Karl Gjellerup
Die Weltwanderer
Karl Gjellerup

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Viertes Kapitel

Wie Sir Trevelyan und der Indologe ihren Rüdesheimer tranken

Als Edmund lachend wieder in das Zimmer trat, traf er hier nur noch den Professor, der am Tische stand und sorgsam beschäftigt war, die kostbaren Palmblätter Ecke an Ecke zu ordnen, wie ein Paket Spielkarten, damit ja nicht ein hervorstehender Rand zerknittert werden könne. Er blickte etwas verwundert auf und lächelte fragend, in Sympathie mit der Heiterkeit seines Wirtes.

– Da haben Sie Ihre Inder, Professor, lachte dieser, indem er sich in einen niedrigen Bambusstuhl warf und die Beine behaglich von sich streckte, wie einer, der sie genug gebraucht hat.

Die Gesichtszüge des Professors nahmen jetzt einen reservierten Ausdruck an, als ob sie sich en garde dieser Munterkeit gegenüber setzten.

– Wie meinen Sie das?

– Nun, die Geschichte war folgende: Der schwarze Teufel hatte aus einem Gebüsch unten im Nullah vor dem Höllenlärm unserer Treiber Reißaus genommen und sich dann oben auf der Ebene, leicht verwundet wie er war, in einem Aloebusch versteckt, der etwa zwanzig Fuß hoch und ebenso breit war. Er wurde umstellt, das Geschrei und das regelmäßige Bombardement mit Steinen ging wieder los. Aber mein braver Bagghera ließ sich nicht stören. Da war nur eines zu tun: wir mußten mit Raketen den Busch in Brand schießen. – – Aber es wird mir zu trocken, so zu erzählen – also mit Ihrer Erlaubnis – – Sie verschmähen wohl leider wie gewöhnlich meine Zigarren?

– Ich danke, um diese Zeit rauche ich nicht.

Edmund zog seine Zigarrentasche hervor, wählte sorgfältig eine tadellose Regalia, schlug Feuer, zündete und blies mit sichtbarem Genuß dichte Rauchwolken vor sich hin.

– Natürlich hatten die Esel unsere Congreve-Raketen im Boote vergessen. Also erzwungene Pause von etwa anderthalb Stunden. Womit sie ausfüllen? Alles flammte um uns – die Sonne brannte fast senkrecht herunter – es war Lunchzeit, also lunchen, im schmalen Schatten der Aloe gelagert.

– Es waren also mehrere Aloegebüsche da? vermutete der Professor.

– Nein, nur das eine.

– Wo der Panther drin steckte?

– Eben. Es war meine Idee!

Sir Edmund lächelte mit knabenhaftem Stolz.

– Übrigens darf ich nicht sehr stolz sein, denn wo sonst? Weit und breit gab es keinen anderen Schatten, und selbst in ihm hatten wir wohl an die hundert Grad.

– Aber war es denn doch nicht – sehr unvorsichtig?

– Eigentlich nicht. Ein schwarzer Panther ist gefährlich, aber die indische Mittagssonne ist noch zehnmal gefährlicher. Und warum sollte auch der gute Bagghera seinen Schlupfwinkel verlassen, bevor die Raketen es notwendig machten?

– Es ist wahr – aber trotzdem –

– Trotzdem, mein lieber Professor, hatte ich gerade eine Flasche Hock glücklich entkorkt – –

– Ach, Sir Trevelyan! rief Professor Eichstädt mit einer Gebärde halb komischer Verzweiflung, – wann wollt Ihr Engländer endlich damit aufhören, jeden Rheinwein »Hock« nach dem Hochheimer zu nennen, der gar kein Rheinwein ist, sondern am Main wächst? Was Sie in Ihrem Keller haben, ist Rüdesheimer und ein guter Jahrgang dazu. Gott verzeih es Ihnen, daß Sie einen solchen Tropfen in hundert Grad hinausschleppen, wieviel das nun auch sein mag, denn der Kuckuck kann aus Ihrem verrückten Fahrenheit klug werden.

Der Engländer lachte gutmütig über die Erhitzung des braven Rheingauers.

