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Achtundvierzigstes Kapitel.
Alexanders Heerzug durch Südbelutschistan.

Die meisten europäischen Reisenden, die durch Persien gezogen sind, haben sich über die Menge der Ruinen von Städten, Dörfern, Karawanserais, Moscheen, Türmen, Mauern und Bewässerungskanälen gewundert, die man überall längs der Straßen und in Gegenden findet, die jetzt gänzlich unbewohnbar sind. In höherem Grade als anderwärts ist dies in den östlichen Provinzen der Fall, in Südchorassan, Kirman, Seïstan und Mekran. Niemand hat dies so scharf hervorgehoben wie E. Huntington, der in seinem wertvollen Werke » The Pulse of Asia« dieser Erscheinung ein ganzes Kapitel widmet. Er stützt sich dabei auf Geschichtsdaten, beginnt mit Alexander dem Großen und versucht nachzuweisen, daß es heutzutage unmöglich sein würde, ein Kriegsheer an der Küste von Belutschistan entlangzuführen. Er erinnert an St. Johns Ausspruch, daß es einem Krateros in unsern Tagen recht schwer werden sollte, seine Elefanten und seine schwere Bagage vom Hilmend durch eine Gegend, die nach St. Johns Beschreibung vollkommen wüstes Land ist, nach Narmaschir zu bringen. Huntington zeigt ferner, daß Seïstan früher viel dichter bevölkert gewesen ist, was aus den zahlreichen Ruinen hervorgeht. Durch Stellen aus alten und neuen Beschreibungen weist er nach, daß das Klima im südöstlichen Persien und im südwestlichen Belutschistan in einer Austrocknungsperiode begriffen ist. Rings um das Hamunbecken fand er zwei Terrassen, die 15 und 25 Fuß hoch waren, aber er gibt zu, daß die Austrocknung nicht regelmäßig und gleichmäßig ist, denn der Kuh-i – Chodscha in der Mitte des Sees ist einstmals mit dem Land verbunden gewesen.

Seine Ansichten faßt Huntington in folgende Hauptpunkte zusammen. Von den vier Provinzen Chorassan, Aserbeidschan, Kirman und Seïstan hat die erste im ganzen Land am meisten durch Krieg gelitten, ist aber trotzdem noch eine der am besten bevölkerten. Nach ihr ist Aserbeidschan durch Krieg am schlimmsten verheert worden, ist aber immer noch die bevölkertste persische Provinz. Seïstan ist weniger verwüstet worden, aber seine Bevölkerung ist viel mehr dezimiert worden als die schon genannten Teile des Landes. Kirman hat am wenigsten durch Krieg gelitten, aber es ist voller in Ruinen liegender Städte, und seine Bevölkerung hat sich ganz bedeutend verringert. Also tragen weder Krieg noch schlechte Verwaltung die Schuld an dem starken Rückgang der Bevölkerung; er ist vielmehr einzig und allein durch eine Verschlechterung des Klimas zu erklären.

Diese Ansicht war schon viel früher von Blanford ausgesprochen worden, der glaubte, das Land sei voller Seen gewesen, in denen die Ablagerungen der jetzigen Ebenen sich abgesetzt haben. Blanford glaubt ferner, daß Persien vor 2000 Jahren viel dichter bevölkert und viel besser angebaut gewesen sei als in unsern Tagen.

Es ist nicht leicht, in diesen Fragen vollkommene Klarheit zu erhalten. Ein so gründlicher Kenner der Geologie Nordpersiens wie E. Tietze tritt den Theorien Blanfords aufs entschiedenste entgegen. Er sagt darüber in seinem Aufsatz »Zur Theorie der Entstehung der Salzsteppen und der angeblichen Entstehung der Salzlager aus Salzsteppen« (S. 355 des »Jahrbuchs der k. k. Geologischen Reichsanstalt«, 27. Bd. [1877]):

»Wohl sind die Zeichen des Verfalls in Persien unbestreitbar, aber dieser Verfall hat ganz andere Ursachen als klimatische Veränderungen, und wenn auch früher einige Prozent des Areals in Persien mehr kultiviert waren als heute, so spricht das höchstens für eine größere Arbeitsamkeit und eine bessere Verwaltung in jenen Zeiten, aber das beweist noch immer nicht, daß das Land damals von Wäldern oder Süßwasserseen bedeckt war.«

Noch deutlicher spricht sich W. Tomaschek aus, der zu Ergebnissen gelangt, die denen Huntingtons gerade entgegengesetzt sind. Aus dem Vorkommen von Ruinen Schlüsse zu ziehen, kann zu Irrtümern führen. Tomaschek hat das beste geschichtliche Material, das vorhanden ist, benutzt, und daher haben seine Schlüsse außerordentlich großes Gewicht. Indem er die »reichhaltigen Angaben« der arabischen Geographen mit den Forschungsreisen unserer Zeit auf demselben Gebiete verglichen hat, ist er in seiner Arbeit »Zur historischen Topographie von Persien. II: Die Wege durch die persische Wüste« (II, 3) zu folgenden Resultaten gelangt:

»Aus der Vergleichung ergibt sich mit Sicherheit, daß die Zustände innerhalb des letzten Jahrtausends auf diesem Gebiete merkwürdig stationär geblieben sind. Die Statistik der menschlichen Ansiedlungen erweist sich bei dieser Vergleichung als ein wichtiger Faktor, als ein Gradmesser der steigenden oder sinkenden Kulturfähigkeit des Bodens. Wenn z. B. Istakhri angibt, das Dorf Kharânek habe 200, Sâghand 400 Familien, und wenn wir jetzt, nach tausend Jahren, an denselben Stellen fast dieselbe Einwohnerzahl vorfinden, so liegt darin ein wertvoller Beleg für die Stabilität der Naturverhältnisse in gewissen Teilen des Trockengebietes, ein Beweis dafür, daß der Boden dort absolut nicht mehr Wesen ernähren kann als jetzt und einst.

»Für einige Striche läßt sich der Beweis erbringen, daß sich in ihrem Bereich die Bodenkultur infolge der rastlosen Tätigkeit des Menschen, trotz Hungerjahren und ungeachtet der Raubeinfälle der Nomaden, merklich gehoben hat. An andern Stellen hinwieder hat sich die Natur entschieden zu Ungunsten verändert, der stetig fortschreitende Verdunstungsprozeß hat die Wasseradern aufgezehrt und vorrückende Staub- und Sandmassen haben alte Kulturoasen – beispielsweise sei Zawârah genannt – für immer begraben. Mögen die Vorgänge in der Natur sich unendlich langsam abspielen, so daß selbst ein Jahrtausend im Leben der Erdoberfläche eine kurze Spanne darstellt: der unmerkliche Wandel alles Bestehenden tritt gleichwohl auch in den Regionen, welche den Charakter der Stagnation zur Schau tragen, für den aufmerksamen Beobachter zutage.«

Dadurch, daß er vierzehn der Wüstenstraßen der Araber beschreibt und möglichst viele dieser Straßen mit den Beschreibungen neuerer Reisender vergleicht, zeigt Tomaschek, daß das Klima während des letzten Jahrtausends unverändert geblieben ist. In dieses Jahrtausend fällt Marco Polos Reise, und ich habe bereits nachgewiesen, daß dieser nur über Baabad nach Tebbes hat gehen können, um von Kuh-benan durch eine acht Tagereisen breite Wüste, wie er sie beschreibt, zu ziehen. Denn wenn er einen andern Weg eingeschlagen und acht Tage lang keine einzige Oase angetroffen hätte, so ließe sich dies nur durch eine Verbesserung der Naturverhältnisse in der Zeit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert erklären, die nicht wahrscheinlich ist.

