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Herbstzweige.

Der Herbst hat in unseren Gegenden wenig Blumen zu geben. Nur die Chrysanthemen, in großen Körben feilgeboten, beleben unsere grauen Straßen. Die prachtvollen Blüten exotischer Art, in Glashäusern gezogen, kommen für die Allgemeinheit wenig in Betracht. Dagegen findet man auf den Blumenmärkten eine ganz neue Erscheinung. Herbstliche Fruchtzweige mit roten, weißen oder schwarzen Beeren, wie man sie auf Spazierwegen in unseren Umgebungen von den Sträuchern schneidet und einzeln oder paarweise in Vasen aufstellt.

siehe Bildunterschrift

Künstlerkeramik von Läuger, Blumenschale, Blumennetz Kupfer.

Sollte wirklich etwas von der japanischen Naturfreude, die den massiven Strauß nicht kennt und sich an dem charakteristischen Wuchs einer einzelnen Blume oder eines einzelnen Zweiges erfreut, in unser Publikum gekommen sein? Jedenfalls liegt hier ein sehr beachtenswerter Ansatz zu einem heimatlichen Blumenkultus vor, der nur einer Stärkung und Entwicklung bedarf. Was sich mit den früher verachteten und unscheinbaren Herbstzweigen, die nur deshalb unscheinbar waren, weil sich kein Auge fand, ihre Schönheit zu erkennen, machen läßt, haben wir an ein paar Beispielen gezeigt. Einzeln, oder mehrere zusammen, werden die Zweige so gesteckt, daß sie einander nicht erdrücken. Je sparsamer, desto besser. Eine Bestätigung des künstlerischen Geschmackes oder der Phantasie ist dabei erschlossen. Was ein einzelner Zweig an Schönheit leistet, ist nicht auszusagen. Er kann unter Umständen ein Erzieher sein.

siehe Bildunterschrift

Laut Angabe der Schundproduktion: »Rosentopf und Blumenbukette«, »reizend, prachtvolles Gebinde, zarte lebhafte Farben, lebenden Blumen täuschend ähnlich«.

Klägliche Imitationen, mit verzweifelt ausgestreckten, starren Blätterfingern, siehe Kapitel: »Dekoration und kein Ende«.

Denn die ganze schöne Wirkung, deren er fähig ist, wird erst offenbar, wenn man ihn in einem ganz einfachen, möglichst hellen oder gar weißen Raum aufstellt. Wer das einmal probiert hat, weiß das Rechte selbst zu finden. Den anderen mag Lichtwarks »Makartbukett und Blumenstrauß« oder »Blumenkultus« ans Herz gelegt werden, zwei lichtvolle Schriften, die alles sagen, was jeder Mensch, der Blumen liebt, wissen soll. Wir sind ja eigentlich noch recht weit davon entfernt, die Herbstzweige auf dem Markt als ein Symbol der künstlerischen Freude an der Natur und ihren Formen betrachten zu dürfen. Für diese billigen Zweige, die jedermann von seinen ländlichen Spaziergängen mühelos heimnehmen kann, werden von den Marktweibern immer noch Liebhaberpreise verlangt, die ein Beweis dafür sind, daß kein allgemeines und tägliches Bedürfnis vorliegt. Das wird der Fall sein, wenn man sie samt den geeigneten Gläsern für weniges Geld auf allen Märkten vorfindet. Aber noch ist die Schätzung heimatlicher Blumen nicht so weit gediehen. Welche Hausfrau würde die Festtafel mit ihnen schmücken? Da muß schon der Kunstgärtner her. Neben diesen Zweigen fällt dagegen ein anderer Artikel sehr stark auf. Stechpalmzweige, an die rote Hagebutten mittels Drahtes befestigt sind, die den Schein echter Fruchtzweige erwecken sollen. Sie werden stark gekauft und sind sehr billig. Ich möchte sie nicht geschenkt haben.

siehe Bildunterschrift

Was ein einzelner Zweig an Schönheit leistet, wird im Vergleich mit jenem Schund, der gegenüber steht, besonders fühlbar.


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