Heinrich Lersch
Hammerschläge
Heinrich Lersch

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Am Ostermorgen traf ich ein Mädchen

das mit mir sooft den gleichen Schulweg gegangen war; es weinte vor sich hin. Ich hatte nicht den Mut, etwas zu sagen, wir gingen durch den Wald spazieren und sprachen kaum ein Wort. Mir war, als sah ich es heut zum erstenmal und konnte es nicht begreifen, daß es mir so gut gefiel.

Von dem Tag an wartete ich am Schulweg auf Rosa und kein Tag verging, daß wir nicht zusammen waren.

Ich war zwölfeinhalb Jahre und sie dreizehn.

Jede freie Stunde ging eins von uns an den Waldrand und wartete auf den andern. Einmal sagte ich, es wäre doch wunderlich, daß wir uns immer träfen, wenn wir wollten.

»Warum wunderst du dich?« Lachte sie, »wir sind doch ein Herz und eine Seele!«

Kaum drei Wochen waren vergangen, da riefen uns die andern Kinder »Liebespärchen« nach, der Pastor schickte mich beim Unterricht auf den Hausflur. Nach langer Zeit kam er aus der Mädchenklasse und fragte mich, ob das Zufall oder Absicht sei, daß ich immer mit Rosa zusammen war.

»Absicht«, sagte ich. »Wir sind ja ein Herz und eine Seele, Herr Pastor!« Er sah mir in die Augen und verzog den Mund zu einem freundlichen Lächeln, dann sagte er streng: »Nicht, daß ich Klagen über euch hör!« Nach Ostern kamen wir zusammen in den Kommunionsunterricht, da mußten wir eine halbe Stunde zur Kirche gehn. Wir waren die einzigen von der Landwehr und gingen darum immer allein.


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