Wenn die Beschreibungen Marco Polos und der arabischen Geographen der Annahme, daß sich das Klima im östlichen Persien seit jener Zeit verschlechtert habe, nicht den geringsten Anhaltspunkt geben, so besitzen wir in den Werken, die die Geschichtschreiber Alexanders des Großen verfaßt haben, ein vortreffliches Mittel, den Zeitraum sogar auf 2200 Jahre auszudehnen. Man wird zugeben, daß die meisten Ruinen, die wir noch in Ostiran erblicken, jünger als 2200 Jahre sind! Läßt es sich also nachweisen, daß das Klima zu Alexanders Zeiten ungefähr dasselbe gewesen ist wie heute, so müssen die in Trümmern liegenden Orte aus andern Gründen verlassen worden sein.

Eine solche Untersuchung hat Huntington in seinem angeführten Werk vorgenommen. Daß ganz Innerasien sich in einer Austrocknungsperiode befindet, ist eine anerkannte Tatsache. Ist es jedoch glaublich, daß dieses Phänomen so schnell vor sich geht, daß man es schon im Verlaufe zweier Jahrtausende wahrnehmen kann?

Wenn Huntington hervorhebt, daß Reisende neuerer Zeit, die Alexanders Spuren gefolgt sind, es für vollkommen unmöglich erklären, jetzt eine Armee durch Gegenden zu führen, in denen man kaum Wasser und Weide für zwanzig Kamele finde, so muß man daran denken, daß hierüber die Meinungen geteilt sind und daß es auch Reisende gibt, die sagen, daß es einem Kriegsheere möglich sei, durch Südbelutschistan nach Indien zu ziehen.

Ebensowenig ist das Schweigen des Arrianus über die Schicksale des Krateros ein Beweis, daß Krateros nicht ebenso große Verluste erlitten haben kann wie sein Herr. Man erfährt nur, daß Krateros sich »mit den Resten des Heeres und den Elefanten« in Karmanien (Kirman) mit dem König vereinigte, aber nichts über die Zahl der verlorenen Krieger und Tiere.

Ebensowenig erlaubt ein Vergleich der Beschreibung, die Strabo von Karmanien gibt, mit der, die Sykes uns gibt, irgendwelche Schlüsse über das Klima. Strabo betont selbst (Buch XV, Kapitel 1), daß zwar mehrere der Griechen Indien gesehen hätten, daß jedoch die meisten ihrer Erzählungen auf Hörensagen beruhten. »Alle widersprechen einander. Da sie schon über das Gesehene so voneinander abweichen, was soll man dann von dem Gehörten denken?«

Ganz anders ist es mit wirklich geschehenen Ereignissen, die an und für sich völlig zureichend sind, um ein Bild der Natur, die sie herbeigeführt hat, zu geben. Dies um so mehr, wenn zwei Verfasser, deren Quellen jetzt spurlos verschwundene, während des Heerzuges niedergeschriebene Originalschriften gewesen sind, dieselben Dinge berichten, wie es bei Strabo und Arrianus der Fall ist.

Im sechsten Buch seiner Geschichte der Feldzüge Alexanders des Großen erzählt Arrianus, wie Alexander auf einem mühseligen Weg durch das Land der Gedrosier gezogen sei, auf einem Weg, auf dem das Heer an allem, besonders aber an Wasser, Mangel gelitten habe. Man mußte daher einen großen Teil des Marsches während der Nacht zurücklegen, was ganz natürlich ist, da der Zug in der warmen Jahreszeit vor sich ging und man Ende August (325 v. Chr.) von der Indusmündung aufgebrochen war. Das ganze Heer bestand nach Droysen aus 40 000 Mann.

Man folgte der Küste in einiger Entfernung, aber so, daß man stets noch Fühlung mit ihr behielt. Alexander wollte nämlich die Häfen untersuchen und der Flotte, die Nearchos befehligte, Proviant und Trinkwasser verschaffen. Aber das Land der Gedrosier war nach der Meeresseite hin überall eine Wüste. Deshalb schickte er Thoas, den Sohn des Mandrodoros, mit einigen wenigen Reitern nach dem Meer hinab, um nachzusehen, ob es dort vielleicht irgendwo einen Landungsplatz gebe oder ob in der Nähe des Meeres Trinkwasser und andere Lebensmittel vorhanden seien. Dieser kehrte mit dem Bescheid zurück: er habe an der Küste einige Fischer in erstickend engen Hütten angetroffen … diese Fischer hätten nur für ihren eigenen Bedarf Wasser, das sie sich mühsam im Küstensande sammelten, und dieses Wasser sei nicht einmal ganz süß … Die Eingeborenen erhielten Befehl, aus dem Innern des Landes möglichst viel gemahlenes Korn herbeizuschaffen, sowie auch dem Heere Datteln von den Palmbäumen und Schafe zum Verkaufe zu bringen.

»Er selbst marschierte nach der Königsstadt der Gedrosier, Pura genannt (das heutige Bampia oder das benachbarte Pahra), wohin er 60 Tage nach dem Abmarsch aus Ora gelangte. Die meisten der Geschichtschreiber Alexanders behaupten, daß alle Mühseligkeiten, die sein Heer in Asien erduldet, zusammengenommen nicht mit den Leiden, die es hier habe ertragen müssen, zu vergleichen seien. Indessen soll Alexander diesen Weg nicht aus Unkenntnis der Schwierigkeiten eingeschlagen haben, … sondern gerade deshalb, weil er gehört habe, daß bisher noch keiner hier ungeschädigt mit einem Heere hindurchgekommen sei, ausgenommen Semiramis auf ihrer Flucht aus Indien, und nach den Erzählungen der Eingeborenen soll auch sie sich nur mit 20 Mann ihres Heeres haben retten können; ebenso wie Cyrus, der Sohn des Kambyses, mit nur 7 Mann.

»Auch Cyrus soll nämlich in diese Gegenden gekommen sein, um in das Land der Inder einzufallen, hatte aber, ehe es dazu kam, in der Wüste mit ihren verzweifelt schlechten Wegen den größten Teil seines Heeres verloren. Erzählungen solchen Inhalts hatten in Alexander die Lust erweckt, mit Cyrus und Semiramis zu wetteifern. Deswegen sowohl wie um aus der Nähe die für die Flotte notwendigen Hilfsmittel zu beschaffen, hatte Alexander, wie Nearchos sagt, diesen Weg gewählt, und nun hatte die glühende Sonnenhitze nebst dem Mangel an Wasser einen großen Teil des Heeres und in noch höherem Grade die Lasttiere aufgerieben; diese waren nämlich infolge der Glut und der Tiefe des erhitzten Sandes sowie besonders vor Durst umgekommen. Denn manchmal war man auf Hügel aus tiefem, aber nicht dicht gehäuftem Sand gestoßen … Und dabei hatten die Pferde und die Maultiere noch fühlbarer durch das Hinauf- und Hinunterklettern auf dem unebenen und zugleich nicht festen Boden leiden müssen. Auch war die Länge der Tagemärsche keine kleine Strapaze für das Heer gewesen. Denn der Wassermangel zwang es, Tagemärsche zu machen, die über seine Kräfte gingen.«

