Karl Gjellerup
Die Weltwanderer
Karl Gjellerup

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Elftes Kapitel

Othello und Desdemona

Als Arthur das Zimmer verlassen hatte, war es, als ob eine Maske vom Gesicht Edmunds fiele. Die lebhafte Energie, die wagemutige Unternehmungslust, die freudige Siegeshoffnung verschwanden, sobald er allein war und sich in den Sessel sinken ließ. Mit nachlässiger Hand fing er mechanisch an, in den die Tischplatte bedeckenden Papieren zu kramen.

Ein kleiner Brief fiel ihm in die Hand, dessen Handschrift ihm bekannt sein mochte; denn seine fast müden Züge überflog ein halb wehmütiges Lächeln, wie bei dem plötzlichen Wachwerden alter Jugenderinnerungen.

Noch hielt er den ungeöffneten Brief in der Hand, als die Türe sich leise öffnete und Amanda in das Zimmer trat. Edmund blickte auf, mit einem gewöhnlichen Höflichkeitslächeln, das aber sofort herzlicher und wärmer wurde; denn ein seltsam gemischter Ausdruck, der, in dem klaren, festen Blick des Mädchens wie in einem Brennpunkt gesammelt, offenbar auf ihn zielte, ihn irgendwie anging, gab dem Reiz ihrer Züge, der durch das Gespräch mit Arthur ihm vielleicht mehr als sonst zum Bewußtsein kam, eine erhöhte Macht.

Er warf den Brief von sich und erhob sich – eine Bewegung, die sie mißdeutete.

– Ich fürchte, daß ich Sie störe, Sir Trevelyan, sagte das Mädchen, und ich möchte Sie nicht fortjagen. Ich suchte Sie gerade – ich sah, daß Ihr Vetter nach dem Kiosk hinunterging, und dachte, Sie würden allein sein.

– Was ich jetzt glücklicherweise nicht mehr bin, da ich eine so angenehme Gesellschaft genieße, sagte Edmund galant. Es war sehr freundlich von Ihnen, mich aufzusuchen.

Zwischen den Papieren gewahrte sein zufällig umherschweifender Blick einen lebhaften grünen Fleck, den Maroquinband von seinen Gedichten, die er ihr am Tage vorher gegeben hatte.

»Ah«, dachte er, »sie ist von der Lektüre so ergriffen – welches Mädchenherz könnte auch meinem »Schatz des Piraten« widerstehen! – und konnte nicht länger warten, um mir ihre Bewunderung auszusprechen. Nun steht das arme Mädchen verlegen da und weiß nicht, wie anfangen.«

– Setzen wir uns also, mein gnädiges Fräulein, und plaudern wir, begann er das Eis zu brechen.

Aber Amanda blieb stehen und schüttelte den Kopf.

– Ich habe Ihnen etwas zu sagen, das sobald wie möglich gesagt werden mußte. Ich muß Sie warnen.

– Warnen?

Das Gespräch schien eine wenig literarische Richtung nehmen zu wollen – und keine so angenehme, wie er sich es versprochen hatte. – Ja, ich muß Sie fragen, Sir Trevelyan, ob Sie –

Das Mädchen stockte, und brennendes Rot übergoß ihr Gesicht; dann setzte sie resolut fort: –

– ob Sie sich auf irgendeine Weise die Feindschaft des Rajputen Chandra Singh haben zuziehen können.

Edmund stutzte sichtbar bei dieser Frage. Die freimütige Ableugnung einer solchen Möglichkeit, auf die Amanda im Geheimen gehofft hatte, blieb aus. Im Gegenteil, ob er auch mit Worten nichts gestand, meinte sie, es ihm ansehen zu können, daß er von dieser Feindschaft sehr wohl wußte. So war es denn so: sie waren Rivalen in der Bewerbung um die Gunst der Rani!

Ihr Herz pochte, und sie fühlte sich plötzlich so schwach, daß sie den angebotenen Stuhl doch annehmen mußte.

– Ich glaube nämlich zu wissen, daß Chandra Singh Sie tödlich haßt. Ja, ich muß noch mehr sagen – daß er heute nach Ihrem Leben getrachtet hat.

