Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Naturempfinden und Touristik.

Der moderne Naturkultus, wie er im Touristenwesen zum Ausdruck kommt, ist ein Produkt der Großstädte. Les extrêmes se touchent; die künstliche Steigerung des urbanen Lebens, die den Typus des Stadtmenschen verschärft, nährt zugleich den Sinn für das Primitive, für das Ländlich-Einfache, für die Natur. Hoch über Türme und Dächer grüßt von draußen her der Wald, tönt die Stimme Rousseaus; nur in der Stadt erweckt sie ein Echo. Es ergreift wie die versunkene Glocke, weckt schlummernde Sehnsucht nach etwas, das wir verloren haben, nach einem Schluck reiner Luft, nach dem würzigen Erdhauch, nach dem Frieden bukolischer Verhältnisse. Es ist die Stimme des Urmenschen, der plötzlich lebendig wird und nach den ursprünglichen Zuständen verlangt, aus denen wir hergekommen sind. Das Gewimmel, das an Sonn- und Feiertagen »aus der Straßen quetschender Enge« ans Freie drängt, die Freude an der Blumenpflege, ja der einzige Blütenzweig, den man als Symbol gern ins Zimmer stellt, offenbaren einen tiefgründigen Zusammenhang. Das immanente Naturgefühl strebt hier nach Ausdruck. Es zwingt uns, den Wanderstab in die Hand zu nehmen. Man kann es ruhig behaupten: es wird heute mehr zu Fuß gewandert, als zu Zeiten, da es weder Eisenbahn noch Fahrrad gab. Die Verkehrsmittel, welche die moderne Technik geschaffen hat, können dieses Urgefühl nicht ganz befriedigen. Denn die Reiseempfindung, welche das Fahrrad, die Eisenbahn, das Automobil auslösen, ist zunächst ein Rekordgefühl, hervorgegangen aus dem Bedürfnis, Raum und Zeit zu überwinden. Sie sind Erzeugnisse unserer Kultur. Zum Schein will die Wanderlust aus dieser wieder herausführen, denn sie allein befriedigt die durch die Einbildungskraft genährte unbezwingliche Sehnsucht des Städters nach der Natur. Für ihn ist die Natur zunächst etwas, was außerhalb der Stadt liegt, das Ursprüngliche, das Ungezähmte. Das verlorene Paradies. Darum ist seine Naturbetrachtung in der Regel sentimental gefärbt, schwärmerisch, elegisch. Der Bauer spöttelt darüber, denn er kennt dieses zärtliche Verhältnis zur Natur nicht; er betrachtet sie naiven Sinnes, mit ihr verwachsen, an sie gewöhnt, und darum zu keiner Reflexion geneigt. L'habitude tue l'imagination, sagt Rousseau. In der Regel kennt er nicht einmal den Gipfel des Berges, an dessen Fuß sein Haus steht, es sei denn er ist Jäger oder Wilderer. Was sollte er sonst oben machen? Stadtleute begreifen ihn nicht und er die Stadtleute nicht. Eigentlich aber ist sein Naturgefühl, oder besser gesagt, sein Naturinstinkt viel tiefer, echter, elementarer. Es wird ihm erst bewußt, wenn er fern der Heimat ist, in der Fremde, in der Stadt. »In Straßburg auf der Schanz', da ging mein Trauern an«, so erzählt das Volkslied von dem Älpler, der desertierte, als er das Alphorn hörte. In Wahrheit konnte er es unmöglich bis nach Straßburg hören; was er hörte, war die Stimme seines Blutes, jene elementare Natursehnsucht, die auch den Städter packt und wieder zur Scholle führt, wenngleich nur zu flüchtigem Besuch. Daß die Natur auch in der Stadt zu finden ist, daran denkt der Stadtmensch nicht; sie ist ihm stets ein Gegensatz: der schmale Streif Himmel weckt die Sehnsucht nach weiten Horizonten, das harte Pflaster nach scholligen Gefilden und weichem Moosboden, die dürftigen Gartenanlagen nach Wiesen und Hochwald. Aber diese Sehnsucht ist etwas sehr kostbares. Sie ist der gesunde Instinkt, der vor Entkräftung und Aufreibung bewahrt, vor den Folgen der Überkultur im Leben wie in der Kunst, indem er zur Natur zurückführt, aus der wir neue Kräfte schöpfen, wie aus einem ewigen Jungbrunnen, neue Jugend, Gesundheit und Glück.

