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Sechsundvierzigstes Kapitel.
Reisen in der Kewir.

Marco Polo hat die große Kewir weder durchquert noch überhaupt berührt, dagegen hat er kleinere Kewirbecken in der nördlichen Lut passiert, der Wüste, die sich im Südwesten von Tebbes ausdehnt. Wir müssen uns beinahe 600 Jahre weiter begeben, um zu dem nächsten Europäer zu kommen, der uns Aufklärungen über die große Salzwüste gibt. Diesmal ist es ein Forscher, der die Wüste gewissenhaft und erschöpfend beschreibt, der Russe Dr. Buhse, der im Frühling 1849 quer durch die Kewir reiste. Lord Curzon erinnert ( Persia, II, 248) an St. Johns Ausspruch, daß Buhse der einzige Europäer sei, der je diese Reise ausgeführt habe.

In Tomascheks vortrefflicher Abhandlung »Zur historischen Topographie von Persien« finden wir (a. a. O., II. Die Wege durch die persische Wüste, S. 70 fg.) einen übersichtlichen Bericht über die Wüstenreise Buhses. Der arabische Geograph Makdisi im 11. Jahrhundert macht über die Demgan und Dschandak verbindende Straße durch die Kewir nur sehr kurze Angaben, aber er läßt dennoch ahnen, daß die Wüste vor 900 Jahren ebenso schwer zugänglich gewesen sein muß wie heute. Tomaschek bedient sich des charakteristischen Ausdrucks »Daryâ-i-kawîr«, »Kewirmeer«. Er führt an, daß Buhse im Südosten von Demgan ein Becken mit einem schmalen Salzsee in der Mitte gefunden und daß Alexander der Große auf seinem letzten Tagemarsch von Hekatompylos nach Schahrud den Nordrand dieses Beckens berührt habe. Vom Westrand des Beckens gehe die Straße südwärts nach Frat. Weiter südlich folge eine Strecke Flugsanddünen. Über Steppen und Hügel gehe es nach Reschm und weiter nach Husseinan und Mehelleman, letzterer Ort liege hart am Wüstenrande. »Glücklich die Karawane, die nach der Fahrt durch das trockne Meer endlich diesen Punkt erreicht hat!«

Dr. Buhse beschreibt in dem Aufsatz »Die große persische Salzwüste und ihre Umgebung« in der Zeitschrift »Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik«, XV, S. 52 fg. die Kewir auf folgende im Auszug wiedergegebene treffende Weise, die in allem mit dem Bilde übereinstimmt, das ich 56 Jahre später von derselben Straße habe geben können:

Bei Reschm herrscht Kalkstein vor; dann folgen Hügel aus Kalkmergel, die reich an Kochsalz sind; von ihnen kommt man auf die Kewir hinaus, deren graugelber Boden anfangs ziemlich fest ist.

»Seine Hauptbestandteile sind: Sand (50 Prozent), kohlensaurer Kalk (16,7 Prozent), Eisenoxyd (6,1 Prozent), Kochsalz (5,3 Prozent), schwefelsaures Natron (2,5 Prozent), Tonerde (2,1 Prozent). Salzausblühungen bedecken weite Strecken. Tiefer hinein nimmt der Salzgehalt so zu, daß in Vertiefungen und ausgewaschenen Löchern reines Salz zutage tritt, ja stellenweise größere Salzkrusten sich ausbreiten. Hier ist es nur in der trocknen Jahreszeit möglich, zu passieren, und der geringste Regen macht den Boden so schlüpfrig und weich, daß namentlich Lasttiere oft verunglücken. Noch schlimmer ergeht es ihnen bei ungünstigem Wetter auf dem 130 Kilometer von Reschm entfernten Deria-i-nemek. Am 14. April 1849 aber war die glatte erdige Oberfläche desselben ziemlich trocken. Wie einzelne vorhandene Löcher zeigten, war das darunter liegende Salz etwa 0,7 Meter dick und die schlammige Sole, welche die Salzschicht bedeckt, etwa ebenso tief. An Stellen, die seitab vom Karawanenwege liegen, soll die Salzlage dicker sein. Die Breite dieser anscheinend bandartig von Westen nach Osten durch den Kewir sich fortziehenden Salzmulde mochte 9 Kilometer betragen. Wieweit sie reicht und ob sie etwa mit andern ähnlichen Bildungen in Verbindung stehe, war nicht zu erfahren. Das Südufer ist ebenso moorig als das Nordufer. Erst bei einem Karawanserai, einem kleinen verfallenen Bau mit einer Zisterne, hat man wieder kompakten Boden unter sich und genießt den Anblick einiger vereinzelter Gewächse.«

In einer Bemerkung teilt Buhse mit, daß man ihm einen Karawanenweg, der von Turut gerade durch die Salzwüste in sechs Tagen nach Halwan führe, angegeben habe; dort solle die Kewir 100 oder 106 Kilometer breit sein.

Durch meinen Zug von Turut nach Chur habe ich nachweisen können, daß der Salzstreifen sich im südlichen Teile der Wüste noch eine ziemliche Strecke weit nach Osten erstreckt.

In den Jahren 1858 und 1859 bereiste eine von der Geographischen Gesellschaft in Petersburg ausgesandte große russische Expedition unter Chanikoffs Führung das östliche Persien. Der Weg führte durch die Wüste Lut von Neh bis Kirman, und man befand sich schon in vollständiger Wüste, als man den zweiten Lagerplatz, Bala-Haus, noch lange nicht erreicht hatte. »Endlich, am Morgen des 4. April, machten wir in drückender Hitze bei Bala-Haus halt. An dieser Stelle konnte man nur noch die Spuren einer zerfallenen Zisterne sehen, die schon seit langem jeglichen Wassers beraubt war. Hier hatte die Wüste ganz den Charakter eines verfluchten Landes, wie die Eingeborenen sie nennen, angenommen. Nicht der kleinste Grashalm, nicht ein einziges Zeichen tierischen Lebens erfreute uns, kein anderes Geräusch als das durch die Karawane verursachte unterbrach diese düstere Stille der Vernichtung.

»Infolge des langsamen Ganges der Kamele und des Zeitverlustes, den wir erlitten, als wir den Weg verloren, betrug die Länge des nächtlichen Marsches nicht mehr als 25 Kilometer. Nach vierstündiger Rast setzten wir uns wieder in Marsch und hielten die Richtung auf einige Hügel ein, die Kellehper hießen und 20 Kilometer von Bala-Haus entfernt lagen; man sah sie deutlich, aber sie schienen wirklich vor uns zu fliehen. Die absolute Unbeweglichkeit aller Punkte in dieser melancholischen Landschaft, nebst dem vollständigen Fehlen aller Laute machte einen beklemmenden Eindruck. Man fühlte, daß man sich in einem Teile der Erde befand, der zu ewiger Abwesenheit jeglichen Lebens verdammt war und in den das organische Leben nur infolge einer schrecklichen Naturumwälzung würde zurückkehren können. Man sah hier sozusagen den Anfang des Todeskampfes unseres Planeten mit an.« (Chanikoff, zitiert von Macgregor in » Journey through Khorassan« I, 106 fg.)

Professor A. v. Bunge, der Botaniker der Expedition, gibt uns von demselben Wege in seinem Berichte »Die Russische Expedition nach Chorassan in den Jahren 1858 und 1859« in »Petermanns Mitteilungen«, 1860, S. 222 fg. folgende wertvolle Beschreibung.

»In der Nacht vom 22. März (3. April) auf den 23. März (4. April) zogen wir auf Kamelen in die schauerliche, wasser- und vegetationsleere Wüste, Luth (gewöhnlich auf den Karten als Wüste von Kirman bezeichnet) ein … Ein tiefes und breites, ganz trocknes Flußbett, der Chosrud, zu dem wir am ersten Abend bei Sonnenuntergang gelangten, verlieh der Landschaft fast etwas Gespenstisches … Schon ehe die Sonne aufging, traten die Erscheinungen der Luftspiegelung ein … Die Gegend blieb gleich tot und öde, die Hitze stieg von Stunde zu Stunde; vorher senkte sich gegen Abend die Ebene, und bald erreichten wir die tiefsten Stellen (kaum 1000 F. ü. d. M.), wo der Boden, reiner kompakter Salzton, auf weite Strecken eine eigentümliche Beschaffenheit annimmt, ähnlich einem frisch aufgerissenen Lande, dessen große Schollen bereits zusammengesunken sind; diese großen Schollen sind sehr feste, mit Ton und Grand gemischte Salzkrusten, die durch von unten heraufgequollenen ähnlichen, einst wohl halb flüssigen Salzton wie zusammengekittet sind – offenbar ein durch allmähliches Auslaugen und Austrocknen zusammen gesunkenes Salzmoor, das aber jetzt selbst bei starken Regen, die zuweilen im Frühjahr vom Gebirge kommend bis hierher reichen, nie mehr versumpfen soll. Jenseits dieser weiten Strecken erheben sich aus der Ebene, in weitester Ausdehnung zerstreut – wohl die Ufer des einstigen großen Salzsees – zerwaschene, nicht selten den Ruinen kolossaler Bauten täuschend ähnliche Salztonhügel, die, besonders durch Luftspiegelung, das Aussehen einer in Trümmern liegenden ungeheuren Stadt gewinnen. Zwischen diesen Hügeln hindurch und zum Teil über sie hinüber gelangten wir bei einbrechender Nacht zu einem Flusse, dessen ganz mit Salz gesättigtes Wasser träge und kaum merklich sich fortbewegt … Endlich erblickt man in der Ferne grünes Gesträuch – es sind zerstreute Tamarisken …«

Aus dieser Beschreibung ergibt sich, daß Kewir und Lut nur insofern verschiedene Begriffe sind, als eine Lut Streifen und Flächen Kewir- oder Salzwüstenbodens enthalten, während das Gegenteil nicht vorkommen kann. Die tiefsten Depressionen einer Lutwüste werden auch gewöhnlich von Kewir oder Nemeksar, d. h. Salzsenken, gebildet.

