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Achtes Kapitel.
Knabe und Mädchen.

Als ich wieder zu mir kam, hatte ich die ganzen Hände voll Gras und Schlamm. Neben mir kniete ein kleines Mädchen und rieb mir die Stirne sorglich mit einem Klettenblatt und ihrem Taschentuch.

»Wie froh bin ich,« flüsterte sie leise, als ich die Augen aufthat und sie ansah, »nun wird es dir gewiß bald wieder besser gehen, nicht wahr?«

So lieblich hatte mir noch nie etwas geklungen, als diese Worte aus ihrem roten Munde, und wie schön waren ihre großen dunklen Augen, mit denen sie mich so mitleidig und verwundert anschaute. Langsam wanderten meine noch umschleierten Blicke über die schwarzen Wellen ihres Haares, das aufgelöst bis zur Erde herabhing; wo es aber auf den Rasen fiel, blühte sternengleich die erste Frühlingsprimel dazwischen. Seit jenem Tage habe ich in allen Stürmen meines Lebens immer an sie gedacht, wenn ich die erste Primel sah. Mein Gesicht mochte ihr wohl gefallen, denn was hätte sie sonst zu mir hingezogen? Ich hatte gesunde frische Farben und an meinen gesetzten Mienen haben die Mädchen oft Spaß gefunden, aber auf Schönheit konnte ich keinen Anspruch machen.

Ich saß jetzt aufrecht, den Dreizack noch immer in der Hand, und traute mich nicht den Mund zu öffnen, aus Furcht, meine grobe bäuerliche Sprache möchte sie abschrecken. Sie aber klatschte in die Hände und hüpfte um mich herum, als ob ich ein großes Spielzeug wäre.

»Wie heißt du denn?« begann sie mich auszufragen, als hätte sie ein Recht dazu. »Wie bist du hieher gekommen und was für nasse Dinger trägst du da in dem großen Beutel?«

»Die darfst du nicht anrühren,« rief ich, »es sind Schmerlen für meine Mutter. Aber ich will dir gern welche geben, wenn du sie magst.«

»Wie wichtig du das nimmst; es sind ja doch nur Fische! Aber sieh nur, wie deine Füße bluten, armer Junge; ich will sie dir verbinden. Und du mußt barfuß laufen – deine Mutter ist wohl sehr arm?«

Das verdroß mich gewaltig. »Nein,« sagte ich, »wir sind reich genug, um die ganze Wiese hier zu kaufen, wenn wir Lust haben. Da sind auch meine Schuhe und Strümpfe.«

»Gerade so naß wie deine Füße; aber die sehen schrecklich aus. Bitte, laß mich dir das Blut abwaschen; ich will es ganz behutsam thun.«

»Ach, das hat gar nichts zu bedeuten,« versicherte ich, »man braucht nur Gänsefett darauf zu streichen. Aber, wie du mich anschaust! – Weißt du, ich habe noch nie jemand gesehen, der dir gleicht. Mein Name ist John Ridd, und du, wie heißest du?«

»Lorna Doone!« sagte sie leise und zögernd. »Ich dachte, das wüßtest du schon.« Wie vor Scham senkte sie den Kopf so tief herab, daß ich nur Stirn und Wimpern sehen konnte.

Ich stand auf und ergriff ihre Hand, um sie zu zwingen, mich anzusehen; aber sie wandte sich nur noch mehr von mir ab. Machte denn der bloße Name das junge, harmlose Kind schuldbewußt? Ich betrachtete sie mit teilnehmendem Blick, ich konnte nicht anders, als ich ihr Erröten, ihre Thränen sah und sie zuletzt leise schluchzen hörte.

»Weine nicht, Lorna,« rief ich, »bitte, thu' es nicht; du hast doch sicherlich noch kein Unrecht begangen. Ich will dir auch alle meine Fische geben und für Mutter andere fangen, nur sei mir nicht böse.«

Als sie aber nur noch heftiger zu weinen anfing, ihre weichen Händchen rang und mich kläglich anschaute, that ich etwas sehr Sonderbares – ich gab ihr einen Kuß. Sonst konnte ich das Küssen gar nicht leiden, aber sie erfüllte mein Herz mit Lust und Wonne, wie die lieblichste Frühlingsblume.

