Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Der glückliche Hund

Es war einmal einn armer Hund, den hatte sein Herr als junges Tier verschenkt, weil er nicht den ganzen Wurf zu Hause behalten konnte. Sein neuer Herr war ganz begeistert gewesen, doch nach ein paar Wochen ging ihm der inzwischen nicht mehr so putzige Hund auf die Nerven. Hinzu kam, dass er mit seiner Familie in Urlaub fahren wollte. Da der Mann aber auch zu Menschen nicht sehr freundlich war, mochte er keinen Nachbarn bitten, den Hund in Pflege zu nehmen.

»Was soll's«, maulte er vor sich hin, »ich nehme das Vieh mit und setze es unterwegs aus.«

Er lud den Hund hinten ins Auto, wo seine kleine Tochter ihn bewachen sollte. Bei der nächsten Gelegenheit, als seine Tochter nämlich eingeschlafen war und ein Parkplatz am Weg lag, hielt der Mann das Fahrzeug an, ließ den Hund nach draußen und fuhr weiter. Seine Frau, die erst im letzten Augenblick begriff, was er tat, bat ihn vergebens, das winselnde Tier wieder aufzunehmen.

Nun lief der Hund in Höhe des Parkplatzes hin und her. Aber für ihn waren alle Autos gleich. Sie brausten vorüber und hinterließen so ähnliche Geruchsspuren, dass er den Wagen seiner Familie selbst dann nicht wiedererkannt hätte, wenn sie damit zurückgekommen wäre.

Verzagt trottete der junge Hund auf das nächste Dorf zu, um sich etwas zum Fressen zu suchen. Bald schien das Glück ihm wieder hold zu sein. Er geriet in die Hände eines Mädchens, das seiner bisherigen kleinen Freundin ähnelte. Sie war auch sehr freundlich zu ihm und fütterte ihn. Ihr Vater duldete den kleinen Hund allerdings nur unter der Bedingung, dass er draußen in einer Hundehütte untergebracht werde, damit er Haus und Hof bewachen könne. Der Mann war nämlich Bauer und fürchtete nicht nur Iltisse und Marder, die es auf sein Geflügel abgesehen hatten, sondern auch größere, menschliche Diebe, war ihm doch aus der Scheune schon mal eine teure Leiter gestohlen worden, eine verstellbare, aus der man sogar einen Tapeziertisch hatte knicken können.

Die Tochter hätte das Hündchen zwar lieber in ihrem Zimmer wohnen lassen, gab sich aber mit dem Kompromiss zufrieden. Dem Hund war alles recht, wenn er nur auf dem Anwesen bleiben durfte. Er schien auch zu ahnen, was der Bauer von ihm erwartete, denn er bellte sehr fleißig, wenn sich etwas Verdächtiges regte. Nun, sagen wir lieber, wenn er meinte, es rege sich etwas Verdächtiges.

Da er seine Arbeit besonders gut verrichten wollte und weil es ihm auch Spaß machte, bellte er nämlich so übereifrig, dass selbst die gar nicht so nahe angrenzenden Nachbarn nervös wurden und nachts nicht schlafen konnten. Schließlich verlangten sie, dass der Bauer den Krachmacher abschaffe.

»Tja,« sagte er zu seiner Tochter, und man sah ihm an, dass er sich schämte, denn er hatte seine Mütze in der Hand und befummelte sie als müsste er ein geheimes Versteck mit einer Zauberlösung darin finden. Auch klang seine Stimme sehr kleinlaut, als er fortfuhr: »Das tut mir ja nun leid, aber wir müssen den Hund wieder abgeben. Der bellt zu viel.«

»Ich weiß schon,« sagte die kluge Tochter, »die Kinder haben's mir schon schadenfroh unter die Nase gerieben, zuletzt heute morgen in der Schule. Aber, es geht ja nur um den Krach, den der kleine Bello veranstaltet, als müsste er den Schäferhund spielen. Lass ihn mir doch ganz, bitte Pa, lass ihn in meinem Zimmer schlafen, dann kann ich ihn beruhigen, sobald er aufmerkt und anschlagen will.«

Sie schlang ihre gefalteten Hände um den Nacken des Vaters und sah ihn mit einem Dankeslächeln an, als hätte er ihr den Wunsch schon erfüllt. Das wirkte wie eine Hypnose. Er kam sich vor, als könnte er nicht verbieten, wofür er schon den Dank bekommen hatte.

»Nun ja,« der Vater zuckte die Schultern und nickte, wobei er unfreiwillig die Hände seiner Tochter anhob und scheinbar über seinen Kopf zurückgleiten ließ. In Wahrheit zog sie sich aber in diesem Augenblick selbst vom Vater zurück, um nach draußen zu eilen und ihren kleinen Bello hereinzuholen.

»Nun ja,« sagte der Vater noch einmal und ging lächelnd an seine Arbeit.

 


 


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