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Beleuchtungskörper.

Die modernen Lichtquellen, Gas und Elektrizität, haben zu Beleuchtungskörpern geführt, deren Form keinem Vorbild aus der Vergangenheit entlehnt werden konnte. Die Form mußte aus der Natur der Sache geschöpft werden. Um schön zu sein, bedarf es keines Ornamentes. Man kann die lehrreiche Wahrnehmung machen, daß solchen, rein sachlichen Lösungen ein großer dekorativer Reiz innewohnt. Für Gasbeleuchtung sind moderne Beleuchtungskörper geschaffen worden, die formal allen Anforderungen eines gebildeten Geschmackes entsprechen. Bei der elektrischen Beleuchtung ist ein großer Reichtum von sachlichen und sinnvollen Lösungen vorhanden, eine Mannigfaltigkeit von organischen Gestaltungen, wie sie der vergangenen Generation mit ihrer Dekorierwut nicht bekannt waren. Sogar eine sachlich gelöste Petroleumlampe, die lediglich durch zweckmäßige Form edel wirkt, gehört heute nicht mehr zu den Unmöglichkeiten, wenngleich sie noch immer höchst selten vorkommt.

siehe Bildunterschrift

Durch Vereinfachung verbesserte Form.
(Prof. Rittmeyer, Zürich.)

Gute und solide Formen werden in den Beleuchtungskörpern ausnahmslos herrschen, wenn das Publikum es haben will, aber es besteht in der Allgemeinheit gerade hinsichtlich der Beleuchtungskörper eine noch ungeklärte Auffassung über das Sachliche und künstlerische der Form, weshalb einige aufklärende Winke zur formalen Unterscheidung von gut und schlecht von Nutzen sein können. An sämtlichen heutigen Beleuchtungsarten hat sich eine gewisse Überkunst breit gemacht, vor der zu warnen ist. Es muß dahingestellt bleiben, ob es ein glücklicher Gedanke ist, mit dem Zweckbegriff eine figurale Darstellung zu verbinden, die mit der Sache eigentlich nichts zu tun hat. Man sieht oft diese Durchschnittsware von Tischglocken, Tastern, Lichtträgern und Leuchtern, die ganz unsachlich gestaltet sind. Wir finden häufig Leuchter in Gestalt von Lichtträgern, weiblichen Figuren, die Kerzen tragen, bald schwer belastet, bald mit geschlossenen Augen hinschreitend, als Symbol der Nacht, dann emporschwebend, wie die züngelnde Flamme, oder hingekauert, den Kerzenschaft wie eine Säule umklammernd. Wir finden gelegentlich Kerzenluster oder imitierte Renaissanceformen von Kerzenweibchen, denen elektrische Glühlampen auf imitierten Kerzenschäften aus Milchglas aufgesetzt sind, um solcherart den Anschein einer wirklichen Kerzenbeleuchtung zu erwecken. Ja, das Unglaubliche ist nicht selten, daß an diesen milchgläsernen elektrischen Scheinkerzen imitierte Wachstropfen hängen! Es können immer Fälle vorkommen, wie etwa bei einem Festessen, wo man sich lieber der edelsten Beleuchtungsart, der Wachskerze selber bedient, die, wie kein anderes Beleuchtungsmittel geeignet ist, Festweihe und feierlichen Glanz zu verbreiten. Dann aber sollen es wirkliche Kerzen sein. Es gibt doch heute schon künstlerisch einwandfreie Beleuchtungskörper auch für Kerzen, die ganz sachlich, ganz edel sind. Aufrichtigkeit und ehrliches Bekennen, Materialbekennen, bilden die Grundlage jedes gesunden Geschmackes und jeder gediegenen Arbeit. Worauf das Publikum bei der Sache sehen soll, um wirklich gutes zu erhalten, sind nicht die figuralen und sonstigen Zierstücke, nicht die symbolischen, aus dem Lichtmotiv abgeleiteten Formerfindungen, sondern Gebilde, die ihre Bestimmung ohne Umschweife ausdrücken und die Vorzüge eines guten Materials mit einer peinlich sauberen Arbeit besitzen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß die erwähnten plastischen Ideen, die allzuhäufig mit dem Wesen der Beleuchtungskörper verquickt werden, zuweilen eine wirkliche Schönheit offenbaren, wenn sie von sehr feinen Künstlerhänden abstammen. Das ist aber doch sehr selten der Fall. In der Regel ist solchen Dingen gegenüber der Standpunkt festzuhalten, daß ein sehr gebildeter und disziplinierter Geschmack die streng sachlichen Formen an allen Gebrauchsdingen vorzieht, damit die eigentlichen Kunstwerke, die sich im Raum befinden, zu jener unbestrittenen Geltung kommen können, die ihnen gebührt.

Daß auch an den Beleuchtungskörpern der Straße viel zu reformieren ist, zeigen ein paar Bilder auf Seite 126 und 127. Aber Peter Behrens wird's schon machen! Die Berliner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft hat ein gutes Beispiel gegeben, indem sie den Künstler attachierte, damit er die Form richtigstelle. Ein Merks! für die Großindustrie.

siehe Bildunterschrift

Häßliche neue Bankform. Armseliges Bankgerippe aus dünnen Eisenstäben mit ein paar braun gestrichenen Latten, eine Verunzierung der öffentlichen Anlagen.


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