Dann spricht Arrianus noch weiter über den »unaufhörlichen Durst«, über den Mangel an Lebensmitteln, der sie gezwungen habe, tote Pferde und Maulesel zu essen, und über die Kranken, die zurückgelassen worden seien. Die Frachtwagen wurden in Stücke zerschlagen, da man außerstande war, sie durch den tiefen Sand zu bringen, nachdem man zu Anfang des Marsches gerade des Trosses wegen hatte Umwege machen müssen. Einige Leute brachen infolge von Krankheiten, andere vor Erschöpfung zusammen, erlagen der Hitze oder dem Durste, aber der Zug schritt ohne Unterbrechung weiter, und wer sich nicht selber helfen konnte, mußte liegen bleiben. Während der Nachtmärsche überwältigte viele der Schlaf, und sie konnten nachher die Spur des Heeres nicht wiederfinden. Sie kamen im Sande um, »wie Schiffbrüchige im Meer«. Ein anderes Verhängnis war folgendes: »In Gedrosien regnet es gerade wie in Indien infolge der Passatwinde; freilich nicht auf den Ebenen von Gedrosien, sondern in den Bergen, wohin die Wolken vom Winde getrieben werden und wo sie sich entladen, weil sie sich nicht über die Bergspitzen erheben können. Als nun das Heer sich an einem wasserarmen Bache gelagert hatte, gerade des Wassers wegen, füllte sich dieses Bett in der zweiten Nachtwache infolge der Regenschauer, die gefallen waren, ohne daß das Heer etwas davon gemerkt hatte, und das Lager wurde mit solcher Gewalt überschwemmt, daß die meisten Frauen und Kinder, die dem Heere folgten, ertranken.«

Dann folgt die bekannte Geschichte der Kundschafter, die in einer Schlucht einen Schluck schlechten Quellwassers gefunden hatten und ihn dem König in einem Helm überreichten. Er ging zu Fuß, um seine Krieger aufzumuntern, nahm den Helm, lobte die Kundschafter und goß das Wasser auf die Erde. Hierdurch wurde der Mut aller angefeuert. Als man weiter gelangte, fanden seine Führer sich nicht zurecht, weil der Weg im Flugsand nicht zu erkennen war. Da ritt er selbst mit fünf Begleitern nach der Küste und ließ dort im Sand nach süßem, reinem Wasser graben. Das ganze Heer kam ihm nach und zog nun sieben Tage an der Küste entlang, um sich Wasser verschaffen zu können. Schließlich gelangte er nach Pura, der Königstadt der Gedrosier, wo er das Heer ausruhen ließ.

Strabo sagt unter anderm, daß die Küste der Ichthyophagen, der Fischesser, flach und meistenteils baumlos sei, mit Ausnahme einiger Palmen, eines gewissen Dornstrauches und der Tamarisken. Auch an Wasser und eßbaren Früchten herrsche dort Mangel. »Sowohl die Menschen wie das Vieh nähren sich von Fischen und von Regen- und Brunnenwasser.« Von Gedrosten heißt es, daß das Land allerdings weniger heiß sei als Indien, aber doch heißer als das übrige Asien und daß auch dort, die Sommerszeit ausgenommen, Mangel an Früchten und Wasser herrsche. Strabo teilt uns mit, daß Alexanders Heereszug mit Absicht während des Sommers ausgeführt worden sei. Man habe nämlich gewußt, daß es dann in Gedrosien regne und Flüsse und Brunnen gefüllt seien, während sie im Winter trocken stehen, und daß der Regen in den höheren Regionen im Norden falle, so daß die Flüsse das Wasser nach der Küste hinabführen. »Doch in der Wüste schickte der König Brunnengräber voraus … Nur durch die Dattelpalmen wurden sie gerettet.« Im übrigen ist Strabos Schilderung der spätern, von Arrianus verfaßten sehr ähnlich. Nebenbei sei erwähnt, daß nach seiner Angabe die Wüste von Karmanien im Süden der Kaspischen Tore liegt. Da dieser Paß unmittelbar auf der Südostseite des Demawend liegt, hat er entschieden in der Bezeichnung der Wüste von Karmanien die ganze Kewir einbegriffen. Er sagt, daß »die Kamelherden« an den Grenzen des kalten, gebirgigen Landes im Norden lebten. Gerade so ist es noch heute!

Der Weg, dem Alexander längs der Küste gefolgt ist, wird sich wohl schwer feststellen lassen. Nach Strabo entfernte er sich niemals mehr als 500 Stadien weit vom Meer. Die Stadien, um die es sich dabei handelt, können nicht lang gewesen sein, denn es heißt auch, daß er die Truppen 20–30 Stadien von den Brunnen entfernt habe rasten lassen, damit die Krieger nicht »aus Durst unmäßig tränken«. Wenn man diesen Abstand auf einen Kilometer veranschlagt, so hätte sich Alexander höchstens 20 Kilometer von der Küste entfernt. Daß er die ganze Zeit über der Küste sehr nahe geblieben ist, geht auch aus Strabo hervor, der sagt, der Führer habe sich aus Unkenntnis einmal so tief in das Innere des Landes hineinverirrt, daß »man das Meer nicht mehr erblickte«. Daraus ergibt sich, daß das Meer sonst stets in Sehweite gewesen ist.

Um die allgemeinen geographischen Verhältnisse jener Zeit mit den jetzigen zu vergleichen, müssen wir uns bei irgendeinem Reisenden, der möglichst nahe an der Küste entlanggezogen ist, Rats erholen. Ein solcher ist der Major, später General Sir Frederic Goldsmid, der im Jahre 1861 in amtlichem Auftrag die Reise von Karachi nach Gwadar machte, und zwar auf fast derselben Straße wie einst Alexander. Aus seiner im » Journal of the Royal Geogr. Society«, XXXIII (1863), S. 181 fg., veröffentlichten Reisebeschreibung führe ich nur einige Punkte an, die das Problem beleuchten.

Am 12. Dezember 1861 brach Goldsmid nach dem Hubbflusse auf, der 3 Fuß tief war. Am 14.: Gras, Tamarisken, Küstendünen und Brunnen; beim Lager zwei Brunnen mit salzhaltigem, aber trinkbarem Wasser. Am 15.: Gärten und angebaute Felder, die von kleinen Becken und Brunnen aus berieselt werden; der Vindorefluß ist ausgetrocknet; bei der Stadt Sunmiani leicht salzhaltiges Brunnenwasser; Lebensmittel und Futter in Menge. Den 21.: Dünen und Sümpfe, die sich nach Regenfällen bilden; ein Lager, ein Hain, ein Dorf mit angebauten Feldern; der Puralifluß versieht das Dorf Buddo mit Wasser »in reichlicher Menge und von gutem Geschmack«; nach anhaltenden Regen tritt der Purali über seine Ufer.

