Friedrich Theodor Fischer
Lyrische Gänge
Friedrich Theodor Fischer

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Auf dem Kapitol.

           

    Am tarpejischen Fels da unten,
Wo mit zerschmetterten Knochen einst
Die Verräther ihr schwarzes Leben
Verröcheln mußten,
Da unten liege, Gespenst!
Gut genug für Dich. –

    An Heldengeisterhand
Bin ich heraufgestiegen,
Götterathem-Wehen
Hab' ich gespürt auf der hehren Stätte,
Wo er gewohnt hat,
Jupiter Capitolinus.

    Erzklang hat nur in's Herz geklirrt,
Als ich vorüberschritt an den alten,
Braunen Säulen des Mavorstempels.

    Hinunter auf's Forum schau' ich,
Einen Vater seh' ich,
Wie er ein Messer reißt von der Schlachtbank
Und die Tochter, daß sie nicht Sklavin werde,
Niederstößt, ich sehe sie blutend
Im Arm ihm hangen.
Auf schwarzen, flüchtigen Rossen jagen
Keuchend über die Haide dort
Die Dezemvirn.

    War's nicht soeben – oder träumte mir?
Daß ich Zwillinge sah, wimmernde Knäblein,
Ausgesetzte, an's Land geschwemmte,
Saugen die Milch der Wölfin,
Und daß ich dachte, gegönnt sei's redlich?

    Neulich aber – das weiß ich noch –
Als von den Bergen ich kam herüber,
Bin ich durch grünumwachs'nen,
Laubumhangenen Felseingang
In die Grotte getreten, die dunkle, stille,
Quelldurchrieselte Grotte,
Wo mit der Nymphe Egeria
Heilig vertrautes Zwiegespräch
Der wackre König gepflegt hat,
Numa Pompilius,
Wo ihm flüsternd die Kundige rieth,
Was dem werdenden Volk der Römer
Frommen möchte, daß es erwachse
In Scheue der Götter zu Kraft und Tugend.

    Kühlungen wehten über mich her,
Und mir war es, als fielen Tropfen,
Netzende Tropfen reinen, kalten
Wassers von oben herab auf die heiße
Stirn, auf's brennende Auge mir,
Und mir war's, als senkte sich etwas,
Als schlüge sich etwas nieder in mir,
Als strömte das Blut, das all' nach oben
Krank nach Herz und Kopf sich gestaut,
In wohlvertheiltem richtigem Maße
Durch das Ganze des Gliederlebens.

    Und als Greis noch werd' ich gedenken
Des grünumwachsenen Felseingangs,
Der quelldurchrieselten, tropfenden, dunkeln, kühlen
Grotte, wo ich gesund ward.


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