Das ist die psychologische Grundlage, aus der sich unser heutiges Touristenwesen entwickelt hat, und aus der es seine hohe kulturelle Bedeutung schöpft. Seine Entwicklung bewegt sich durchaus im diametralen Gegensatz zum Ideal eines Rousseau, der in dem Zustand der paradiesischen Unwissenheit des Naturmenschen das vollkommenste Erdenglück ersieht. Eine solche Rückkehr zur Natur, unter Verzicht auf die schwer erkämpften, kulturellen Besitztümer ist weder möglich, noch auch wünschenswert. Unvergleichlich höher als das unbewußte Glück des unwissenden vegetierenden Naturmenschen, steht das schmerzens- und entsagensreiche Glück des erkennenden und bewußten Subjekts. Denn erst im Bewußtsein beginnt das Genießen. In dem Reagenzgefühl, in dem bewußten Genießen besteht der eigentliche innere Nährwert unseres seelischen Naturkultes und das Kulturmoment der heutigen Touristik. Aber dieses Moment kommt nicht immer ganz zu seinem Rechte, gerade in dem organisierten Touristenwesen tritt der seelische Nährwert in den Hintergrund vor dem immer mehr betonten sportlichen Interesse.

siehe Bildunterschrift

Konventionelle Berufsphotographie. Alles süßlich, genrehaft, unkünstlerisch, die Gruppierung der Personen und der Dinge, ein echtes Dokument dieser üblen Zeit, mit den künstlichen Palmen, der Dekorierwut der berüchtigten Tapeziererarrangements und der Schundmäßigkeit, die die Marke der Zeit ist. (Siehe auch Kapitel: Kodakgeheimnisse.)

Es ist damit nicht geleugnet, daß auch der Sport in moralischer und ästhetischer Hinsicht hochbedeutsam ist; gerade aber das einseitliche sportliche Interesse ist die Ursache, daß die meisten Touristen den Weg verfehlen.

siehe Bildunterschrift

Aber es wird ja besser. Aufnahme von Wilh. Weimer. Möglichst groß, ganz im Vordergrund; alles Nebensächliche, Störende, die ganze Staffage aus dem Rahmen verdrängt. Der Amateur bringt neues künstlerisches Leben in die Photographie. (S. a. Kap.: Kodakgeheimnisse.)

