Friedrich Theodor Fischer
Lyrische Gänge
Friedrich Theodor Fischer

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Geschichten und Sagen.

Ein Fang,

oder: Was sich bei Kannstatt am Neckar im Jahr 1796
zwischen einem kleinen französischen Schützen
und einem österreichischen Reiter begeben.

         

Bei Kannstatt an der Brucken
Da war das Schießen groß,
Als aufeinander stießen
Oestreicher und Franzos.

Haubitzen und Granaten
Brummten den Baß mit Macht
Und das Musketenfeuer
Dazwischen klatscht und kracht.

Bei den Franzosen drüben
Ein kleiner Schütze war,
Der zielte wie ein Falke,
Er fehlte nicht ein Haar.

Er schoß, er lud, er spannte,
Legt' an und drückt' und traf,
Und mancher von den Feinden
Sank in den Todesschlaf.

Ein kaiserlicher Reiter,
Der nahm ihn recht auf's Korn:
»Manndl, dich muß ich kriegen!«
Dacht' er in stillem Zorn.

Am Abend ward es stille,
Das Schießen hörte auf,
Da nahm das kleine Schützlein
Zum Neckar seinen Lauf.

Es putzte seine Flinte
Dort an dem Wasser klar,
Dieweil sie von dem Schießen,
Gar sehr verrußet war.

Der Reiter nicht verdrossen
Erspäht es auf der Stell',
Sagt's keinem Kameraden,
Setzt sich zu Pferde schnell.

Er ritt am Fluß hinunter,
Kam an einen Ort allda,
Wo er konnt' übersetzen,
Daß es der Feind nicht sah.

Wie er herübergeschwommen,
Kam er ganz leis' heran,
Wie eine Katze schleichet,
Die eine Maus will fah'n.

Das Schützlein stand gebücket,
Nur auf sein' Arbeit sicht,
Es putzt an seiner Flinte,
Und putzt und merkt es nicht.

Der Reiter stieg vom Pferde,
Schlich an des Ufers Rand,
Das Schützlein nahm er am Kragen
Mit seiner schweren Hand.

Es schreit, es flucht, es zappelt,
Der Schrecken, der war groß:
Hat Alles nichts geholfen,
Er zog es auf sein Roß.

Hielt es allda recht feste,
Reit't fort, so schnell er kann,
Setzt wieder über's Wasser,
Kommt wohlbehalten an.

Er nahm das Schützlein kleine
Daselbst in sein Quartier,
Gab ihm für seinen Schrecken
Von seinem Wein und Bier.


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