Den 23.: Dschungel, Gras und Flußwasser; Dünen und ausreichend Kamelweide. Den 24.: ein Brunnen, ein ausgetrocknetes Bett; beim Lager Futter für Kamele und Pferde und salzhaltiges Wasser aus einem Flußbett. Am 25.: wohlhabende Landleute und Kuhhirten; »auch dem Vieh schien es nicht an Futter und Wasser zu mangeln«. »Die Wasserzufuhr durch die Gebirgsbäche muß die Täler fruchtbar machen, wenn nicht für den Getreidebau, so doch wenigstens für Gras und Futterpflanzen.« Beim Lager ein unzureichender Brunnen, aber in zwei und vier (englischen) Meilen Entfernung gutes Wasser. Am 27.: sandiger, ebener Boden; gute Pferdeweide; drei ausgetrocknete Flüsse, von denen einer ein 18 Fuß tiefes und 50 Fuß breites Bett hatte. Den 28.: Dünen und Erosionsrinnen von den Bergen her; beim Lager Wasser in Hülle und Fülle aus dem Hingorfluß; Futter und Weide zur Genüge; Proviant liefert ein hier ansässiger indischer Kaufmann. Am 31. wurde wieder am Hingorfluß gelagert.

Am 1. Januar 1862: »Mehr oder weniger mit Vegetation bedeckte Schluchten und Täler.« Doch war der Weg auf dieser Tagereise sehr schlecht: »es ist ganz gewiß, daß dieser in Zickzackwindungen laufende Weg für Truppen absolut unpassierbar sein würde, bei beständig gutem Wetter vielleicht ausgenommen. Starker Regen würde dem Vorrücken eines jeden Heeres verhängnisvoll werden.« Der Lagerplatz heißt Shir Koomb, das »Süßwasserbecken«; das Wasser ist dort ebenso gut wie reichlich vorhanden, aber Futter und Gras sind kaum genügend.

Die beiden folgenden Stationen sind mittelmäßig. Manchmal reichte das von dem Orte gebotene nicht für eine größere Gesellschaft aus, als Goldsmids Schar war. Aber am 4. ging es über den Gorudfluß, der vier Fuß Wasser am jenseitigen und morastigen Boden am diesseitigen Ufer hatte; noch immer Sanddünen. Das Lager dieses Tages war Ormarah, ein Städtchen mit 300 Häusern und 900 Einwohnern; sie leben meistens von Fischfang und Datteln. In der Nähe ein herrlicher, natürlicher Wasserbehälter, wo das Quellwasser aus steiler Felswand heraussprudelt. Es gibt mehrere Quellen in der Gegend. In Ormarah selbst kann man gutes Wasser erhalten, wenn man 4½ Fuß tiefe Brunnen gräbt; sie werden aber bald salzhaltig.

Den 16. Januar: Moräste von den letzten Regengüssen; am Lager der Fluß Bussole mit vielem, wenn auch trübem Wasser; genügend Futter; Eingeborene hier und dort verstreut. Baumwuchs. Den 17.: der Hauptdeltaarm des Bussole hatte drei Fuß Wasser, und es wurde den Kamelen schwer, ihn zu durchwaten; Einöde, Sand und Anschwemmungen wechseln ab; eine Gegend für Berieselung, wenn auch auf Regenwasser angewiesen, aber ihr Weizen ist schlecht. Beim Lager ein Flußbett, Wasser, Weide und Futter in zureichender Menge, die Gegend ist bewohnt. Den 18.: zahlreiche Regenrinnen. Das Lager an einem Flusse namens Koondree, in dessen Schutz es einen natürlichen Brunnen gibt, der nie versiegt. Die Weide ungenügend. Vom Lager am Shorifluß: gutes Wasser, Futter und Gerste kann man sich verschaffen. Den 20: ziemlich gutes Flußwasser. Den 21.: Pasni, Stadt mit 70 Hütten aus Pfählen und Matten; salzhaltiger Brunnen. Den 24.: es gab Regenwasser, sonst kann man drei bis vier Fuß tiefe Brunnen graben. Den 25.: ein schnell dahinströmender Fluß, Schinzanee, zwang zu Umwegen. Beim Lager war alles Notwendige zur Genüge vorhanden.

Den 26.: es ging über mehrere kleine Bäche und den Fluß Savaru, der »ein ansehnlicher Fluß« genannt wird. Ackerland, fünfzehn bewohnte Orte in der Gegend; weidende Kamele in großer Zahl. Beim Lager Regenwasser, Dattelpalmen, viel Pferdefutter und ausreichend Kamelweide. Den 28.: Palmen und andere Bäume; Fischer und Bootsleute; der Fluß Barumba mit wenig Wasser. Den 29. Januar erreichte man Gwadar, eine Stadt mit Palmen: »hier fanden wir notwendige Vorräte aller Art und gutes Brunnenwasser in Menge«.

Man wird sagen, daß Goldsmids Reise in einer günstigern Jahreszeit ausgeführt worden ist als der Zug Alexanders. Doch die Beschreibung des Küstenlandes, die uns Hauptmann S. B. Miles im » Journal of the R. Geogr. Society«, XLIV (1874), S. 163 fg., von einer Reise macht, die am 14. Oktober angetreten wurde, ist auch nicht schlechter. Er brach in Gwadar auf und befand sich also genau zu derselben Zeit des Jahres dort wie einst Alexander. Bis Ormarah folgte er einer Straße im Binnenland. Nachdem man den Küstengürtel überschritten und den Deschtfluß erreicht hat, geht alles leicht. Dort gibt es viele Dörfer, von denen eines, das Dorf Bul, sogar 400 Häuser besitzt. An der Straße zeigten sich Spuren älterer Felder, die aufgegeben worden waren; die Bewässerung hängt ganz von den Niederschlägen ab.

20. Oktober: am Deschtfluß ist ein gut bevölkertes, fruchtbares Gebiet. Kein Mangel an gutem Brunnenwasser. Vom Toomptal heißt es: »Hin und wieder findet man Quellen mit vorzüglichem Wasser, die aus anstehendem Gestein entspringen und Bächlein bilden, in denen es von kleinen Fischen wimmelt. Im Tale 8000 Einwohner; großartige Dattelpalmen. Überall ›Kari‹ oder Kanate; diese sind sehr alt, und ihre Anlegung wird den ›Diws‹, den Geistern, zugeschrieben.«

25. Oktober: Palmen und Tamarisken; der Weg ist sehr ausgetreten und gut; über die Schluchten führen Brücken aus Palmstämmen. Das Kedschtal ist 270 englische Meilen lang; seichtes Wasser strömt in dem Kedschfluß, der sieben verschiedene Fischarten enthält; diese werden von den Belutschi gefangen und gegessen; die Felder werden während der Regenzeit mit Regenwasser bewässert, sonst durch Kanalwasser.

30. Oktober. Sami, ein Dorf mit einem beständig fließenden Gebirgsbach, dazu der Fluß Kil Chor. Palmen.

1. November: »Das Tal scheint voller Quellen zu sein, und obgleich man nur hin und wieder im Bette des Chor rinnendes Wasser antrifft, fließt es wahrscheinlich unter der Erde weiter.« Während der sechs folgenden Tage gab es an allen Lagerplätzen gutes Wasser und Zwergpalmen, auch sah man hier und dort Hirten mit Schafen und Ziegen.

10. November: Bei der Festung Soordoo war Miles über den Reichtum an Obstbäumen erstaunt; es gab dort Äpfel, Weintrauben, Pflaumen, Orangen, Zitronen, Limonen, Pfirsiche, Feigen, Mandeln usw. Die Felder bewässert ein Fluß, der Punjgoor heißt.