Meine Mutter wäre froh gewesen an ihrer Stelle und hätte es bei dem einen Kuß nicht bewenden lassen; sie aber fuhr zurück, wischte sich sogar die Lippen ab – was ich gar nicht höflich fand – und strich ihr Kleidchen glatt, als hätte ich mir eine Freiheit erlaubt.

Ich fühlte, daß meine Wangen glühten, und sah beschämt auf meine nackten Füße. Wie durfte ich einfacher Junge vom Lande mich dem edlen Fräulein nahen, das durch ihre Geburt so himmelhoch über mir stand! Sprach auch kein Stolz aus ihren Mienen, so wußte ich doch, daß weder ich noch meine Schwestern – selbst wenn wir uns unser Lebenlang damit abmühten – jemals das vornehme Aussehen und Wesen hätten annehmen können, das Lorna Doone so natürlich war, als sei es mit ihr geboren.

Ihr Röckchen war vorhin naß geworden als sie mir half, aber das schadete nichts, es war doch wunderschön, wie es für ihren hohen Stand paßte, von kostbarem Stoff mit prächtigen Farben und dabei einfach und würdig, ohne Flittertand; man sah, daß sie unter Leuten aufwuchs, die ihre Schönheit bewunderten und ins rechte Licht zu setzen verstanden. Vom Hals bis zu dem Gürtel hatte man sie, wie absichtlich, ganz in Weiß gekleidet, denn ihr aufgelöstes rabenschwarzes Haar stach wunderbar von den schneeigen Falten ab; aber es war ihr wohl erst beim Springen und Laufen heruntergefallen. Übrigens bemerkte ich das alles nur flüchtig, denn sobald ich auf sie blickte, mußte ich ihr immer in die Augen sehen, deren düsterer Glanz dem Waldesdunkel glich, durch welches Sonnenstrahlen blitzen. Obgleich erst ein kleines Mädchen von etwa acht Jahren, merkte sie doch, welchen Eindruck sie auf mich machte; auch hatte ich sie ja geküßt. So wandte sie sich denn verlegen um, als wollte sie das Wasser betrachten, und trippelte dabei von einem Fuß auf den andern.

Die Art, wie sie mich behandelte, verdroß mich sehr. Schnell raffte ich meine Sachen zusammen und machte dabei viel Geräusch, damit sie merkte, daß ich fort wollte. Aber sie rief mich nicht zurück, wie ich erwartet hatte. Oben am Wasserfall stand ich still und schaute in die pechschwarze Tiefe; mich dort hinunter zu wagen hieß in den gewissen Tod gehen. Ich kehrte wieder um und trat zu ihr: »Lorna!«

»Was, du bist noch da?!« lautete ihre Antwort. »Wärest du doch niemals hergekommen! Weißt du denn nicht, was man uns anthun würde, fände man uns hier beisammen?«

»Tüchtige Schläge würden wir vermutlich bekommen – wenigstens ich. Wer könnte dich wohl schlagen?«

»Nein! Sie brächten uns auf der Stelle um, und hier am Ufer würde man uns begraben; das Wasser erzählt mir oft davon, daß es einmal mit mir so weit kommen muß.«

»Aber weshalb sollten sie mich töten?«

»Weil du den Weg hier herauf gefunden hast, was sie für unmöglich halten. Bitte, geh' jetzt fort, hörst du, sonst ist es um uns beide geschehen. Jawohl, ich mag dich gern leiden« – ich ließ ihr keine Ruhe, bis sie es sagte – »sehr, sehr gern; ich will dich auch John Ridd nennen, dir zum Gefallen, nur geh' jetzt, John, bitte. Wenn deine Füße heil sind, kannst du ja wiederkommen und es mir erzählen.«

