Adolf Glaßbrenner
Neuer Reineke Fuchs
Adolf Glaßbrenner

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Viertes Capitel.

           

Der große Ochse, der bekannte,
    Den man den alten Babba nannte,
Der schickte ein Rhinozeros
    Dem Rein'ke in sein Ahnenschloß
Mit einem Brief, darinnen stund:
    »Gesegnet sei der ew'ge Bund!
Mein Vorfahr hatte einst in Gnaden,
    Wenn auch zu ihrer Seelen Schaden,
Und sicher auch mit Widerstreben,
    Der Völker Bitten nachgegeben,
Und Euch von Unsres Thrones Stufen
    Auf ew'ge Zeiten abberufen.
Obwohl nun Dieser war unfehlbar,
    Bin Ich nicht minder doch unfehlbar
Und rufe Euch hierdurch zurück
    Zu Unserm und der Völker Glück.
Doch lad' Ich Euch zuvor noch ein,
    In kurzen Tagen hier zu sein,
Da Ich Mich früher muß versichern
    Des Eifers erst, des inniglichern,
Den Ihr noch nehmt an Meinem Tempel.
    So gegeben unterm großen Stempel
Auf Unserm Stuhl, nach langem Sitzen,
    In der Ochsenburg auf Siebenspitzen.«

Da Reineke las dieses Schreiben,
    Mußt' er vor seiner Thüre bleiben,
Nur maaßen das Rhinozeros
    Für Malpertaus war viel zu groß,
Und Reinke artig und galant
    Zum hohen Herrn, der ihm gesandt.

Nachdem er tief sich nun verbeugt,
    Und thät, als wär' sein Auge feucht,.
Gab er den folgenden Bescheid:
    »Es thut mir wahrlich herzlich leid,
Daß mir's unmöglich, Euer Gnaden
    Zum Nachtmahl bei mir einzuladen,
Und einen solchen hohen Hirten
    In meiner Feste zu bewirthen.
Doch will ich nur Befehl ertheilen,
    Daß meine Diener mögen eilen
Mein Reisezeug in Stand zu setzen,
    Dann will ich Euer Gnaden letzen
Mit Allem, was Magd Ermelin
    Aus Küch' und Keller nur mag ziehn.

Versteht sich, daß ich mit dem Weibe
    Euch nächstens hier die Zeit vertreibe,
Sofern Ihr's vorzieht nicht, im Hafen
    Der Freundschaft sicher hier zu schlafen.«
»Versteh' ich recht, mein Herr Genoß,«
    Gab Antwort das Rhinozeros,
»So wollt, zu unserem Gedeihen,
    Ihr Euch dem Tempel wieder weihen,.
Und morgen mit dem Allerfrühsten
    Durch Wälder, Felder und durch Wüsten
Zum größten Vieh von allen Viehen
    Mit mir nach Siebenspitzen ziehen?
Denn wandeln müssen wir zu Fuße,
    So will es dieser Tage Buße.«

Drauf sprach, sich neigend, Reineke:
    »Des Babba's Wille, er gescheh'!
Doch jetzo müßt Ihr mir verzeihn!«
    Mit diesem Wort schlich er hinein.

Bald wurd' es laut in Malpertaus;
    Frau Ermeline trat heraus
Und hinter ihr der Diener Reih'n
    Mit Leckereien und mit Wein,
Was, um die Wahrheit zu gestehen,
    Der Gast nicht ungern schien zu sehen.

Frau Ermelin lief hin und her,
    Und liebäugelte auch mit ihm sehr,
Und wußte reizend sich zu stellen,
    Wie es so lieben die Gesellen;
Sie fiel auch hin von ungefähr,
    Und hatte wohl ein klein Malheur.

Vergessend seinen hohen Stand,
    Küßt' Herr Rhinozer ihr die Hand,
Ja, schäkernd mit dem lieben Käuzchen,
    Küßt' er sogar ihr spitzes Schnäuzchen,
Wobei er Manches noch gefunden,
    Bevor sie sich ihm sanft entwunden,
So lispelnd: »Ganz in unsrer Nähe
    Sind Herr und Diener! Wenn man's sähe!«

Sie schenkte wacker dabei ein
    Vom feurigsten und schönsten Wein,
Und thät ihm ganz nach seinem Gout,
    Und gab manch süßes Wort dazu,
Was mißgedeutet werden konnte, –
    Bis daß der große Herr begonnte
Zu schwanken, sich im Kreis zu drehen,
    Jedwedes Ding zweimal zu sehen,
Und so, von Wein und Lüsten krank,
    Zuletzt erschöpft zusammensank.


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