Miles schätzt die Einwohnerzahl dieses Tales auf 16 000 bis 18 000. Vor anderthalb Monaten war eine aus 400 Kamelen bestehende Karawane mit Weizen aus Kandahar angekommen und hatte sich kürzlich mit Datteln wieder auf die Heimreise begeben. »Wasser gibt es dort in großer Menge zur Berieselung der Felder, teils direkt vom Flusse aus, teils aus den Kari, von denen Punjgoor elf besitzt.« Die Häuser sind aus Palmenblättern und Matten aufgeführt.

Am 12. November sah man zahlreiche Karawanen, die aus Kamelen, Eseln und Ochsen bestanden und Datteln transportierten. Im Lager mußte man sich ohne Wasser behelfen. Doch am nächsten Tag wurde das Lager an einem Teiche aufgeschlagen, den ein dicker, warmer, aber süßer Wasserstrahl aus dem anstehenden Gesteine bildet; in dem Teiche gibt es Fische. Von nun an findet man öfter Wasser, und am 19. sieht man den ganzen Tag Quellen.

20. November: »Eine wirkliche Tümpel- und Quellenkette begleitet uns den ganzen Tag.«

22. November: Der Chor Bussool, den wir von Goldsmids Reise her kennen, führt stets Wasser, wenn er auch manchmal beinahe ausgetrocknet ist. und dann wieder wütend einhertost. Von Ormarah folgte Miles der Telegraphenlinie längs der Küste.

Die mir vorliegenden Karten, darunter die von Sykes im » Geographical Journal« und die der » Regna Antiquissima Orientis« in Justus Perthes' » Atlas Antiquus«, sowie Droysens Karte geben an, daß Alexander in dem jetzigen Gwadar die Küste endgültig verließ und von dort aus direkt nach Pura, der Hauptstadt von Gedrosien, zog.

Major Euan Smith beschreibt diese Straße in » Eastern Persia«, S. 212 fg. Er verließ Bampur mit 40 Mann, den nötigen Kamelen und einigen Mauleseln am 16. Februar 1871. Der durch Quellen gespeiste Bampurfluß war damals mit Wasser gefüllt; an den Ufern wächst dichtes Gestrüpp. Pahra ist eine aus 120 Häusern bestehende, mit einer Mauer umgebene Stadt. Viele glauben, daß Pahra mit dem Pura Alexanders identisch sei. Während der ersten vier Tage fand Euan Smith Wasser und Vegetation in Hülle und Fülle. Am fünften Tag gelangte man an den Serbasfluß; »dort gab es infolge des kürzlich eingetretenen Regens viel Wasser; unter den Felsen hatten sich auch große, tiefe Tümpel gebildet, und es ist wahrscheinlich, daß man hier das ganze Jahr hindurch Wasser finden könnte«. Die Vegetation besteht aus Tamarisken und Zwergpalmen.

Im Dorfe Serbas gab es vorzügliches Wasser, Reis, Datteln und Tabak. »Unser nächster Marsch war sehr angenehm … Felder, die sich ohne Unterbrechung bis an den Dipchor (14 englische Meilen) erstreckten, waren auf erhöhten, künstlichen Terrassen an den Flußufern angelegt und wurden durch künstliche Kanäle bewässert. Mango-, Orangen- und Maulbeerbäume waren im Überfluß vorhanden und gediehen gut. Bohnen und Gerste schienen die hauptsächlichsten Feldfrüchte zu sein und waren bald reif für die Sichel. Nun folgte eine ununterbrochene Reihe kleiner Dörfer, deren Bewohner, beinahe ausnahmslos mit Feldarbeit beschäftigt, an den Flußufern standen, als wir vorüberzogen.«

Nach weiteren Dörfern, Gärten und Dattelhainen erreicht man ein offenes Plateau, das sich ununterbrochen bis an die Grenze von Sind erstreckt, »und wenn die Perser nur wollten, könnte eine große Armee in dieser Richtung an die Grenze von Sind ziehen, ohne auf irgendein Hindernis zu stoßen, da sie auf dem ganzen Wege Wasser und Proviant finden würden. Persiens Vorrücken in dieser Richtung ist daher, wie es mir scheint, eine Frage, die ernster Erwägung wert wäre.«

Baftan ist ein neues Dorf in einem Palmenhain. Während der übrigen sieben Reisetage wird von dem stark bevölkerten Dorfe Pischin berichtet, von Dattelpalmen, Gras und Wasser, guten Weiden, öden Gebieten, vom Deschtflusse, der manchmal so angeschwollen ist, daß er den Verkehr wochenlang hemmt, von schlechtem Wasser auf der letzten Station und schließlich von Gwadar.

Wenn wir die alte Beschreibung der Küste Gedrosiens mit der neuen vergleichen, so müssen wir zugeben, daß der Unterschied verschwindend gering ist; ja, ich kann keinen andern Unterschied finden, als den, daß die modernen Beschreibungen von einem viel weniger bevölkerten Lande sprechen als die alten. In welcher Hinsicht hat die Natur sich verändert? Ist die Küste von Belutschistan heutzutage eine Wüstenei, so war Gedrosien »nach der Meeresseite hin überall eine Wüste«. Dieselben Dünen säumen noch die Küste ein, dieselben Ichthyophagen leben noch von Fischfang und Datteln und trinken Wasser aus salzhaltigen Brunnen oder Regenwasser, ganz wie zu Alexanders Zeit. Nach seinen Geschichtschreibern wohnten die Menschen in engen Hütten, die oft aus Muscheln und Knochen erbaut waren; jetzt leben sie in Hütten aus Stangen und Palmblättermatten, ein Umstand, der nicht für eine Verschlechterung des Klimas spricht. Es hat den Anschein, als ob beinahe alle Lasttiere Alexanders vor Durst umgekommen seien; jedenfalls verschmachtete ein großer Teil der Mannschaft. Unausgesetzt ist die Rede von Durst, der die Bande der Disziplin lockerte und den König veranlaßte, die Insubordinationsvergehen seiner Soldaten zu übersehen. Sie schlachteten und verzehrten die Lasttiere, um nicht Hungers zu sterben.

Aber Palmen wuchsen damals wie heute, und nach Strabos Aussage waren Datteln die Rettung der Überlebenden. Das Land war so schwierig zu passieren, daß sich nicht einmal eingeborene Führer zurechtfinden konnten, wenn alle Spuren im Sande verweht waren. Beständig wurden Brunnengräber vorausgeschickt. Man machte, gerade des Wassermangels wegen, lange Tagemärsche. Die Entfernung beträgt bis Pura in gerader Linie 900 Kilometer. Das macht in 60 Marschtagen täglich 15 Kilometer. Doch der Weg ist augenscheinlich sehr gewunden, und an günstig liegenden Stellen blieb man auch wohl gelegentlich einen Tag oder zwei. Wahrscheinlich marschierten sie täglich 30 Kilometer. Goldsmid ging in 25 Tagen von Karachi nach Gwadar; Miles bedurfte, um die Entfernung zwischen denselben Orten zurückzulegen, 40 Tage, allerdings auf einer andern, westlichern Straße; Smith machte die Reise von Pura nach Gwadar in 17 Tagen. Aber sie hatten nur eine kleine Gesellschaft mit sich, und Alexander ein ganzes Heer, das beim Abmarsch 40 000 Mann stark war. Hierin liegt der einzige entscheidende Unterschied. Man kann in kleinen Gesellschaften mit Kamelen Gegenden durchziehen, in denen ein Kriegsheer mit Pferden und Mauleseln zum Untergange verurteilt ist.