– In der Tat? rief Edmund. Aber gestatten Sie mir die Frage: woraus schließen Sie das?

– O das ist es gerade, was mir zu erklären so schwer fällt. Es ist ja eine schwere Anklage, und dafür soll man gute Gründe anführen können, und ich habe keine – nichts als Blicke und Mienen, die zwar mich selbst überzeugen, aber keinen anderen. Urteilen Sie selber, was es mich kostet, Ihnen davon zu sprechen. Welches Unheil könnte ich nicht damit anstiften, wenn ich mich irrte! Das ist es aber eben; ich weiß, daß ich mich nicht irre. Die schlecht verhehlte Freude des Rajputen, als Sie nicht zuhause waren, die überlaute Versicherung, daß keine Gefahr da sei oder sein könne, und dann, als Sie plötzlich draußen standen, der Blick voll Enttäuschung und Wut, den er mit seinem Vertrauten wechselte, mit dem kleinen, fast verwachsenen Mann –

– Pertab, meinen Sie.

– Ja, so nannte Herr Steel ihn. O ich weiß es, als ob ich es gehört hätte, sie haben Ihnen eine Falle gestellt, der sie nur zufällig entgangen sind, ohne sie auch nur zu bemerken.

– Bis auf den letzten Punkt sind Ihre Schlüsse vollkommen richtig, Fräulein Eichstädt, antwortete Edmund ruhig, und machen Ihrem Scharfsinn die größte Ehre.

– Bis auf einen Punkt? wiederholte Amanda und starrte ihn fragend mit halbgeöffneten Lippen an.

– Ja, liebes Fräulein, ich bin Ihnen dankbar – mehr als das, ich bin Ihnen herzlich verbunden, weil Sie Ihre Beobachtungen nicht schüchtern bei sich behielten und auch wohl keinem anderen anvertraut haben?

Amanda schüttelte den Kopf.

– Tun Sie das auch nicht, bitte, lassen Sie das zwischen uns bleiben, und ich will Ihre Offenheit mit der echten, vollgewichtigen Münze bezahlen. Ja, Sie haben mir Gewißheit gegeben, wo ich nur Verdacht hatte, und das ist mir allerdings von der größten Wichtigkeit. O, die Falle habe ich recht deutlich verspürt.

Er erzählte ihr sein Abenteuer, nur etwas anschaulicher und dramatischer, als er es dem Minister berichtet hatte, wozu ihn wohl die anders geartete Zuhörerschaft aufmuntern mochte.

Amanda saß ihm gegenüber, den Arm, von dem der weiße offene Ärmel hinunterglitt, auf den Tisch gestützt – einen schönen, leicht gebräunten Arm von fast kindlicher Form, deren Linie vom Ellenbogen ab mit anmutigem Schwung, ohne Übergang am Gelenk in die Hand hinauflief, in welcher der etwas schräg geneigte Kopf mit dem kurzen Kinn ruhte, wie um eine feste Stütze zu haben, um unverwandt den Erzähler im Auge zu behalten, während die halbgeöffneten Lippen weiter zu fragen schienen und die Brust deutlich verriet, wie getreulich ihr Atem mit der Steigerung seiner Fährlichkeiten Schritt hielt.

Unter den vielen Spitznamen, die ihm der Byron-Shelleysche Kreis in Pisa beigelegt hatte, war Othello einer der beliebtesten gewesen. Nie hatte er sich seiner so würdig gefunden wie in diesem Augenblick. So mochte wohl Desdemona gesessen haben, als sie mit durstigem Ohr Othellos Rede verschlang, wenn er von manchem harten Fall sprach, wie er ums Haar dem droh'nden Tod entrann.

Und würde es auch weiter nach dem Texte gehen:

Sie liebte mich, weil ich Gefahr bestand;
Ich liebte sie um ihres Mitleids willen –?

Nun – von Liebe war ja nicht die Rede. Bei ihm wenigstens nicht. Nur von einem eigentümlichen Interesse. Bei ihr freilich mochte es anders sein. Warum sollte sie nicht etwas in ihn verliebt sein? Die Natur hatte an Edmund nicht gerade ein Muster der Bescheidenheit erschaffen, und seine Lebenserfahrungen hatten ihn nicht gelehrt, von seiner Anziehungskraft dem schönen und schwachen Geschlecht gegenüber gering zu denken.