Der Weg der Expedition Chanikoffs war den arabischen Geographen des 10. Jahrhunderts wohlbekannt, und Tomaschek hat ihre Angaben in seinem sehr verdienstlichen Werke wiedergegeben (a. a. O., S. 34 fg.). Man ersieht daraus, daß das Land sich während des langen Zeitraums nicht merklich verändert hat, daß die Wüstenstraße genau dieselbe ist wie heute und daß die Beschreibung Makdisis von Chabis mit der neuerer Reisender in den Einzelheiten übereinstimmt.

Auf Tomascheks Karte »Die chorasanischen Wüstengebiete« finden wir fünf Straßen durch die Lutwüste angegeben. Die nördlichste geht von Chabis über Rawer nach dem östlichen Chur und scheint zum Teil mit der Route Sykes' zusammenzufallen; die zweite ist Chanikoffs Weg. Die dritte führt von Neh über Deh-i-salm und Bagh-i-asad nach Seif und Chabis; wir haben ihren Verlauf bereits kennengelernt. Von der vierten aber haben wir nur dank den arabischen Geographen Kunde erhalten; Tomaschek gibt ihren Verlauf unter dem Titel »Der Weg von Narmaschir über Deh-i-salm und Neh nach Frah« an.

Von den Arabern wird sie »die neue Straße« genannt. Tomaschek sagt über ihren Verlauf: »Von der Stadt Narmâsîr zog man einen Tag lang in nördlicher Richtung nach dem Orte Dâristân, ›das ist ein Dorf mit einer Palmenpflanzung, aber ohne Sarâï; weiterhin gibt es keinen Anbau mehr‹. Eine Tagreise weiter gelangt man nach Sar-âb: ›das ist eine Wasserquelle, die in einem Teiche gesammelt wird‹ (Jauberts Idrisi I, S. 434, › une source, dont les eaux s'écoulent dans un grand lac!‹). Von da zieht man vier Tage lang und durchschneidet die ganze Breite der Wüste; der Weg ist ein echter Wüstenweg, voll Gefahren, und die Tagemärsche sind lang. Man erreicht endlich Deh-i-Salm: ›das ist ein Dorf, welches zu Karmân gehört, umgeben von ausgedehnten Baumpflanzungen (Dattelpalmen) und Äckern‹. Makdisi, S. 494 fg. bemerkt: ›Bei diesem Dorfe sind verfallene Gebäude, so weit das Auge reicht, worin jetzt niemand wohnt, da die Quellen und Zisternen versiegt sind; das bewohnte Dorf gehört zu Karmân‹.«

Tomaschek führt auch einen Weg von Sanig (Süd-Nasretabad) nach Deh-i-salm an, der dem östlichen Gebirgsfuße des Beckens folgt, und er sagt, daß noch kein Europäer diese beiden Straßen gezogen sei und nur die arabischen Schriftsteller Edrisi und Makdisi Licht über diese terra incognita Kermaniens verbreitet hätten.

Die Straße von Bam (Narmaschir) nach Deh-i-salm ist besonders interessant. Sie ist nicht einmal auf den neuesten Karten von Persien angedeutet. Sie ist 250 Kilometer lang, und nur während der beiden ersten Tagereisen findet man Wasser. Dann folgt den ganzen Weg vollständige Lutwüste. Das Interessanteste an dieser Straße aber ist, daß sie mitten zwischen den beiden Salzsümpfen hindurchging, die auf den Karten Nemeksar und Schur-ges heißen und von denen der erstere die aus Norden und Westen kommenden Wasserläufe und der letztere die von Süden herkommenden aufnimmt. Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.

Der fünfte Weg ist der südlichste; er war den Arabern gut bekannt, die von ihm sagen, daß diese Straße von der Stadt Narmaschir nach Fahradsch, dem ersten Orte am Rande der großen Wüste führe, wohin es eine kurze Tagereise sei. Von dort rechneten sie bis Sanig oder Nasretabad vier Tagereisen, die zusammen 31 Farsach betrugen. Edrisi zählt die Namen der Stationen auf. Sanig war damals eine spärlich mit Wasser versorgte Militärkolonie inmitten öder Wüste; alle Anhöhen und Schluchten waren verwittert und ausgedörrt, nirgends Spuren eines Lebens vorhanden. (Vgl. Tomaschek, a. a. O., II, 28.)

Diese Straße legte Sir Frederic Goldsmids Mission im Januar 1872 in derselben Richtung zurück, Major Euan Smith hat sie uns in seinem Werke » Eastern Persia, an account of the Journeys of the Persian Boundary Commission 1870–71–72« beschrieben (I, 245 fg.). Man rüstete die Wüstenkarawane in Bam aus. Sie bestand aus 73 Mann, 138 Tieren und 16 Zelten. Die letzte Raststelle, ehe man in die Wüste hinausgeht, ist Tum-i-rig, der »Sandhügel«, wo es gutes Wasser gibt. Sechs Zoll tief in der Erde stößt man jedoch auf ein hartes Salzlager; dasselbe gilt vom ganzen Wege durch die Wüste, eine überraschende Nachricht, die anzudeuten scheint, daß die südliche Lut ein abgetrenntes Becken für sich ist. Denn die Salzscheibe der Nemeksar liegt auf einem viel niedrigeren Niveau.

Drinnen in der Wüste werden zwei Raststellen, Schur-ges und Gurg passiert, mit 5 Fuß tiefen Brunnen, die salzhaltiges Wasser geben. Bei Gurg geht der ebenfalls salzige Fluß Rud-i-mahi nach Nordwesten. Der Weg führt meistens durch schwach wellenförmige Steinwüste ohne irgendeine Spur Lebens; gelegentlich zeigt sich ein Dünengürtel. Es geht an zwei Minarets vorüber, von denen das erste Mil-i-Nadiri heißt und 55 Fuß hoch ist, das zweite aber in Trümmern liegt. Aus diesen Trümmern und den Ruinen eines Forts und eines Karawanserais bei Ribat erhielten die Reisenden den Eindruck, daß diese Straße früher viel benutzt worden sein muß. Die Kälte war im Januar groß, aber der Sommer sollte dort so heiß sein, daß ein Reiter seine Steigbügel mit Lappen umwinden muß, damit sein Reittier keine Brandwunden erhalte! Sie hörten auch von einem direkteren Wege von Nasretabad nach Bam, der sich auf schnellfüßigen Dschambasdromedaren in einem Tage zurücklegen lasse.

Der nächste in der Reihe ist General Sir C. M. Macgregor, der im Jahre 1875 zwischen Chur und Tebbes die Südbucht der großen Kewir durchquerte. Hierüber sagt er in » Narrative of the Journey through the province of Khorassan« (I, 101): »Es ist schwierig, etwas ausfindig zu machen, wodurch ein englischer Leser einen Begriff von dem erhalten kann, was eine Kewir ist. Sie ist kein Sand, und sie ähnelt in keiner Weise den öden Ebenen Indiens, die, wie sonnverbrannt sie auch seien, doch noch reich an Vegetation sind, wenn man sie mit der Kewir vergleicht. Dort gibt es buchstäblich keinen Grashalm, kein Blatt, kein lebendes Wesen irgendeiner Art. Die Kewir besteht aus dunkelm Boden, der aussieht, als ob er vor einem Jahre aufgepflügt worden sei, ist aber mit dicken Salzausblühungen bedeckt, deren Glitzern die Augen angreift. Soweit der Blick reicht, sieht man ringsherum nichts anderes als dieses weiße Flimmern … Die Oberfläche der Kewir ist nicht eben, sondern von kleinen, etwa 9 Zoll tiefen und mannskopfgroßen Gruben derartig durchlöchert, daß den Tieren das Gehen dort sehr schwer wird … Kleine Gesellschaften, die Wasser mitnehmen können, brauchen in der Kewir nichts anderes zu sehen als eine widerwärtige, öde Straße durch eine außerordentlich unangenehme Landschaft, aber sie mit andern Tieren als Kamelen zu durchreisen, würde man vergeblich versuchen. Als die Kewir aufhörte, kamen wir wieder in Sand hinein …«

Auf einer beigefügten Karte hat Macgregor eine Anzahl Wege durch die große Kewir angegeben. Zwischen Tebbes und Sebsewar gibt es eine direkte Wüstenstraße, aber keine von Chur nach Sebsewar, und auch keine von Chur nach Nischapur. Nur auf Umwegen kann man diese Städte erreichen. Von Chur in nordnordöstlicher Richtung nach Biarjarmand (?) ist ebenfalls kein Weg. Auf der Karte ist auch eine direkte Straße von Chur nach Semnan, die über Huseni (Husseinan?) führt, aber ich habe bereits gezeigt, daß sie heutzutage, wenn sie früher auch existiert hat, nicht mehr benutzt wird. Von Chur ist sie jedenfalls nie ausgegangen, sondern von Dschandak. Macgregor besuchte auch Tebbes.

Im Jahr 1880 reiste Oberstleutnant C. E. Stewart auf beinahe ganz demselben Wege wie ich von Trapezund nach Teheran und dann von Isfahan über Tebbes nach dem Lande der Turkmenen. Uns interessiert hier nur der Teil seiner Reise, der zwischen Ardekan und Tebbes fällt. (Vgl. » Proceedings of the Royal Geographical Society«, III [1881], S. 513 fg.) Stewart glaubt, daß die große Wüste einst das Bett eines seichten Meeres gewesen sei. Er erinnert an die persischen Legenden, deren eine den König Salomo mit Hilfe der beiden Dämonen Ard und Bil diesem Binnenmeer Abfluß nach dem Kaspischen Meere verschaffen läßt. Eine andere Überlieferung läßt das Kewirmeer an dem Tage verschwinden, an dem Mohammed geboren ward.

Als die Hebung des Landes eintrat, die das Meer leerte, blieb die Wüste noch immer in tieferer Lage als die umliegenden Hochländer, von denen aus die Flüsse auch fernerhin ihr Wasser in diese Mulde ergossen, und Sümpfe bildeten sich darin. Salz wurde dorthin geschwemmt, die Sümpfe trocknen im Sommer aus, werden aber im Winter wieder gefüllt. Im Laufe der Zeiten bedeckt sich der Boden mit einer Salzkruste.