»Erst muß ich dir noch sagen, Lorna, daß ich dir sehr, sehr gut bin; ich habe dich fast ebenso gern wie Annchen und viel, viel lieber als Elise. Ein Mädchen wie dich habe ich noch nie gesehen; morgen komme ich wieder, und du mußt mich hier treffen; dann bringe ich dir etwas Schönes mit – Äpfel, wenn du willst, und die Drossel, die ich gefangen habe, mit dem lahmen Bein; unser Hund hat auch gerade Junge gehabt –«

»Einen Hund möchte ich wohl, aber ich darf nicht; im ganzen Thal giebt es keinen; sie machen viel zu viel Lärm, sagt man.«

»Laß mich nur einmal deine Hand nehmen – was für winzige Händchen du hast, Lorna – ich bringe dir doch einen Hund, ein reizendes Tier, nur so lang –«

»Still, o still!«

Ein lauter Ruf schallte durch das Thal; mir erbebte das Herz in der Brust und Lornas liebes Gesichtchen ward schreckensbleich. Sie schmiegte sich dicht an mich und sah so hilfeflehend zu mir auf, daß ich fest entschlossen war, sie zu erretten oder mit ihr zu sterben. Ich fühlte, wie mir das Blut feurig durch die Adern lief, und sehnte mich nach meiner Flinte. Als die Kleine sah, wie mutig ich war, gewann auch sie neue Zuversicht.

»Komm mit mir, ich trage dich den Wasserfall hinunter,« flüsterte ich; »Mutter wird dich in ihre Obhut nehmen.«

Ich wollte sie aufheben, aber sie sträubte sich. »Nein, nein,« rief sie, »ich will dir sagen, was du thun sollst. Man sucht nur nach mir. Siehst du jenes Loch da drüben?«

Sie deutete nach einer kleinen Felsvertiefung am Rande der Wiese, etwa fünfzig Ellen weit von dem Platz, wo wir standen. In dem matten Dämmerlicht konnte ich sie noch gerade entdecken.

»Ja, ich sehe das Loch, aber wie sollte ich unbemerkt dort hinüber gelangen?«

»Sei nur vorsichtig; von da oben führt ein Weg ins Freie; das Loch ist der Eingang. O, ich darf dir's nicht sagen, sie bringen mich um. Da kommen sie, ich sehe sie schon.«

Sie schluchzte laut vor Angst, aber ich zog sie rasch mit mir hinter das Weidengebüsch, wo nahe am Wasser eine abschüssige Stelle war. Vom oberen Thal aus konnte man uns hier nicht sehen, und wären die Bäume belaubt gewesen, so hätte man lange nach uns suchen können. Zum Glück hatte ich die Fische und meine Fanggabel mitgenommen.

Während wir dicht an einander gedrängt in der engen Vertiefung kauerten, sah ich etwa ein Dutzend wildblickender Männer auf dem jenseitigen Ufer daher kommen; sie trugen keine Waffen und sahen lustig aus, wie lockere Gesellen, die von einem Trinkgelage kommen. »Wo zum Henker ist unsere kleine Königin?« schrieen sie. »Königin, kleine Königin, wo bist du?«

»So nennen sie mich immer,« flüsterte Lorna mir zu. »Mit der Zeit soll ich wirklich ihre Königin werden.« Sie lehnte ihre weiche Wange an mein rauhes Gesicht und ihr Herzchen klopfte an meiner Brust. »O, jetzt kommen sie dort bei den Brettern herüber, nun sehen sie uns gewiß.«

»Ich weiß, was wir thun müssen,« sagte ich entschlossen, »ich steige ins Wasser und du stellst dich schlafend.«

»Ja, ja – ich geh auf die Wiese drüben; aber wie bitterlich kalt wird's für dich sein.«

Sie hatte sofort verstanden, wie ich's meinte, und es war keine Zeit zu verlieren.