Den Weg in die Natur nämlich. Dann ergeht es dem Touristen in der Natur ähnlich, wie es dem Dilettanten in der Kunst ergeht. Sie sehen nicht. Der eine ist naturblind, der andere kunstblind, oder sie sind beides zugleich. Den vergröberten Sinnen fällt zunächst nur das Gegenständliche auf, das landschaftliche Motiv, das Pittoreske, wo es die Natur scheinbar auf einen Knalleffekt abgesehen hat. Die Suche nach dem schönen Motiv ist namentlich das Kennzeichen des hilflosen Dilettanten, dem Kunst und Natur Staffage sind. Einem begegnete ich, der hochbepackt mit Farben und Leinwand wochenlang in den Bergen herumlief und kein Motiv finden konnte ...? Das ist kein Einzelfall, sondern ein Typus. Auch der Tourist, wie er nicht sein soll, erblickt die Natur zuerst in der Szenerie, und die große, stille Schönheit, die sie überall und zu jeder Stunde entfaltet, in der Stadt so gut wie auf dem Lande, in der Ebene und im Gebirge, ist nur von wenigen Augen erschaut und gewürdigt. Jährlich wächst der Strom von Menschen, der sich Sommers aus den Städten übers Land, über die Alpen, bis in die unwirtlichsten Gegenden ergießt; sie geben alle vor, die Natur zu suchen, und sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Es ist bezeichnend, wann für sie die Natur beginnt. Hinter Hütteldorf oder Atzgersdorf für Leute, die einen Halbtagsausflug machen; für sie ist die Natur eigentlich kaum mehr, als der Umweg ins Wirtshaus. Hinter Payerbach für die wohlausgerüsteten Hochtouristen, die eine Besteigung der Rax oder des Schneeberges vorhaben. Das Naturempfinden ist in den meisten Fällen von Begleiterscheinungen und Nebeninteressen verdunkelt, die als Reagenzgefühle von wo anders her mit der Naturbetrachtung nichts zu tun haben. Das Bewußtsein, einen freien Tag, oder eine Reihe solcher vor sich zu haben, das ungewohnte Vergnügen Wadenstrümpfe zu tragen, in einem Heuschober zu schlafen, sich recht laut und ungeniert benehmen zu dürfen, diese und ähnliche Sensationen machen bei den Meisten das Naturgefühl aus. Die Natur ist der Vorwand, bei dem einen für die Gesundheitspflege, als Entfettungskur, bei dem anderen für den Klettersport, meistenteils also für eine angewandte Turnerei. So kann man die Touristik bezeichnen, mit der sich kein tieferes psychologisches Interesse verbindet. Wie es mit dem Natursein dabei eigentlich steht, kann man der Unterhaltung von Touristen in den Alpenhotels leicht ablauschen. Wie schlecht sie gegessen und getrunken, wie sie gefroren und geschwitzt haben, von den Strapazen und Gefahren, die sie bestanden haben, kurz von tausenderlei Touristenleid ist reichlich die Rede, von gesehener und empfundener Schönheit kaum ein Wort. Und die Ästheten unter ihnen sind jene, für die der übertriebene Witz nicht ganz die Berechtigung entbehrt: »Haben Sie viel gesehen auf Ihrer Schweizerreise? – Nein, ich habe nur Ansichtskarten geschrieben.« Diese und noch manche andere Gründe mögen es erklären, wenn unsere hochentwickelte Touristik zur Erweckung der wahren Naturfreude und für die Erziehung zum Sehen bisher fast nichts beigetragen hat. Wenn man den Lyrikern glauben soll, dann stand es mit der Naturfreude vor fünfzig und hundert Jahren besser, als es noch keine Eisenbahnen, keine Alpenvereine gab. Es war ja das Zeitalter Schwinds und der Romantik: Uhland, Eichendorff, Schubert gaben dem Naturempfinden der Zeit liedmäßigen Ausdruck. Heute staunt man über die Schlichtheit der Sprache. Und die Leute konnten davon ergriffen sein! Halb wehmütig, halb affektiert überlegen lächelt der spätgeborene Enkel über die Naivität der Großväter. Dichter und Maler sprechen heute zu erstorbenen Sinnen. Vielleicht ist die Erziehung daran schuld, die einseitige wissenschaftliche Kultur. Denn es ist das Merkmal fast aller Gebildeten, daß sie die Natur analytisch betrachten, durch die Brille der Wissenschaft. Sie haben das Schauen verlernt, jene Fähigkeit, die Goethe in dem Worte bezeichnet: »Mein Denken ist ein Anschauen, mein Anschauen ein Denken«. Für die Erscheinung der Natur haben sie das verloren, was Gottfried Keller die Freiheit und Unbescholtenheit des Auges nennt. Für die formale Bildung und für die Diätetik der Seele ist nichts so wichtig, als die Schulung des Auges. Dieses ist den Fenstern eines Hauses vergleichbar. Es fällt aber den wenigsten ein, die Fenster zu öffnen, die Herrlichkeit des Lichtes und der Farbe in das dunkle Haus einziehen zu lassen, damit die Nachtgespenster des Grams und der Sorge schwinden und Lebensfreude und Schönheit wieder darin wohnen können, vor allem das Gefühl, eins zu sein mit der Natur. Nach Baumeister Solneß' Worten: »Das sichere und frohe Gefühl, daß es ein recht glückliches Loos ist, da zu sein in dieser Welt. Und am glücklichsten einander anzugehören – im Großen und Kleinen.« Dann wird auch von innen her ein Glanz nach außen wirken und irgend ein Gutes im Leben fördern helfen. Ist nicht aus diesem spinozistischen Allgefühl die Wunderblume des Altruismus erblüht?