Stewart unterscheidet zwischen mehreren verschiedenen Arten Kewir, je nach der Beschaffenheit des Bodens und der Salzmenge. Ein Typus ist die Kewir, die reich an Furchenreihen ist, als ob der Boden aufgepflügt wäre. In andern Gegenden sinkt das Pferd ein, während wieder andere feucht sind, als ob Wasser von unten her emporgequollen sei. Die Perser behaupten, daß böse Geister und Dämonen in der Wüste hausen und den Menschen alle möglichen Streiche spielen.

Im Süden der großen Bucht zwischen Chur und Tscha-medschi liegt der Haus-i-Schah-Abbas, eine Zisterne. Jenseits dieses Brunnens wird »die Wüste schlimmer als je; bisher hat sie aus festem Boden bestanden, aber hier gelangen wir an Sanddünen. Der Weg führt hinauf und hinunter, und sie sind einander so ähnlich, daß es schwer ist, den Pfad zu finden … Die Pferde sanken bei jedem Schritt knietief in den losen Sand ein. Nach 6 englischen Meilen solchen Sandes erreichten wir endlich einen niedrigen Hügelrücken.«

Dies ist der Sandgürtel, dessen Nordrand ich auf dem Weg nach Tscha-medschi folgte und von dessen Breite wir uns nach den Zahlen, die Stewart anführt, einen Begriff machen können.

Stewart besuchte Tebbes und behauptet, der erste Engländer zu sein, der nach Macgregor dort gewesen ist. Dann geht sein Weg nordostwärts nach Turbet-i-Haidari in einiger Entfernung vom Ostrand der Kewir. Er teilt einige von ihm falschverstandene Angaben mit, die er über die durch die große Wüste führenden Straßen erhalten hat. »Von Dasjirdun (Dest-gerdun) gibt es direkte Wege durch die Wüste, sowohl nach Schahrud wie nach Demgan. Dies ist der Wüstenweg von Tebbes nach Teheran, und fast aller Tabak, der nach Teheran transportiert wird, geht auf Kamelen diese Straße.« Da man zugleich auch erfährt, daß es bei jeder Raststelle Wasser gibt und daß eine davon »Tahrud« heißt, so ist leicht zu erkennen, daß dies die Straße ist, die später Vaughan benutzt hat und die über Turut führt. Er erfuhr auch, daß der Weg nicht über Kewirboden ging, ihn aber streifte. Dagegen sollte es einen Weg von Chur nach Semnan oder Demgan geben, auf dem es über viel Kewirboden ging.

Auf Stewarts Karte von Chorassan, die für seine Zeit ganz vorzüglich ist, hat er den Kuh-i-gugird doppelt so lang angegeben, als dieses Gebirge ist, und die Kette erstreckt sich quer durch die Wüste nach Ostsüdosten, anstatt nach Ostnordosten bis in die Nähe von Husseinan. Bedenklicher ist der eingezeichnete direkte Weg von Tschahrdeh durch die Kewir über Turut nach Semnan, um so mehr, als auch die Namen aller Lagerplätze auf der Karte angegeben sind. Eine solche Straße hat niemals existiert und ebensowenig ein direkter Weg von Dest-gerdun nach Turut.

Im Jahre 1881 durchreiste Edward Stack Persien. Er besuchte die große Kewir nicht, teilt aber mehrere Beobachtungen aus kleineren Kewirbecken in andern Teilen des Landes mit. Über eine Kewirdepression, die ungefähr auf halbem Weg zwischen Lar und Kirman liegt, macht er folgende teilweise recht zutreffenden Bemerkungen in seinem Werke » Six months in Persia« (I, 175): »Vielleicht ist es besser, zu erklären, was eine persische Kewir ist. Sie ist das Resultat der Nacktheit der persischen Gebirge und des Salzgehaltes des persischen Flachlandes. Die Gebirge, die nicht mit Bäumen, Sträuchern und Gras bewachsen sind, mußten seit Jahrhunderten unter dem Einflusse der Sonne, der Winde und des Regens verwittern; die zerstörten Felsen ziehen sich in langen, sanften Abhängen nach der Ebene hinunter, während auf der andern Seite ebensolange und sanftgeneigte Halden nach den Hügeln hinaufführen. Ein solcher Abhang kann oft 20 englische Meilen breit sein. Die Regen- und Schneemengen des Winters, die in Gestalt großer und kleiner Ströme aus den Bergen herabfließen, verlieren sich in diesen Schuttabhängen, treten aber in den niedrigsten Teilen der Ebene wieder zutage, wenn auch in einer ganz anderen Form. Das Wasser ist mit Salz gesättigt und quillt in glitzernden, weißen Körnchen aus dem Boden. So muß eine Kewir immer die Entwässerungslinien des Flachlandes begleiten, und wenn die Ebene groß ist, so kann man die Kewir sich, einem weißen Streifen vergleichbar, nach der Richtung hinziehen sehen, in der die Ebene sich abdacht, bis sowohl diese wie die Kewir am Horizont verschwinden. Im übrigen wechselt die Wassermenge in einer Kewir je nach ihrer Lage und der Jahreszeit, so daß man entweder nur eine Salzausblühung auf tragfähigem, starkem Ton oder aber einen Salzmorast finden kann, in dem das Lasttier tief einsinkt, wenn es einmal vom Pfade abweicht … Der allgemeine Eindruck der Kewir ist der allergrößter Nacktheit, die weder durch einen Stein, noch durch einen Grashalm unterbrochen wird. Man sagt, daß der kleinste Gegenstand in sehr vergrößertem Umfang hervortrete; ein Lehmklumpen auf der Oberfläche des Bodens sieht aus wie ein Hügel.«

Auf seinem Wege von Kirman nach Jezd ging Stack über Kuh-benan, Marco Polos Cobinan, nach Bafk. Es sei noch nebenher erwähnt, daß seine Karte einen direkten Weg von Kuh-benan nach Baghabad (Baabad) kennt. Bei der Abreise von Bafk nach Nordwesten heißt es a. a. O., I, 245: »Mit Lebensmitteln auf zwei Tage versehen, zogen wir nach Khan-i-Panj über 2 Meilen Flugsand, wo der Weg durch Steinhaufen bezeichnet ist; dann auf hartem Tonboden und darauf in die Kewir hinein. Diese Kewir kommt den ganzen Weg von Zarand (Serend) aus herunter … Wir fanden sie 6 Meilen breit und als eine vollkommen ebene Fläche aus mit Salz vermengtem Ton … In der Mitte ist ein Salzfluß, den wir in einer mit Steinen belegten Furt überschritten. Jenseits der Kewir wird das Flachland hart und steinig und steigt nach Khan-i-Panj hinauf.«

Genau denselben Weg hatte im Jahre 1849 Abbott in der entgegengesetzten Richtung zurückgelegt. Er beschreibt ihn ganz ebenso ( Journal of the Royal Geogr. Soc., XXV [1855], S. 23): »Gleich nachdem wir Khaneh Punj verlassen hatten, kamen wir in eine völlig sterile Gegend, die sich bald in salzige Kewir auflöste; nach weiteren 7 Meilen überschritten wir das beinahe trockne Bett eines ungemein salzigen kleinen Stromes, der durch diese Ebene fließt. In der Nähe von Bafk zogen wir durch eine sandreiche Landschaft.« Abbott fand das Bett Mitte Dezember beinahe trocken; Stack fand es Ende April wasserführend. Januar, Februar und März ist die eigentliche Regenzeit.

Einer der Leute Stacks hatte einmal mit zwei jungen Persern und einigen zuverlässigen Männern von Dschandak aus die große Kewir nach Norden durchquert. Stack teilt (a. a. O., II, 11) ihren Bericht in folgenden Worten mit: »In Dschandak kauften sie Kamele und verschafften sich einen Führer, der sie einen Farsach weit nach einem Abambar (entschieden der Haus-i-Hadschi-Ramasan) führte, wo sie ihre Tiere tränkten, ihre Schläuche füllten und in die Kewir hineingingen. Der Führer entlief ihnen bei der ersten Gelegenheit und ging wieder heim. Sie hatten ihren Marsch am Nachmittag angetreten; am nächsten Morgen erhob sich die Sonne aus der Kewir, sie wanderten den ganzen Tag und sahen die Sonne in der Kewir untergehen, und erst um die Mittagszeit des dritten Tages langten sie in Husseinan an. Die Breite dieser Kewir beträgt, wie sie sagen, 21 Farsach. Sie beschreiben die Wüste als regelrechte Kewir, die in Blasen aufgeschwollen ist, überall Löcher hat und außerhalb des ausgetretenen Pfades gefährlich zu betreten ist … Auf dieser Reise durch die Kewir ist, wie mir mein Gewährsmann erzählte, die ganze Gesellschaft nahe daran gewesen, vor Durst umzukommen, und sein Pferd ist tot unter ihm zusammengebrochen. Einer der jungen Männer starb in Demgan an den Folgen der Angst und der Leiden, die er ausgestanden hatte. Eine andere Geschichte aus der Kewir sei auch angeführt. Eine Karawane durchquerte diese Wüste im Winter; es trat Schneewetter ein; sie verlor den Weg und lagerte, um zu warten, bis der Himmel wieder klar sein würde; alle erfroren.«

Im Winter 1880–81 reiste General A. Gasteiger Khan im Auftrage des Schahs von Teheran nach Bampur, Dschalk und Maschkid, aber seine Reise vermehrt unsere geographischen Kenntnisse nicht. Er bestätigt in seinem Bericht »Von Teheran nach Beludschistan« (S. 102 fg.) die Angabe, daß bei Bampur Sanddünen seien, und behauptet, daß der Bampurfluß das ganze Jahr hindurch die gleiche Wassermenge habe; 7 (österreichische?) Meilen unterhalb der Stadt verschwinde er als echter Steppenfluß spurlos in der Erde. Maschkid in Belutschistan nennt er einen letzten Ausläufer der Kultur und des Lebens; von hier an beginne die trostloseste Sandsteppe.

Während seiner Reise durch Ostpersien in den Jahren 1882 und 1883 durchquerte Oberst C. E. Stewart einen Teil der Lut, der im Norden meiner Route zwischen Naibend und Neh liegt. Aus seiner Beschreibung erhält man den Eindruck, daß mit diesem Teile der der Wüste nicht zu scherzen ist. Er erinnert daran, daß Sir Frederic Goldsmids Mission nach Seïstan durch einen Teil der südlichen Lut ging, der weniger unwirtlich ist als die Gegend, die Chanikoff durchzog und über die ich schon berichtet habe.