Man wird denken, daß die Jahreszeit dabei auch eine gewisse Rolle spielte. Aber ich glaube nicht, daß es eine entscheidende Rolle gewesen sein kann. Alexanders Zug dauerte von Ende August bis Ende Oktober, Goldsmids Reise fiel in die Monate Dezember und Januar, Miles durchzog die Gegend vom Oktober bis zum Dezember und Smith in den Monaten Februar und März. Nach Hann in seinem »Handbuch der Klimatologie« (zweite Auflage, II, 162) stehen die Küstenländer des Arabischen Meeres unter der Herrschaft des Südwestmonsuns. Reclus sagt in » Nouvelle Géographie Universelle«, IX, 116, daß Belutschistan eines der trockensten Länder Asiens sei, obwohl der Südwestmonsun darüber hinwehe. Denn Niederschläge gebe es nur im Gebirge. »In der Tat fallen beträchtliche Mengen Niederschläge in der Sommerszeit, und zeitweilige Seen bilden sich in den Tälern.« Reclus erwähnt Spuren viel reicherer Niederschläge in alten Zeiten. Eine solche Zeit hat es hier gegeben, das unterliegt keinem Zweifel. Aber wann? Nicht vor 2200 Jahren, aber vielleicht vor 20 000 Jahren. Nach Pottinger regnet es in dem Lande zwischen Ostpersien und Westsind im September und Oktober, sowie vom November bis zum März, so daß vier oder fünf regenlose Tage eine Seltenheit sind. Mekran hat seine Regenzeit im Vorfrühling und im Spätsommer; dies gilt jedoch nur von den Gebirgsgegenden. Nach Strabo wählte Alexander absichtlich den Sommer, weil er wußte, daß der Südwestmonsun dann Regen bringt, der freilich im Gebirge fällt, aber die Flüsse und Brunnen bis nach der Küste hinunter füllt. Hinsichtlich der Niederschläge findet man zwischen den vier Reisebeschreibungen, die hier miteinander verglichen sind, eigentlich keinen Unterschied. Goldsmid hatte viermal, am 11., 13., 17. und 24. Januar, teils leichten, teils heftigen Regen. Miles spricht nicht ausdrücklich von Regen, wohl aber oft von süßen Regenwassertümpeln.

In den Teilen seiner Reise, die in den Gebirgsgegenden zurückzulegen waren, hatte Smith mehrmals tüchtigen Regen. Daß auch Alexander Regen gehabt hat, geht schon daraus hervor, daß seine Geschichtschreiber von Eingeborenen, die auf Regenwasser angewiesen sind, erzählen, und dazu noch von einer Sturzflut sprechen, die allerdings im Gebirge gefallen war, aber einen ungeheuer großen Teil des Lagers, Frauen, Kinder, Troß, die ganze private Feldausrüstung des Königs und alle noch lebenden Lasttiere wegschwemmte.

Es ist klar, das Südbelutschistan zum Durchzug eines Kriegsheeres nicht das geeignete Land ist, und bei der heutigen Bewaffnung noch weniger als im Altertum. Alexander trat den Marsch mit einem ziemlich schweren Trosse an, der aber unterwegs vernichtet wurde. Sowohl Strabo wie Arrianus erzählen, daß Cyrus, der Sohn des Kambyses (559–529 v. Chr.), dasselbe Wagnis versucht und sein ganzes Heer bis auf sieben Mann dabei verloren habe. Dieser persische Großkönig soll sich jedoch, nach Justi in seiner »Geschichte des alten Persiens«, S. 28, sowohl Seïstan wie auch Gedrosien unterworfen haben. Beruht die Erzählung von seinem Heereszug auf einer wirklichen Tatsache, so hat er, mindestens 200 Jahre vor Alexander, noch größeres Mißgeschick gehabt als dieser.

Das Merkwürdigste ist der Umstand, daß Euan Smith seine Regierung geradezu vor den Persern warnt und darauf aufmerksam macht, daß eine große persische Armee ohne Hindernis und mit Wasser und Proviant auf dem ganzen Wege durch Südbelutschistan nach Indien würde ziehen können. Mit dieser Ansicht steht er nicht allein, denn St. John bestätigt in » Eastern Persia«, S. 75, seine Behauptung. Er sagt: »Ich glaube, daß Alexander auf dem ersten Teile seines Marsches durch seine Führer getäuscht worden sein muß und daß sie ihn genau in dem Abstand von der Küste gehalten haben, wo das Wasser nur spärlich auftritt. Wäre er durch das Kedschtal, jenen natürlichen Weg vom Indus nach Westbelutschistan, gezogen, so hätte er Wasser in Menge gefunden.«

Weshalb wählte Alexander denn diese schlechteste aller nach und aus Indien führenden Straßen, anstatt den Rückzug durch die nördlichem Pässe zu bewerkstelligen, durch die es Timur im Jahre 1398, Sultan Baber 1505 und 1525 und Nadir Schah im Jahre 1738 mit solchem Erfolge versuchten, als diese Heerführer Indien eroberten? Alexander schwebte über die bessern Wege nicht in Unkenntnis; auf dem Zuge nach Indien hatte er ja selbst eine sichere Straße ausprobiert. Sein Heerzug war kein knabenhaftes makedonisches Reiterspiel, kein Hochzeitsmarsch mit Trinkgelagen und Pauken- und Zimbelklang. Es ging allerdings mehr als einmal toll und ausgelassen her, aber er hatte immer ein großes Ziel im Auge. Er wollte alles tun, um die ungeheuern Ländermassen seines neuen Reiches zusammenzuhalten. Darum mußte er einen Seeweg zwischen Euphrat und Indus erschließen. Deshalb mußte er den Nearchos mit der Flotte an der Küste entlang fahren lassen. Dieser führte seinen Auftrag mit solcher peinlichen Genauigkeit aus, daß, wie Markham in seiner » History of Persia«, S. 412, an gibt, unsere heutigen Seeleute noch die meisten Stellen, an denen er Anker warf, nach seinem Logbuche identifizieren können, obwohl die Küstenlinie sich seitdem an einigen Stellen verändert hat. Mit den Schiffen jener Zeit konnte man sich nicht weit von der Küste entfernen. Man konnte sich nicht auf mehrere Monate mit Wasser und Proviant versehen. Nearchos war daher auf das Küstenland angewiesen. Seine Flotte bestand, wie Droysen sagt, aus 100 Schiffen mit 5000 Mann. Das Landheer mußte der Seereise des Nearchos als Bedeckung dienen und ihn zugleich mit Proviant und Wasser versorgen.

