie früher, weil es ihnen jetzt, wo die Soldaten ihren Sold bekamen, nicht mehr so nötig schien, teils auch, weil sie mit der wachsenden Beute den öffentlichen Schatz so vergrößern wollten, daß sie zur Bestreitung der Feldzüge keine besonderen Abgaben mehr aufzulegen brauchten. Dadurch bereicherten sie den Staatsschatz in kurzer Zeit außerordentlich. Beide Gebräuche also, sowohl die Verwendung der Beute wie die Aussendung von Kolonien, machten Rom durch die Kriege reich, während andre, unkluge Fürsten und Republiken dadurch verarmen. Es kam so weit, daß ein Konsul nicht triumphieren zu können glaubte, wenn er bei seinem Triumph nicht eine Menge Gold, Silber und Beute aller Art in den Staatsschatz brachte. So wurden die Römer durch die oben genannten Mittel und durch die schnelle Beendigung der Kriege immer reicher und mächtiger, während sie sich begnügten, ihre Feinde durch Niederlagen, Streifzüge und vorteilhafte Friedensschlüsse allmählich zu schwächen.


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