Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Der unpersönliche Plattenspieler

Es war einmal ein Plattenspieler, der konnte die besten Orchester der Welt im Wohnzimmer auftreten lassen, denn er war sehr reich an Platten allerart und spielte sich gerne damit auf. Fast jeden Tag saß die Familie um das Zaubergerät und hörte ihm andächtig zu.

Eines Tages aber riss ein innerer Kontakt, so dass die Maschine schweigen musste. Da ging jeder auf sein Zimmer, um sein persönliches Hobby zu genießen, das er bis dahin vernachlässigt hatte. Eines der Kinder spielte gerne Mundharmonika, hatte es aber lange nicht mehr gewagt, da sein Spiel bei weitem nicht so perfekt war wie das des Plattenspielers.

Und doch horchte die ganze Familie auf, als dieses kaum noch bekannte Instrument ertönte. Sie versammelte sich im Zimmer des Kindes und lauschte ihm stehend oder sitzend, wie es sich gerade ergab. Die Eltern und die Geschwister waren gerührt und merkten gar nicht, dass hier und da ein Ton über den anderen stolperte, und am Ende applaudierten alle.

»Es ist eben doch etwas anderes, wenn man Menschen direkt spielen sieht und hört,« sagte der Vater, »man kann die Leistung dann mit würdigen, und es wird einem bewusst, was jemand für uns tut, es steckt Liebe dahinter, selbst dann noch, wenn er eigentlich für sich selber spielt. Da schenkt uns jemand die Musik, die der Apparat nur überträgt.«

»Es ist unser Kind, das so schön spielt,« fügte die Mutter hinzu. Die Geschwister aber beeilten sich, ihre eigenen Instrumente zu holen, und wer keines hatte, der ging zu seinem Bau- oder Malkasten, um etwas anderes Eigenes zu machen.

 


 


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