– Dieser Fremde hat Ihnen das Leben gerettet, sagte Amanda, als er endlich schwieg; und man hörte ihrer Stimme die tiefe innere Erregung wohl an. Und wer mag er wohl gewesen sein? –

– Weiß ich es? Jedenfalls ein wandernder Yogi, einer, den sie für einen Heiligen hielten. Nun, wer hinter dieser Bande steckte, erriet ich wohl, aber Ihre Beobachtungen haben mir Sicherheit gegeben. Liebes Fräulein Amanda, wie soll ich Ihnen danken?

Er nahm bei den letzten Worten Amandas Hand und drückte einen Kuß darauf.

– Danken? Nur dadurch, daß Sie vorsichtig sind und Ihre Freunde nicht in zu große Unruhe um Ihre Sicherheit versetzen.

– O jetzt bin ich gepanzert! Dank Ihrer Wachsamkeit wird Chandra Singh finden, daß er besser tut, mir solche Streiche nicht zu spielen.

Amanda erhob sich.

Es verdroß Edmund, daß dieses Gespräch schon zu Ende sein sollte. Das Interesse, das sein Vetter bei ihm für das junge Mädchen geweckt hatte, war vielfach gesteigert worden durch den scharfen Blick und Verstand, den sie so unerwartet zutage legte, vor allem aber durch den lebhaften Anteil an seiner eigenen Sicherheit, den sie dadurch verriet. Er sah sie ungern scheiden. Da bemerkte er wieder jenen grünen Fleck zwischen den weißen Papieren. Seine Gedichte! Richtig! hatte er doch gedacht, daß sie ihretwegen käme, und gewiß brannte sie auch darauf, von ihnen zu reden, um ihre Bewunderung auszusprechen, nur war das liebe Mädchen eben zu scheu, um in dieses neue Gebiet hinüberzuspringen. Es wäre unritterlich gewesen, wenn er ihr nicht geholfen hätte.

– Ich sehe hier mein Buch liegen, das ich Ihnen gab, und darf mir wohl damit schmeicheln, daß sie sich mit meinen Gedichten die Zeit etwas vertrieben haben. Darf ich fragen, wie sie Ihnen gefallen?

– Was kann Ihnen daran liegen, meine Meinung zu hören? fragte Amanda offenbar ausweichend, aber ausweichend auf eine Weise, die der bescheidene Dichter gänzlich mißverstand: –

– O die Dichter leben vom Lobe der Frauenlippen.

Ein schalkhaftes, etwas mutwilliges Lächeln umspielte die Lippen Amandas, als sie erwiderte:

– Sie sind also so sicher, daß es Lob sein muß?

Edmund stutzte und antwortete mit einer galanten Verbeugung:

– Von solchen Lippen würde auch Tadel gern angenommen werden.

– Nun, da Sie es so wollen: ich lese lieber Lord Byron selber. Edmund biß sich auf die Lippen; darauf war er allerdings nicht vorbereitet gewesen. Dann warf er Kopf und Haar zurück mit der ihm eigenen Bewegung, die sie so gern mochte: –

– O ich schäme mich durchaus nicht, meinen unsterblichen Freund zum Vorbild genommen zu haben.

– Brauchte es gerade in der Dichtung zu sein? Er endete mit einer großen Tat. –

– Und Taten schätzen Sie höher? Nun wohl, ich war mit ihm bei dieser Tat, wie Sie wissen, und Ihre Worte bringen mir unser letztes Zusammensein mit schmerzlicher Deutlichkeit in Erinnerung.

– Es tut mir leid, Sir Trevelyan, sagte Amanda mit aufrichtiger Teilnahme – wenn meine Worte eine unheilbare Wunde aufgerissen haben; es war gewiß nicht meine Absicht.