Stewart verließ, wie er in den » Proceedings of the R. Geogr. Society«, VII (1886), S. 137fg. berichtet, Birdschan am 25. Mai 1882, also in einer Jahreszeit, die zu einer Wüstenreise schon zu weit vorgeschritten war. Er spricht auch von der entsetzlichen Hitze und dem Wüstenwinde, der so heiß gewesen, als ob er direkt aus einem überheizten Ofen gekommen sei. Er begab sich über Chusf nach Chur, das nach der Wüste hin der letzte bewohnte Ort ist, und sagt, daß er gerade diesen Ausgangspunkt gewählt habe, weil die Wüste hier schmaler sei als auf Chanikoffs Linie. Die Führer versicherten, daß es nicht nötig sei, Wasser mitzunehmen, denn auf den ersten 80 englischen Meilen gebe es an zwei Stellen Wasser. Es stellte sich indessen heraus, daß seine Führer die Wüstenwege gar nicht kannten, und schließlich geriet die Karawane in eine sehr schlimme Lage; es war unmöglich, weiterzuziehen, und ebenso unmöglich, wieder umzukehren. Als Stewart an das Flußbett Schand-Ali-Riza gelangte, wo man durch Graben mit Leichtigkeit süßes Wasser erhalten konnte, befand sich die Karawane in so erschöpftem Zustand, daß »wenige unserer Gesellschaft, wenn überhaupt jemand, Aussicht gehabt hätten, mit dem Leben davonzukommen, wenn wir nicht dieses Wasser gefunden hätten«. Zwischen Tscharahs und Jasdun durchquerte Stewart auch die Salzwüste, die im Osten von Kain an der Grenze von Afghanistan liegt und die, wie ich glaube, Marco Polo auf dem Wege von Tun-o-Kain nach Sapurgan durchzogen hat. In ihrer tiefsten Einsenkung liegt ein Nemeksar oder Salzsee namens Dak-i-Churschab.

Im Jahre 1887 durchquerte Leutnant R. E. Galindo den westlichen Teil der großen Kewir zwischen Chur und Demgan. Leider habe ich keine Beschreibung dieser Reise oder eine Karte darüber erhalten können, aber Lord Curzon gibt im 2. Bande, S. 249 seines Werkes über Persien folgenden Auszug aus dem Berichte Galindos: »Völlig ebener Boden, zuerst hauptsächlich schwarzer Schlamm mit isolierten Flecken weißen Salzes und schleimigen Pfuhlen mit grünem Wasser. Allmählich nimmt das Salz zu, bis es eine harte, beinahe ununterbrochene weiße Rinde bildet, auf der noch immer die grünen Pfuhle stehen; diese Pfuhle haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den Wasserlachen, die das Meer bei der Ebbe an einer felsigen Küste in kleinen Bodenmulden zurückläßt. Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, daß dieser ganze, etwa 26 englische Meilen lange Weg durch Kamelleichen bezeichnet wird.«

An andern Stellen gab es nur wenig oder gar keine Salzausblühungen, aber »es sah aus, als ob sehr flüssiger, schwarzer Schlamm plötzlich haltgemacht habe und gerade in dem Augenblick erstarrt sei, als er sich im Zustand heftigen Brodelns oder Gärens befand. Der Boden ist mit dichten Narben bedeckt und von runden Löchern durchsetzt, die 8–12 Zoll Durchmesser haben und im allgemeinen ebenso tief sind, obwohl einige 2–3 Fuß in den Boden hinuntergehen. Zwischen ihnen befinden sich runde Höcker oder Wülste aus Schlamm, von denen einige kompakt, andere aber nur Erdblasen und Erdbeulen sind, deren dünne Rinde eine tückische Grube bedeckt. Das Pferd muß langsam und vorsichtig von Wulst zu Wulst gehen, um nicht lahm zu werden. Auf beiden Seiten des ausgetretenen Pfades ist der Boden natürlich einfach unpassierbar«.

Diese Beschreibung gibt ein sehr deutliches Bild und hat für gewisse Gürtel jeder Kewir in Persien Geltung. Leider kann ich nicht feststellen, wo Galindo gereist ist. Nach Lord Curzon soll es von Chur nach Demgan gewesen sein, wahrscheinlich jedoch auf einem Umweg. Denn auf der direkten Strecke zwischen Chur und Turut ist die Kewir 70 englische Meilen breit, nicht 26, wie Galindo anführt. Und in der großen Kewir reist man nie mit Pferden.

Leutnant Galindo hat auch zweimal, 1887 und 1888, die große Lutwüste durchquert, das eine Mal in 6 und das zweite Mal in 5 Tagen, und zwar in einer Gegend, wo man auf 120 englische Meilen keinen Tropfen Wasser findet. Lord Curzon gibt a. a. O. (II, 252) aus dem Reisebericht folgenden klaren, erschöpfenden Auszug: »Er (Galindo) konnte nicht umhin, auf die außerordentliche Ähnlichkeit aufmerksam zu werden, die die vom Winde getriebenen Sanddünen mit einem vom Sturm aufgewühlten Meere hatten. Diese Sanddünen wechseln mit sandfreien, aus schwarzem Grus bestehenden Flächen und mit einer Erscheinung ab, die noch nicht beschrieben worden ist. Es ist eine Gegend mit seltsamen, würfelförmig ausgemeißelten Tonklötzen, von denen die Eingeborenen glauben, daß es Ruinen einer alten Stadt seien, die sie Schahr-i-lut nennen, die aber in Wirklichkeit aus natürlichen harten Tonbildungen bestehen, die der heftige Nordwestwind in eigentümlichen, an Mauern und Türme erinnernden Formen ausgeschnitten und ausgehöhlt hat! Leutnant Galindo fand unter dem Sand überall einen Untergrund aus hartem Salz, das 8–9 Zoll unter der Oberfläche lag und folglich die salzige Eigenschaft der Wüste beweist, und er sah auch hin und wieder Streifen echter Kewir. Ihr Grund war in unregelmäßigen Polygonen gezeichnet, mit trennenden Rücken kompakten Salzes oder auch bestreut mit harten, runden, weißen Blasen dieses Materials, die einer Menge zur Hälfte begrabener Straußeneier glichen, oder auch wohl mit einer Art Haut aus sehr feinen Salzstacheln bedeckt, die wie dünne, lange Nadeln aus dem Boden herausstachen, aber so stark wie Stahlspitzen waren. Der schlimmste Teil dieser Wüste ist ihre Südostecke zwischen Neh und Bam, die eine der unheimlichsten Gegenden auf der ganzen Erde ist. Hier hat der vorherrschende Nordwestwind den Sand zusammengeweht und daraus große Dünen und Hügel aufgebaut, die ihre Gestalt und Lage beständig verändern. Eine brennend heiße Sonne erhitzt den Boden und macht ihn so heiß wie glühendes Metall; beinahe immer weht der ›Bad-i-sam‹, der Samum, der von dem Hinfahren über Hunderte von Meilen glutheißer Wüste so trocken geworden ist, daß sein Hauch, wenn er Menschen und Tiere überrascht, ihnen in einem Augenblick jedes Atom Feuchtigkeit aus dem Körper saugt und sie als verschrumpfte geschwärzte Mumien zurückläßt.«

In diesem Auszug erkennen wir einen Charakterzug einer wirklichen persischen Wüste wieder. Er zeigt uns auch, daß die große Lut Streifen echter Kewir, Grusflächen und Tonfelder enthält, in die der Wind tiefe Furchen und Rinnen eingeschnitten hat. Es ist dieselbe Erscheinung, die ich aus der Lopwüste beschrieben habe und die später auch von Stein und Huntington studiert worden ist.

Die große Lut ist, soviel ich weiß, nur von drei Reisenden durchquert worden: hoch oben im Norden von Chanikoffs Expedition, südlich davon von Galindo, und ganz im Süden von Goldsmids Expedition auf der Linie, auf der jetzt der Telegraph Seïstan mit Kirman verbindet. Zwischen den beiden letztgenannten Routen liegt die größte Fläche unbekannten Landes, die es noch in Persien gibt; es sind gegen 30 000 Quadratkilometer. Die zweitgrößte Fläche ist der westliche Teil der großen Kewir mit ungefähr 25 000, die dritte ist der östliche Teil mit etwa 22 000 Quadratkilometern. In diesen drei Gebieten gibt es keine Straßen; weder Eingeborene, noch Europäer sind je dort gewesen.

Auf der schon erwähnten Karte von Persien, die die Survey of India im Jahre 1897 herausgegeben hat, ist ein Wüstenweg zwischen Neh und Chabis angegeben. Ich vermute, daß dieser Weg derjenige ist, den Leutnant Galindo kennengelernt hat und den Lord Curzon beschreibt. Nach der Karte ist dieser Weg 180 englische Meilen (300 Kilometer) lang, da er vom Gudar-i-barut an im rechten Winkel umbiegt. Rechnet man nur die wasserlose Strecke von Deh-i-salm über Gudar-i-barut nach dem ersten Wasserlaufe aus dem Kirmangebirge, so bleibt eine Länge von 120 englischen Meilen oder 200 Kilometern. Diese Straße ist indessen nicht die einzige, die Neh mit Chabis verbindet. Denn während meines Aufenthalts in Neh erhielt ich Angaben über eine andere Straße, die jene nur an einem einzigen Punkte, in Deh-i-salm, berührt, sonst aber südlich von ihr liegt.

Von den 51 Farsach dieser Straße führen nur 5 durch Kewir, und da gerade der Kewirboden, wenn es regnet, für die Karawanen so mörderisch ist, scheint mir dieser Weg von Neh nach Chabis nicht zu den schlimmsten persischen Wüstenstraßen zu gehören. Die einzige Schwierigkeit, um die es sich hier handeln kann, ist die Frage des Wassertransports.