Man hat die Bedeutung der Touristik immer so darzustellen versucht, indem man sie als ein Mittel preist zur Stählung des Körpers und der Willenskraft und somit die Wirkungen darlegt, die sich nach der physischen und moralischen Seite hin ergeben. Man hat sie damit nur verkleinert. Denn dasselbe läßt sich von dem anderen Sport auch sagen. Und ich habe gerade beweisen wollen, daß die bloß sportliche Auffassung der Sache deren kulturelle Tragweite unterschätzt. Ihr Schwerpunkt liegt nicht in dem physischen oder in dem moralischen Moment, sondern in dem ästhetischen. Aus ihrer psychologischen Grundlage erklärt, strebt sie über die genannten sportlichen Ergebnisse hinaus und bezweckt die Bereicherung der Seelenbilder, die Vertiefung und Erweiterung der Empfindungssphäre, was Byron so schön ausdrückt:

Sind Berge, Wellen, Himmel nicht ein Teil
Von mir und meiner Seele, ich von ihnen?

Sie geht von dem Naturempfinden aus und bedeutet ihrem innerlichen Wesen nach nicht mehr und nicht weniger als Erziehung und Übung der Naturfreude und lenkt damit, bewußt oder unbewußt, zur Erkenntnis des Schönen hin. Das ist das Kostbare an der Sache. Denn vom Schönen lebt das Gute im Menschen und auch seine Gesundheit. Es ist notwendig, den Kern der Sache einmal herauszuschälen, denn wir haben beobachtet, daß den meisten der kostbare Gewinn entgeht, weil sie von den gröberen Nebeninteressen, die bestenfalls nur Mittel zum Zweck sein können, ganz in Anspruch genommen sind, und von ihnen, wie von unsichtbaren Scheuklappen, an dem eigentlichen Ziel vorübergeleitet werden. Das Ziel ist die Steigerung des Daseinsgefühls, die Bereicherung des Innenlebens, die bewußte seelische Besitzergreifung der Erscheinungswelt. Natur ist Offenbarung. Wer dazu den Baedeker braucht, erlebt sie nie. Denn Offenbarung ist inneres Schauen, Erleben. Und Natur ist etwas Allgegenwärtiges, wir sind in ihr und sie in uns. Werden wir nicht ein Teil von dem, was uns umgibt? Ist der Sonnenuntergang nicht ein täglich neues Erlebnis? Sind uns nicht hohe Berge ein Gefühl? Wer das nicht täglich an sich erfahren, dem ist die Natur wirklich nicht mehr als ein Schauspiel, eine Staffage, ein Motiv, und er selbst ist nicht mehr als ein Dilettant, ein Turner, ein Kletterer, ein Kilometerfresser.