– Das weiß ich, und ich zeige es Ihnen dadurch, daß ich Ihnen von jener Abschiedsstunde erzähle. Sie sind der erste Mensch, mit dem ich davon spreche. Wir saßen nachts bei einer Flasche schwarzen Weins zusammen auf dem Achterdeck der guten Brigg Herkules, die uns von Genua nach den Gestaden Griechenlands getragen hatte. Sie lag unter der hohen Felsenküste Kephalonias, und gegen den hellen Mondscheinhimmel zeichnete sich die Gebirgssilhouette Ithakas mit dem Einschnitt in der Mitte – wie ein versteinerter Hexameter dem Meer entsteigend. Am nächsten Morgen sollte ich nach Morea gehen, um persönlich die Verhältnisse dort zu untersuchen. »Wenn die Dinge sich zu einer Farce entwickeln, sagte Lord Byron, dann gibt es neuen Stoff für ›Don Juan‹; nehmen sie eine heroische Wendung, dann kriegt ihr einen neuen Canto von ›Childe Harold‹. »O wer weiß«, sagte ich, »wenn wir uns wieder begegnen, ist vielleicht Griechenland frei und du bist sein König« – Und hätte er gelebt, so wahr ich hier stehe, er wär's geworden. Da lachte Byron und rief: »Dann, bei Jupiter, sollst du das Rajablut in deinen Adern wachrufen und dir eine Krone in Indien suchen, und dann wollen wir beide das Verseschreiben lassen. Wer würde Reime schmieden, wenn er herrschen kann!« So trennten wir uns; ich ging nach Morea und von dort nach Athen...

– Und richteten sich dort einen Harem ein, um wie ein Türke – –

Amanda hielt inne, erschrocken über die Worte, die sie nicht hatte zurückhalten können, und deren bittere Ironie ihn wie ein Schlag traf. Edmund trat einen Schritt zurück, und in seiner dunklen Gesichtsfarbe war das plötzliche Erröten sichtbar.

– Wie können Sie wissen? – Aber mit vor Wut heiserer Stimme fügte er hinzu: Hat Arthur Ihnen –?

– O Sie schreiben es ja selber, Sir Trevelyan, in einer Note.

– Richtig, das vergaß ich. Und lächelnd erfolgte die Frage: Vielleicht hat die Note Ihnen noch mehr als meine Gedichte mißfallen?

– Bewundern konnte ich es nicht gerade.

– Jedenfalls schloß ich bald genug meinen Harem, und ich lag nicht üppig gebettet in den acht Monaten, als ich mit meinem Freunde Odysseus die Höhle im Parnaß gegen die Türken verteidigte – und schrieb auch keine Verse. Diese schlechte Gewohnheit riß erst später ein.

– Und jetzt? fragte Amanda, ihn fest ansehend.

Ein seltsames, zweideutiges Lächeln, das sie nicht verstand und das ihr keineswegs gefiel, kräuselte die vollen Lippen Edmunds.

– Jetzt? Ja, jetzt wäre es freilich wieder eine Zeit der Tat, wenn auch kein Griechenland mehr ruft.

– Das Vaterland ruft Sie.

– Mich?

– So sagt Kala Rama.

– Ach so, die Sendung nach Afghanistan, meinen Sie? Die hatte ich ja schon vergessen. Freilich sieht diese Tat ein wenig nüchtern aus, wenn man sie mit der Befreiung Griechenlands vergleicht.

– Wenn es aber die Tat ist, die der Augenblick verlangt?

– Er möge sie von einem anderen verlangen.

– Doch wenn Sie nun gerade der Mann sind?

Edmund warf trotzig den Kopf zurück.

– Ich der Mann, um die Krämerpolitik einiger englischen Lords zu betreiben! Ich sollte ihnen dienen! –

– O, nicht ihnen. Sie würden höheren Zwecken dienen, denn Kala Rama sagt, daß der Augenblick entscheidend ist, vielleicht auf lange Zeit entscheidend für die Zivilisation Zentralasiens. Er meinte, daß, wenn Ihnen die Mission gelänge, Grenzstreitigkeiten und vielleicht große Kriege, unermeßliches Blutvergießen verhütet werden würden, und unabsehbar wären die Folgen für die Zukunft. Das sagte er mir und meinem Vater, und wer könnte darüber urteilen so wie er? Es sei das eine Sache, wo der Ruhm in keinem rechten Verhältnis zu dem Verdienst und zu den Gefahren stände: wer sie aber durchführte, der würde sich um die Menschheit verdient machen.