Daher mußte Alexander um jeden Preis an der Küste entlang ziehen. Darüber sagt Droysen in der »Geschichte Alexanders des Großen«, S. 468 fg.: »Er durfte den großen Plan nicht um der Gefahren willen, die ihm notwendig folgten, Preis geben, er durfte die Opfer nicht scheuen, die ihm das Unternehmen kosten sollte, er durfte die Stimme der Menschlichkeit und Besorgnis nicht achten, wo es galt, wesentliche Zwecke zu erreichen; und erkennt man einmal die Größe und Berechtigung jenes Gedankens, Asien für das Hellenische Leben zu gewinnen, so muß man auch die Konsequenzen desselben, mögen sie auch nach menschlicher Betrachtungsweise mit Menschlichkeit und Möglichkeit in Widerspruch erscheinen, anerkennen und als geschichtlich recht begreifen.«

Im Sommer des Jahres 325 hatte Alexander noch 80 000 Mann. Von diesen marschierten wenigstens 30 000 mit Krateros, etwa 40 000 mit dem König; der Rest, ungefähr 12 000 Mann, befand sich auf der Flotte. Droysens Beschreibung, die sich auf alle vorhandenen Quellen stützt, gibt ein drastisches Bild dieses verhängnisvollen Zuges. Anfangs ging es noch an, aber vom Lande der Ichthyophagen heißt es (a. a. O., S. 474 fg.):

»Jetzt zog das Heer weiter; es nahte dem furchtbarsten Teil der Wüste, in gräßlicher Steigerung wuchs der Hunger, das Elend, die Zügellosigkeit. Auf 10, auf 15 Meilen weit kein Wasser, der Sand tief, heiß, wellenhaft wie ein stürmisches Meer zu tiefen Dünen aufgeweht, in denen man mit jedem Schritt tief einsank und sich mit endloser Mühe durchschleppte, um sogleich dieselbe Arbeit von neuem zu beginnen; dazu das Dunkel der Nacht, die furchtbar wachsende Auflösung aller Ordnung, die letzte Kraft durch Hunger und Durst erschöpft oder zu selbstischer Gier verwildert. Man schlachtete die Pferde, Kamele und Maultiere und aß ihr Fleisch; man spannte das Zugvieh von den Wagen der Kranken und überließ diese ihrem gräßlichen Schicksal, während das Heer in wilder Hast weiterzog; wer vor Müdigkeit oder Entkräftung zurückblieb, der fand am Morgen kaum noch die Spur des großen Heeres wieder, und fand er sie, so bemühte er sich umsonst dasselbe einzuholen; in schrecklichen Zuckungen verschmachtete er unter der glühenden Mittagssonne oder verirrte in dem Labyrinth der Dünen, um vor Hunger und Durst langsam dahinzusterben … So häuften sich die Schrecken; und als nun endlich gar bei dem weitern Marsche, da ein heftigerer Wind die Dünen der Wüste durcheinander trieb und allen Weg spurlos verwehte, die landeingeborenen Führer verirrten und nicht mehr wo noch wohin wußten, da sank auch dem Mutigsten der Mut, und der Untergang schien Allen gewiß …

»So erreichte das Heer endlich das Ziel seines Weges, aber in welchem Zustande! Der Marsch von der Oritengrenze durch die Wüste hatte sechzig Tage gewährt, aber die Leiden und Verluste auf diesem Marsche waren größer als alles frühere zusammengenommen. Das Heer, das so stolz und reich aus Indien ausgezogen, war auf ein Viertel zusammengeschmolzen, und dieser traurige Überrest des welterobernden Heers war abgezehrt und entstellt, in zerlumpten Kleidern, fast ohne Waffen, die wenigen Pferde abgemagert und elend, das Ganze ein Auszug des tiefsten Elends, der Auflösung und Niedergeschlagenheit.«

Alexander verweilte längere Zeit in Pura, damit sich noch möglichst viele der Nachzügler wieder zu ihm gesellen könnten. »Rette sich wer kann!« war in der Wüste die Losung des Heeres gewesen. Der vierte Teil der Mannschaft, der dem Tode entronnen war, war von allem entblößt und hatte sogar seine Waffen eingebüßt. Es war eine Schar flüchtiger Vagabunden. 30 000 Mann hatte die Wüste verschlungen, außer den Frauen, Kindern und Lasttieren, unter denen sich, wie Droysen sagt, auch Kamele befanden. Die Küste der Fischesser verbirgt gewiß noch viele merkwürdige Geheimnisse unter ihren Wanderdünen!

Sir Thomas Holdich hat es im » Geographical Journal«, VII (1896), S. 387 fg., versucht, Orte und Straßen in Mekran aus dem Altertum und dem Mittelalter mit den heutigen zu identifizieren. Auf einer Karte hat er auch Alexanders Weg gezeichnet. Er erinnert an die Expedition, die in Kalif Walid I. Zeit durch Mekran nach Indien gesandt wurde, um dort den wahren Glauben zu verbreiten. Die Expedition stand unter dem Befehl des jungen Muhamed Kasim. Sie verlief glücklich und erfolgreich, und die Herrschaft über das Industal, zu der sie den Grund legte, dauerte bis zum Jahre 1005. Das Einfallsheer bestand aus 6000 Kamelreitern und 3000 Mann Fußvolk, erhielt aber in Mekran noch größere Verstärkungen. »Mit dieser kleinen Schar wurde einer der überraschendsten Einmärsche in Indien, die je versucht worden sind, erfolgreich ausgeführt, durch Mekran hindurch, ein Land, das bis dahin als unpassierbar galt und in der frühern Geschichte mit lauter Unglücksberichten verbunden war … Drei Jahrhunderte lang, als ein Volk arabischer Herkunft im Lande Sindh regierte, führte durch Mekran eine der großen Handelsstraßen der Welt, ein Band zwischen Abendland und Morgenland, wie es sonst keines an der indischen Grenze gegeben hat, das Tal des Kabulflusses vielleicht ausgenommen. Diese Hauptstraße war die Pulsader des gewaltigen indischen Handels.«

Holdich erwähnt die ehemaligen Reichtümer Seïstans und fügt mit Recht hinzu: »Seïstan war einst die Kornkammer Asiens und kann es auch wieder werden, wenn man die großartigen Bewässerungsmethoden des Altertums wieder ins Leben ruft.« Also nicht durch die Verschlechterung des Klimas ist Seïstan so verödet worden, sondern weil man die natürlichen Hilfsquellen nicht mehr so ausnutzt, wie einst geschehen ist.

In einem andern Aufsatz »Der Rückzug der Griechen aus Indien« im » Journal of the Society of Arts«, XLIX, S. 417 fg., folgt Holdich dem Zuge Alexanders längs der Küste und macht darauf aufmerksam, daß Kraleros mit dem schweren Gepäck und den Elefanten an bestimmte, bekannte Wege gebunden war, auf denen man leichter vorrücken konnte. Indessen darf man nicht vergessen, daß Krateros auch ganz bestimmte strategische und politische Aufträge auszuführen hatte. Holdich sagt, Alexander sei bis an den Hingol »beinahe Schritt für Schritt der zukünftigen indopersischen Telegraphenlinie gefolgt und habe sich am Hingol nicht sehr weit südlich von ihr befunden«. Von dort an gab es nur eine mögliche Straße. »Hier hat sich seit Alexanders Tagen nichts verändert.« Ferner heißt es: »Andere Schriftsteller als Arrianus haben die Geschichte des Rückzugs Alexanders und der Mißgeschicke, die ihn dabei trafen, erzählt und ihre Überzeugung ausgesprochen, daß es da, wo ein so großer Heerführer wie Alexander gescheitert, ein aussichtsloser Versuch sein würde, wenn andere mit der Hoffnung auf Gelingen das Unternehmen wagen wollten … Erst viele Jahrhunderte nach Alexanders Zeit erhalten wir einen klaren historischen Einblick in Mekran, und was finden wir? Ein Land mit großen, blühenden Städten, mit Heerstraßen, die sie miteinander verbinden und bekannte, von der Natur dazu bestimmte Stationen hatten; Kriegsheere, die in beiden Richtungen marschieren, und einen Handel, der das Volk, das ihn in der Hand behielt, zu der vornehmsten Handelsmacht der Welt erhob, einen Handel, der jahrhundertelang durch jenes Land ging, das Alexander dem Großen so verhängnisvoll wurde.« Kurz, Holdich ist der Ansicht, daß das Land in der arabischen Zeit in einem bessern Zustand gewesen sei als zu Alexanders Zeiten. Seine Ausführungen sprechen jedenfalls nicht von irgendwelchen Verschlechterungen des Klimas während der geschichtlichen Zeit.

