Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Der fleißige Maulwurf

Es war einmal ein hässlicher, aber durchaus ehrenwerter Maulwurf, der verzichtete auf Ansehen und Aufsehen und wühlte sich lieber seinen eigenen Lebensraum unter der Erde, als sich oben der Verachtung der Menschen auszusetzen.

Obwohl er sich unbeliebt wusste, tat er den Menschen doch den Gefallen, sie vom Ungeziefer in der Gartenerde zu befreien. Tag und Nacht fraß er Regenwürmer, Engerlinge, Drahtwürmer, Grillen, Schmetterlingspuppen, Schnecken und was ihm sonst so in die Quere kam; es durften auch Frösche und Mäuse sein. Er fraß und hortete, was er kriegen konnte.

»Ich gebe ja gerne zu, dass ich manchmal übertreibe und Tiere oder Larven vertilge, die den Menschen teuer sind, aber alles in allem bin ich doch recht nützlich«, dachte er. »Und was verlange ich für meinen unterirdischen Fleiß? Nichts, als dass ich satt werde. Aber immer wenn ich mal hochkomme, um ein bisschen frische Luft zu schnuppern und nach den Sternen zu sehen, nun ja, vielleicht auch, um eine Schnecke zu fangen, immer, wenn ich mich mal nach oben wage, kriege ich eins drauf. Sonst bin ich den Menschen egal, sie sehen mich ja nicht. Kaum aber werfe ich die Erde auf, schlagen und stechen sie gleich mit dem Spaten nach mir. Manche sitzen sogar stundenlang mit einem Gewehr auf ihrer Terrasse, um mich abzupassen. Diese Menschen! Ziehen selber lange Ackerfurchen und dulden meine kleinen Hügel nicht. Undankbares Volk! Sobald meine Arbeit ihren glatten Rasenteppich verunziert, hassen sie mich.«

 


 


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