»Du darfst nie wiederkommen, hörst du?« flüsterte sie mir noch über die Schulter zu, während sie sich behutsam am Boden fortschlängelte. »Vielleicht kann ich einmal – – o Himmel, da sind sie schon.«

Ich wagte nicht, mich umzusehen, und kroch schnell ins Wasser hinein. Den Kopf zwischen zwei Steinblöcken, lag ich der Länge nach im Flußbett, und die Flut ging über mich hin. Auf den Hügeln dämmerte es bereits und weißer Nebel hing über den Wiesen. Ich konnte in meiner Lage alles klar und deutlich sehen und war überzeugt, die Männer würden mich gleich finden. Sie schrieen und fluchten noch immer mit großem Hallo, daß es von den Felswänden widerhallte. Mir war vor Angst und Kälte so erbärmlich zu Mute, daß ich schon glaubte verzweifeln zu müssen, als ich plötzlich das kleine Mädchen gewahrte, das etwa dreißig Ellen von mir, scheinbar fest schlafend, unter einem Felsen lag; sie hatte ihr Röckchen schön glatt gestrichen und ihr Haar über sich gebreitet. Um ihretwillen beschloß ich nun, tapfer auszuharren in meinem Versteck.

Jetzt bog einer der großen finsteren Männer um die Ecke und sah sie liegen. Eine Weile stand er da, wie versunken in den Anblick ihrer Unschuld und Schönheit. Dann hob er sie auf seine Arme und ich konnte hören, wie er sie küßte. Hätte ich nur meine Flinte gehabt, um eine Kugel hinüberzuschicken!

»Unsere Königin ist da – die kleine Königin, unseres Hauptmanns Tochter!« schrie er seinen Kameraden zu. »Fest eingeschlafen hab' ich sie gefunden; keiner außer mir soll das Kind anrühren. Macht, daß Ihr wieder zu Euren Flaschen kommt, Ihr andern!«

Er hob das zierliche kleine Ding auf seine Schulter, setzte ihre Füßchen in seine breiten Hände und marschierte im Triumph mit ihr davon; das schöne Sammetkleidchen streifte seinen langen schwarzen Bart, und ihr glänzendes Haar flog wie eine Wolke hinter ihr drein. Daß der Mann sie so forttrug, empörte mich; zornig richtete ich mich im Wasser in die Höhe und es war mein Glück, daß die anderen zu dem Gelage zurückeilten, ohne sich umzusehen. Auch um ihre kleine Königin kümmerten sie sich nicht länger, sobald sie wußten, sie war nicht ertrunken, wie man gefürchtet hatte.

Während Lorna auf der Schulter des wilden Mannes davonritt durch das dämmerige Thal, wandte sie sich und winkte mir mit der Hand, und ich erwiderte den Gruß aus der Nebelwolke, die jetzt auf dem Weidendickicht lag.

Nun war sie fort, die süße Kleine, und ich hatte ihr doch noch so viel zu sagen und hätte für mein Leben gern ihr glockenhelles Stimmchen wieder gehört. Aber daran zu denken war jetzt keine Zeit, ich mußte heim zum Abendessen.

Ich versuchte, das Wasser aus meinen Beinkleidern zu ringen, so gut es ging, und rieb mir die erstarrten Glieder; dann kroch ich im Dämmerlicht vom Flußufer bis zu dem Felsenloch, welches mir Lorna gezeigt hatte. Glücklich fand ich den Eingang, hielt mich an dem dürren Farnkraut fest und glaubte mich bereits in Sicherheit. Da erschreckte mich plötzlich ein Geräusch, und ehe ich noch recht wußte, woher es kam, fühlte ich, daß ich hinunterglitt, immer tiefer, in einen schwarzen, gähnenden Abgrund, aus dem ein gurgelnder Ton heraufstieg. Schon hielt ich mich für verloren; da hörte ich ein Rotkehlchen hinter mir im Gebüsch singen, wie sie im Dunkeln zu thun pflegen, wenn der Frühling naht. Ich glaubte, es sei Annchens Stimme, die alle Vögel zu locken versteht. Das tröstete und ermutigte mich wunderbar. Vom Licht der Sterne geleitet, klomm ich den steilen Weg wieder hinauf, als ob der Böse hinter mir drein wäre, und hatte bald den Eingang oben erreicht. Bitterlich bereute ich nun, daß ich mich von kindischer Thorheit und Tollkühnheit hatte verführen lassen, ganz allein und ohne jeglichen Zweck dies verwünschte Thal zu betreten. Nie, nie wollte ich wieder einen Fuß hinein setzen, gelobte ich mir, wenn ich erst einmal glücklich draußen wäre.