– Ich verspreche Ihnen, lieber Professor, daß ich mich bessern werde; für meine Landsleute darf ich freilich nicht einstehen. – Aber dies erinnert mich –

Er klatschte in die Hände. Ein schwarzer, weißgekleideter Diener, der Durwan, der auf den Stufen gekauert haben mochte, erschien und machte seinen Salam.

Sir Edmund gab eine kurze Order in Hindostani.

– Ja, ja, mein lieber Professor, ich weiß schon – wandte er sich an den Indologen, der eine Handbewegung des Einspruches machte: – es ist nicht in der Ordnung. Aber dieser Tag ist ein wenig aus dem Geleise gekommen, wie mir scheint, und ich glaube in der Tat eine Erfrischung verdient zu haben.

Er blies ein paar Rauchwolken aus und starrte vor sich hin, als ob er den Faden verloren hätte.

– »Doch revenons à nos moutons!« – – Ich hatte soeben eine Flasche Rüdesheimer entkorkt – –

Der noch nicht ganz beruhigte Rheinländer schnitt eine Grimasse, als die dicke Zunge des Briten jenen edlen Namen herumrollte, als ob dieser die Bezeichnung einer Kartoffelart sei, anstatt die des hehrsten Rebensaftes – kam dann aber plötzlich zum Bewußtsein von der spannenden Situation:

– Ja, ja, und dann lieber Freund, dann?

– Dann hub ein gottloses Schreien an, das mich schnell auf die Beine brachte. Der Panther war heraus und hatte einen der Treiber am Wickelchen – etwa fünfzig Schritt von uns. Chandra Singh und ich standen dicht nebeneinander und waren schußbereit, als die Bestie plötzlich ihre Beute losließ und in mächtigen Sätzen auf uns lossprang – ein schwarzer Nebel mit zwei glühenden Kohlen mitten drin. Ich lege an – meine Büchse versagt –

– Mein Gott!

– Ja, versagt, Professor, und entweder mein etwas gemischtes Blut oder das echteste Blut Rajputanas hätte den Sand gefärbt, wenn Chandra Singh nicht mit einem wohlgezielten Schuß den Panther gerade vor uns zur Strecke gebracht hätte.

– Ja, aber lieber Sir Trevelyan, ich verstehe nicht recht: wenn, wie Sie sagen, Ihre Büchse versagte – – ?

– Das ist ja eben der Witz! Chandra Singh weiß, daß meine Büchse versagte, er weiß, daß ich es weiß und er weiß auch, daß ich weiß, daß er es weiß – und dennoch (mit entsprechender Gebärde):

»Die Beute des Sahib – ein Meisterschuß – Lieder der Hofbarden!« Wenn das nicht echt indisch ist!

Die Züge des Professors zogen sich in ihre Deckstellung zurück.

Es war nicht das erste Mal, daß Edmund angedeutet hatte, wie wenig hoch er die Wahrheitsliebe der Inder einschätze, und ein jeder solcher Angriff auf seine Schützlinge verstimmte in hohem Grade den guten Indologen. Diesmal schienen sie nun freilich gar zu sehr auf frischer Tat ertappt zu sein, und es wollte ihm nicht gleich etwas zu ihrer Verteidigung einfallen. Aber wie verkehrt, aus dem einzelnen Fall gleich etwas Allgemeines zu machen!

– Ich weiß wohl, Sie sind überhaupt der Meinung, daß die Inder es nicht genau mit der Wahrheit nehmen.

– Mild, aber korrekt ausgedrückt.

– Aber da muß ich doch bitten, rief der entrüstete Indologe, die Wahrheitsliebe der Inder war im Altertum berühmt und wird auch von griechischen Zeugen bestätigt.

– Sie bestätigen auch, daß die Perser reiten und die Wahrheit sagen lernten; reiten tun sie noch, aber ein Freund von mir, der sich lange in Persien aufhielt, hat mir gesagt, ein Perser müsse einen großen Vorteil davon haben, wenn er sich dazu bequemt, die Wahrheit zu sagen. Es scheint, daß die Völker in der Beziehung zurückgehen. Nur die Griechen nicht. Diese wunderten sich baß darüber, daß die Perser die Wahrheit sprachen, und mit gutem Grund. Denn sie waren selbst von jeher eine ausgesuchte Lügnerbande, und das sind sie geblieben – entschuldigen Sie, ich weiß, Sie sind Philhellene; aber ich kenne sie aus erster Hand.