Allerdings ist das Naturempfinden bis zu einem gewissen Grade bei allen Menschen vorhanden. Es gibt keinen Menschen, den der Anblick der Natur nicht unter gewissen Umständen ergreift. Aber der deutsche Wanderer weiß sich seiner Empfindung bald zu entlasten. Die im deutschen Gemüt tiefwurzelnde Sangesfreude ist ein ebenso leichtes als sicheres Ventil und gibt den leisesten, rhythmischen Schwingungen der Seele den unmittelbarsten Ausdruck im rhythmischen Schrei, im Lied. Singen ist ihm eine Entlastung, eine Befreiung von Empfindungen. Singen auf Kosten des Schauens. Denn man weiß, die Funktion eines spezifischen Sinnesnerves ist eine Hemmung des anderen. Oder vielmehr engagiert der funktionierende Sinnesnerv auch die anderen zur Mitarbeiterschaft in seinem Sinne. Der Singende hört nicht nur seinen Ton, er sieht ihn auch an, er schmeckt ihn, befühlt ihn. Zusammenstimmende Farben werden zugleich auch als Klang empfunden, ebenso schöne architektonische Maßverhältnisse als Rhythmus, als sichtbare Musik. Der Sprachgebrauch hat das richtige getroffen, wenn er von einer Symphonie der Farben und Formen spricht, wenn er gut disponierte Räume eine sichtbare Akustik, die Architektur eine versteinerte Musik nennt. Der Hörsinn unterstützt hier gleichsam das Auge. Oder auch das Auge den Geschmack, wie die in Deutschland oft gehörte Wendung: es schmeckt schön, besagt. Der Sänger in der Natur sieht und hört nichts als sich selbst, beziehungsweise seinen Gesang. Damit betrügt er sich selbst um die tiefsten Eindrücke. Während er singt, weiß er nichts vom tieferregenden Schweigen im Walde, hört er nicht die atemlose Stille am Mittag, ist er blind, wie ein Auerhahn am Fichtenast. Singen und Sangesfreude in Ehren. Aber wäre es im Interesse der Anschauungsfähigkeit und der seelischen Vertiefung nicht besser, die Sache umzukehren, lieber zu schauen als zu singen, das Auge zu unterstützen durch das innere Hörvermögen? Ruhte ich still im hohen, grünen Gras, dann umwob mich oft als stumme Musik die Erinnerung an Brahms Lied: »Feldeinsamkeit«, das ich einmal von einer lieben Stimme gehört habe. Ich hörte es zuinnerst, nein, ich sah es, in dem weiten Rund der Fluren, in der tiefen Himmelsbläue, in dem weißen ziehenden Gewölk. Aber ich hätte es nicht singen mögen! Das beseligende Allgefühl wäre dahin gewesen. Und da sagt man, Musik habe kein Vorbild in der Natur. Ist diese nicht selbst das Vorbild zur Musik, wie zu aller Kunst? Und alle Kunst ist wie die Musik Rhythmus der Seele, Ausfluß innerer Schwingungen, die von außen her erregt sind, aus dem Anschauen und Erleben der Natur. Wer sie empfindet ist der wahrhaft Musikalische, gleichviel ob er Sänger oder Musikant ist oder nicht. Denn wer sie empfindet, kennt die Lieder, die nach Eichendorff in allen Dingen schlummern, aber er weiß auch, daß sie ungesungen und ungedichtet am schönsten sind. Hier erst kann ihm das wahre Verständnis für alle Kunst aufdämmern, wo sich ihre Anfänge und Wurzeln befinden, in der Natur. Er ist bei den Müttern.

Nicht ganz ohne Absicht bin ich bei der Aufzeichnung des psychologischen Inhaltes der Touristik auf das Gebiet der Kunst und des Kunstverständnisses übergegangen. Wir stehen ja heute im Zeichen der Kunsterziehung. Diese will die lang vernachlässigten Sinne wieder erziehen, namentlich das Auge, um das Anschauungsvermögen zu kräftigen, und empfänglich zu machen für die Schönheit der Natur und der Kunst. Solche in unserem Wesen aufgenommene Schönheit will sich dann wieder sichtbar machen, schwingt mit in unserem Wollen und Handeln, bestimmt die Ausdrucksform unserer Persönlichkeit. Das ist ein schöner Gedanke. Das Kunstwerk steht im Mittelpunkt. Von ihm gehen die Bestrebungen aus, um zu ihm zurückzukehren. Aber in dieser Einsamkeit liegt eine gewisse Gefahr. Denn soviel ist klar: es gibt kein Kunstverständnis ohne Naturverständnis. Wir werden solange kunstblind sein, als wir naturblind sind. Darum ist die Erweckung und Übung der Naturfreude für die Kunsterziehung eine Angelegenheit von grundlegender Wichtigkeit. Das Touristenwesen ist somit zu einer fast unentbehrlichen Mitarbeit an der modernen Erziehung berufen. Denn Erziehung zur Kunst ist im Grunde Erziehung zur Natur.


 << zurück weiter >>