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Kleingerät.

Das sind Dinge, die nicht dem Luxus dienen, sondern der Notwendigkeit. Sie sind ein untrügliches Maß für den Geschmack und die innere Gediegenheit des Besitzers. Ihre Beschaffenheit soll darum einer näheren Prüfung standhalten. Ein gesunder ökonomischer Sinn wird an dem Kleingerät nicht sparen, das dauernd starker Benutzung unterworfen ist und deshalb hohe Qualitäten besitzen muß.

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Anständige Formen. Vase. Schreibzeuge. Schale.
Käuferregel: Bei Gebrauchsgegenständen sehe man darauf, daß sie ihre Bestimmung klar und sachlich ausdrücken; daß sie kein anderes Material vortäuschen, als aus dem sie gefertigt sind; daß sie nicht so sehr durch ein Ornament, als vielmehr durch die solide Arbeit schön sind.

Im allgemeinen ist man leicht bereit, für sogenannte »Schmücke dein Heim-Artikel« oder Luxusartikel verhältnismäßig teuere Preise zu bewilligen und sich für den notwendigen Alltagsgebrauch mit billigem und minderwertigem Kleingerät zu begnügen. Das ist ein falscher Grundsatz. Das japanische Sprichwort hat recht: Wer Überflüssiges kauft, wird bald nicht das Notwendige kaufen können. Die sogenannten Luxusartikel, die das Heim auf eine falsche Note stimmen, sind überflüssig und wie alles Überflüssige geradezu schädlich. Wer sich des entbehrlichen Luxus enthält, dem wird die Qualität der unentbehrlichen Gebrauchsdinge nicht leicht zu teuer erscheinen. Allzuhäufig dienen die sogenannten Luxusgegenstände, die keine praktische Bestimmung erfüllen und nur zur »Zier« dastehen, lediglich dem Zweck, die Blößen und Mängel des Heims zu verbergen.

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»›Moderne Wanduhr‹, Eiche, matt mit Goldlinien, ein Kunstwerk im wahren Sinne des Wortes, den verwöhntesten Geschmack befriedigend.«

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»›Moderne Wanduhr‹, Mahagoni, mit feinster Maiglöckchenmalerei und passenden Gewichten, in künstlerisch und vollendeter Ausführung.«

So werden diese Ungeheuerlichkeiten, die den Markt beherrschen, angepriesen. Jede schmucklose Küchenuhr ist unendlich schöner.

All der unnütze Kleinkram, die fälschlichen Kunstgegenstände und Geschenksartikel, die wir aus den Schaufenstern der Ramschbazare kennen, bilden eine erlogene Eleganz und ertöten den Sinn für die Einfachheit, Wahrhaftigkeit und Echtheit. All die Effekthascherei, die keineswegs billig ist, all der anscheinende Komfort, der nur Plage macht, ohne für etwas gut und nützlich zu sein, der nichtige Prunk einer unerträglichen Talmieleganz verschleiert die Tatsache, daß der Adel und die Behaglichkeit des Heims ausschließlich auf die Güte und Vortrefflichkeit der Gebrauchsdinge gegründet ist. Hinsichtlich dieser notwendigen Gebrauchsdinge ist darauf zu sehen, daß sie ihre Bestimmung klar und sachlich ausdrücken und nicht durch extravagante Formen den üblen Beigeschmack von den berüchtigten Luxusartikeln und bazarmäßigen Kunstgegenständen empfangen. Diese Zeit scheint noch nicht ganz überwunden, wenngleich die Gebildeten im Volke wieder zur Sachlichkeit neigen und bei ihren Einkäufen die Forderung des guten Geschmackes fördern helfen.

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»Ein plastisches Kunstwerk«. Die Welt will betrogen sein. Schund wie dieser ist Betrug.

Käuferregel: Nur ein Käufertum mit kultivierten Ansprüchen entwickelt ein hochstehendes Gewerbetum.

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P. Haustein, Wanduhr, Tischuhr. Ein paar schöne Beispiele zum Trost

Den gemeinsamen Anstrengungen von tüchtigen, ernsten Künstlern und vereinzelten, hochstehenden Betrieben ist es gelungen, auch im Kleingerät die Grundsätze der Qualität und der organischen Formgebung zur allgemeinen Geltung zu bringen und für den Bedarf bereitzustellen, die dem Besitzer dauernde Freude bereiten.

Diese Qualität sollen wir bei allem beachten, was wir kaufen, sei es für das Haus, den persönlichen Gebrauch, für den Alltag oder den Festtag, bei allem, was irgend in Betracht kommen kann, wie etwa Blumenständer, Blumenvasen, Uhren, Tintenfässer, Zigarrentaschen, Zigarettentaschen, Buchumschläge, Bucheinbände, Schmuckkassetten, Schmuckableger, Briefordner, Papiermesser, Vorsatzpapiere, Keramiken, Anhänger, Kolliers, Ringe, Ketten, Hutnadeln, Schließen, Broschen, Schirmgriffe, Knöpfe, Kartonnagen, Christbaumständer, Kinderspielsachen, Möbel, Tischgeräte, Bestecke, Toilettegarnituren, Jardinièren, Bonbonnièren, Kognakgarnituren, Becher, Tee- und Kaffeeservice, Kakesdosen, Zigarettendosen, Beleuchtungskörper, Stehlampen, Stickereien in allen Techniken, Holzintarsia, Lederarbeiten, Perlarbeiten, Metallarbeiten, Tapeten, Stoffe usw. usw.

Unsere Bilder werden auf die Frage über »Gut und Schlecht« Antwort geben. Für die Beurteilung dieser Dinge ist der Grundsatz maßgebend, daß man allen sogenannten Luxus aus den Häusern fortschaffen und zur Aufrichtigkeit und Einfachheit zurückkehren soll, wenn man will, daß die Kunst wieder im Hause beginne. Die Sorge muß darauf gerichtet sein, nicht die goldene Regel zu verletzen: »Behalten Sie nichts in Ihrem Heim, wovon Sie nicht wissen, daß es nützlich ist, wovon Sie nicht glauben dürfen, daß es schön ist.«

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Gepreßte geschmacklos überladene Zinnware. Dekoration und kein Ende! Käuferregel: Teller und Krüge müssen ihre Existenz nicht durch die Dekoration, sondern durch einwandfreie Gebrauchsfähigkeit rechtfertigen.


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