Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Die törichte Ladeklappe

Es war einmal eine Ladeklappe, die kannte nur zweierlei: Entweder stand sie hinten auf ihrem Lastkraftwagen, oder sie baumelte daran nieder, so dass sie mit ihrer Nase fast auf die Erde reichte.

»Das ist doch kein Leben,« quietschte sie verärgert, »alles dreht sich nur um ein paar Scharniere. Wenn ich stehe, kann ich zwar auf die Straße schauen, aber das ist auch alles, keine Arbeit, von der man sich mit gutem Gewissen ausruhen darf. Haken die Menschen mich aber trotzdem los, schön, dann baumele ich nach dem unsanften Aufschlagen an dem Gestell dieses merkwürdigen Lkw recht vergnügt auf und ab. Vergnügt? Naja, wenn man so will. Aber ich sagte ja schon: Wenn man nichts geleistet hat, macht die Pause auch keine Freude. Was soll ich machen? So nutzlos meine sogenannte Arbeit auch ist, sie hält mich doch fest. Wenn ich ausreißen will, muss ich dazu eine Pause nutzen.«

Die Ladeklappe machte ernst: Bei der nächsten Gelegenheit schlug sie so heftig nieder, dass ihre Scharniere sich lösten und sie auf das Betonpflaster der Möbelfabrik klatschte.

»Verflixt nochmal!« rief da der Fahrer des Lkw, »so kann ich doch nicht losfahren, da rutscht mir doch alles auf die Straße.«

»Ach so,« dachte die Ladeklappe, »so ist das. Ich war also gar nicht überflüssig. Ich musste die Ladung halten. Ei je, und ich hab immer gedacht: warum schubsen mich die Möbel, wollen die mit mir spielen? Jetzt merk' ich erst, dass ich große Schäden verhindert habe. Donnerwetter, man steht nur `rum und ist doch zu `was gut. Ja, wenn das so ist, will ich gerne an meinen Arbeitsplatz zurückkehren.«

Sie ließ sich ohne Widerstreben zurechtbiegen, einhängen und aufstellen, so dass der Möbeltransport zwar mit Verspätung, aber doch gesichert abfahren konnte.

 


 


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