– Es war, scheint mir, eine philhellenische Angelegenheit, in der Sie sie kennen lernten.

Edmund lachte:

– Es ist wahr, ich habe mich für ihre Freiheit geschlagen, aber – unter uns, die ehrlichsten Leute in Griechenland waren die Türken – und allenfalls die Briganten.

Professor Eichstädt seufzte resigniert, war aber doch nicht willens, die gute Sache schon aufzugeben.

– Was denken Sie wohl, daß ich hier vor mir liegen habe, Sir Trevelyan? sagte er und legte seine Hand auf die Palmblätter: – es sind die uralten ehrwürdigen Jatakas, die uns Volkssagen von den verschiedenen Lebensläufen des Buddha überliefern. Dort wird ausdrücklich gesagt, daß, obwohl er mehrmals ein Räuberhäuptling gewesen und viele Verbrechen begangen hat, er doch eines nie getan hat: der zukünftige Buddha hat nie gelogen. Können wir ein beredteres Zeugnis dafür verlangen, wie hoch die alten Inder die Wahrheitsliebe schätzten?

– Sagten Sie mir nicht gestern, Professor, daß der Buddha auch nie als ein weibliches Wesen geboren wurde?

– Gewiß, das ist vollkommen richtig, erklärte eifrig der nichts ahnende Professor, der in der Unschuld seines Herzens nur Freude empfand, weil dieser spleenische Brite doch so viel Aufmerksamkeit für seine Ausführungen besaß, daß er diesen eigentümlichen Legendenzug von einem Tag bis zum anderen behalten hatte.

Edmund blickte pfiffig und sah den Professor mit einem – wie es diesem schien – mephistophelischen Lächeln an.

– Ist es Ihnen nicht aufgefallen, Professor Eichstädt, daß in dieser Zusammenstellung jedenfalls ein sehr feines Aperçu liegt? –

Professor Eichstädt, in dessen einfacher Natur eine echt germanische Ehrfurcht vor dem Ewig-Weiblichen tief eingewurzelt war, wußte nicht, welche Miene er zu der zynischen Vertraulichkeit seines Wirtes aufsetzen sollte. Dies war in der Tat noch viel schlimmer als der Angriff auf die Inder! Ihm war einigermaßen, als ob ihm jemand zumutete, über seine selige Frau zu spötteln oder seine Tochter zu verraten; und doch hatte dieser unverbesserliche Byronianer etwas an sich, das jede Äußerung ritterlicher Entrüstung entwaffnete.

Zum Glück erschien in diesem kritischen Augenblick eine hochfeierliche Prozession. Zuerst trat der Durwan als Führer herein, ihm folgte als Zeremonienmeister der Sirdar, diesem auf den Fersen der Abdar, der ein kupfernes Brett mit zwei Gläsern trug; nach ihm trug der Bhisti einen betauten, irdenen Topf, aus dem eine braune Flasche ihren langen Hals und das Köpfchen mit der gelben Lackmütze emporstreckte – ein lieblicher Anblick! Danach trug der Khidmutgar, dem das kulinarische Departement unterlag, nichts als seine Würde, die aber schwer auf seinen schmalen Schultern zu lasten schien. Eine namenlose Nichtigkeit trug den Korkzieher, und eine nichtstragende Nichtigkeit beschloß den Zug. Letztere entnahm auf einen Wink des Sirdars der tragenden Nichtigkeit den Korkzieher, holte die Flasche aus dem Wassertopf hervor und reichte beide dem Khidmutgar, der die Flasche entkorkte und dem Sirdar übergab, der dann die beiden Gläser füllte, welche der Abdar zurechtgestellt, worauf die Nichtigkeit die Flasche wieder in den kühlenden Wassertopf untertauchen ließ und der Bhisti diesen auf den Tisch zur Weiterbenutzung hinstellte. Der Durwan hatte diese Vorgänge mit einem tief melancholischen Blick überwacht, als ob er in ihnen eine Illustration zum alten Pançatantram-SpruchPançatantram: berühmtes indisches Fabelwerk. sähe: »Diejenigen, welche das Dienen ein Hundeleben nannten, haben unwahr gesprochen: ein Hund geht ja hier nach eigenem Ermessen, ein Diener auf Geheiß des Herrn.« Da er sich nunmehr von der Wahrheit dieses Spruches vollkommen überzeugt hatte, salamte er den anderen vor und leitete den Rückzug ein, und die schwarze, weißgekleidete Prozession verschwand mit derselben sammetsohligen Geräuschlosigkeit, mit der sie erschienen war.

