Adolf Glaßbrenner
Neuer Reineke Fuchs
Adolf Glaßbrenner

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Siebentes Capitel.

               

Indessen wüthete und tollte,
    Weil Zuckerrohr es haben wollte,
Das Nashorn, schlug in tausend Trümmer
    Die Speicher und die andern Zimmer
Und suchte immer Zuckerrohr,
    Bis daß es die Geduld verlor,
Weil es trotz alle dem Rumor
    An keinem Ort fand Zuckerrohr.

Paff! fiel ein Schuß. Fürst Nashorn fühlte,
    Daß man nach keinem Andern zielte,
Dieweil der Schuß von seinem Bauche
    Ihm weggerissen etwas Rauche,
Und darum fand er in dem Feuer
    Es kluger Weise nicht geheuer,
Gab seine süße Speise auf
    Und trabte fort im schnellsten Lauf.
An eines steilen Felsens Rand
    Den Reineke er wiederfand.

Der lag mit solchem vollen Magen,
    Daß Nichts er konnte mehr vertragen;
In solcher Art sein Bauch war schwer,
    Daß er sich sielte hin und her,
Und außerdem sein Reisesack
    War auch nichts weniger als spack.

Rhinozer kam nun an sehr keuchend,
    Vor Wuth und Hunger fast erbleichend,
Warf sich, da er sich sicher glaubte,
    Zur Erde nieder mit dem Haupte,
Und bohrte tief mit seinem Horne
    Und wühlte auf viel Erde vorne,
Und schlug dermaaßen hinten aus,
    Daß Einen überfiel ein Graus.

Der Fuchs, der fühlte sich ergötzlich,
    Und strich sich um sein Maul so schmätzlich
Und rief ihm: »Nun, wie geht es Euch?
    Ihr seid wohl gar ein wenig bleich,
Und scheint mir Aerger zu bekunden:
    Habt Ihr kein Zuckerrohr gefunden?«

Als Jener nun dies Wort gehört,
    Da war er grade wie bethört,
Benahm sich äußerst sehr unbändig,
    Selbst ein klein Wenig unanständig,
Und bohrte wieder mit dem Horne,
    Und war in einem großen Zorne
Und stampfte, grunzte, flucht' und schwor
    Blos um das Wort vom Zuckerrohr.

Der Reineke war nun gescheute,
    Und drückte sich mit seiner Beute,
Weil, wenn ein großes Thier Nichts fraß,
    Es selten aufgelegt zum Spaß.
In einem kleinen Felsenspalt
    Da lag der Schelm gesichert bald;
Hohnlächelnd und mit Seelenruh
    Schaut er dem Wüthenden dort zu.
Bis dieser erst sich konnte fassen,
    Und ruhig mit sich sprechen lassen.

»Der Schuß,« sprach Reinke, »will ich hoffen,
    Hat Euch gefährlich nicht getroffen,
Dagegen Euch wohl abgeschreckt,
    Als Ihr die Zunge schon geleckt –
Was sag' ich? Füße schon gestreckt
Nach jenem süßen Zuckerrohr,
    Deß Untergang Ihr hattet vor?
Nun, konntet Ihr's auch nicht erfüllen,
    Gott ehrt die That und lobt den Willen.«

»Ich bitt' Euch,« brummte nun der Andre,
    »So lange ich noch mit Euch wandre,
Nennt mir das Zuckerrohr nicht wieder,
    Sonst wirft die Wuth mich krank darnieder..
Nichts fand ich als ein wenig Spreu
    Und ganz gemeines, trocknes Heu.
Auch darf ich meiner Nase trauen,
    Daß sie solch Rohr dort nirgend bauen;
Drum, habt Ihr mich nicht selbst betrogen,
    So hat man Euch was vorgelogcn.«

»Ich Euch betrogen?« schmollte Reinhard;
    »Ich las es noch vergangne Weihnacht
In unsrer großen Allgemeinen,
    Und die dient Babba und den Seinen;
Wenn Die von Ketzereien spricht,
    So ist kein Wort drin Lüge nicht!«

Durch dieses Thema Beide gingen
    Nun über zu gelehrten Sachen.
Und sprachen klug und sprachen weise
    So im Verfolg der ganzen Reise.
Fürst Nashorn disputirte wacker,
    Doch auch der Fuchs, der schlaue Racker;
Er zeigte äußerst viel Verstand,
    War auch im Sprechen sehr gewandt,
Und konnte Jenen so bei Zeiten
    Auf seine Streiche vorbereiten.

Zuweilen mußten sie auch ruhn,
    Da speisete der Fuchs ein Huhn;
Der Andre ärgerte sich, daß
    Er sich begnügen mußt' mit Gras.
Doch hielten Beide keine Fasten,
    Und kamen zwischen Schweiß und Rasten,
Durch Thal und Feld und Wald und Pfützen
    Nun endlich an in Siebenspitzen,
Grad als die Citerone blühte,
    Und sich der Cicerone mühte.


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