Diese Straße ist 283 Kilometer lang. Die Perser rechnen sie zu 51 Farsach, demnach wäre ein Farsach hier gleich 5,5 Kilometer. Die Straße der englischen Karte ist, wie schon gesagt, 180 englische Meilen lang, macht aber einen Bogen nach Norden nach dem Gudar-i-barut, der 6 Farsach von Gudschar entfernt liegt. Zu diesem Bogen ist man nach starken Regengüssen gezwungen, da diese das Erdreich um Bagh-i-assad herum in Morast verwandeln, in welchem die Kamele einsinken.

Die direkte Straße nach Chabis geht gerade über die Nemeksar, die auf den Karten als Sumpf oder See angegeben ist. Hierüber erhielt ich in Neh folgende Auskunft. Da, wo der Weg über Kewirboden führt, ist die Salzwüste nur ein paar Farsach breit, dagegen erstreckt sie sich als ein unendlich langer, schmaler Streifen nach Südosten, indem sie getreulich dem Südwestrande des ganzen Lutbeckens folgt. Von einem See hatte man dort niemals gehört. Von Bagh-i-assad konnte man den Schur-rud, soweit der Blick reicht, sich fortsetzen sehen, ohne daß auch nur die Spur eines Sees zu beobachten gewesen wäre. Die Nemeksar ist während der trocknen Jahreszeit eine vollkommen trockne, harte Salzkruste, die nur in der Regenzeit je nach der Mächtigkeit des Zuflusses von Wasser überflutet wird.

Karawanenverkehr findet nur in der kalten Jahreszeit, vom Anfang des Winters bis zum »Norus« (Neujahr) statt, also vier Monate lang. Im Sommer reist man niemals durch die Wüste, weil es dann zu heiß und daher auch zu schwierig ist, das nötige Wasser mitzunehmen. In den tieferen Teilen der Wüste würde die Hitze für die Kamele verderblich sein. Im Sommer wird der Kewirboden steinhart und an der Oberfläche ganz trocken. Er springt auf und bildet Schollen und Wülste, die nach dem nächsten Winterregen wieder weich werden und sich zu der alten, gleichmäßig ebenen Lage ausziehen, eine Prozedur, die sich alljährlich wiederholt.

Die Bäche, die Chabis und die unterhalb dieser Stadt liegenden Dörfer bewässern, sollen sich in eine Menge Berieselungskanäle teilen, deren Überschuß selten oder nie nach der Nemeksar gelangt. Es dürfte jedoch möglich sein, daß nach besonders starken Niederschlägen eine Sturzflut doch die tiefste Depression der Lut erreicht.

Im allgemeinen scheint sich dieses außerordentlich scharf begrenzte Becken, das die Gestalt einer dreieckigen Schale hat, in einem Stadium viel weniger weit fortgeschrittener Entwicklung zu befinden als die große Kewir. Jedenfalls ist es weniger mit Kewirton ausgefüllt. Nur der langgestreckte Streifen an seinem Südwestrande, der den Namen Nemeksar trägt, ist eben. Er ist teils mit Kewirton, teils mit reinem Salz ausgefüllt. Hier beträgt die Höhe ungefähr 1000 Fuß über dem Meeresspiegel, während das am Wüstenrande gelegene Chabis schon 1800 Fuß hoch liegt und die Pässe in den Randgebirgen, nach der englischen Karte, bis zu 9650 Fuß ansteigen. Nach Osten hin hebt sich der Boden des Beckens von der tiefsten Einsenkung viel langsamer aufwärts. Nach Norden und Südosten ist die Steigung ebenfalls ganz langsam.

In der großen Kewir finden wir eine ganz andere Bodengestaltung. Dort ist die Ausfüllung so weit vorgeschritten, daß die Oberfläche so gut wie völlig eben ist oder jedenfalls nur ganz geringe Höhenunterschiede besitzt. Diesem Ende schreitet auch die Lutwüste entgegen. Aus allen umliegenden Gebirgen wird während der Regenzeit Tonschlamm und Salz dorthin geschwemmt, also gerade das Material, das mit der Zeit die Kewir bildet.

Einen sehr wichtigen und erschöpfenden Beitrag zu unserer Kenntnis der großen Kewir verdanken wir Leutnant H. B. Vaughan, der auf seinen verschiedenen Reisen in den Jahren 1888–1891 ihre westlichen Teile durchquerte und die Wüste überall umwanderte, zum Teil wiederholt. Er hat also besser als irgendein anderer Gelegenheit gehabt, die Grenzen des Wüstenbeckens festzustellen. Seine Ansichten über ihre Entstehung und seine Erklärung mehrerer ihrer charakteristischen Erscheinungen stimmen auch völlig mit den Beobachtungen überein, die ich auf meiner Reise machte. Da ich andern Straßen folgen konnte als Vaughan und auch die Wüste auf zwei Linien durchquert habe, ergänzen unsere Beobachtungen einander.

Aus Vaughans Route im Jahre 1888 zwischen Anarek und Semnan erkennt man einige Namen wieder, die ich bereits angeführt habe. So Kuh-i-dom, Chashma-Bulazun, Chah Shur, Kuh Tulha, Siah-Kuh, Chah Meshmus und Kuh-i-Gugird. Vaughan umging den Kuh-i-dom im Süden und Westen, ich im Norden. Unsere Wege kreuzen sich zwischen dem Siah-Kuh und dem Kuh-i-tallhä. Im Süden des Kuh-i-tallhä überschritt Vaughan einen Fluß, dessen Breite während der Hochwasserzeit er auf 150 englische Ellen bei 6 Fuß Tiefe schätzte; er selbst fand, daß der Fluß einen Querschnitt von nur 8 Quadratfuß hatte.

Von der Kewir sagt er in den » Proceedings of the R. Geogr. Society«, XII (1890), S. 577 fg.: »Der große Salzsumpf, der an einer tiefen Stelle mitten in der großen Wüste liegt, ist ein Becken, nach welchem hin ein ungeheures Landgebiet entwässert wird. Alle Flüsse, die dorthin strömen, sind mehr oder weniger salzhaltig und führen alljährlich eine große Menge Wasser mit. Die starke Hitze in der Wüste während der Sommermonate verursacht schnelle Verdunstung, und die Folge ist, daß die Salzmenge im Verhältnis zur Wassermenge beständig zunimmt, bis schließlich der Boden mit einer Salzkruste bedeckt ist. Die Perser sagen, daß vor langen Jahren über die ganze Depression, in der ich mich jetzt befinde, ein Meer seine Wogen gerollt habe und daß man dieses Meer mit Schiffen befahren habe, die von Semnan nach Kaschan zu segeln pflegten.«

Von Turut reiste Vaughan nach Awel-ahijá (Vaughan schreibt: Abul Haiyea) und sagt über den Fluß Kal-mura im nordöstlichen Teile der Wüste: »Seine Ufer sind dicht mit grünen Sträuchern bewachsen … nach Süden hin strömt der Fluß in die Wüste hinein, seinem unbekannten Ziele entgegen, und sein Lauf wird noch in der Ferne durch grüne Sträucher bezeichnet. Ungefähr 40–50 englische Meilen von hier soll er sich in einen großen See ergießen.«

Die Eingeborenen versicherten, daß man, wenn die Sonne zur Winterszeit im Südwesten untergehe, den Seespiegel meilenweit glitzern sehe. »Kamelhirten, die ihre Kamele verloren, sollen auf der Suche nach ihren Tieren dem Laufe des Flusses gefolgt sein und gefunden haben, daß er in einem Salzsee endete, dessen anderes Ufer sie nicht sehen konnten.«

Über die Ausdehnung der Kewir schreibt Vaughan: »Meine Überzeugung ist, daß die Kewir sich ohne Unterbrechung vom 52º 45' bis 57º östlicher Länge erstreckt und daß ihr Bett in ungefähr 54º 15' schwach erhöht ist und dort eine trocknere Gegend bildet, über die die Straße von Jezd nach Demgan führt. Ich glaube, daß die Wüste aus zwei großen Depressionen besteht, eine unmittelbar im Süden und am Fuße des Gugirdgebirges, die andere in der Gegend des Punktes, wo sich die Füße Kal-mura und Kal-lada vereinigen, und ich glaube auch, daß diese beiden Depressionen während der Regenzeit ohne Zweifel ausgedehnte Wasserflächen enthalten.«

Auf seiner zweiten Reise in Persien in den Jahren 1890–91 konnte Vaughan seine Kenntnis der großen Wüste noch mehr erweitern und seine früheren Karten verbessern und vervollständigen. (S. Geographical Journal, VII [1896], S. 24 fg. und S. 163 fg.) Von Linga an der Küste ging er nordwärts und durchquerte mehrere kleinere Wüsten, ehe er Dschandak erreichte. Über das Holzportal der Festung von Dschandak erhielt er die phantastische Auskunft, daß man es aus dem Wrack eines Schiffes verfertigt habe, das auf dem vorgeschichtlichen Dariya-i-Saweh gesegelt sei, dem Binnenmeere, das der Überlieferung nach das ganze Kewirbecken ausgefüllt hat. Von Dschandak begab er sich nach Kaschan, »um die südliche Grenze der Salzwüste festzustellen«. Dies gelang ihm freilich nicht, da er sich während der ganzen drei Tagereisen südlich von Dschandak und auch vom Kuh-i-dom hielt. Ich habe auch bereits nachgewiesen, daß sich die Südgrenze der Salzwüste weit im Norden des Kuh-i-dom und der übrigen Bergketten, die zu demselben System gehören, hinzieht. Seinen Umweg machte er, um »den ungeheueren Sandhügeln, die den südlichen Rand der Wüste an vielen Stellen begleiten«, auszuweichen.

»Rechts lag in weiter Ferne Rig-i-Jin, der Sand der Geister, der sich weit in die Wüste hinein erstreckt und bis an ihre andere Seite reichen soll. Die Eingeborenen haben vor der Sandwüste große Angst und wollen unter keiner Bedingung in ihr schlafen, weil es dort, wie sie sagen, spuke.«

Auch Vaughan hörte von wilden Kamelen erzählen, deren Farbe weiß sei und die man dort zu jagen pflege; aber seit sieben Jahren hatte man sie nicht mehr gesehen und man nahm daher an, daß sie ausgestorben seien. Sie sollten von entlaufenen zahmen Kamelen abstammen.