– Schmerzlich ist es, den Bhisti mit einem gemeinen Wassertopf anstatt des Eiskübels erscheinen zu sehen, den er in allen Kantonnements brachte, zuletzt in Cawnpore, labenden Gedächtnisses! rief Edmund. Aber so weit hat doch Kala Rama seinen Staat nicht gebracht, wieviel er auch für die Zivilisation tut. Nun, auch diese Rückständigkeit hat ihre Reize, und so wollen wir denn in diesem, wenn auch etwas lauen, aber edlen Saft Indien hoch leben lassen, zumal das alte Indien, womit Sie so vertraut sind. Was mich anbelangt – –

– So kennen Sie es nicht! platzte Professor Eichstädt gedankenlos heraus. Nachdem er den ersten Schluck in der hohlen Zunge gehalten und ihn zögernd hatte hinunterrieseln lassen, starrte er jetzt in das unvergleichliche Goldlicht des echten Rheinweines hinein und hatte fast vergessen, wo er sich befand. Ihn umwebte das hellgrüne seidene Mailaub der Buchen des Niederwaldes, er sah den heiligen Fluß sich durch die Gauen krümmen, ja es war ihm, als hörte er das Rauschen der Stromschnellen im Bingerloch.

– Freilich kenne ich das alte Indien nur sehr wenig, gab der Brite gutmütig, vielleicht auch herablassend zu: Und doch ... mir ist, als hätte ich ihm heute in die Augen geschaut.

– Wem?

– Ihrem Indien des Altertums. Ja, Professor, ich habe heute ein seltsames Abenteuer erlebt, um so seltsamer, als ich kaum sagen kann, worin es bestand.

– In der Tat? Ein Abenteuer?

Der Indologe – richtiger Rheingauer – verriet nicht gerade brennende Neugier. Ihm rieselte der Rüdesheimer noch so labend die Kehle hinunter, mit seinem Duft alle alten, heiligen Erinnerungen lieblich erweckend: er hatte die Augen geschlossen und stand noch auf dem Niederwald, den Hunsrück vor sich in blauer Ferne und zu seinen Füßen den alten Mäuseturm mitten in dem wirbelnden Strom, und er lauschte mit geringer Aufmerksamkeit dem Berichte seines Wirtes: wie dieser, kurz nachdem der Panther erlegt worden war, die Jagdgesellschaft verlassen hatte, um eine abgelegene Tempelruine aufzusuchen, und dann auf dem Rückweg sich gänzlich in den dschungelnbewachsenen Hügeln verirrt hatte.

– In der Tat mochte die Sache nicht so ungefährlich sein, wie es beim ersten Blick schien, und ich bereute schon meine Unvorsichtigkeit. Da begegnete mir ein Inder – ein wandernder Yogi, aber eine Gestalt sage ich Ihnen, wie aus den alten Veden heraustretend, ein – ja wie hieß doch der Kerl, von dem Sie mir erzählten, daß irgendein verrückter Raja ihm tausend goldgehörnte Kühe für jedes Wort aus seinem Munde schenkte?

– Yajnavalkya meinen Sie vielleicht? murmelte Professor Eichstädt mechanisch, noch immer im fernen Rheingau verweilend.