In Verbindung hiermit ist es interessant kennenzulernen, was der Leutnant, später Sir Henry Pottinger, über Alexanders Zug in » Travels in Beloochistan and Sinde« (London 1816), S. 263, sagt, denn auch er durchkreuzte vor genau 100 Jahren das südliche Belutschistan in mehrern Richtungen und konnte sich aus eigener Erfahrung über den makedonischen Heereszug äußern. Er spricht zuerst von dem Abmarsch Alexanders aus Pattala und seinem Eindringen in Gedrosien, »wo eine Menge Schwierigkeiten, Hunger, Durst und Erschöpfung seine Truppen dezimierten. Diese Marschroute lag unbestreitbar im Süden der Brahooickkette, und selbst dann, wenn die griechischen Geschichtschreiber sich weniger deutlich ausgedrückt hätten, würde allein schon die Natur des Landes genügt haben, um jeden Zweifel in dieser Hinsicht zu heben.« Von Krateros sagt er, daß »wir ohne Frage darauf schließen könnten, daß dieser General absichtlich auf Umwegen habe ziehen müssen, um die Wüsten Gedrosiens zu vermeiden und daß er nicht in einer Gegend habe vorrücken wollen, in der alle die Mühseligkeiten, welche die königlichen Divisionen zu erdulden hatten, noch durch das Erzwingen eines Durchgangs zwischen unzugänglichen Felsen und durch tiefe Engpässe gesteigert werden würden.

»Nach der griechischen Invasion und der Teilung des gewaltigen Reiches, das Alexander als Erbe hinterlassen, finden wir während einer Periode, die nahezu ein Jahrtausend umfaßt, diese Länder nur in den unzusammenhängenden sagenhaften Erzählungen erwähnt, die von den Gebern und von den alten Persern überliefert worden sind … Teils durch den Eifer für den mohammedanischen Glauben angestachelt, teils mit dem Wunsche, sich wegen einer Beleidigung durch die Götzenanbeter im Sindhlande zu rächen, schickte der Kalif von Bagdad im Jahre 677 n. Chr. ein Kriegsheer gegen jenes Königreich. Dieses Heer schlug denselben Weg ein, auf dem der makedonische Held beinahe 1000 Jahre vorher seinen Rückzug nach Babylon bewerkstelligt hatte. Von diesem Heer heißt es ausdrücklich, daß es in der Nähe der Meeresküste vorrückte, um sicher zu gehen, daß es Wasser finden konnte, das man sich dort auch stets verschaffen kann, wenn man in dem sandigen Küstenreich ein bis zwei Fuß gräbt.«

Wie verschieden die Ansichten über die Unveränderlichkeit des Klimas oder seine Veränderung während der letzten zwei Jahrtausende sind, zeigt folgendes Zitat aus » Compte Rendu des Séances de la Société de Géographie de Paris« (1893), S. 27, über Leontieffs Reise von Tiflis nach Indien, worin es heißt: »Es geht aus Herrn Leontieffs Mitteilungen hervor, daß die klimatischen und biologischen Zustände Belutschistans (des alten Gedrosien) sich seit dem Zuge Alexanders haben schnell verändern müssen. Heute würde nicht nur keine Armee, sondern nicht einmal eine Reiterschwadron dort genug Lebensmittel und Wasser finden, um bestehen zu können. Eine große Menge verstopfter alter Kanäle und ausgetrockneter Flüßchen bestätigen diese Ansicht des Reisenden und beweisen das Vorhandensein der Kultur in ältern Zeiten. Im allgemeinen muß Belutschistan als ein sehr alter Wohnsitz der Menschheit angesehen werden, nach den Felsen zu urteilen, die bei Tump liegen und in denen sich die Grotten der Höhlenbewohner noch vollkommen erhalten haben.«

Welche Schlüsse lassen sich hieraus ziehen? In der grauen Vorzeit verlor hier ein Heerführer sein ganzes Heer und ein anderer den größten Teil des seinen; 1000 Jahre später durchzogen große, von Handelskarawanen und auch von Kriegsheeren benutzte Straßen das Land; in unsern Tagen erklären zwei Offiziere, die das Land aus eigener Erfahrung kennen, daß der Durchzug einer großen Armee, wenn sie nur vernünftigerweise gewissen Wegen folge, auf kein Hindernis stoßen, sondern unterwegs alles finden werde, dessen sie bedürfe. Man möchte wirklich geneigt sein zu denken, daß die Verhältnisse jetzt ein vorteilhafteres Aussehen haben als in alten Zeiten. In Wirklichkeit hängt der Ausgang von gar vielen Dingen ab, von der Ausrüstung, den Vorbereitungen, dem Rekognoszieren der Straße, die man wählt, von den Führern, denen man folgt, und schließlich auch davon, ob es gerade ein günstiges Jahr ist, denn es kommt ja auch vor, daß sogar Indien sich in seiner Hoffnung auf den Südwestmonsun betrogen sieht und daß dann Millionen Menschen verhungern.

Alexander wollte Erfolg haben, und mit zu großer Waghalsigkeit hat er alles auf eine Karte gesetzt. Das Unternehmen mißlang, weil das Land damals gerade so wüst war wie heute. Der Umstand, daß er selbst mit heiler Haut davonkam und noch zwei Jahre hindurch sein siegreiches Zepter über Asien schwingen konnte, läßt uns sein Mißgeschick in Gedrosien viel zu leicht vergessen. Wenn er selbst vor Durst verschmachtet wäre, würden wir geneigt sein zu sagen, nur eine Wüste wie Gedrosien habe seinem Siegeszuge eine Grenze setzen und sein Heer vernichten können. Um so weniger Grund hat man also, aus seinen Erfahrungen entscheidende Beweise für eine Verschlechterung des Klimas aufzustellen.

Ebensowenig kann der Zug des Krateros für irgendwelche Schlüsse Anhaltspunkte liefern, denn über ihn haben wir nur sehr dürftige Nachrichten. Er hatte Befehl, durch Arachosien und Drangiana (Seïstan) nach Karamanien (Kirman) zu ziehen. Er ist aller Wahrscheinlichkeit nach von Alexandria am Indus über Shikarpur nach Kandahar und am Unterlaufe des Hilmend entlang nach God-i-Sirre gezogen. Aber wir wissen über die Straßen, die er wählte, nichts Genaues und noch weniger über die Widerwärtigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, und die Verluste, die er erlitt. Der Umstand, daß er Elefanten mitnahm, beweist nichts; das haben in viel späterer Zeit auch andere Heerführer im östlichen Iran getan, und es dürfte auch nicht schwieriger sein, als diese Tiere nach Lhasa und Schigatse in Tibet hinaufzuführen.

Alexander der Große.
» Aperiam terras gentibus.«


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