Drei Tagereisen hinter Dschandak gelangte Vaughan in eine Sandwüste namens Rig-i-Chichagun mit 300 Fuß hohen Dünen und üppigem Tamariskenbestand.

In Gesellschaft des Hauptmann Burton besuchte Vaughan später Chur. Die beiden Reisenden kamen zur Überzeugung, daß die im Osten von Chur liegende Kewir nach Süden entwässert wird. Ihre Bestimmungen der Meereshöhen veranlaßten sie zu dieser Annahme, die ich später wenigstens hinsichtlich der großen Kewirbucht im Westen von Tscha-medschi bestätigen konnte. Vaughan drückt sich hier nicht ganz klar aus; er sagt nachher über die Kewir von Tebbes, daß sie seiner Ansicht nach von der großen Kewir abgeschnitten sei, da das Wasser nordwärts in die letztere ströme. Dies ist auch auf seiner Karte mit einem Pfeil angegeben.

Von Chur reisten Vaughan und Burton im Januar 1891 auf ungefähr demselben Wege wie Sir Charles Macgregor nach Tebbes. Sie querten die große Bucht und konnten daher nicht feststellen, wie weit sie sich südwärts erstreckt, »weil die Sanddünen nach dieser Seite hin die Aussicht versperrten«. Hier war die Kewir sehr uneben, einem morastigen Wege voller Fußtapfen und Löchern, die plötzlich erstarrt waren, vergleichbar; aber an einigen Stellen war sie auch feucht. Regen und Schnee gab es in diesem Winter in ziemlich großen Mengen. Die Höhe betrug 2130 Fuß.

Über das Dorf Halwan in 2600 Fuß Höhe sagt Vaughan, daß seine 100 Häuser sich einer Überflutung durch Flugsanddünen nur mittelst hoher Mauern erwehren könnten. Der Sandgürtel sei etwa 3½ englische Meilen breit und gehe in Kewir über. Im Süden dehne er sich mehrere Meilen südwärts vom Tscha-medschi aus.

Bei Halwan fand Vaughan die Trümmer einer alten Stadt gleichen Namens, die zur Zeit Zoroasters eine blühende Stadt gewesen sein soll. Da die Ruinen jetzt unter Sanddünen liegen, glaubt Vaughan, daß letztere Neubildungen seien und der Sand von den trocknen Flächen der Wüste durch den Wind dorthin getragen worden sei. Er macht hier dieselbe Beobachtung, die mich 15 Jahre später überraschte: »Der ganze Nordrand dieser Wüste ist absolut frei von Sanddünen; mit dem Westrand verhält es sich ebenso, bis auf die Nachbarschaft des Tscha-schur und des Kuh-i-tallhä, während es am westlichen, südwestlichen und teilweise auch am Südrande ungeheuere Sandanhäufungen gibt.« Wie sich Vaughan die Dünengürtel des Westrandes denkt, ist mir nicht ganz klar.

Vaughan betont, daß die Ostseiten der Dünen steil sind, die westlichen aber langsam abfallen. »Daher bin ich davon überzeugt, daß diese Dünen durch die westlichen und nordwestlichen Winde, die hier vorherrschen, entstanden sind und daß ihre Gestalt durch die Oberfläche des Bodens und durch Wasserfluten modifiziert worden ist, die nach starken Regenfällen aus dem Gebirge herabströmen und den Dünen das Aussehen von Sandbänken geben, die längst verschwundene Flüsse aufgeworfen haben. Bei windigem Wetter kann man es von den Dünenkämmen wie Rauch aufsteigen sehen, da dann eine dichte Sandwolke fortgeweht wird.«

Seine Ansicht über den Einfluß des Regenwassers auf die Gestalt der Dünen ist natürlich unrichtig. Um so größern Wert aber hat die Mitteilung, daß es am Nordrande der Kewir keine Sandanhäufungen gibt.

Von Dasgirdun geht es am Wüstenrande entlang nach Turut, jetzt westlich vom Berg Kuh-Yak-ab, an dessen Ostseite Vaughan auf seiner früheren Reise hingezogen war. Er überschritt auch jetzt wieder den Kal-mura und teilt über den rätselhaften See, in den der Fluß auf vielen Karten (z. B. Blatt 61 in Stielers Handatlas) mündet, folgendes mit. In Begleitung Hauptmann Burtons bestieg er einen Hügel, und sie sahen beide durch das Fernglas einen See, dessen Spiegel viele Quadratmeilen groß war, »und konnten die Wellen sehen, die der Wind erregte. Am nächsten Morgen war aber keine Spur davon mehr zu sehen, und ich kann nur annehmen, daß es eine Luftspiegelung gewesen ist.«

Vaughan fand den Kal-mura mit Wasser gefüllt, das mit großer Schnelligkeit in die Salzwüste strömte. Der Übergang über den Fluß war ziemlich schwierig. Hinter Turut wurden Husen-Nun und Paistun passiert, d. h. die Orte Husseinan und Pejestan.

Dann folgt eine Beschreibung des Darja-i-nemek, »eine solide Salzscholle von wechselnder, aber stellenweise ohne Zweifel ungeheurer Dicke. Ihr Areal wird auf 440 englische Quadratmeilen geschätzt, und ihre absolute Höhe beträgt 2700 Fuß, so daß ihre Oberfläche höher liegt als die zentrale Wüste.« Vaughan glaubt nicht, daß der Darja-i-nemek nach der Kewir hin Abfluß hat, wenn nicht sein Becken bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser gefüllt ist, worauf ein kleiner, seichter und nur einige Fuß breiter Bach nach Osten weiterströmt. An der Stelle, wo Vaughan mit C. E. Biddulph den Darja-i-nemek überschritt, betrug die Breite 25 englische Meilen. An seiner Südseite liegt ein Flugsandgürtel, der sich bis in die Nähe von Kaschan und ostwärts bis an den Kuh-Yak-ab erstreckt.

Schließlich faßt Vaughan seine Beobachtungen über die »Descht-i-kewir«, den Namen, den er als den bei den Persern gebräuchlichsten ansieht, zusammen. Ihre Grenzen gibt er jetzt zwischen dem 51. und 57. Grade östlicher Länge und 33º 30' bis 35º 30' nördlicher Breite an. Ihre größte Länge von Westen nach Osten beträgt, seiner Aussage nach, 360 englische Meilen, ihre größte Breite 150 Meilen. Ihr westlicher Teil ist durch eine Kette getrennt, zu der die Bergstöcke Siah-kuh, Kuh-i-Tallhä und Kuh-i-sefid-ab gehören.

Die Wüste selbst ist eine Depression, der alle Flüsse des umliegenden Landes zuströmen, ob sie versiegen oder Seen und Sümpfe bilden. Ihre niedrigste Höhe schätzt er auf 2000 Fuß; ich stellte sie auf 2247 Fuß (685 Meter) fest. Der größere Teil der Wüste besteht aus Kewir, aus Sandboden, der stark mit Salz imprägniert ist, das sich durch Verdunstung des einstmals die Depression bedeckenden Wassers gebildet hat. Der Morast verwandelt sich nach starken Regenfällen in einen Sumpf, der sehr gefährlich zu passieren ist. Die Salzschollen brechen während der trocknen Jahreszeit auseinander und richten sich zu 1–2 Fuß hohen Rücken auf. In andern Gegenden ist die Salzkruste so dick, daß sie selbst dann unverändert bleibt, wenn in der Regenzeit das Wasser 2 Fuß hoch auf ihr steht. Dies bezieht sich auf den sogenannten Darja-i-nemek, den man angeblich betreten kann, wenn er auch unter Wasser steht.

Vaughan betont die Hypothesen und Sagen von einem früheren Meere, das die persischen Wüsten bedeckte, und sagt, daß er 200 Fuß hoch über der jetzigen Kewir Muscheln gefunden habe. Die alten Geschichtschreiber sagen nichts von einem See, aber Sir Frederic Goldsmid nimmt an, daß die Wassermenge der persischen Flüsse jetzt bedeutend geringer sei als in früheren Zeiten; ihre Wassermenge reicht nicht mehr zum Ausfüllen der Depression. Nur in gewissen Teilen der Kewir bilden sich während der Regenzeit Seen, die mit einigen wenigen Ausnahmen im Sommer wieder verschwinden. Die Wüste besitzt nicht eine einzige Depression in ihrer Mitte, sondern mehrere voneinander getrennte Becken, von denen eines dasjenige ist, in welches der Kal-mura mündet, um dort einen Sumpfsee zu bilden. Ferner glaubt Vaughan an das Vorhandensein solcher Salzsümpfe im Süden des Kuh-i-gugird und mitten im Rig-i-dschin, wo er im September 1890 einen großen Wasserspiegel sah. Vaughan hat gefunden, daß der Kuh-i-gugird, der in der Nähe des Siah-kuh beginnt, sich durch die ganze Wüste bis Husseinan fortsetzt, und so wird diese lange Hügelkette auch auf seiner Karte dargestellt. Dieser Landrücken begrenzt also das südlich von Semnan liegende Kewirbecken ebenso im Süden, wie niedrige Bergreihen das Kewirbecken südlich von Gusche begrenzen, wohin ich im Jahr 1890 eine Exkursion unternahm.

Im Mai 1891 zog Vaughan am Sende-rud, dem Flusse von Isfahan, entlang nach dem Salzsee hinunter, in den sich dieser Fluß ergießt und der infolge seiner vorzüglichen Weideplätze Gaw-chaneh, »der Kuhplatz«, heißt. Er sagt, daß der See von Osten nach Westen 25, von Norden nach Süden 20–30 englische Meilen lang sei. Drei Uferlinien sind sichtbar, eine in 8, die zweite in 6 und die dritte in 1 Fuß Höhe. Zwischen der letztern und der jetzigen Wasserlinie ist ein 30 Fuß breiter Gürtel weichen, tückischen Schlammes. Der See ist sehr seicht, und sein Wasser außerordentlich salzig. Sein südlicher Teil soll im Sommer austrocknen, wobei große Salzflächen zutage treten. Der nördliche Teil soll stets Wasser enthalten. Vaughan macht ganz richtig darauf aufmerksam, daß man in diesem See eines der Zwischenstadien wiederfinde, die die große Kewir durchlaufen hat.