Wie ich so mit klappernden Zähnen und schmerzenden Gliedern dasaß in dem kleinen Felsenloch, dachte ich in meinem Groll, ob es wohl Lornas Absicht gewesen sei, daß ich in den Abgrund stürzen und ertrinken sollte, damit sie Ruhe vor mir hätte. Aber gleich darauf schämte ich mich meines Verdachts und begann nach dem Wege zu suchen, von dem sie gesprochen hatte. Nicht lange dauerte es, so ging der Mond über den Bergen auf und zeigte mir neben dem Eingang mehrere schmale Stufen, die, im Gestein roh ausgehauen, sich in weiten Zwischenräumen um die nächste Felsenklippe wanden. Weiter oben, wo das Mondlicht die Felswand beleuchtete, sah ich einen steilen Pfad, der in vielen Krümmungen aufwärts führte. Mir schwand der Mut; wie sollte ich dort hinaufkommen? Weit lieber wäre ich gestorben, als das Wagestück zu unternehmen. Da sah ich Lichter vom Thal her schimmern; ich glaubte, man habe Laternen angezündet, um nach mir zu suchen, und der Gedanke trieb mich zu schleuniger Flucht.

Rasch sprang ich auf die unterste Stufe, und erreichte von dort aus in einem mächtigen Satz mit Hilfe meines Stockes die zweite Staffel. Jetzt stieg der Fels dicht vor mir in die Höhe; zur dritten Stufe zu gelangen schien mir ein Ding der Unmöglichkeit. Doch bald gewahrte ich ein starkes Seil, das in einer dunklen Spalte hing, und bekam glücklich das Ende desselben zu fassen.

Wie ich daran hinaufkletterte, auf dem Felsenpfad weiter klomm und meinen Rückweg durch den Bagworthy-Wald fand, ist mir nicht mehr klar in der Erinnerung. Ich war so todmüde, daß ich wie im Traum weiter wanderte. Selbst jetzt überkommt mich noch manchmal die Angst, wenn ich an alle Fährlichkeiten zurückdenke, die ich bei dem abenteuerlichen Unternehmen zu bestehen gehabt; gar manche Nacht habe ich seitdem im Schlaf die Schrecknisse noch einmal durchleben müssen.

Eins ist sicher: ich hätte an jenem Abend eine tüchtige Tracht Schläge verdient, weil ich ein solcher Narr gewesen war und obendrein meine guten Kleider in Grund und Boden verdorben hatte. Als ich heimkam, guckte ich vom Holzstoß aus verstohlen durch die Thür, weil ich mich nicht hineintraute aus Furcht vor Schelte und Strafe. Das Abendessen war schon aufgetragen, die Leute saßen um den weißgescheuerten Tisch, und am Feuer kochte Betty Muxworthy und schalt dabei und kostete ihre Speisen. Annchen und Lieschen wollten sich eben hinsetzen, und nur meine liebe Mutter schaute noch ängstlich nach der Hausthür. Da litt es mich nicht länger draußen; auch sahen die braunen Würstchen gar zu verführerisch aus.

Wie sehr man mich aber auch quälte und in mich drang, ich solle sagen, wo ich den ganzen Tag über bis zum späten Abend gewesen sei, es war nichts aus mir herauszubringen. Betty besonders war ganz fuchswild darüber, denn sie ließ sich niemals schnell beruhigen. Ich that aber den Mund nur auf, um mir das Abendessen trefflich schmecken zu lassen, und erwiderte kein Wort auf alle Spöttereien und Stichelreden. Auch später, als der Tisch abgedeckt war und sie mich noch immer nicht in Ruhe ließen, brachte ich keine Lügen vor, sondern neckte nur Betty und Lieschen, die vor Neugier brannten, etwas zu erfahren, durch allerlei geheimnisvolle Andeutungen, mit denen ich mich sehr wichtig machte.


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