– Und er hofft noch, daß ich es versuchen werde?

– Er war in der Tat dessen fast sicher. Und wie sollte er auch nicht? Sie können ja gar nicht anders. Wenn ich mir denke, daß es jemand gegeben wird, der Menschheit zu dienen, Segen zu verbreiten und Greueltaten zu verhindern, und bliebe er auch dabei selber ganz unbekannt, welch seliges, erhebendes Gefühl müßte das sein!

– Er gesteht aber, daß die Gefahren für den Betreffenden sehr groß sind?

Amanda wandte sich unwillig ab.

– Sie spotten über mich, und ich verdiene es wohl auch, da ich so mit Ihnen spreche.

– Wie sollte ich doch über Sie spotten, mein gnädiges Fräulein?

– Da Sie von Gefahren sprechen, als ob die Sie hindern könnten.

Edmund mußte über dies naiv ausgesprochene Zutrauen lächeln; es schmeichelte ihm aber wenigstens ebenso viel, wie ihr absprechendes Urteil über seine Poesie ihn verletzt hatte.

– Sie müssen sehr mutig sein, Fräulein Eichstädt, wenn Sie über Gefahren so gering denken. Doch das weiß ich ja längst. Ich habe Sie ja gefaßt wenn auch nicht ruhig gesehen, wo keine andere Ihres Geschlechts ihre Sinne beisammen hatte.

Amanda schüttelte den Kopf.

Das gemeinsame Erlebnis, auf welches Edmunds letzte Worte hindeuteten, und das auch Arthur ihr heute zurückgerufen hatte, war auf immer mit den lebhaftesten Farben in ihre Erinnerung eingebrannt – dafür hatte schon seine Entsetzlichkeit gesorgt. Es hatte aber bei ihr in viel tieferen und weit lebendigeren Gemütsschichten als der des Gedächtnisses Wurzeln geschlagen. Denn es war nicht nur ein Moment von so wilder Drohung, wie sie nur selten einem jungen Mädchen ins Gesicht starrt, sondern gehörte auch zu jenen, deren gemeinsames Durchleben zwei Menschen anders einander gegenüberstellt als allen andern, isoliert in einer eigenartigen Vertrautheit, die auf immer eine Entfremdung unmöglich macht.

So empfand wenigstens sie es. Und in diesem Augenblick verwirrte es sie, daß er jenes Erlebnis als Zeugen anrief.

So schüttelte sie denn nur abwehrend den Kopf:

– Ich bin nicht mutig. Ich bin ein Weib, sagte sie einfach.

– Und die Männer sind so mutig, denken Sie?

– Die Männer nicht, aber Sie.

– Und Arthur?

– Ihr Vetter? Nun– – Amanda sah ihn verwirrt an, überrascht durch diese unerwartete Frage.

– Ja, ich denke eben, wenn ich hinginge, möchte ich ihn doch mitnehmen; trauen Sie ihm ebenso viel Mut zu wie mir?

Amanda schwieg. Die Gedankenstriche der Brauen rückten einander näher, bei der stummen Erörterung dieses Problems.

– Vielleicht nicht ganz soviel Wagemut, aber genug, um Ihnen zu folgen.

– Das würde genügen.

– Sehen Sie, rief Amanda mit freudigem Aufblicken, Sie gehen! In Ihrem Herzen sind Sie schon entschlossen. Wie wird sich der gute Kala Rama freuen!

Edmund war im Begriff gegen diese schnelle Schlußfolgerung zu protestieren, besann sich aber noch rechtzeitig darauf, daß er auf sehr unvorsichtige Weise dem Minister gegenüber seine Weigerung ausgesprochen hatte, und daß er ja gerade eine Gelegenheit suchte, um den Eindruck, den eine so bestimmte Weigerung vielleicht zurückgelassen hatte, wieder zu verwischen.

– O nein, Fräulein Amanda, entschlossen bin ich noch keineswegs, aber sagen Sie ihm, daß ich es mir noch überlegen werde.

– Gewiß, das werde ich ihm sagen. Aber jetzt muß ich mich beeilen, die Rani erwartet schon meinen Besuch.


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