– Jawohl, wie man sich einen Yajnavalkya vorstellen könnte. Nun, er zeigte mir den Weg und begleitete mich, bis ich vom Rande der Dschangeln aus die Stadt unter mir sah. Dann ging er waldeinwärts, ohne meines Dankes zu achten. Sir Edmund schwieg, blies eine letzte Rauchwolke von sich, warf den Zigarrenstumpf über die Veranda hinaus, führte das Glas an seine Lippen – und vergaß zu trinken.

Die plötzliche Stille weckte den Professor aus seinen Heimats-Träumereien:

– Ja, und dann? fragte er, um doch etwas Interesse zu zeigen.

– Ja, das war alles.

– Jedenfalls scheint das einen tiefen Eindruck auf Sie gemacht zu haben, und das ist ja schon viel. Ich möchte wohl den Mann sehen, der das vermochte.

– In der Tat, ich wollte, Sie hätten seinen Blick gesehen, denn ich wüßte gerne, ob es mir allein so geht. Überall sehe ich noch vor mir diese großen, dunklen Augen – sie erinnerten mich an Shelleys. In einer großen Menschenmenge fand ich immer Shelley schnell heraus durch seine Augen. Sein Blick leuchtete durch alle anderen hindurch wie Leben durch Totes. Aber der Blick dieses Inders hatte noch etwas Anderes – etwas Unheimliches würde ich sagen, wenn er nicht so gütig gewesen wäre, aber geheimnisvoll tief, zu tief für das Senkblei des Verstandes – wenigstens des meinigen. Nur ein Ding weiß ich, das mich ebenso verzaubert, mich vor unbegreiflichen Ahnungen schaudern läßt.

– Welches?

– Sie werden mich auslachen, Professor, aber sei's drum! ich meine den gelben Edelstein, den Kala Rama in seinem Turban trägt.

– Den Schlangenstein?

Professor Eichstädt war mit einem plötzlichen Sprung aus seiner Heimatgegend in das verheißene Land der Mysterien mit ganzer Seele zurückgekehrt.

– Ich Sie auslachen, Sir Edmund? Mein Gott, wer bin ich, daß ich das tun sollte! Habe ich den Zusammenhang aller Dinge durchschaut? O nein, freuen tu' ich mich, daß auch Sie von dem Hauche dieses alten Landes der mystischen Weisheit angeweht werden. Vielleicht ist das nur der Vorbote eines Sturmes, der Ihr Innerstes aufwühlt, und welchem eine neue Anschauung von Welt und Leben folgt. Ja, ja, Sie wären nicht der erste, dem hier in Indien die Schuppen von den Augen gefallen sind.

Edmund lachte etwas leichtsinnig.

– Oho, läuft es da hinaus? Nicht zu früh frohlockt, Professor. Ich zog nicht aus nach dem Lande der mystischen Weisheit, nein, nach dem Lande des glühenden Lebens und der feurigen Liebe, müde von dem alten Europa, wo ich vergebens für die untergehende Freiheit kämpfte, von jener Welt der altgeborenen Sklaven, der blöden Vorurteile – – –

– Freilich taten Sie das, entgegnete der Indologe, aber nicht darauf kommt es an, wie man auszieht, sondern wie man heimkehrt. Ihr wißt, wonach Saul auszog und was er fand.

– Eine Krone fand er – freilich, da mögen Sie recht haben –: eine Krone – – – –! –

Der eigentümliche Stimmklang und der sonderbare Blick, der sich nicht auf den Professor richtete, sondern nach den Zinnen des Raja-Palastes adlerartig hinausschweifte, hätte wohl einem schärferen Beobachter zu denken gegeben; aber der Indologe war wie immer zu sehr bei der Sache und nur darauf bedacht, die begriffliche Ausführung festzuhalten und keine Abschweifung zu gestatten. Schnell fiel er ein:

– Die Krone der Weisheit, meine ich.

– O, ich weiß, wie Sie es meinen: die Krone mit dem Stein der Mystik. Nein, da wenden Sie sich an meinen Vetter, der da kommt; ihn haben sie in Kalkutta so mit blauem Dunst umnebelt, daß er auf alle Yogikünste schwört.


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