Während meines Aufenthalts in Turut zog ich Erkundigungen über den Weg ein, den ich im Osten der großen Kewir hätte einschlagen müssen, falls ich durch Regen verhindert gewesen wäre, durch die Salzwüste nach Chur zu gehen. Ich teile sie hier um so lieber mit, als die meisten der mir angegebenen Namen auf Vaughans Karten im » Geographical Journal« fehlen, woraus sich möglicherweise schließen läßt, daß mehrere Straßen am Wüstenrande entlanglaufen und einander nur bei gewissen Quellen berühren. Awel-ahijá ist mit Vaughans Abul Haiyea identisch, Gudar-i-dobor mit seiner Chashma Dubor und Dest-gerdun mit seinem Dasgirdun.

Die 20 Punkte, die berührt werden, sind von Turut an folgende: Malhä, ein Ort mit Kamelweide; Derwas, eine Salzwasserquelle mit Weideplatz; Bunab, eine salzige Quelle; Madschera, ein aus drei Häusern bestehendes Dorf mit einer süßen Quelle; Awel-ahijá, eine Süßwasserquelle mit Weide; Germ-ab, ein süßer Brunnen mit Weideland; Sitel, Brunnen mit süßem Wasser und Weide; Tscha-hek, süßer Brunnen mit Weideplatz; Gelle-tscheschme, Süßwasserquelle; Tscheschme-i-schuturi, süße Quelle, an der Nomaden lagern; Gudar-i-dobor, Süßwasserbrunnen mit Nomaden vom Bulutschstamm; Neeni, süße Quelle mit Nomadenlagern; Kal-i-saus (sebs), ein im Winter süßes Wasser führender, im Sommer ausgetrockneter Fluß, an dem Nomaden lagern; Tscha-pusé, ein Süßwasserbrunnen; Kal-i-lader, eine süße Quelle mit Kamel- und Schafweiden; Tscha-gulli, süße Quelle mit Weideplätzen; Tscha-i-kebir, ein zehn Häuser umfassendes Dorf mit süßem Wasser; Dest-gerdun, ein Dorf mit 200 Häusern; Schir-gescht, ein aus zehn Häusern bestehendes Dorf; Tschahrdeh-i-Tebbes und die Stadt Tebbes selbst.

Diese Straße führt stets am Fuße des Gebirges entlang, wo die Quellen entspringen. Im allgemeinen bleibt sie 4–6 Farsach vom Wüstenrand entfernt, manchmal aber beträgt der Abstand auch nur 2 Farsach. Sie kreuzt keinen Kewirausläufer, sondern hat die Salzwüste stets zur Rechten, wenn man nach Süden geht. Bei Tscha-pusé hat man im Osten den Kuh-i-jach-ab, den »Berg des Eiswassers«, im Westen den Kuh-sefid, »das weiße Gebirge«, das sehr hoch, im Winter mit Schnee bedeckt und bei klarem Wetter von Turut aus sichtbar sein soll. In der Nähe von Tebbes hat man auf beiden Seiten Berge; die Kewir-i-Turschis, die weiter östlich liegt, ist ganz von der großen Salzwüste abgeschnitten, die ihrerseits auch verschiedene Namen hat, z. B. Kewir-i-Dschandak und Kewir-i-Halwan. Die Kewir-i-Badschistan auf Vaughans Karte ist entschieden nur ein Teil der Kewir-i-Turschis.

Kal-mura ist ein Fluß, der nach Regen Wasser führt und in die Kewir hineinfließt. Vaughan sieht es als wahrscheinlich an, daß dieser Fluß innerhalb der Kewir in einen größern Salzsee münde. Der Kal-i-germab soll ein Fluß sein, der aus dem Kuh-i-duschach im Nordosten kommt und in gewissen Jahren die Karawanenstraße, die Turut mit Tebbes verbindet, im Winter zwei Monate lang sperrt. Mitte Mai trocknet er aus, und er läßt sich auch im Winter durchwaten, wenn es eine Zeitlang nicht geregnet hat. Sein Bett soll an der Stelle, wo jene Straße es kreuzt, 12 Klafter breit sein, und es ist klar, daß während der Regenzeit ansehnliche Wassermassen auf diesem Weg in die Kewir hinabströmen. Vaughan erwähnt keinen Kal-i-germab, wohl aber einen weiter südlich befindlichen Kal-ladu. Nach der Beschreibung, die man mir gemacht hat, sieht es aus, als ob der Kal-mura und der Kal-i-germab identisch oder möglicherweise Deltaarme eines und desselben Flusses seien. Von dem letztern hieß es, daß er 4 Farsach jenseits der Straße in der Wüste verschwinde, ohne auch nur den kleinsten See zu bilden und daß ein solcher nicht einmal dann entstehe, wenn der Fluß hoch angeschwollen sei. In dieser Beziehung erhielt ich also eine andere Auskunft als Vaughan; das Wahrscheinlichere ist wohl, daß das Wasser in regenreichen Jahren seichte, vorübergehende Salzseen bilden kann. Dagegen sagte man mir, daß die Kewir unterhalb der Mündung des Kal-i-germab bis Mitte Juni feucht und schlammig bleibe, nachher aber den Sommer über trocken stehe.

Von Turut führt eine fünf Tagemärsche lange Karawanenstraße nach Schahrud, die einen schmalen Kewirstreifen kreuzt, der den Verkehr niemals hindert, weil er schlimmstenfalls umgangen werden kann. Ungefähr ebenso weit ist die Entfernung zwischen Turut und Demgan. Auch nach Semnan und Sebsewar gibt es von Turut direkte Straßen.

Schah Nasr-eddin hat über den See Haus-i-sultan einen merkwürdigen Artikel geschrieben, der mit den Worten beginnt (s. » Proceedings of the R. Geogr. Soc.«, X [1888], S. 624): »Der See, der sich zwischen Teheran und Kum gebildet hat, ist der Sawahsee, der in der Geschichte erwähnt wird und der vor 1357 Jahren an dem Tage austrocknete, an welchem der Prophet – Allah segne ihn und seine Nachkommen! – geboren ist.« Generalkonsul A. Houtum-Schindler hat diesem Aufsatz sehr wertvolle Bemerkungen beigefügt. Der Schah glaubt, daß er sich »aus Wasser, das wie lauter Springbrunnen aus dem Boden der Kewir hervorsprudele« gebildet habe. Doch Schindler berichtet, daß im Jahr 1883 ein Teil der Dämme auf dem westlichen Ufer des Kara-tschai unterhalb Pul-i-dellak durch das Hochwasser zerstört worden sei, so daß der Fluß sich nordwärts gewälzt und die Mulde zwischen Haus-i-sultan und Pul-i-dellak ausgefüllt habe. Im Jahre darauf erweiterte sich die Lücke im Damm, und nun ergoß sich noch mehr Wasser in die Depression. So war der See Haus-i-sultan im Jahr 1885 gebildet, und die Reisenden mußten einen westlichern Umweg um den See machen. Ende April 1886 reiste ich auf dieser Straße und schrieb darüber (s. Genom Persien och Khorasan, S. 126 fg.): »Unterhalb Haus-i-sultan liegt ein großer See gleichen Namens, dessen Umgebungen den Europäern wenig bekannt sind; es ist jedoch wahrscheinlich, daß sich dieser See durch die Flüsse Kara-su (Kara-tschai) und Rudchaneh-schur gebildet hat, die in den Bergketten im südwestlichen Irak-adschemi entspringen und nach Osten fließen … Unmittelbar unterhalb des Karawanserais Pul-i-dellak strömt der große, breite Fluß Kara-su, ›das schwarze Wasser‹. Eine großenteils eingestürzte Brücke führt über ihn. Die eine Hälfte der Brücke steht noch, die andere aber ist ins Wasser gestürzt, weshalb man über den Fluß, der ziemlich reißend, trübe und tief ist, reiten muß.«

Vor 80 Jahren schrieb Morier in seinem Werk » A Journey through Persia etc. (1808, 1809)«, S. 182, über den zwischen Teheran und Kum gelegenen Ausläufer der Kewir: »In einer Entfernung von 6 englischen Meilen von Pul-i-dellak betraten wir den Sumpf Kaveer, den wir in drei Stunden überschritten bei einer Weglänge von 10 Meilen. Es ist ein Teil der großen Wüste, die sich bis nach Chorassan erstreckt und deren Boden aus einer Mischung von Salz und Erde besteht. Der Weg, den wir benutzten, ist bei Regen oft nicht zu passieren. Während bei unserm Marsch die Pferde bloß bis über die Hufe einsanken, sinken sie bei weniger günstigerm Wetter bis zum Bauch ein.«

Nach C. E. Biddulph in den » Proceedings of the Royal Geographical Society«, XIII (1891), bilden der Kara-tschai und der Kumfluß, der mit dem eben erwähnten Rudchaneh-schur identisch ist, den See Haus-i-sultan. Zwei nördlichere Flüsse, die südostwärts strömen, gehen dagegen in den Darja-i-nemek. Über die Depression, an deren Nordostrand der Siah-kuh sich erhebt, sagt Biddulph, daß sie in zwei Teile zerfalle, den Darja-i-nemek und den neuen See Haus-i-sultan, der viel kleiner und vom Darja-i-nemek durch einige englische Meilen trocknen Landes getrennt sei. Er glaubt, daß die Salzkruste des Darja-i-nemek mehrere Fuß dick sei und daß das Salz stellenweise »eine beinahe unbekannte Tiefe« habe. Die Salzfläche sah wie Eis aus und war in polygonale Blöcke von etwa 2 Fuß Durchmesser zersprungen. Der Führer sagte, daß mitten auf der Salzscholle die Mächtigkeit bis zu 10 Fuß betrage, daß das Salz auf Schlamm ruhe und daß, wenn man es durchbohre, die ganze Salzscholle von Wasser überschwemmt werde. Wenn der Schnee in den umliegenden Gebirgen schmelze, breite sich über dem Salz eine Wasserschicht aus, ohne es jedoch im geringsten aufzulösen. Kleinere Höcker abgerechnet, sei die Salzfläche völlig eben. Man brauche acht Stunden zum Überschreiten der Salzscholle, die also nicht weniger als 20 englische Meilen breit sein kann. Am Südrand wurde die Salzkruste immer dünner, bis sie schließlich unter dem Gewicht der Tiere barst. Dann ging der Weg südwestwärts nach dem Tscha-taghi, »der mitten in tiefem Sande lag, durch den wir nur mit großer Mühe hindurchkommen konnten. Man muß den eigentümlichen Umstand beachten, daß die ganze Südseite des Darja-i-nemek mit großen Sanddünen bedeckt ist, die sich 15 oder 16 englische Meilen südwärts erstrecken, während auf der Nordseite kein Sand zu sehen ist.«

Tscha-taghi ist einer jener inhaltsreichen Namen, die vor unsern Augen eine ganze Landschaft aufrollen. Er bedeutet »Saxaulbrunnen«; die Saxaule wachsen stets in Sand, und im Sand ist das Wasser süß. Ein Tscha-taghi kann daher nur in einer Sandwüste liegen. An der in Rede stehenden Stelle gab es ein altes Karawanserai, »das der Sand vollständig verschlungen hatte, zwei Zimmer ausgenommen, in die man auf keinem andern Wege als durch das Dach hineingelangen konnte«. Ein deutlicher Beweis, daß der Sand sich über ein früher sandfreies Gebiet ausgebreitet hat.

Zu den oben angeführten Zeilen des Schahs sagt Schindler in einer Anmerkung: »Es würde ganz unmöglich sein zu beweisen, daß der See in der von der Tradition angegebenen Zeit verschwunden ist oder nicht, doch das Vorhandensein einer solcher Legende beweist, daß zu einer Zeit vor der Ausbreitung des Islam ein Teil des innern Persien mit Wasser bedeckt war. Es gab dort wahrscheinlich eine Anzahl voneinander getrennter Seen, jetzt Gebiete der Salzwüste, die in den volkstümlichen Legenden Persiens als ein großes Meer erwähnt sind, das sich von Kaswin im Norden nach Kirman und Mekran im Süden und von Sawah im Westen bis nach der Depression von Seïstan im Osten erstreckte. Diese Legenden, die ich an vielen Orten in der Umgegend der Wüste gehört habe, sprechen nicht allein von einem großen Meer, sondern auch von Schiffen, Inseln, Häfen und Leuchttürmen.«

Auf meiner Reise durch Chorassan im Jahre 1890 machte ich zwei kleinere Exkursionen nach dem Rande der Kewirbecken, die isoliert sind und im Norden der großen Kewir liegen. Nach Napiers Karte, die ich damals mitgenommen hatte, eignete sich Demgan am besten zum Ausgangspunkt. Doch als ich in Gusche erfuhr, daß von dort aus nur 6 Farsach, von Demgan aber 9 bis an den Rand der Salzwüste zurückzulegen seien, entschloß ich mich, den Ausflug von Gusche aus zu machen. Ich nahm nur einen Begleiter und zwei Pferde mit; wir ritten in schnellem Trab nach Ostsüdosten. Dabei hat man die mächtigen Kämme des Elburs zur Linken, und rechts sieht man einen niedrigen Gebirgsrücken sich in die Wüste hinein vorschieben.

Man folgt einer richtigen Straße durch öde Steppe, wo sich im Windschatten der Grasbüschel kleine Sandwälle angehäuft haben. Jenseits der Dörfer Chasemabad und Amrewah zeigt sich nach einstündigem Ritt hinten am Horizont der weiße Rand, der die Sandwüste ankündigt, scharf von der roten Scheibe der aufgehenden Sonne beleuchtet. Darauf folgen die Dörfer Abdullabad und Ghamabad, und dann wird die Richtung direkt östlich. Es geht durch immer öder werdendes Land, wo zerstreutliegende Ruinen verlassene Dörfer anzeigen. Von Sulabad nahm ich einen Führer mit, der mich durch die Dörfer Frat und Tagiabad führte. Bald hinter ihnen passiere ich einen ganz kleinen Dünengürtel mit kaum 5 Meter hohen Dünen aus ganz vegetationslosem Flugsand. Die Dünen kehren ihre steilen Leeseiten nach Süden, was auf nördliche Winde während dieser Jahreszeit schließen läßt. Sonst zeigte sich, so weit der Blick reichte, nirgends Sand.

Nach einem Ritt von 6 Farsach hört auf einmal alle Vegetation auf; es folgt eine Strecke Lehmboden und dann steht man plötzlich an dem scharfen Rande der Salzwüste. Nach zwei weitern zu Pferd zurückgelegten Kilometern sind wir auf allen Seiten von einer weißen Salzkruste umgeben, die immer fester und dicker wird, je weiter es geht. Hier begegnete uns eine Karawane, deren Last aus dezimeterdicken Blöcken reinen Salzes bestand, das in den Städten verkauft wird.

Um die Pferde zu schonen, ging ich 2 Kilometer zu Fuß und machte schließlich an einer Stelle halt, wo mehrere große Löcher Zeugnis von Besuchen der Salzkarawanen ablegten. Die Salzscholle war hier 9 Zentimeter dick, oben weiß, nach unten zu unreiner; sie ruhte auf einer mit Wasser durchtränkten Schicht plastischen gelben Tons. In den Löchern stand 5 Zentimeter hohes Wasser. Um ½11 Uhr betrug die Lufttemperatur 27,1 Grad; 4 Zentimeter tief im Salz zeigte das Thermometer 25 Grad und im Ton 25,3 Grad. Ein auf die Salzscholle in die Sonne gelegtes Thermometer stieg auf 29 Grad; als es aber auf ein dunkles Tuch gelegt wurde, zeigte es 39,2 Grad. Das Wasser in den Löchern war auf 30,5 Grad erwärmt. Im Osten und Süden dehnte sich anscheinend ein gefrorenes Meer mit absolut ebenem Horizont aus.

Im Winter soll die Salzscholle nicht selten ein metertiefer See bedecken, der im Frühling nach und nach austrocknet. Während des Sommers und des Herbstes ist das Salz ganz trocken. Diese Depression ist von ganz derselben Art wie der von Vaughan und Biddulph überschrittene Darja-i-nemek, ein zeitweiliger, ab und zu verschwindender See, der sich während der Regenzeit mit einer sehr seichten Wasserschicht füllt, aber auch ebenso schnell durch Verdunstung wieder geleert wird. Dabei bleibt Salz zurück und nimmt mit jedem Jahr an Mächtigkeit zu.

Auf der Salzscholle zeigten sich bräunlichgelbe Streifen, die sich als vom Wind dorthin getragener Flugsand erwiesen. Auch in Gusche erzählten mir die Perser, daß im Innern der Kewir böse Geister hausten.

Weiter ostwärts, auf dem Wege nach Mesched, sieht man zwischen den Stationen Mian-descht und Abbasabad im Ostsüdosten in ziemlich geringer Entfernung einen Kewirstreifen. Steigt man im Tschapar-chaneh von Abbasabad auf das Dach, so erblickt man die weiße Salzfläche in noch größerer Nähe. Von hier aus unternahm ich am 5. Oktober 1890 einen ganz kurzen Ausflug nach Südsüdosten. In der Ferne zeigen sich blaue Berge, die dieses Becken im Südosten begrenzen. Über Steppenboden und gelben Ton hinweg braucht man nur eine Stunde, um das erste Salz zu erreichen, das hier einer dünnen Reifdecke ähnelt. Hier und dort wächst noch ein Steppengrasbüschel auf meterhohem Kegel. Dann kommt man an einen Fluß, in dessen schlammigem Bett hübsch kristallisiertes Salz steht und das Wasser dezimetertief ist. Von diesem Punkt aus ritt ich in nordöstlicher Richtung zurück nach Sadrabad, wobei ich die Pul-i-abrischum, die »Seidenbrücke«, links hinter mir ließ und unterwegs das Bett des Kal-mura überschritt. Mein Führer hatte diesen Namen nie gehört; er nannte den Fluß Ab-i-schur, das »Salzwasser«. Das Flußbett war hier nur 10 Meter breit, und sein Grund lag 1½ Meter unter der Oberfläche des umliegenden Erdbodens. Drei Meter breite, anderthalb Dezimeter tiefe Fluten strömten außerordentlich langsam nach Südsüdost. Das Wasser war scharf salzig. An den Ufern bildeten 2½ Meter hohe Tamarisken regelrechte Dickichte. Das Bett soll im Winter voll Wasser stehen. Sanddünen gab es hier nicht, wohl aber kleine Sandhaufen an der südlichen Seite der Grasbüschel, was nördliche Winde anzeigte. (Vgl. » Genom Khorasan och Turkestan«, I, 29 fg., 107 fg.) Die kleine Kewir, die ich hier berührt hatte, ist kein Becken; denn sie besitzt einen Abfluß durch den Kal-mura, der sie durchschneidet, um dann, wie wir von Vaughans Route her wissen, in die große Kewir zu münden. Schon 1861 hatte Hauptmann Claude Clerk den Fluß ein wenig höher oben als Vaughan an einer Stelle überschritten, die er Zaughuda nennt. Er sagt darüber im » Journal of the R. Geogr. Society«, XXXI (1861), nur, daß der Fluß sehr wenig, aber stark salzhaltiges Wasser geführt habe und nach Jezd gehen soll.

Während seiner drei Monate dauernden Reise in den Teilen Ostpersiens, die der afghanischen Grenze zunächst liegen, besuchte E. Huntington im Winter 1903 auf 1904 das Kewirbecken, das er nach der Oase Chaf nennt; er sagt, daß es aus toten Wüstenstrecken mit Schlamm und Grus bestehe. Im Spätwinter soll es ganz und gar unter Wasser stehen. Über die Kewir von Badschistan sagt er in » Explorations in Turkestan«, S. 244: »Badschistan, 40 englische Meilen nördlich von Tun, liegt am Südrand einer großen Kewir oder Salz-›Playa‹, die sich nach Curzons Karte ungefähr 75 Meilen von Nordosten nach Südwesten und in der andern Richtung 10–30 Meilen ausdehnt. Die Playa enthält meistens eine sehr kleine Menge stillstehenden Wassers inmitten einer breiten, weißen Ebene aus mit Schlamm vermischtem Salz, eine Mischung, die im Winter morastig, im Sommer aber trocken und pulverig ist.«


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